Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2019 - 19 ZB 18.1011

published on 03/04/2019 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2019 - 19 ZB 18.1011
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Verwaltungsgericht Ansbach, AN 5 K 17.1119, 14/03/2018

Gericht

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Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

Der am ... 1994 im Bundesgebiet geborene Kläger, türkischer Staatsangehöriger und seit 23. September 2011 im Besitz einer Niederlassungserlaubnis im Hinblick auf den ARB-Status, begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. März 2018, durch das seine Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2017 abgewiesen worden ist. Mit diesem Bescheid wurde der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen (Nr. I. des Bescheides), die sofortige Vollziehung der Ausweisung angeordnet (Nr. II.), wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf die Dauer von sechs Jahren ab Ausreise/Abschiebung befristet (Nr. III.), wurde die Abschiebung aus Haft heraus in die Türkei angeordnet (Nr. IV.) und der Kläger für den Fall, dass die Abschiebung unmittelbar aus dem Vollzug heraus nicht möglich ist und er aus dem Vollzug entlassen wird, aufgefordert, das Bundesgebiet unter Fristsetzung von einer Woche nach Haftentlassung zu verlassen, andernfalls er in die Türkei oder einen anderen aufnahmebereiten Staat abgeschoben werde (Nr. V.). Ausweisungsanlass bildete eine strafrechtliche Verurteilung durch das Landgericht N.-F. vom 26. Juli 2016 wegen Beihilfe zu besonders schwerem Raub mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren unter Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Der Verurteilung lag ein mit zwei Mittätern begangener Überfall am 24. Dezember 2015 mit Pfefferspray auf den Geschädigten in dessen Wohnung zur Erbeutung von Geld und ggf. Drogen zugrunde, in dessen Zuge wertvolle Armbanduhren und der Pkw des Geschädigten entwendet wurden. Der Kläger war wenige Wochen vor Begehung dieser Tat am 9. November 2015 wegen gemeinschaftlichen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln mit Betrug (Verkauf von 15 g angeblichem Kokain zu 2.000,00 Euro) zu vier Tagen Jugendarrest und der Erbringung von Arbeitsleistungen verurteilt worden. Bei einem früheren Betäubungsmitteldelikt wurde am 3. Februar 2015 von der Verfolgung nach § 45 Abs. 2 JGG abgesehen. Ein strafrechliches Ermittlungsverfahren wegen Wohnungseinbruchsdiebstahl wurde am 17. Mai 2016 nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt.

Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung des Klägers gemäß §§ 53 ff. AufenthG als rechtmäßig angesehen. Sie sei nach § 53 Abs. 3 AufenthG zulässig, weil das persönliche Verhalten des Klägers eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland berühre und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses nach der unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmenden Abwägung unerlässlich sei. Der Kläger habe mit den abgeurteilten Betäubungsmittel- und Gewaltdelikten schwere Straftaten begangen, die typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verbunden seien. Der Kläger könne keine abgeschlossene Drogentherapie vorweisen, sodass weiterhin eine erhebliche Wiederholungsgefahr bestehe. Das Ausweisungsinteresse überwiege das Bleibeinteresse des Klägers auch in Würdigung des lebenslangen Aufenthalts im Bundesgebiet und stelle sich unter Berücksichtigung von Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK als verhältnismäßig dar. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sechs Jahre sei nicht zu beanstanden.

Der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.), noch hat der Kläger den weiter angeführten Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) in einer den Anforderungen gemäß § 124 Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise dargelegt (2.).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass sich die gesicherte Möglichkeit der Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergibt (z.B. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/547), mithin diese Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838/839). Die Beurteilung, ob ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisungsentscheidung ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 juris Rn. 12).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen des Klägers auch unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklung nicht.

