Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2018 - 15 CS 17.2549
Tenor
I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Dezember 2017 wird in Ziffer I. und II. abgeändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2018 - 15 CS 17.2549
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2018 - 15 CS 17.2549 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Trier vom 9. Dezember 2015 wird die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2015 in Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 23. November 2015 insoweit angeordnet, als diese die Errichtung des Erd-, Ober- und Dachgeschosses von Haus 1 zum Gegenstand hat.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Antragsteller die Hälfte einschließlich der Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die Antragsgegnerin ein Viertel mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen und die Beigeladene ebenfalls ein Viertel sowie die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Der Antragsteller ist Eigentümer des Anwesens Z. Straße …, das mit einem zweigeschossigen Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss bebaut ist. Es weist entlang der Straße eine Breite von 11 m und eine Tiefe von 10,20 m auf und besteht aus drei Wohnungen. Der Antragsteller wendet sich gegen die der Beigeladenen für das Nachbargrundstück erteilte Baugenehmigung zur Errichtung von zwei Wohngebäuden mit insgesamt 17 Wohneinheiten sowie einer Tiefgarage. Im Einzelnen handelt es sich um ein an das Haus des Antragstellers angebautes zweigeschossiges Mehrfamilienhaus mit 8 Wohneinheiten („Haus 1“) mit einer Breite von 24,53 m und einer Tiefe von 13,85 m im Bereich des Grenzanbaus, ferner um ein rückwärtiges freistehendes dreigeschossiges Mehrfamilienhaus mit 7 Wohneinheiten sowie einem zweigeschossigen Vorbau mit 2 Wohneinheiten („Haus 2“) und schließlich um ein einheitliches Keller- und Tiefgaragengeschoss unter den beiden Häusern mit einer Breite von 24,53 m und einer Tiefe von maximal 57,30 m. Grundlage für die Baugenehmigung ist der Bebauungsplan „BN 49/1 1. Änderung“ vom 27. Juli 2014. Den hiergegen gerichteten Normenkontrollantrag des Antragstellers hat der Senat durch Urteil vom 6. Mai 2015 – 8 C 10974/14.OVG –, juris, abgelehnt.
- 2
Nach Ansicht des Antragstellers ist die angegriffene Baugenehmigung deshalb rechtswidrig, weil sie gegen die Festsetzung im Bebauungsplan über die offene Bauweise verstößt. Haus 1 stelle wegen seiner Disproportionalität zu seinem Anwesen weder eine Doppelhaushälfte dar, noch handele es sich mangels selbstständig benutzbarer Einzelhäuser um eine Hausgruppe. Der ursprünglich geltend gemachte Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht durch Haus 2 habe sich inzwischen aufgrund der Nachtragsbaugenehmigung vom 23. November 2015 erledigt.
- 3
Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 mit der Begründung abgewiesen, dass eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch die angegriffene Baugenehmigung hinreichend sicher auszuschließen sei. Zwar sei die Festsetzung im Bebauungsplan über die „offene Bauweise“ drittschützend. Auch handele es sich bei Haus 1 wegen des Vorhandenseins von nur einem Eingang und einem Treppenhaus nicht um den Teil einer Hausgruppe. Jedoch könne das Gebäude bei der gebotenen Gesamtwürdigung als Teil eines Doppelhauses angesehen werden. Auf das im rückwärtigen Bereich des Grundstücks genehmigte - derzeit bereits im Bau befindliche - Haus 2 komme es für den vorliegenden Nachbarrechtsstreit nicht an.
II.
- 4
Die Beschwerde, mit der das Suspensivinteresse auch im Anschluss an die Nachtragsbaugenehmigung für das gesamte Bauvorhaben aufrechterhalten wird, hat in dem tenorierten Umfang - teilweise - Erfolg.
- 5
Hinsichtlich der genehmigten oberirdischen Teile von Haus 1 überwiegt bei der nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO anzustellenden Abwägung das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Denn insofern spricht nach summarischer Prüfung viel für die Rechtswidrigkeit der Genehmigung und die hieraus folgende Rechtsverletzung zu Lasten des Antragstellers. Dies lässt sich hingegen für die unterirdisch errichtete Tiefgarage sowie für das im rückwärtigen Bereich genehmigte freistehende Haus nicht annehmen. Im Rahmen der nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Ermessensentscheidung hat es nach Auffassung des Senats daher insofern bei der gesetzlich in § 212a BauGB angeordneten aufschiebenden Wirkung zu bleiben.
