Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Aug. 2014 - 5 ZB 14.932

published on 19/08/2014 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Aug. 2014 - 5 ZB 14.932
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Verwaltungsgericht München, 25 K 13.610, 20/11/2013

Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beklagte hat den Einbürgerungsantrag des Klägers vom 30. August 2001 mit Bescheid vom 10. Januar 2013 abgelehnt. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, der Kläger habe zwar seine Bereitschaft zur Aufgabe seiner serbischen und kosovarischen Staatsangehörigkeit erklärt; er habe jedoch trotz der jahrelangen Verfahrensdauer und trotz Erhalts von zwischenzeitlich drei Einbürgerungszusicherungen nicht nachweisen können, dass er eine Entlassung aus seinen beiden Staatsangehörigkeiten erreicht habe oder dass er sich zumindest ernsthaft um eine Entlassung gekümmert habe. So lägen nicht einmal Bestätigungen über entsprechende Entlassungsanträge vor.

Die hiergegen erhobene Klage mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben und die Beklagte zur Erteilung einer weiteren Einbürgerungszusicherung zu verurteilen, hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 20. November 2013 abgewiesen.

Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist die Beklagte entgegengetreten.

Auch die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses hält die Ablehnung des Zulassungsantrags für rechtens, da das Erstgericht richtig entschieden habe.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist, soweit er nicht bereits die Darlegungsanforderungen verfehlt, unbegründet.

1. Ohne einen der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe konkret zu bezeichnen, führt der Kläger zur Begründung seines Zulassungsantrags im Stile einer Berufungsbegründung zunächst aus, das Verwaltungsgericht sei mit keinem Wort darauf eingegangen, dass der Kosovo von der Bundesrepublik Deutschland als selbstständiger Staat anerkannt worden sei und deshalb 14 von 16 Bundesländern von einbürgerungswilligen Kosovaren die Entlassung aus einer nur noch fiktiv fortbestehenden serbischen Staatsangehörigkeit nicht mehr forderten.

Damit vermag der Kläger die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu erreichen.

Die serbische Staatsangehörigkeit des Klägers, die dieser durch Geburt erworben hat, ist durch die Unabhängigkeit des Kosovo im Jahr 2008 nicht automatisch untergegangen oder als rein „fiktive“ Staatsangehörigkeit unbeachtlich geworden (so auch VGH BW, U. v. 24.9.2008 - 13 S 1812/07 - NVwZ-RR 2009, 354/355). Vielmehr sind deutsche Behörden nicht verpflichtet und wohl nicht einmal berechtigt, die serbische Staatsangehörigkeit des Klägers zu negieren. Andere Staaten sind völkerrechtlich grundsätzlich verpflichtet, die Verleihung der Staatsangehörigkeit an eine Person durch einen bestimmten Staat zu respektieren, es sei denn, sie spiegelte keinerlei tatsächliche Beziehung des Betroffenen zu diesem Staat wider (vgl. IGH, Nottebohm case [Liechtenstein gegen Guatemala], Urteil vom 6.4.1955, ICJ-Reports 1955, 4/23 f.). Eine tatsächliche Beziehung des Klägers zu Serbien ergibt sich schon daraus, dass das Gebiet, in dem er seinen Angaben zufolge geboren und aufgewachsen ist, zur damaligen Zeit als autonome Provinz ein Bestandteil der jugoslawischen Teilrepublik Serbien war, bevor es im Jahre 2008 - lange nach der Ausreise des Klägers - seine Unabhängigkeit erklärt hat.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Bundesrepublik Deutschland den Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt hat. Dieser Anerkennung widerspricht es nicht, wenn deutsche Behörden gleichzeitig anerkennen, dass aus dem Kosovo stammende Personen neben der kosovarischen Staatsangehörigkeit noch weitere Staatsangehörigkeiten besitzen können. Die Republik Kosovo selbst erkennt mehrfache Staatsangehörigkeiten ihrer Bürger ohne Einschränkungen an (vgl. Art. 3 des Gesetzes Nr. 03/L-034 über die Staatsangehörigkeit von Kosovo; vgl. a. VG Augsburg, U. v. 7.4.2009 - Au 1 K 07.1768 - juris Rn. 22). Vor diesem Hintergrund hat sie kosovarisch-serbischen Doppelstaatsangehörigen im Mai 2012 sogar die Teilnahme an den serbischen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen erlaubt (VG Oldenburg, U. v. 1.10.2012 - 11 A 2921/11 - juris Rn. 22 und 23 m. w. N.).

2. Auch der Hinweis des Klägers darauf, dass er mit Bescheid des Bundesamtes vom 10. Mai 1994 als Asylbewerber anerkannt worden war, kann die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht in Frage stellen. Nach Aktenlage ist die Anerkennung mit Bescheid des Bundesamts vom 8. September 2004 widerrufen worden, so dass die Voraussetzungen von § 12 Abs. 1 Nr. 6 StAG ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vorlagen. Auch der in der Zulassungsbegründung erwähnten Befürchtung des Klägers, die von ihm erwartete Nachregistrierung in Serbien hätte die Gefahr des Verlustes der Asylanerkennung nach sich gezogen, ist damit der Boden entzogen worden.