Zur Begründung des Zulassungsbegehrens wird vorgetragen, für den Kläger sei eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB angeordnet worden. Der Therapieverlauf sei als sehr positiv zu bewerten. Die pessimistische Einschätzung des Verwaltungsgerichts überrasche im Hinblick auf den positiven Therapieverlauf des Klägers. Der Kläger werde in Kürze seine Therapie erfolgreich beenden. Vor der Anordnung einer Therapie nach § 64 StGB sei eine Exploration durch einen Sachverständigen über die Erfolgsaussichten einer Therapie erforderlich. Die Therapie dauere über einen sehr langen Zeitraum, wobei der Betroffene von zahlreichen Medizinern und Therapeuten betreut werde. Die Therapie sei mit hohen Anforderungen an den Betroffenen verbunden. Viele Personen würden an der Therapie scheitern. Der positive Therapieverlauf, die Einschätzung der Strafgerichte über die Erfolgsaussichten der Therapie, die intensive Betreuung während der Therapie und die hohen Anforderungen an die Therapie müssten für die ausländerrechtliche Bewertung der Wiederholungsgefahr eine absolut herausragende Rolle spielen. Im Hinblick auf den Status des Klägers, der unter den Schutz des ARB 1/80 fällt, könne keinesfalls davon ausgegangen werden, dass eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung von Seiten des Klägers bestehe oder aus diesem Grund eine Ausweisungsmaßnahme unerlässlich wäre. Die Abwägung erweise sich als fehlerhaft, da maßgebliche Umstände nicht berücksichtigt worden seien. Dem besonderen Bleibeinteresse des Klägers sei nur das strafrechtliche Vorleben des Klägers entgegengestellt worden. Der positive Therapieverlauf sei nicht berücksichtigt worden, darüber hinaus sei der Kläger als faktischer Inländer anzusehen. Seine Familie lebe im Bundesgebiet. Zur Türkei habe er keinen Bezug. Er habe eine neue Arbeitsstelle angetreten.

Das Zulassungsvorbringen ist nicht geeignet, die verwaltungsgerichtliche Annahme zu widerlegen, dass das persönliche Verhalten des Klägers gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nach § 53 Abs. 3 AufenthG darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (1.1), und dass die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorzunehmende Abwägung ein Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Ausreise ergibt (1.2.).

1.1. Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitlich demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Steht dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation EWG-Türkei (ARB 1/80) zu, sind an die Qualität der erforderlichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erhöhte Anforderungen zu stellen. Er darf nach § 53 Abs. 3 AufenthG nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und wenn die Ausweisung zur Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Im Falle der Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen führt § 53 Abs. 3 AufenthG nicht zu einer Verdrängung der wertenden und gewichtenden Ausweisungsbestimmungen nach §§ 53 Abs. 1, 54, 55 AufenthG; ihnen kommt auch im Rahmen des § 53 Abs. 3 AufenthG die Bedeutung von gesetzlichen Umschreibungen spezieller Interessen mit dem jeweiligen Gewicht zu (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017 - 1 C 3/16 - juris Rn. 24). Soweit die Entwurfsbegründung von einer „Sonderregelung“ spricht (BT-Drs. 18/4097, S. 50), bezieht sich diese Wendung jedoch ersichtlich auf das in § 53 Abs. 3 AufenthG festgelegte Maß der Sicherheitsgefahr und statuiert im Übrigen keine Verdrängung der wertenden und gewichtenden Ausweisungsbestimmungen. Art und Maß der Gefahr, die nach ständiger Rechtsprechung für die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen vorliegen müssen (zu diesem Maßstab vgl. EuGH, U.v. 8.12.2011 - C-371/08, „Ziebell“ - Rn. 82ff., und vom 29.3.2012 - C-7/10 und C-9/10, „Kahveci“ und „Inan“ - Rn. 40; zur Gleichwertigkeit des Begriffs der „hinreichend schweren Gefahr“ in der Bestimmung des Art. 12 RL 2003/109 und des durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80< u.a. U.v. 22.12.2010 - C-303/08, „Bozkurt“ - Slg. 2010, I-0000, Rn. 42, und U.v. 16.6.2011 - C-484/07, „Pehlivan“ - Rn. 62 > entwickelten Begriffs der „schwerwiegenden Gefahr“ vgl. das Urteil „Ziebell“, insbesondere Rn. 49, 74 und 80), entsprechen exakt den in der Neufassung von § 53 Abs. 3 AufenthG festgelegten Voraussetzungen (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 26).