- 6
1. Die genehmigte Errichtung von Haus 1 erweist sich aller Voraussicht nach als objektiv rechtswidrig.
- 7
Haus 1 dürfte mit der im Bebauungsplan „BN 49/1 1. Änderung“ getroffenen Festsetzung zur „offenen Bauweise“ nicht vereinbar sein. Diese Festsetzung ergibt sich aus den „Zeichnerischen Festsetzungen“ des Änderungsplans unter Ziff. I. Nr. 3 und der Nutzungsschablone unter Nr. 8. Sie ergänzt damit die für das Nachbargrundstück des Antragstellers bereits nach dem Ursprungsbebauungsplan BN 49/1 bestehende Festsetzung der offenen Bauweise.
- 8
Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO werden die Gebäude in der offenen Bauweise mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Festsetzung der offenen Bauweise betrifft ausschließlich die Stellung der Gebäude in Bezug auf Grundstücksgrenzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 – 4 C 12.98 –, BVerwGE 110, 355 und juris, Rn. 17; Determann/Stühler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 22 Nr. 1), hier also die Grenze zwischen den Grundstücken des Antragstellers und der Beigeladenen. Bei der Zulassung von Doppelhäusern und Hausgruppen handelt es sich um eine vom Verordnungsgeber zugelassene Modifikationen der offenen Bauweise. Denn es wird gerade ein Anbau an einer bzw. beiden seitlichen Grundstücksgrenzen ermöglicht, was man deshalb für hinnehmbar hält, weil die Hausform insgesamt wegen ihrer maximalen Länge von 50 m (§ 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO) und den seitlichen Grenzabständen immer noch an der gewollten aufgelockerten Bebauung teilhat (vgl. BVerwG, ebenda; Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 118. EL 2015, § 22 Rn. 26).
- 9
a) Bei Haus 1 handelt es sich aller Voraussicht nach nicht um den Teil eines zusammen mit dem Anwesen des Antragstellers gebildeten Doppelhauses.
- 10
Ein Doppelhaus im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Das Erfordernis der baulichen Einheit ist nur erfüllt, wenn die beiden Gebäude in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., Leitsätze 1 und 2). Ob die beiden „Haushälften“ wechselseitig verträglich und abgestimmt aneinandergebaut werden, beurteilt sich nach quantitativen und qualitativen Merkmalen. In welchem Umfang die beiden Haushälften zusammengebaut sein müssen, lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen; verlangt ist vielmehr eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., juris, Rn. 20 und 22; zuletzt: BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 –, BauR 2015, 1309 und juris, Rn. 15 ff.). Quantitative Kriterien sind neben der Bautiefe, der Geschossigkeit und der Gebäudehöhe auch das oberirdische Brutto-Raumvolumen. In qualitativer Hinsicht müssen die beiden Haushälften zwar nicht deckungsgleich oder spiegelbildlich sein, jedoch ein Mindestmaß an Übereinstimmung aufweisen, so dass das Doppelhaus als ein Gebäude erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., juris, Rn. 18, Urteil vom 19. März 2015, a.a.O., Rn. 18 f.).
