Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Okt. 2015 - 14 AS 15.50198

published on 20/10/2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Okt. 2015 - 14 AS 15.50198
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Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Juni 2015 - Au 5 S 15.50311 - wird geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30. April 2015 wird mit Wirkung ab 24. September 2015 angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Antragsverfahrens vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.

Gründe

Der zulässige Antrag der Antragstellerin, über den der Senat, bei dem das Berufungsverfahren - 14 B 15.50180 - anhängig ist, als zuständiges Gericht der Hauptsache entscheidet, ist begründet.

Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO können Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände geändert oder aufgehoben werden. Eine Veränderung der Umstände kann auch in einer nachträglichen Änderung der für die ursprüngliche Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage bestehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 80 Rn. 197). Im vorliegenden Fall hat sich die Rechtslage dadurch geändert, dass die Berufung mit Beschluss des Senats vom 17. September 2015 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zugelassen worden ist. Die sich nach derzeitigem Sachstand in diesem Verfahren stellende Frage, ob die Antragstellerin sich angesichts der wirksame Rechtsmittel betreffenden Vorschriften der Verordnung Nr. 604/2013 (19. Erwägungsgrund und Art. 27 Abs. 1 und 5) auf den Ablauf der in Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO geregelten Frist zur Stellung des Übernahmeersuchens berufen kann oder ob (weiterhin) gegen die Rückführung lediglich systemische Mängel eingewandt werden können, ist Gegenstand eines am 1. April 2015 eingereichten Vorabentscheidungsersuchens beim Europäischen Gerichtshof (Az. C-155/15).

Die im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgenommene Interessensabwägung durch das Verwaltungsgericht Augsburg, dass die Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage als gering einzustufen seien und deshalb das Vollzugsinteresse überwiege, bedarf deshalb einer Neubewertung. Die Abwägung zwischen dem Interesse der Antragsgegnerin an einer Vollziehung der nach § 75 AsylVfG sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung und dem Suspensivinteresse der Antragstellerin führt nunmehr zu dem Ergebnis, dass Letzteres überwiegt. Die Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage sind als offen zu beurteilen. Obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage, ob die zur Verordnung Nr. 343/2003 (Dublin II-VO) ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den Zuständigkeitsregelungen als lediglich organisatorische Vorschriften (vgl. EuGH, U.v. 10.12.2013 - C 394/12 - juris) auch für die entsprechenden Vorschriften der Dublin III-VO Geltung finden kann, existiert, soweit ersichtlich, nicht. Bei dieser Rechtslage kommt dem Interesse der Antragstellerin, den Vollzug der Abschiebungsanordnung auszusetzen, maßgebliches und überwiegendes Gewicht zu. Bei dieser ungeklärten Rechtslage ist es ihr nicht zumutbar, nach Italien überstellt und ggf. wieder nach Deutschland zurücküberstellt zu werden. Demgegenüber sind auf Seiten der Antragsgegnerin keine maßgeblichen Interessen an einer sofortigen Durchführung der Abschiebung ersichtlich, zumal die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 VwGO die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO unterbricht (vgl. SächsOVG, B.v. 5.10.2015 - 5 B 259/15.A - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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published on 18/06/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Die Antragstellerin wendet sich im Wege einstw
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.