Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 12. März 2014 - L 20 R 232/12

published on 12/03/2014 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 12. März 2014 - L 20 R 232/12
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Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 13.02.2012 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung hat.

Die 1976 geborene Klägerin absolvierte von 1992 bis 1996 eine Ausbildung zur Erzieherin. Von Juli 1997 bis August 1998 absolvierte sie ein Berufspraktikum. Danach folgten Kindererziehungs-, Arbeitsunfähigkeits- und Arbeitslosigkeitszeiten.

Am 22.09.2006 beantragte die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, schon seit 1999 aufgrund einer Neuroborreliose erwerbsgemindert zu sein.

Die Beklagte beauftragte den Neurologen und Psychiater Dr. K. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dr. K. diagnostizierte am 23.11.2006 eine Somatisierungsstörung. Hinweise auf das Bestehen einer Neuroborreliose ergäben sich nicht. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens 6 Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne affektiv belastende Situationen, ohne Arbeiten in Kälte, Nässe und Zugluft sowie ohne Zwangshaltungen verrichten.

Die Beklagte beauftragte weiter den Internisten Dr. G. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dr. G. diagnostizierte am 04.12.2006 einen Verdacht auf eine psycho-physische Erschöpfung mit Chronifizierungstendenz sowie einen psychosomatischen Beschwerdekomplex. Er diagnostizierte weiter eine chronisch-rezidivierende Borreliose-Erkrankung, internistische Erkrankungen oder dauerhafte Organmanifestationen durch die Borreliose lägen jedoch nicht vor. Aus internistischer Sicht könne die Klägerin leichte Tätigkeiten wenigstens 6 Stunden täglich verrichten.

Noch während des Verwaltungsverfahrens absolvierte die Klägerin eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 17.07.2007 bis 04.08.2007 in der Reha-Klinik H. Laut Reha-Entlassungsbericht vom 26.09.2007 wurden ein allgemeines Erschöpfungssyndrom, eine Neuroborreliose und eine Coinfektion mit Ehrlichien und Bartonella diagnostiziert. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch 3 bis unter 6 Stunden täglich leichte körperliche Tätigkeiten verrichten.

Die Klägerin absolvierte eine weitere medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 16.08.2007 bis 06.10.2007 in B. Diagnostiziert wurden eine Neuroborreliose, ein Erschöpfungssyndrom und ein Polymyalgiesyndrom. Laut Reha-Entlassungsbericht vom 06.10.2007 wurde der Klägerin ein 3- bis unter 6-stündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Tätigkeiten mit stressauslösenden Faktoren, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten und ohne erhöhte Unfallgefahr sowie häufig wechselnde Arbeitszeiten bescheinigt. Diese Einschränkung gelte für ein Jahr.

Mit Bescheid vom 02.01.2008 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Den Widerspruch der Klägerin vom 01.02.2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2009 zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 04.03.2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth erhoben. Das SG hat einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Internisten Dr. E. vom 18.05.2009 eingeholt und den Neurologen und Psychiater Dr. Ha. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.

Dr. Ha. hat am 30.09.2009 eine Somatisierungsstörung diagnostiziert. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens 6 Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten.

Das SG hat weiter einen Befundbericht der Dipl.Psych. W. vom 09.11.2009 eingeholt und Dr. Ha. um ergänzende Stellungnahme gebeten. In seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 13.11.2009 und 13.04.2010 hat Dr. H. dargelegt, dass eine Neuroborreliose nicht vorliege. Den nervenärztlichen Unterlagen der Klinik P. im Jahr 2001 und der Neurologischen Universitätsklinik S. vom Juli 2005 sei übereinstimmend zu entnehmen, dass die Kriterien für eine Neuroborreliose nicht erfüllt seien.

Mit Gerichtsbescheid vom 13.02.2012 hat das SG nach Anhörung die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens 6 Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen tätig sein.