- 11
Hinsichtlich der quantitativen Elemente teilt der Senat zwar die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass Haus 1 bezüglich der Bautiefe (aneinandergebauter Teil von 10,20 m bei straßenseitigem Versprung von 3,65 m), der im Wesentlichen gleichen Gebäudehöhe sowie der gleichen Geschosszahl wechselseitig verträglich und abgestimmt ist. Dies kann indes nach Auffassung des Senats nicht mehr angenommen werden hinsichtlich der straßenseitigen Breite, die bei Haus 1 mit 24,50 m mehr als das Doppelte der Breite des Anwesens des Antragstellers (11 m) beträgt. Damit zusammenhängend weist auch das oberirdische Brutto-Raumvolumen von Haus 1 mit 3.217 m³ (vgl. Bl. 31 der Bauakten) mehr als das Vierfache des Raumvolumens des Anwesens des Antragstellers auf (766 m³ nach dem unbestrittenen Vortrag des Antragstellers). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht die von dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vertretene Grenzziehung einer Abweichung von maximal der Hälfte der jeweiligen quantitativen Einzelmerkmale zugunsten einer Einzelfallabwägung zurückgewiesen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015, a.a.O., Rn. 15 ff.). Jedoch führt der Umstand einer mehr als doppelt so breiten Straßenfront und eines mehr als viermal so großen oberirdischen Brutto-Raumvolumens zu einer so deutlichen Disproportionalität der beiden Haushälften, dass nach Auffassung des Senats von einer baulichen Einheit nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. zur Disproportionalität bei der Erhöhung des Firstes von 11,60 m auf 15 m: BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –, BVerwGE 148, 290 und juris, Rn. 16 f.).
- 12
Auch qualitative Aspekte rechtfertigen es nicht, trotz der deutlichen quantitativen Abweichungen von einer Gebäudeeinheit zu sprechen (vgl. zu dieser Möglichkeit: BVerwG, Urteil vom 19. März 2015, a.a.O., Rn. 21). Vielmehr bestätigen die straßenseitige „Ansicht Nordwest (Z. Straße)“ (Bl. 49 der Behördenakte) sowie die Visualisierung auf Bl. 79 der Bauakte den dominierenden Eindruck des Bauvorhabens der Beigeladenen, was die Annahme eines wechselseitig abgestimmten Doppelhauses verbietet. Im Übrigen haben auch die Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren eingeräumt, dass es sich bei Haus 1 nicht um eine Doppelhaushälfte, sondern – aufgrund der Fassadengestaltung und -gliederung - vielmehr um zwei Gebäude handelt, die zusammen mit dem Anwesen des Antragstellers eine Hausgruppe bilden (vgl. Schriftsatz vom 27. November 2015, S. 5, Bl. 138 der Gerichtsakte).
- 13
Entgegen der Auffassung der Beigeladenen hat der Senat die Abgewogenheit des Neubauvorhabens mit dem vorhandenen Bestand auf dem Grundstück des Antragstellers in dem Normenkontrollurteil vom 6. Mai 2015 – 8 C 10974/14.OVG –, juris, auch nicht bestätigt. Zur Überprüfung stand nicht die auf das Vorhaben der Beigeladenen zugeschnittene Festsetzung einer abweichenden Bauweise nach § 22 Abs. 4 BauNVO. Vielmehr war im Änderungsplan die bereits im Ursprungsplan BN 49/1 festgesetzte offene Bauweise übernommen worden. Im Rahmen der Abwägungskontrolle hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Festsetzung der offenen Bauweise nicht in einem unüberbrückbaren Widerspruch zur Festsetzung eines größeren Baufensters im straßenseitigen Bereich des Änderungsbebauungsplans stehe. Selbst bei vollständiger Ausschöpfung des Baufensters ergäbe sich kein unüberbrückbarer Widerspruch zur Festsetzung der offenen Bauweise. Die im Bereich der gemeinsamen Grundstücksgrenze zugelassene Bautiefe erlaube durchaus einen mit dem Anwesen des Antragstellers wechselseitig verträglichen Anbau. Sollte sich der Anbau wegen seines im Vergleich zum Gebäude des Antragstellers deutlich größeren Raumvolumens nicht mehr als Doppelhaushälfte darstellen, würde dies keinen unlösbaren Konflikt zur Festsetzung der offenen Bauweise begründen. Denn in diesem Fall könnte die vollständige Ausschöpfung des Baufensters durch Errichtung einer Hausgruppe geschehen, und zwar bestehend aus dem Anwesen des Antragstellers und etwa zwei – jeweils auf eigenen Flurstücken errichteten – Häusern im Änderungsplangebiet (vgl. das Urteil des Senats vom 6. Mai 2015, S. 11 f.).
- 14
b) Haus 1 stellt sich aller Voraussicht nach auch nicht als Teil einer in der offenen Bauweise ebenfalls zulässigen Hausgruppe dar.