Bei der Feststellung der für eine Ausweisung erforderlichen Sicherheitsgefahr bzw. der schwerwiegenden Gefahr i.S.v. § 53 Abs. 3 AufenthG handelt es sich um eine Prognose, die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eigenständig zu treffen haben (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Die Indizien, die für diese Prognose heranzuziehen sind, ergeben sich nicht nur aus dem Verhalten im Strafvollzug und danach. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2000 - 9 C 6/00 - BVerwGE 112, 185, juris Rn. 14; vgl. auch BVerwG, B.v. 4.5.1990 - 1 B 82/89 - NVwZ-RR 1990, 649, juris Rn. 4). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (stRspr; vgl. z.B. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 34; BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - Rn. 18).

Raub und Körperverletzungsdelikte gefährden die körperliche Integrität sowie das Eigentum bzw. Vermögen und stellen sich daher als schwerwiegende Straftaten dar. Die Höhe der verhängten Strafe von drei Jahren macht das Maß der vom Kläger ausgehenden Sicherheitsgefahr deutlich. Die Entwicklung des Klägers ist geprägt durch eine sich verschärfende Delinquenzneigung. Hinsichtlich eines Betäubungsmitteldelikts im Jahr 2014 wurde am 3. Februar 2015 gemäß § 45 Abs. 2 JGG von einer Verfolgung abgesehen. Wenige Wochen vor der Anlasstat am 24. Dezember 2015 wurde der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts N. vom 9. November 2015 wegen gemeinschaftlichem, vorsätzlichem unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln mit Betrug zu vier Tagen Jugendarrest und der Erbringung von Arbeitsleistung verurteilt. Den Ausweisungsanlass bildet die Verurteilung durch Urteil des Landgerichts N.-F. wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Der Verurteilung vom 26. Juli 2016 liegt zugrunde, dass sich der Kläger entsprechend vorheriger Absprache zusammen mit zwei Mittätern zu der Wohnung des Geschädigten begab, um in dessen Wohnung vermutete Drogen oder einen größeren Bargeldbetrag zu erbeuten. Entsprechend vorheriger Absprache sprühte der Mittäter dem Geschädigten unmittelbar nach dem Öffnen der Tür Pfefferspray ins Gesicht, weshalb der Geschädigte über den Balkon ins Freie flüchtete. Aus der Wohnung wurden zwei Armbanduhren der Marke „Haas und Cie“ und „Citizen“ im Wert von jeweils ca. 120,00 Euro, sowie der Schlüssel des Pkw BMW 1er F20 entwendet. Mit diesem Schlüssel wurde auch der Pkw entwendet, den der Kläger fuhr. Der Kläger stand zum Zeitpunkt der Tatbegehung unter dem Einfluss von Drogen- und Alkoholkonsum. Zu Lasten des Klägers war die Rückfallgeschwindigkeit sowie das Gewicht seines Tatbeitrags gewertet worden. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. W.-L. ist bei dem Kläger von einem langjährigen polytoxikomanen Suchtmittelkonsumverhalten (hauptsächlich Cannabisprodukte und Methamphetamin) auszugehen. Es bestehe ein symptomatischer Zusammenhang zwischen dem Hang nach § 64 StGB und der Begehung der Straftat. Für den Fall der Nichtbewältigung der Suchtmittelproblematik bestehe ein erhöhtes Risiko für Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und Beschaffungsdelinquenz. Es bestünden hinreichend konkrete Erfolgsaussichten, dass der Kläger eine Therapie durchlaufe und nach deren erfolgreichem Abschluss längere Zeit suchtmittel- und straffrei leben könne. Im Hinblick auf die für notwendig erachtete Therapiedauer von 18 Monaten wurde im Strafurteil von einem Vorwegvollzug abgesehen.

