Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Apr. 2016 - 4 C 16.635

published on 07/04/2016 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Apr. 2016 - 4 C 16.635
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Verwaltungsgericht München, 22 K 14.3755, 15/10/2015

Gericht

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Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers wird verworfen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.Mit der über seinen Prozessbevollmächtigten am 29. März 2016 unmittelbar beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde „wegen Verfahrensverschleppung und Rechtsverweigerung“ begehrt der Kläger in dem beim Verwaltungsgericht München unter dem Aktenzeichen M 22 K 14.3755 anhängigen Hauptsacheverfahren „a) die sofortige einstweilige Anordnung, b) die sofortige Unterbringung des Klägers mit seiner Ehefrau in dem Charlotte-von-Kirchheim-Wohnheim bis zum Bezug der begehrten Wohnung am Einlass 3, c) einen unverzögerten Gerichtsbescheid“. Unverständlich sei die Verweisung des Verwaltungsstreitverfahrens durch das Bayerische Verwaltungsgericht an das unzuständige Landgericht München I, trotz des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Dezember 2015, Az. 4 C 15.2471.

Aus den beigezogenen Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts München ergibt sich, dass der Kläger dort zusätzlich zu der auf Zurverfügungstellung einer Wohnung in der Corneliusstraße 2 gerichteten Klage (Az. 22 M K 14.3755) am 21. Januar 2016 auch einen Eilantrag gestellt hat mit dem Ziel, die Beklagte im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine Wohnung in dem demnächst bezugsfertigen Neubau Am Einlass 3 zur Verfügung zu stellen (Az. M 22 E 16.291). Über beide Rechtsschutzbegehren ist bisher nicht entschieden worden.

II. 1. Der als „Beschwerde“ bezeichnete Rechtsbehelf ist unzulässig; die Anträge können auch nicht in ein zulässiges Rechtsschutzbegehren umgedeutet werden.

a. Soweit der Kläger dem Verwaltungsgericht in der seit August 2014 anhängigen Verwaltungsstreitsache „Verfahrensverschleppung und Rechtsverweigerung“ vorwirft und mit dem auf einen „unverzögerten Gerichtsbescheid“ gerichteten Antrag c) eine unverzügliche erstinstanzliche Hauptsacheentscheidung herbeiführen will, ist die Beschwerde unstatthaft. Beschwerden an das Oberverwaltungsgericht bzw. den Verwaltungsgerichtshof können gemäß § 146 Abs. 1 VwGO nur gegen verwaltungsgerichtliche „Entscheidungen“ erhoben werden. In dem bloßen Unterlassen eines beantragten oder im Gesetz geforderten gerichtlichen Handelns, insbesondere in dem Nichterlass eines Urteils oder Beschlusses, liegt noch keine (konkludente) Entscheidung, gegen die eine Beschwerde erhoben werden könnte. Eine „Untätigkeitsbeschwerde“ sieht die Verwaltungsgerichtsordnung nicht vor; sie ist auch weder von Verfassungs wegen noch nach der Europäischen Menschenrechtskonvention geboten (BVerwG, B. v. 30.1.2003 - 3 B 8/03 - NVwZ 2003, 869; BayVGH, B. v. 8.1.2013 - 3 C 11/1707 - juris Rn. 3; Jeromin in Gärditz, VwGO, 2013, § 146 Rn. 14; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 9 ff.). Gegen das Nichthandeln eines Gerichts kann sich ein Verfahrensbeteiligter nach geltendem Recht vielmehr nur im Rahmen von § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 198 ff. GVG mittels einer Verzögerungsrüge und einer evtl. nachfolgenden Entschädigungsklage zur Wehr setzen. Einen solchen Rechtsbehelf, der sich auf die Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens bezieht, hat der Kläger hier aber ersichtlich nicht eingelegt bzw. einlegen wollen.

b. Soweit mit dem auf „sofortige einstweilige Anordnung“ (Antrag a) und auf „sofortige Unterbringung des Klägers mit seiner Ehefrau in dem Charlotte-von-Kirchheim-Wohnheim bis zum Bezug der begehrten Wohnung am Einlass 3“ (Antrag b) gerichteten Begehren ebenfalls lediglich das Unterlassen einer beantragten (Eilrechtsschutz-)Entscheidung des Verwaltungsgerichts in den dort anhängigen Verfahren gerügt wird, gilt hinsichtlich der fehlenden Statthaftigkeit der Beschwerde das unter a. Gesagte entsprechend. Sollten die genannten Anträge dagegen so zu verstehen sein, dass der Kläger sich mit seinen Eilrechtsschutzbegehren (nunmehr) unmittelbar an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wendet und von ihm eine Regelungsanordnung nach § 123 VwGO fordert, wäre ein solcher Antrag mangels instanzieller Zuständigkeit unzulässig. Denn für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nach § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO das Gericht der Hauptsache zuständig; dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht (§ 123 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Für die Entscheidung über etwaige Eilanträge ist im vorliegenden Fall daher allein das Verwaltungsgericht zuständig, bei dem die zugehörigen Hauptsacheverfahren erstinstanzlich anhängig sind bzw. anhängig gemacht werden müssten (§ 45 VwGO).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da bei Verwerfung von im Kostenverzeichnis Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz nicht besonders aufgeführten Beschwerden nach der dortigen Nr. 5502 eine Festgebühr von 60,00 Euro anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte
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Tenor I. Die Beschwerden und die Anhörungsrüge werden verworfen. II. Die Kostenentscheidung über die Beschwerde mit dem Antrag, eine Zwischenverfügung zu erlassen (Hauptantrag), bleibt der Endentscheidung über den Antrag auf Erla
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Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.