- 15
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, besteht eine Hausgruppe aus mindestens drei auf (ebenso vielen) benachbarten Grundstücken stehenden Gebäuden, die durch Aneinanderbauen an den gemeinsamen Grundstücksgrenzen zu einer Einheit zusammengefügt werden und deren Kopfhäuser einen seitlichen Grenzabstand einhalten (vgl. Blechschmidt, a.a.O., § 22 Rn. 29; Urteil des Senats vom 6. Mai 2014 – 8 C 10974/14.OVG –, S. 11 d.U.). Hinsichtlich der Anforderungen an die Einheitlichkeit dieser Hausform, das heißt an das Zusammenfügen der Einzelhäuser in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise, gelten dieselben Maßstäbe wie in der „Doppelhaus-Rechtsprechung“ des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 – 4 B 65.14 –, ZfBR 2015, 702 und juris, Rn. 6; Urteil vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 –, BauR 2015, 1309 und juris, Rn. 19).
- 16
Im vorliegenden Fall hat die Beigeladene zwar durch die Gliederung des Baukörpers von Haus 1 versucht, den Eindruck eigenständiger Gebäude zu erwecken. Indes fehlt es an den für die Annahme von Einzelhäusern notwendigen eigenen Eingängen und Treppenhäusern (vgl. Determann/Stühler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 22 Rn. 6.1). Nach der bisherigen Planung verfügt Haus 1 hingegen nur über einen Eingang und ein einheitliches Treppenhaus, von dem im Erd- und Obergeschoss jeweils drei Wohnungen erschlossen werden.
- 17
Ob der Zugang baulich-konstruktiv derart verändert werden kann, dass selbständige Häuser entstehen, die den Anforderungen an wechselseitig verträgliche und abgestimmte Einzelhäuser genügen, wie die Beigeladene vorträgt, kann dahingestellt bleiben. Denn Gegenstand der hier vorzunehmenden Beurteilung ist allein das genehmigte Vorhaben. Ebenso kann offenbleiben, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Festsetzung der offenen Bauweise vorliegen, wie die Antragsgegnerin angedeutet hat. Denn für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage kommt es allein auf die Genehmigungslage an. Eine eventuell bestehende Befreiungslage ist deshalb in diesem Zusammenhang unerheblich (vgl. OVG Rh-Pf, Beschluss vom 5. Februar 2010 – 1 B 11356/09 -, S. 4 d.U.).
- 18
2. Der vorstehend festgestellte Verstoß der Baugenehmigung gegen die Festsetzung über die „offene Bauweise“ verletzt den Antragsteller auch in seinen Rechten.
- 19
a) Denn die Festsetzung ist nachbarschützend, was sich aus dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses ergibt: Weil und soweit der einzelne Eigentümer gemeinsam mit anderen – benachbarten – Eigentümern in der Ausnutzung seines Grundstücks öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er grundsätzlich deren Beachtung auch im Verhältnis zu den anderen Eigentümern verlangen; dies gilt unabhängig davon, ob der Plangeber einen Willen zur drittschützenden Wirkung dieser Festsetzung ausdrücklich zu erkennen gegeben hat. Die nachbarschützende Wirkung dieser Festsetzung zur Bauweise ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Doppelhaus-Festsetzung anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., juris, Rn. 27; Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –, a.a.O., juris, Rn. 19 f, auch zum Nachbarrechtsschutz im unbeplanten Innenbereich auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots). Da die Grundsätze der Doppelhaus-Rechtsprechung auch auf die Zulässigkeit von Hausgruppen entsprechend anzuwenden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 – 4 B 75.14 –, ZfBR 2015, 702 und juris, Rn. 6), finden die zu Doppelhaus-Festsetzungen entwickelten Grundsätze zum Drittschutz auch insofern entsprechende Anwendung (vgl. Blechschmidt, a.a.O., § 22 Rn. 50).