Ausweislich des Berichts der Entziehungsanstalt vom 5. März 2018 wurde der Kläger am 4. August 2016 in die Entziehungsanstalt aufgenommen und konnte am 6. Oktober 2016 auf die weiterführende Therapiestation verlegt werden. Das Verhalten des Klägers in der Therapie wird von der Einrichtung als ruhig und zurückhaltend beschrieben. Am 29. Mai 2017 sei auf die Ereignismeldung eines Streits mit einem Mitpatienten mit (vermeintlich) körperlichem Übergriff eine Verlegung zur Krisenintervention und eine Rückstufung der am 28. April 2017 erlangten Lockerungsstufe B (Geländeausgänge allein) gefolgt. Unter der Bedingung einer umfassenden Persönlichkeitsdiagnostik sowie der Erarbeitung alternativer Handlungsweisen für Konfliktsituationen sei die Therapie fortgeführt worden. Ab September 2017 habe erneut die Lockerungsstufe B mit alleinigen Geländeausgängen bewilligt werden können. Nach erfolgreich verlaufener Erprobung in alleinigen Stadtausgängen (Stufe C2) und auch alleinigen Tagesurlauben zur Mutter nach Nürnberg (Stufe C3) habe der Kläger ab Ende November 2017 eine Außenarbeit über eine Zeitarbeitsfirma aufgenommen (Stufe C4). Ab März 2018 sei der Kläger als Umzugshelfer bzw. Monteur in einem Betrieb in Nürnberg tätig gewesen. Insgesamt sei von einem guten Verlauf zu sprechen. Ausweislich einer Bestätigung der Einrichtung vom 17. Mai 2018 sei der Kläger zum Probewohnen in einer Einrichtung der Suchtnachsorge; da dies jedoch nicht passend gewesen sei, sei im Juni/Juli 2018 erneut eine Anmeldung in der Bezirksklinik erfolgt. Ausweislich einer Stellungnahme der Entziehungsanstalt vom 17. Mai 2018 könnten zu einem Entlassungstermin noch keine Angaben gemacht werden. Am 8. Juni 2018 hat der Kläger beim Jobcenter vorgesprochen. Eine Strafaussetzung zur Bewährung ist bislang nicht erfolgt.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass sich die erwartete Therapiedauer von 18 Monaten als nicht hinreichend erwiesen hat, die Suchttherapie des Klägers ist noch nicht abgeschlossen.

Bei Straftaten, die auf der Suchterkrankung eines Ausländers beruhen, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs von einem Wegfall der für die Ausweisung erforderlichen Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden, solange der Ausländer nicht eine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen hat und die damit verbundene Erwartung eines künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat (BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 B 14.1613 - juris Rn. 32 m.w.N.). Solange sich der Ausländer nicht außerhalb des Straf- bzw. Maßregelvollzugs bewährt hat, kann nicht mit der notwendigen Sicherheit auf einen dauerhaften Einstellungswandel und eine innerlich gefestigte Verhaltensänderung geschlossen werden, die ein Entfallen der Wiederholungsgefahr rechtfertigen würde (BayVGH, B.v. 31.1.2019 - 10 ZB 18.1534 - juris; B.v. 13.10.2017 - 10 ZB 17.1469 - juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231 - juris Rn. 11). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Therapieberichte keine objektiven Bewertungen oder gar Begutachtungen darstellen. Zu einer effektiven Drogenberatung ist ein enges Vertrauensverhältnis zwischen dem Drogenabhängigen und dem Berater erforderlich. Der Berater ist kein verlängerter Arm des Staates, weil Drogenberater Interessenvertreter ihrer Klienten sind. Daher sind die Therapiestellungnahmen nicht als objektive Gutachten, sondern als einseitige Stellungnahmen zu bewerten (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl. 2019, § 35 Rn. 253; BayVGH, B.v. 10.10.2017 - 19 ZB 16.2636 - juris Rn. 23). Darüber hinaus liegen die Erfolgschancen einer Therapie im Allgemeinen deutlich unter 50% (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl. 2019, § 35 Rn. 46; BayVGH, B.v. 10.10.2017 - 19 ZB 16.2636 - juris Rn. 26 m.w.N.), wobei hier lediglich das Scheitern im ersten Jahr nach Therapieende berücksichtigt ist. In seinem Zulassungsvorbringen erwähnt der Kläger selbst die hohe Scheiternsquote. Selbst eine abgeschlossene Therapie rechtfertigt unter Berücksichtigung der Rückfallquote (vgl. insoweit auch Patzak, in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl. 2016, § 35 BtMG, Rn. 47: „bescheidene Erfolge“) per se keine Resozialisierungswahrscheinlichkeit.

