Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2014 - 13a ZB 14.30069

published on 16/04/2014 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2014 - 13a ZB 14.30069
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Dezember 2013 bleibt ohne Erfolg.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargestellte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 36). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob derzeit in der Provinz Maydan-Wardak von einem internen bewaffneten Konflikt im Sinne der Qualifikationsrichtlinie auszugehen ist, der so massiv ist, dass grundsätzlich für alle Personen eine individuelle Gefahr für Leib und Leben durch willkürliche Gewalt besteht“. Nach den aktuellen Erkenntnismitteln sei von einer Verschlechterung der Sicherheitslage auszugehen. Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) habe in ihrem Jahresbericht vom Februar 2014 im Jahr 2013 insgesamt 8615 zivile Opfer dokumentiert, was einen 14-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, als die Zahlen zurückgegangen seien, darstelle. Nach Th. R. vom Afghanistan Analysts Network (ANN) sei das Jahr 2013 das gewaltreichste seit 2001 gewesen. Das Afghanistan-Update der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30. September 2013 berichte von einer Trendwende im Frühjahr 2013. Die Taliban hätten 2013 in Kabul in Hochsicherheitszonen weiterhin komplexe Anschläge durchführen können. Gemäß den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013 hätten die regierungsfeindlichen Kräfte den Schwerpunkt ihrer Angriffe von internationalen Streitkräften auf afghanische Ziele verlagert. Der Konflikt konzentriere sich nicht mehr auf den Süden und Osten, sondern betreffe mittlerweile die meisten Landesteile. Durch die Verbreitung lokaler regierungstreuer und regierungsfeindlicher Milizen insbesondere im Norden, Nordosten und in den zentralen Hochlandregionen sei die Sicherheitslage ebenfalls beeinträchtigt. Unter Bezugnahme auf ANSO werde dort weiter ausgeführt, dass Wardak zu den zwölf Provinzen mit den meisten Sicherheitsvorfällen im Jahr 2012 gehöre. Übereinstimmend werde auch in der UNHCR-Stellungnahme zur Frage der potentiellen Rückkehrgefährdung von jungen männlichen afghanischen Staatsangehörigen vom 31. Juli 2013 berichtet, dass sich die Sicherheitslage für Zivilisten seit Jahresbeginn verschlechtert habe. ANSO stelle im Bericht vom April 2013 eine Steigerung der Angriffe um 47% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fest. Das Verwaltungsgericht lege demgegenüber lediglich Aussagen zu den Opferzahlen des ersten Halbjahres 2013 zugrunde.

Nach der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F.) ist bezüglich der Zentralregion, welche auch die Provinz Maydan-Wardak umfasst, derzeit nicht davon auszugehen, dass bei Unterstellung eines bewaffneten Konflikts praktisch jede Zivilperson schon allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben infolge militanter Gewalt ausgesetzt wäre (vgl. BayVGH, U.v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris; U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris). Der Verwaltungsgerichtshof ist im Urteil vom 1. Februar 2013 (a. a. O. Rn. 16) zu der Erkenntnis gelangt, dass in der Provinz Maydan-Wardak eine Gefahrendichte im Promillebereich besteht und damit das Risiko für Angehörige der Zivilbevölkerung, Schaden an Leib oder Leben durch militärische Gewalt zu erleiden, im Jahr 2012 unter 1:1.000 (weniger als 0,1%) lag. Die Hinweise des Klägers auf die aktuellen Berichte bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten.

Aus dem aktuellen Bericht von UNAMA (Annual Report 2013 - Februar 2014, S. 17, 40) ergibt sich bezüglich der Zentralregion (mit Provinz Maydan-Wardak) kein wesentlicher Anstieg der Opferzahlen, die Zahl der „Improvised Explosive Devices“ ist im Vergleich zum Jahr 2012 sogar gesunken. Selbst wenn man von der landesweiten Verschärfung im Jahr 2013, wie in den vom Kläger genannten Stellungnahmen von Th. R., UNHCR und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe ausgeführt, ausgehen und auch hier den von UNAMA ermittelten Anstieg um 14% von 2012 auf 2013 zugrunde legen würde, bliebe die Größenordnung des Risikos unverändert im Promillebereich (unter 0,1%) und somit weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt. Soweit sich der Konflikt nach den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013 nicht mehr auf den Süden und Osten konzentrieren, sondern mittlerweile die meisten Landesteile betreffen soll, ergeben sich hieraus keine anderen Anhaltspunkte für eine darüber hinausgehende Gefährdung in der Zentralregion mit der Provinz Maydan-Wardak. Ob die Sicherheitslage im Norden, Nordosten und in den zentralen Hochlandregionen durch die Verbreitung lokaler regierungstreuer und regierungsfeindlicher Milizen zusätzlich verschlechtert wird, bleibt für die hier maßgebliche Zentralregion ohne Bedeutung.

Der von ANSO für das erste Quartal 2013 gemeldete Anstieg um 47% bezüglich der Anschläge der Aufständischen ist vom Zeitraum her nicht repräsentativ. Neuere ANSO-Berichte liegen nicht vor. Soweit dort auf das Jahr 2012 abgestellt wird, lag dieser Zeitraum dem Urteil des Senats vom 1. Februar 2013 (a. a. O.), auf das sich das Verwaltungsgericht bezieht, bereits zugrunde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 83b AsylVfG.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)