Dagegen hat die Klägerin am 19.03.2012 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Im Wesentlichen hat sie auf eine Bescheinigung des sie behandelnden Internisten Dr. E. vom 11.04.2012 verwiesen. Bei der Klägerin bestehe ein sehr komplexes Krankheitsbild, dessen zugrunde liegende Ursache bisher noch nicht eindeutig habe festgestellt werden können, das aber definitiv zu einer Erwerbsunfähigkeit seit 2004 geführt habe. Eine kontinuierliche Besserungstendenz sei jedoch ebenfalls erkennbar. Im Übrigen sei das Gutachten von Dr. Ha. nicht nachvollziehbar. Aus internistischer Sicht bestehe eine chronische Entzündung unklarer Genese, eine Somatisierungsstörung sei so also nicht zu diagnostizieren. Eine regelmäßige Ausübung einer Tätigkeit sei der Klägerin nicht möglich. Bei der Klägerin seien häufige Hausbesuche und Feststellungen von Krankheitszeiten erforderlich. Definitiv sei eine Arbeitsunfähigkeit und aufgrund des langen Zeitraums eine Erwerbsunfähigkeit gegeben. Es sei nun noch eine unklare Darmentzündung festgestellt worden, eine Tuberkulosetestung sei positiv gewesen, es bedürfe noch einer langwierigen Diagnostik.

Der Senat hat einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Dr. E. eingeholt. Dr. E. hat am 27.11.2012 eine Borreliose mit protrahiertem Verlauf, ein chronisches Schmerzsyndrom mit Myalgien, ausgeprägtem Erschöpfungssyndrom und Sehstörungen, chronischen Infekt mit Knochenmarkaktivierung und Entzündungszeichen, Zustand nach Ehrlichiose-Infektion, eine Bartonellose-Infektion, eine reaktive depressive Verstimmung, Hypercholesterinämie und eine extreme psychische Belastung bei ausgeprägter familiärer Konfliktsituation diagnostiziert. Die Klägerin sei an einer chronischen Infektionserkrankung erkrankt. Dies zeige sich durch multiple Entzündungsherde sowie ein diffuses chronisches Schmerzbild und einer extremen körperlichen und psychischen Beeinträchtigung als schwankender Verlauf. Sobald die Entzündungsursachen genauer geklärt würden könnten, so dass eine Therapie eingeleitet werden könne, sei eine Verbesserung des Gesamtheitsgesundheitszustandes möglich.

Der Senat hat den Internisten und Arbeitsmediziner Dr. C. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.

Dr. C. hat am 12.11.2013 eine seelische Störung sowie einen chronisch aktiven Infekt mit cerebraler Beteiligung diagnostiziert. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens 6 Stunden täglich leichte Tätigkeiten im Sitzen, Stehen und Gehen verrichten. Nervlich-seelisch belastende Arbeitsbedingungen sollten vermieden werden.

Die Klägerin hat dazu Stellung genommen und dargelegt, dass sich Dr. C. bei der Diagnose einer Somatisierungsstörung auf die Gutachten von Dr. K. und Dr. Ha. stütze. Dr. Ha. und Dr. K. seien jedoch voreingenommen gewesen. Demgegenüber stünden verschiedene Befunde, die nicht für eine Somatisierungsstörung sprechen, z. B. Reha-Entlassungsbericht vom 11.10.2007, Diagnose einer Neuroborreliose, Befundbericht von Dr. D. vom 24.03.2013, wonach wahrscheinlichste Ursache eine chronische Borreliose-Infektion sei. Die Tatsache, dass aufgrund der Vielzahl der pathologischen Befunde nicht mit Sicherheit gesagt werden könne, ob die Ursache infektiöser und immunlogischer Herkunft sei, rechtfertige nicht die Verlegenheitsdiagnose einer Somatisierungsstörung. Die massiven Beschwerden, immer wiederkehrende Gelenk- und Muskelschmerzen, kognitive Beeinträchtigungen vor allem des Gedächtnisses und der Konzentration, migräneartig auftretende Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen, nachts auftretende Schmerzzustände führten zu Schlaflosigkeit und damit nachfolgend zu starken Erschöpfungszuständen machten eine Erwerbstätigkeit unmöglich. Im Verhältnis zu 2002 sei eine Verbesserung feststellbar. An manchen Tagen sei eine Belastung bis zu 4 Stunden möglich. Allerdings sei dies nicht kontinuierlich über mehrere Wochen oder gar Monate. Plötzlich auftretende massive Verschlechterungen zwängen immer wieder zu mehrtägigen teils wochenlangen Unterbrechungen.