- 20
Der Grundstücksnachbar kann demnach verlangen, dass ein Anbau an die gemeinsame Grundstücksgrenze unter Beachtung der hierfür geltenden bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen erfolgt. Er kann also insbesondere verlangen, dass die angebaute Doppelhaushälfte bzw. das angebaute Gebäude der Hausgruppe nicht nur hinsichtlich der unmittelbar grenzständigen Gebäudeteile verträglich ist, sondern auch im Übrigen den Anforderungen an die notwendige Einheit der Hausform genügt. So hat denn auch das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 – (BauR 2015, 1309) trotz Verträglichkeit des Grenzanbaus in quantitativer Hinsicht das Verfahren an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen, um zu klären, ob die unterschiedliche Dachausrichtung des Anbaus den Anforderungen an eine Doppelhausbebauung genügt. Diese Zurückverweisung war nur deshalb geboten, weil für den Erfolg der zugrundeliegenden Nachbarklage auch die Einheitlichkeit in qualitativer Hinsicht erheblich war (vgl. zur erneuten Beurteilung: OVG NRW, Urteil vom 3. September 2015 – 7 A 1276/13 –, juris, Rn. 42 f.).
- 21
Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist die subjektive Rechtsmacht des Antragstellers im vorliegenden Fall also nicht bloß auf die Beachtung des Rücksichtnahmegebots beschränkt. Vielmehr kann der Antragsteller sich darauf berufen, dass das genehmigte Haus 1 wegen seiner Disproportionalität zum Anwesen des Antragstellers keine Doppelhaushälfte darstellt und es sich bei dem angebauten Gebäudeteil mangels selbstständigem Eingang und Treppenhaus auch nicht um ein Element einer – im Bebauungsplan ebenfalls zugelassenen – Hausgruppe handelt.
- 22
b) Hinsichtlich der im Übrigen genehmigten Gebäudeteile ist hingegen eine Rechtsverletzung des Antragstellers im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht ersichtlich, so dass der Umfang des gewährten Eilrechtsschutzes entsprechend einzuschränken war.
- 23
Das Fehlen einer Rechtsverletzung betrifft zunächst einmal die unterirdisch verwirklichte Tiefgarage, die abstandsflächenrechtlich unerheblich ist (vgl. OVG RP, Beschluss vom 27. April 2006 – 8 A 10233/06.OVG –), weshalb es insofern auf eine - durch die festgesetzte offene Bauweise - bauplanungsrechtlich zugelassene Grenzbebauung nicht ankommt. Sie betrifft aber auch das genehmigte Haus 2, für das in Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 23. November 2015 eine Verletzung des Abstandsflächenrechts weder geltend gemacht wird noch ersichtlich ist.
- 24
Ob und in welchem Umfang die Beigeladene von dem vollziehbaren Teil der Baugenehmigung Gebrauch macht, obliegt ihrer Verantwortung. Dies gilt insbesondere für die Errichtung der Tiefgarage im straßenseitigen Bereich und deren Vereinbarkeit mit eventuell notwendigen Änderungen der Genehmigung von Haus 1.
- 25
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3 und 162 Abs. 3 VwGO.
(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro fest-gesetzt.
Gründe
(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.
(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.
(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.
(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.
Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Gründe
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München
15 B 13.2414
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 24. November 2015
(VG Augsburg, Entscheidung vom 11. Juli 2013, Az.: Au 5 K 12.866)
15. Senat
P.-M., als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Sachgebietsschlüssel: 920
Hauptpunkte: Zwingende Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse (eines); Zwingende Festsetzung der Dachform (Flachdach); Haustyp Flachdachbungalow ohne Dachaufbau; Unzulässigkeit von Dachterrassen; Nachbarschutz durch abschließenden, wechselseitigen Interessenausgleich im Bebauungsplan; Rücksichtslosigkeit infolge neuer Einsichtsmöglichkeiten, die nicht adäquate Folge der vorgegebenen baulichen Nutzungsmöglichkeiten sind;
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
1. ...,
2. ...,
gegen
Freistaat Bayern,
vertreten durch die Landesanwaltschaft Bayern, Ludwigstr. 23, 80539 München,
- Beklagter -
beigeladen:
...
bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...
wegen Baugenehmigung,
hier: Berufung der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Gänslmayer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schweinoch aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2015 folgendes Urteil:
I.
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg
II.
Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Entscheidungsgründe:
Rechtsmittelbelehrung
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.