Nach diesen Maßgaben lässt das Verhalten des Klägers während der fortbestehenden Unterbringung in der Entziehungsanstalt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Die Fortdauer der Therapie hat eine disziplinierende und ordnende Wirkung. Daher ist anerkannt, dass das Verhalten im Vollzug zwar prognostisch heranzuziehen, aber nur bedingt aussagekräftig ist, und dass eine reibungslose Einordnung in den Anstaltsbetrieb nicht ohne weiteres auf ein straffreies Leben in Freiheit schließen lässt (Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 57 Rn. 16a; Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 57 Rn. 15a). Der Therapieverlauf des Klägers verlief darüber hinaus nicht beanstandungsfrei. Abgesehen von der Krisenintervention und Zurückstufung im Mai 2017 hat sich auch eine Beschäftigung in einer Festanstellung und das externe Wohnen in einer Wohngruppe mangels Absprachefähigkeit als nicht von Dauer erwiesen. Auch der Umstand, dass die ursprünglich geplante Therapiedauer massiv überschritten ist, spricht für das Fortbestehen einer hohen Rückfallgefahr.

Zu berücksichtigen ist überdies, dass der Kläger auch in dieser Zeit an einer Vermeidung negativer Eindrücke bei den Behörden interessiert gewesen ist, weil das gerichtliche Verfahren die ausländerrechtliche Ausweisung betreffend noch nicht abgeschlossen ist. Eine drohende Ausweisung erzeugt regelmäßig einen Legalbewährungsdruck, der nach den Erfahrungen des Senats über denjenigen einer drohenden Inhaftierung hinausgeht; hierzu trägt auch der Umstand bei, dass im Ausweisungsrechtsstreit aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen sind. Demzufolge ist Legalverhalten in einer Zeit, in der die Ausweisung gedroht hat und droht, zwar grundsätzlich als günstiges Indiz für die ausweisungsrechtliche Prognose heranzuziehen. Jedoch kommt diesem Indiz nur ein relatives Gewicht zu, weil es angesichts des Abstinenz- und Legalbewährungsdrucks, der während des rechtstreuen Verhaltens besteht, nach allgemeiner Erfahrung und auch nach der Auffassung der Strafgesetzgebers nicht den Schluss auf ein gleichartiges Verhalten in Zeiträumen gewährleistet, in denen dieser Druck nicht besteht. Ein zeitweise bestehender Legalbewährungsdruck ist nicht geeignet, das Unterlassen von Straftaten auf Dauer zu gewährleisten und bewirkt in einem großen Teil der Fälle keinen inneren Wandel, sondern nur ein druckmittelbedingtes Anpassungsverhalten ohne Nachhaltigkeit.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass eine Strafrestaussetzung zur Bewährung nicht erfolgt ist. Nach der strafgerichtlichen Rechtsprechung kann die Aussetzung des Strafrestes „verantwortet werden“ im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Erfolg spricht (eine reale Chance); eine Wahrscheinlichkeit der Resozialisierung, also eine Unwahrscheinlichkeit neuer Straftaten (sie müssen nicht unbedingt einschlägig sein vgl. BGH, U.v. 28.06.2000 - 3 StR 156/00 - NStZ-RR 2001,15, juris Rn. 18 sowie BayObLG, U.v. 05.09.2002 - 5. St RR 224/2002 - NStZ-RR 2003, 105, juris Rn. 9 f.) oder eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ der Bewährung in Freiheit wird nicht gefordert (vgl. Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 57 Rn. 11 ff., Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 57 Rn. 14). Rechtsprechung und Literatur gehen ganz überwiegend davon aus, dass die (durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes v. 26.1.1998, BGBl I S. 160) mit Wirkung vom 31. Januar 1998 eingeführte Wendung „… erwartet werden kann“ gegenüber der vorher geltenden Formulierung „wenn erprobt werden kann“ keine inhaltliche Veränderung des Maßstabs herbeiführen sollte (Fischer, a.a.O., § 57 Rn. 13, Kühl in Dreher/Maassen/Lackner, StGB, 28. Aufl. 2014, § 57 Rn. 7 sowie Stree/Kinzig, a.a.O., § 57 Rn. 9 und 15 jeweils mit Rspr.-Nachw.). Demzufolge ergibt sich vorliegend aus der Tatsache, dass bei dem Kläger der Strafrest bislang nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist, dass selbst eine „reale (nicht: überwiegende) Chance“ für eine Resozialisierung bislang nicht gesehen worden ist.