3. Das Verwaltungsgericht hat aufgrund seiner Würdigung des Akteninhalts festgestellt, dass die Ablehnung des Antrags auf Einbürgerung des Klägers rechtmäßig ist, weil dieser mangels Aufgabe seiner bisherigen Staatsangehörigkeiten (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG) keinen Anspruch auf die begehrte Einbürgerung habe. Ein Ausnahmefall nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG liege nicht vor, da der Kläger es bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nach immerhin zwölfjähriger Verfahrensdauer nicht bewerkstelligt habe, ein Nachregistrierungsverfahren in Serbien zumindest anzustoßen sowie seine Entlassungsurkunde hinsichtlich der kosovarischen Staatsangehörigkeit entgegenzunehmen.

Mit dem Hinweis auf die von ihm vorgelegte „Benachrichtigung“ der Stadt J. vermag der Kläger ernstliche Zweifel an diesen tragenden Entscheidungsgründen nicht aufzuzeigen. Zum einen ist diese Benachrichtigung - anders als allgemein üblich - undatiert und spricht von einem „Ersuchen vom 15. November 2011“; dies stimmt nicht überein mit den Angaben des Klägers zu den nach seiner Anhörung am 9. Dezember 2010 zur beabsichtigten Ablehnung des Einbürgerungsantrags eingeleiteten angeblichen Bemühungen seines entsprechend bevollmächtigten Vaters, einen Antrag auf Entlassung des Klägers aus der serbischen Staatsangehörigkeit zu stellen (vgl. Niederschrift über die Vorsprache vom 9.12.2010, Bl. 320 d. A.; Niederschrift über die Vorsprache vom 8.2.2011, Bl. 329 d. A.: Bevollmächtigung eines Anwalts, dessen Name dem Kläger aber unbekannt ist (?!), den er auch offensichtlich nicht in Erfahrung bringen konnte, Bl. 331, 332 d. A. und von dem dann nie wieder die Rede ist; Niederschrift über die Vorsprache vom 8.9.2011, Bl. 337 d. A.; Aktenvermerk über ein Telefonat vom 7.11.2011, Bl. 339 d. A.). Zum anderen ist damit nicht dargetan, dass der Kläger die Möglichkeiten ausgeschöpft hätte, das erforderliche Entlassungsverfahren anzustoßen. Der Kläger selbst hat im November 2003 bei der Beklagten einen vom Standesbeamten der Stadt J. erstellten Auszug aus dem Geburtsregister für den standesamtlichen Bezirk D. vom 10. September 2003 vorgelegt. Die Echtheit dieses Auszugs unterstellt, ist die in der Benachrichtigung enthaltene Mitteilung, die Stadt J. habe zu den Registern für die Gemeinde D. keinen Zugang, offensichtlich nicht zutreffend. Unterstellt, die „Benachrichtigung“ stammt tatsächlich von der Stadt J., ist es dem Kläger durchaus zuzumuten, sich erneut unter Hinweis auf den Auszug aus dem Geburtsregister der Stadt De. aus dem Jahr 2003 um eine Nachregistrierung zu bemühen.

Der Begriff der unzumutbaren Bedingungen im Sinne vom § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Es ist keine abstrakte Bewertung der Berechtigung des Herkunftsstaates zur Gestaltung der Entlassungsvoraussetzungen vorzunehmen. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Einbürgerungsbewerber nach seinen konkreten Verhältnissen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles die Erfüllung der Entlassungsbedingungen nach Maßgabe eines objektivierenden normativen Maßstabs aus nationaler Sicht zuzumuten ist. In der Begründung des Zulassungsantrags wird nichts vorgetragen, aus dem sich ergäbe, dass entsprechende Anstrengungen gerade für den Kläger unzumutbar wären. Eine generelle Praxis der Diskriminierung kosovarischer Staatsangehöriger durch die zuständigen serbischen Behörden ist - auch in Ansehung der Handhabung anderer Bundesländer - nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen (vgl. BayVGH, B. v. 12.12.2011 - 5 ZB 10.2249). Im vorliegenden Verfahren wurde hierzu nichts vorgebracht, was eine andere Bewertung der Situation rechtfertigen könnte.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es sei kein Grund ersichtlich, weshalb es dem Kläger unzumutbar sein sollte, wie bereits in der Vergangenheit erneut Mittelspersonen mit der Wahrung seiner Angelegenheiten im Kosovo bzw. in Serbien zu beauftragen, stellt der Kläger in seiner Zulassungsbegründung ebenfalls nicht mit schlüssigen Argumenten in Frage.

4. Auch den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, bezüglich der Aufgabe der kosovarischen Staatsangehörigkeit habe der Kläger ebenfalls seine Bemühungen nicht ausreichend dargelegt, ist dieser in seinem Zulassungsantrag nicht substantiiert entgegengetreten. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers insoweit auf seine Anfrage zum kosovarischen Innenministerium und dessen e-mail vom 28. Oktober 2013 verweist, ist dies nicht geeignet, Bemühungen des Klägers zur Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit darzulegen. Wie der Bevollmächtigte des Klägers in seinem Schreiben vom 19. November 2013 selbst einräumt, bezieht sich die Mitteilung des kosovarischen Innenministeriums vom 28. Oktober 2013 nicht auf den Kläger, sondern auf einen Bürger namens S. und ist daher für den vorliegenden Fall bedeutungslos.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG (vgl. Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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published on 24/09/2008 00:00

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. Dezember 2004 - 1 K 353/04 - wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens. Die Revision
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Annotations

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.