Die Klägerin hat erneut eine ärztliche Bescheinigung des sie behandelnden Internisten Dr. L. (in Gemeinschaftspraxis mit Dr. E.) vom 22.01.2014 vorgelegt, wonach die maximale Arbeitszeit 3 bis 4 Stunden täglich betrage. In einem weiteren Attest von Dr. E. vom 07.03.2014 hat dieser dargelegt, seit Anfang März werde eine Mehrfachtherapie durchgeführt. Diese sei über viele Monate (6-60 Monate) ausgelegt und beginne mit täglichen Infusionen sowie zusätzlichen oralen Medikamenteneinnahmen. Dafür sei ein hoher Zeitaufwand von täglich 4 Stunden anzusetzen, danach müssten Ruhezeiten eingehalten werden.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf Befragen berichtet, in der ersten Märzwoche sei eine Infusion am Tag verabreicht worden. Nach zweimaliger Unterbrechung der Therapie wegen Kreislaufproblemen werde die Therapie mit zwei Infusionen täglich fortgesetzt.

Die Beklagte hat dazu Stellung genommen und dargelegt, die objektiv nachgewiesenen Funktionsstörungen belegten kein unter 6-stündiges Leistungsvermögen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 13.02.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, auf ihren Antrag vom 22.09.2006 hin die gesetzlichen Leistungen einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 13.02.2012 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Beklagtenakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin weder einen Anspruch auf eine Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung hat, denn die Klägerin kann noch wenigstens 6 Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen verrichten.

Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Die Klägerin ist noch in der Lage, wenigstens 6 Stunden täglich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, im Stehen und Gehen zu verrichten. Vermieden werden müssen Tätigkeiten mit nervlich-seelisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen (Verantwortungsdruck, Nachtarbeit).

Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin stützt sich der Senat auf die Feststellungen von Dr. C. wie auch den vom SG als Sachverständigen gehörten Dr. Ha.

Die Klägerin beklagt seit nunmehr über 10 Jahren multiple körperliche und vegetative Beschwerden mit einer über den gesamten Körper verbreiteten chronischen Schmerzsymptomatik, einem ausgeprägten Erschöpfungs- und Müdigkeitssyndrom, kognitiven Einschränkungen sowie zeitweiser Beeinträchtigung des Sehvermögens. Nicht eindeutig geklärt sind die Ursachen (Diagnosen) für die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen.

Dr. C. führt dazu aus, dass in Frage eine seelische Störung oder ein chronischer aktiver Infekt mit cerebraler Beteiligung kommen. Er legt dar, dass der behandelnde Arzt der Klägerin Dr. E. sowie weitere beratend beigezogene Ärzte als Ursachen der Beschwerden eine chronische Infektion mit den Erreger der Borreliose mit Befall des zentralen Nervensystems (Neuroborreliose) als gesichert ansehen würden. Aus diesem Grund erfolgten nunmehr seit Jahren immer wieder antibiotische Behandlungen. Diese Vorgehensweise ignoriere, dass eine Neuroborreliose bei der Klägerin bislang nicht nachgewiesen, im Gegenteil durch Liquor-Untersuchung praktisch ausgeschlossen worden sei. Zum anderen ignoriere diese Vorgehensweise ebenso, dass eine nunmehr angeblich jahrelang währende chronische aktive Infektion des zentralen Nervensystems immer noch nicht zu eindeutig nachweisbaren umschriebenen neurologischen Ausfällen geführt habe. Nach adäquater antibiotischer Behandlung - bei der Klägerin bereits wiederholt erfolgt - sei mit einer persistierenden Infektion des Nervensystems nicht zu rechnen, es sei denn, dass eine erneute Infektion mit dem Krankheitserreger der Borreliose erfolgt sei, wofür im Fall der Klägerin kein Anhalt bestehe. Ein positiver Antikörpernachweise im Serum belege einen infektiösen Kontakt, nicht zwangsläufig eine fortdauernde Infektion, da die Antikörper auch nach Beseitigung der Erreger durch eine antibiotische Therapie über Jahre hinweg nachweisbar bleiben können. Auch wenn der behandelnde Arzt die Diagnose einer chronischen aktiven Neuroborreliose weiter vertrete, weise er jedoch auch auf verschiedene andere Infektionen (Bartonella, Ehrlichien) und einen Entzündungsherd im Darm hin. Der behandelnde Arzt erwähne weiterhin, dass die Befunde für eine chronische allgemeine Infektion, für einen lokalen Entzündungsherd im Dünndarm oder auch für einen Tumor sprechen könnten. Weiterhin werde nun auch dem Verdacht auf eine immunologische Erkrankung bei der Klägerin nachgegangen.