Insgesamt kommt unter Berücksichtigung der Deliquenz des Klägers, seiner strafrechtlichen Rückfallgeschwindigkeit, der nunmehr seit 2 ½ Jahren dauernden Unterbringung in der Entziehungsanstalt sowie der mehrfach misslungenen Lockerungen und Erprobungen auch in Würdigung der positiven Therapieschritte die Annahme eines Entfallens der Wiederholungsgefahr nicht in Betracht. Darüber hinaus ist es nicht erforderlich, mit der ausländerrechtlichen Gefahrenprognose bis zum Zeitpunkt des Abschlusses der Therapie bzw. einer Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung abzuwarten (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2017 - 10 ZB 17.993 - juris Rn. 16; 27.9.2017 - 10 ZB 16.823 - juris).

1.2. Das persönliche Verhalten des Klägers berührt ein Grundinteresse der Gesellschaft und die Ausweisung ist für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich (§ 53 Abs. 3 AufenthG).

Im Rahmen der Prüfung der Unerlässlichkeit der Ausweisung nach § 53 Abs. 3 AufenthG ist zu beachten, dass die Grundrechte des Betroffenen, insbesondere das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein müssen, wobei sämtliche konkreten Umstände, die für die Situation des Betroffenen kennzeichnend sind, zu berücksichtigen sind (vgl. BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 77 m.w.N.). Unerlässlichkeit ist dabei nicht im Sinne einer „ultima ratio“ zu verstehen, sondern bringt den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für die Ausweisung von Unionsbürgern entwickelten Grundsatz zum Ausdruck, dass das nationale Gericht eine sorgfältige und umfassende Prüfung der Verhältnismäßigkeit vorzunehmen hat (BayVGH, B.v. 27.9.2017 - 10 ZB 16.823 - juris Rn. 20). Auch im Rahmen des § 53 Abs. 3 AufenthG ist unter Berücksichtigung des besonderen Gefährdungsmaßstabs für die darin bezeichneten Gruppen von Ausländern eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach § 53 Abs. 1 (i.V.m. Abs. 2) AufenthG durchzuführen.

Die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung vor allem mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznormen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und des Art. 8 Abs. 1 EMRK ergibt, dass das Interesse des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet das öffentliche Interesse an der Ausreise nicht überwiegt.

Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse (i.S.v. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) ist beim Kläger infolge seiner rechtskräftigen Verurteilung vom 26. Juli 2016 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub mit gefährlicher Körperverletzung gegeben. Der Kläger hat sich nur wenige Wochen nach einer strafrechtlichen Verurteilung wegen eines Betäubungsmitteldelikts der Beteiligung an einer gravierenden Straftat, die gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und das Vermögen bzw. Eigentum Dritter gerichtet war, strafbar gemacht. Der Tatbeitrag des Klägers war bedeutsam, die Tatbeute und der entstandene Schaden gewichtig. Auf der anderen Seite liegt ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor, weil er eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Dem mit der Ausweisung verfolgten Ziel, eine schwere Gefahr (durch weitere Straftaten des Klägers) für ein Grundinteresse der Gesellschaft abzuwehren, kommt angesichts der vorliegenden Einzelfallumstände, insbesondere unter Berücksichtigung der mehrfachen Straffälligkeit des Klägers und der beachtlichen Rückfallgeschwindigkeit sowie des hohen Rangs des gefährdeten Rechtsgutes (Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 GG) ein das schwerwiegende Bleibeinteresse des Klägers überwiegendes Gewicht zu.

Im Rahmen der Ermittlung der privaten Belange ist in Rechnung zu stellen, inwieweit der Ausländer unter Berücksichtigung seines Lebensalters in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist. Als Gesichtspunkte für das Vorhandensein von anerkennenswerten Bindungen können Integrationsleistungen in persönlicher, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht von Bedeutung sein, der rechtliche Status, die Beachtung gesetzlicher Pflichten und Verbote, der Grund für die Dauer des Aufenthalts und Kenntnisse der deutschen Sprache. Diese Bindungen des Ausländers im Inland sind in Beziehung zu setzen zu den (noch vorhandenen) Bindungen an seinen Heimatstaat. Hierzu gehört die Prüfung, inwieweit der Ausländer unter Berücksichtigung seines Lebensalters, seiner persönlichen Befähigung und seiner familiären Anbindung im Heimatland von dem Land seiner Staatsangehörigkeit bzw. Herkunft entwurzelt ist.