Aus gutachterlicher Sicht sei festzustellen, dass nach dem Charakter der bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden und nach deren Verlauf keine der bisher als ursächlich behaupteten Gesundheitsstörungen hinreichend gesichert sei und auch nicht alleine das sehr vielfältige Symptomspektrum erklären könnten. Darüber hinaus würden sowohl der körperliche als auch der psychische Befund der Klägerin keinen Hinweis auf funktionelle Beeinträchtigungen von wesentlich einschränkender Bedeutung ergeben. Der körperliche Allgemeinzustand und der Ernährungszustand seien gut, der Bewegungsapparat altersentsprechend beweglich und die inneren Organe arbeiteten regelrecht. Auch in psychischer Hinsicht seien keine Befunde zu erheben, die eine dauernde Erwerbsminderung begründen könnten. Eine kognitive Einschränkung sei nicht erkennbar und auch eine wesentliche depressive Verstimmung werde nicht vermittelt; die Klägerin sei gut schwingungsfähig, der Antrieb nicht herabgesetzt. Trotz erkennbarer Fixierung der Klägerin auf ein schweres körperliches Leiden (chronische Borreliose-Infektion) und einige weitere verdachtsweise oder spekulativ geäußerte Krankheitsdiagnosen bestehe kein Grund, warum die Klägerin quantitativ leistungsgemindert sein solle.

Während das bei der Klägerin vorliegende vielfältige Beschwerdebild keiner organisch körperlichen Erkrankung zugeordnet werden könne, lasse es sich als Somatisierungsstörung problemlos in das Diagnoseschema der psychiatrischen Krankheitslehre einordnen, wie dies durch Dr. Ha.. auch getan worden sei.

Das Gutachten von Dr. C. befindet sich insoweit in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr. Ha.. Dr. Ha. hat nachvollziehbar dargelegt, dass auch bei eigener Untersuchung keine neurologisch krankhaften Auffälligkeiten für eine Neuroborreliose vorgelegen hätten. Vielmehr habe die sehr eloquente und über das Krankheitsbild der Borreliose gut informierte Klägerin imponiert. Auch der Schilderung des Tagesablaufs der Klägerin bei Dr. Ha. (damals noch in häuslicher Gemeinschaft mit ihrem Kind) lässt sich keine massive Einschränkung entnehmen: Sie stehe gegen 5.30 Uhr auf, lerne zwischen 7 und 8.30 Uhr, lege sich hin oder erledige die Hausarbeit. Gemeinsames Mittagessen mit dem Sohn, Hausaufgabenbetreuung. Um 22 Uhr gehe sie ins Bett. Am Wochenende gehe sie spazieren, teilweise 1-2 Stunden, selten fahre sie Rad, sie gehe ins Thermalbad zum Schwimmen.

Soweit die Klägerin angibt, Dr. C. gehe einseitig von einer Somatisierungsstörung aus und berücksichtige nicht die Punkte, die für eine Neuroborreliose sprächen, ist dies nicht richtig. Dr. C. sieht sehr wohl, dass bei der Klägerin eine Infektion - wenn auch nicht geklärt werden kann, woher - vorliegt. Für das Rentenversicherungsrecht ist im Übrigen auch nicht erheblich, dass eine Ursache für eine Gesundheitsstörung gefunden wird, maßgeblich sind die damit verbundenen Funktionseinschränkungen. Die von der Klägerin vorgetragenen Gesundheitsstörungen, insbesondere ein unter 6-stündiges gesunkenes Leistungsvermögen kann Dr. C. jedoch nicht nachvollziehen. Er beschreibt insoweit einen guten Allgemein- und Ernährungszustand. Soweit die Klägerin dartut, auch Dr. D. habe ihre Arbeitsunfähigkeit bestätigt, ist dies nicht richtig. Dr. D. hat dargelegt, die Klägerin habe angegeben, sie sei seit 2002 arbeitsunfähig. Aufgrund der Angaben der Klägerin sei diese Angabe auch glaubhaft. Allerdings wurden diesbezüglich keine Untersuchungen, keine Evaluierung durchgeführt, da die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit nicht Thema der Vorstellungen gewesen ist. Die Aussage von Dr. E., die Klägerin sei nur unter 4 Stunden leistungsfähig, ist sozialmedizinisch nicht begründet und nachvollziehbar.

Warum sowohl die Reha-Kliniken L. als auch B. zu einem geminderten quantitativen Leistungsvermögen gelangten, kann nicht schlüssig nachvollzogen werden. Auf S. 14 des Reha-Entlassungsberichts L. wird folgendes dargelegt: "Die Überprüfung der kognitiven Leistungsfähigkeit ergab keine klinisch relevanten Defizite in den untersuchten Bereichen. Die Aufmerksamkeitsleistungen sind - soweit prüfbar - ebenfalls ohne gravierende Beeinträchtigung. Die aktuellen Befunde sprechen nicht für eine Leistungsminderung und somit nicht für eine generelle Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit. Aus neuropsychologischer Sicht ist Frau A. arbeitsfähig." Auch der allgemein-klinische Befund zeigte keine Auffälligkeiten, vielmehr wurde auch hier ein guter Allgemein- und Ernährungszustand, eine unauffällige Wirbelsäule, gute Beweglichkeit bestätigt. Objektiv wurden die von der Klägerin vorgetragenen Erschöpfungszustände und Schmerzen nicht dokumentiert. Gleiches gilt für den Reha-Entlassungsbericht B.

Sofern die Klägerin darlegt, es bestünden häufige Arbeitsunfähigkeitszeiten durch die ab März 2014 durchgeführte zeitintensive Behandlung, ist darauf hinzuweisen, dass das Risiko einer häufigen Arbeitsunfähigkeit dann zu einer Erwerbsminderung führen kann, wenn feststeht, dass die vollständige Arbeitsunfähigkeit so häufig auftritt, dass während eines Arbeitsjahres zu erbringenden Arbeitsleistungen nicht mehr den Mindestanforderungen entsprechen, die ein "vernünftig und billig denkender Arbeitgeber" zu stellen berechtigt ist, so dass eine Einstellung oder Weiterbeschäftigung eines solchen Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt praktisch ausgeschlossen ist. Geklärt hat das BSG, dass diese Mindestanforderungen jedenfalls dann nicht mehr als erfüllt anzusehen sind, wenn der Versicherte die Arbeitsleistung für einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen im Jahr gesundheitsbedingt nicht erbringen kann (vgl. BSG vom 31.10.2012, B 13 R 107/12 B m. w. N.).

Im vorliegenden Fall fehlt es gerade an der Vorhersehbarkeit der Arbeitsunfähigkeitszeiten. Nach der Bestätigung von Dr. E. ist schon der zeitliche geplante Umfang der Behandlung ungewiss (6-60 Monate). Ebenso unsicher ist, wie lange die Klägerin sich tatsächlich der Behandlung unterzieht, nachdem die geplante tägliche Behandlung im Zeitraum 01.03.2014 bis 12.02.2014 schon zweimal ausgesetzt wurde und auch in der Vergangenheit immer wieder Infusionstherapien wegen Unverträglichkeit von der Klägerin abgebrochen werden mussten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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published on 31/10/2012 00:00

Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 18. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.