Das Zulassungsvorbringen zeigt keine Lebensumstände auf, die zu einer Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung wegen einer die Sicherheitsbedrohung überwiegenden Verwurzelung im Bundesgebiet führen könnten. Der Kläger hat seine Schulausbildung im Bundesgebiet erfahren. Er hat die Hauptschule besucht, jedoch nicht den qualifizierten Hauptschulabschluss erlangt. Seine Familienangehörigen leben ebenfalls im Bundesgebiet. Seine Erziehung und Sozialisation hat zunächst innerhalb seines türkischen Familienverbandes stattgefunden. Die wirtschaftliche Integration in die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet ist dem Kläger nur bedingt gelungen. Zwar hat der Kläger eine Ausbildung zum Monteur aufgenommen, die Berufsausbildung wurde jedoch nicht erfolgreich abgeschlossen. Eine stabile und dauerhafte Integration in das Erwerbsleben ist dem Kläger bislang nicht gelungen. Der Kläger ist seit dem frühen Erwachsenenalter durch die Begehung von Straftaten in Erscheinung getreten und hat sich auch durch strafrechtliche Verurteilungen nicht von der Begehung einer schwerwiegenden Straftat wenige Wochen danach abhalten lassen.

Zwar ist der Kläger im Bundesgebiet geboren und aufgewachsen. Dahinstehen kann, ob der Kläger insoweit als „faktischer Inländer“ anzusehen ist. Entgegen dem Zulassungsvorbringen hat das Verwaltungsgericht den langjährigen Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik zutreffend gewürdigt. Ungeachtet einer möglichen Stellung als „faktischer Inländer“ kann sich der Kläger in dem Zusammenhang jedoch nicht mit Erfolg auf den stattgebenden Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG vom 19.10.2016 - 2 BvR 1943/16 - juris) berufen. Danach besteht für faktische Inländer kein generelles Ausweisungsverbot. Bei der Ausweisung hier geborener Ausländer ist aber im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung der besonderen Härte, die eine Ausweisung für diese Personengruppe darstellt, in angemessenem Umfang Rechnung zu tragen. Es ist im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung nicht ausreichend, wenn die Gerichte von der Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz in jedem Fall ohne weiteres auf die Gefährdung höchster Gemeinwohlgüter und auf eine kaum widerlegliche Rückfallgefahr schließen. Vielmehr ist der konkrete, der Verurteilung zugrunde liegende Sachverhalt ebenso zu berücksichtigen wie das Nachtatverhalten und der Verlauf von Haft und Therapie. Eine schematische Gesetzesanwendung, die die im Einzelfall für den Ausländer sprechenden Umstände ausblendet, verbietet sich.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall maßgeblich dadurch, dass der dort betroffene Ausländer eine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen hatte, die nicht drogenbezogene Kriminalität zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits acht Jahre zurücklag und eine Strafaussetzungsentscheidung bereits ergangen war. Zwar ist der Kläger im Bundesgebiet geboren und aufgewachsen. Gleichwohl ist ihm ein Leben im Einklang mit der Rechtsordnung nicht gelungen. Ein Therapieabschluss ist trotz positiver Entwicklungsschritte bislang nicht zu verzeichnen, geschweige denn eine anschließende straf- und drogenfreie Zeit ohne Legalbewährungsdruck. Ein Nachweis über das Fortbestehen einer festen Arbeitsstelle wurde nicht geführt. Aus der Vorsprache beim Jobcenter vom Juni 2018 ist zu folgern, dass entgegen dem Zulassungsvorbringen kein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis (mehr) besteht.

Dem unverheirateten Kläger ohne Unterhaltsverpflichtungen ist es zumutbar, im Land seiner Staatsangehörigkeit zu leben. Der Kläger beherrscht die türkische Sprache, ist jedenfalls durch seine Familie den heimatstaatlichen Lebensverhältnissen näher gebracht worden. Im Herkunftsstaat befinden sich noch Verwandte des Klägers, die dem Kläger Unterstützung bieten könnten. Anhaltspunkte dafür, dass die Eingewöhnung in die aktuellen Gegebenheiten und sozialen Strukturen in der Türkei und der Aufbau eines Privatlebens für den 25-jährigen Kläger unmöglich oder unzumutbar sein könnten, werden mit dem Zulassungsantrag nicht geltend gemacht; sie ergeben sich auch nicht aus seiner Einlassung, Kurde zu sein.

2. Soweit sich der Kläger weiter auf den Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO beruft, wonach die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweise, ist dieser Zulassungsgrund schon nicht in der nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen Weise dargelegt.

Zur Darlegung der besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind die entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts konkret zu benennen, die diese Schwierigkeiten aufwerfen, und es ist anzugeben, dass und aus welchen Gründen die Beantwortung dieser Fragen besondere Schwierigkeiten bereitet. Es ist eine Begründung dafür zu geben, weshalb die Rechtssache an den entscheidenden Richter (wesentlich) höhere Anforderungen stellt als im Normalfall (Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: 1.10.2018, § 124a Rn. 75 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Der Kläger legt nicht dar, inwiefern insbesondere die Gefahrenprognose und die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung in seinem Fall wesentlich höhere Anforderungen als in sonstigen Ausweisungsfällen stellen sollen. Im Zulassungsverfahren wird nichts Detailliertes vorgetragen, was besondere Schwierigkeiten aufwerfen könnte. Soweit auf die sich aus der Rechtsstellung aufgrund des Assoziationsabkommens EWG/Türkei ergebenden Maßstäbe für die Gefahrenprognose hingewiesen wird, lässt sich diese Frage ohne weiteres in Anwendung des § 53 Abs. 3 AufenthG im Zulassungsverfahren beantworten. Auch aus der behaupteten Stellung als „faktischem Inländer“ ergeben sich solche erhöhten Anforderungen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 20.2.2019 - 10 ZB 18.2343 - juris Rn. 18 und B.v. 27.9.2017 - 10 ZB 16.823 - juris Rn. 25).

Hat das Berufungsgericht - wie vorliegend - keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, so kann die Rechtsfrage regelmäßig keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweisen (vgl. BayVGH, B.v. 28.6.1999 - 19 ZB 97.1557 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 3, Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 13/10/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000, - Euro festgesetzt. Gründe
published on 20/02/2019 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. IV. Der Antrag
published on 31/01/2019 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe
published on 08/03/2016 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsle
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Annotations

(1) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen.

(2) Der Staatsanwalt sieht von der Verfolgung ab, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist und er weder eine Beteiligung des Richters nach Absatz 3 noch die Erhebung der Anklage für erforderlich hält. Einer erzieherischen Maßnahme steht das Bemühen des Jugendlichen gleich, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Der Staatsanwalt regt die Erteilung einer Ermahnung, von Weisungen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 7 und 9 oder von Auflagen durch den Jugendrichter an, wenn der Beschuldigte geständig ist und der Staatsanwalt die Anordnung einer solchen richterlichen Maßnahme für erforderlich, die Erhebung der Anklage aber nicht für geboten hält. Entspricht der Jugendrichter der Anregung, so sieht der Staatsanwalt von der Verfolgung ab, bei Erteilung von Weisungen oder Auflagen jedoch nur, nachdem der Jugendliche ihnen nachgekommen ist. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden. § 47 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen.

(2) Der Staatsanwalt sieht von der Verfolgung ab, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist und er weder eine Beteiligung des Richters nach Absatz 3 noch die Erhebung der Anklage für erforderlich hält. Einer erzieherischen Maßnahme steht das Bemühen des Jugendlichen gleich, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Der Staatsanwalt regt die Erteilung einer Ermahnung, von Weisungen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 7 und 9 oder von Auflagen durch den Jugendrichter an, wenn der Beschuldigte geständig ist und der Staatsanwalt die Anordnung einer solchen richterlichen Maßnahme für erforderlich, die Erhebung der Anklage aber nicht für geboten hält. Entspricht der Jugendrichter der Anregung, so sieht der Staatsanwalt von der Verfolgung ab, bei Erteilung von Weisungen oder Auflagen jedoch nur, nachdem der Jugendliche ihnen nachgekommen ist. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden. § 47 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.