Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 08. Sept. 2015 - L 19 R 723/13

bei uns veröffentlicht am08.09.2015
vorgehend
Sozialgericht Würzburg, S 8 R 1187/11, 17.06.2013

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17.06.2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund eines umgedeuteten Reha-Antrages vom 25.03.2011 hat.

Die 1978 geborene Klägerin beantragte am 25.03.2011 bei der Deutschen Rentenversicherung ... (DRV-...) die Gewährung einer Leistung der stationären medizinischen Rehabilitation. Der Antrag wurde an die Beklagte als kontoführender Versicherungsträger weitergeleitet und ist dort am 01.04.2011 eingegangen. Zur Begründung des Reha-Antrages war eine Angsterkrankung mit Panikattacken und Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung angegeben. Nach Beiziehung von Befundberichten des behandelnden Hausarztes Dr. H. und des Gynäkologen Dr. G. holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. S. ein, die am 29.06.2011 zu der Diagnose einer schweren Persönlichkeitsstörung mit sozialen und kommunikativen Defiziten kam. Die Klägerin sei derzeit nicht rehafähig. Es bestehe ein Behandlungsbedarf. Das Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes liege derzeit unter drei Stunden täglich.

Die Beklagte lehnte daraufhin wohl mit Bescheid vom 05.07.2011 den Reha-Antrag ab (der Bescheid findet sich nicht in der Akte). Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25.07.2011 stellte die Beklagte fest, dass der Reha-Antrag vom 25.03.2011 nach § 116 Abs. 2 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in einen Rentenantrag umzudeuten gewesen sei. Zwar sei davon auszugehen, dass die Klägerin ab Antragstellung voll erwerbsgemindert sei, weil sie nur noch ein unter 3-stündiges Leistungsvermögen habe. Zu diesem Zeitpunkt seien aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben. In der relevanten 5-Jahres-Frist lägen null Monate mit Pflichtbeitragszeiten vor.

Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs vom 10.08.2011 wies die Klägerin darauf hin, dass ihre psychische Erkrankung bereits seit Jahren bestehe, Unterlagen würden noch nachgereicht. Vorgelegt wurde hierzu wohl nur ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin, Chirotherapie und Akupunktur Dr. M. vom 20.09.2011. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2011 als unbegründet zurück. Die Klägerin würde die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen. Im Rahmen einer prüfärztlichen Stellungnahme habe Frau Dr. S. darauf hingewiesen, dass es keinerlei Hinweise für einen Leistungsfall am 31.05.2007 gebe (letzter denkbarer Leistungsfall). Die Klägerin habe selbst angegeben, dass sich mit der Endometriose-Operation im Jahr 2008 die psychischen Probleme verschlimmert hätten und der soziale Rückzug begonnen habe. Es habe zu keiner Zeit eine leitliniengerechte Therapie stattgefunden.

Zur Begründung der hiergegen am 11.11.2011 zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein Attest des Hausarztes Dr. M. vorgelegt, wonach die Klägerin von 2005 bis 2007 bei der Dipl.-Psych. W. in C-Stadt in Behandlung gewesen sei. Die Klägerin habe sich mit Ausnahme des Jahres 2007 seit 2005 durchgehend in psychotherapeutischer Behandlung befunden.

In einem vom SG beigezogenen Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin und Psychotherapie Dr. R. ist festgehalten, dass seit 2009 offenbar eine zunehmende Verschlechterung eingetreten sei, Aufgabe bzw. Verlust des Arbeitsplatzes. Arbeitsunfähigkeit sei durchgehend vom 19.06.2011 bis jetzt bestätigt.

Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 04.07.2012 wurde eine Bestätigung der Dipl.-Psych. W. vom 24.04.2012 übersandt, wonach sich die Klägerin im Zeitraum 05/2005 bis 03/2007 bei ihr in psychotherapeutischer Behandlung befunden habe, im Umfang der von der zuständigen Krankenkasse bewilligten 60 Stunden. Als Diagnose sei eine ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung (F 60.6) und eine generalisierte Sozialphobie als Dauerdiagnose gestellt. Dies belege, dass die von der Beklagten ebenfalls diagnostizierte Persönlichkeitsstörung schon weitaus früher aufgetreten und auch im behandlungsbedürftigen Umfang vorhanden gewesen sei. Mit weiterem Schriftsatz vom 06.08.2012 wurde der Erstantrag der Psychotherapeutin W. übersandt mit der Bitte, die darin enthaltenen Informationen streng vertraulich zu behandeln.

Das SG hat sodann ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. B. eingeholt, die am 07.09.2012 zu der Diagnose mittelgradige Depression mit Angststörung und Sozialphobie bei schwerer Persönlichkeitsstörung (ängstlich-vermeidend, abhängig) gelangt ist. Unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen sei der Klägerin unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch eine weniger als 3-stündige Tätigkeit zumutbar. Durch die mittelgradige depressive Verstimmung, die Angststörung und die Sozialphobie bei schwerer Persönlichkeitsstörung seien zentrale Anteile der Persönlichkeit, d. h. Willens- und Motivationsstruktur, die Auffassungsfähigkeit, die Stressresistenz so erheblich beeinträchtigt, dass nur eine unter 3-stündige Tätigkeit möglich sei. Es könnten leichte bis mittelschwere Arbeiten im Sitzen, im Stehen, in wechselnder Stellung im Freien und in geschlossenen Räumen durchgeführt werden. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, wie Akkord-, Fließbandarbeit, Nachtschicht, Tätigkeiten mit Publikumsverkehr, Tätigkeiten mit Verantwortung für Menschen. Gegenüber den Untersuchungsergebnissen des Rentengutachtens vom 29.06.2011 sei es zu keiner Verschlechterung oder Besserung gekommen. Aus der Aktenlage gehe hervor, dass die Klägerin seit 2009 nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig sei, da sich ihr Befinden in diesem Jahr verschlechtert habe. Die geminderte Erwerbsfähigkeit bestehe seit 2009, genauere Angaben seien nicht möglich. Die volle Erwerbsminderung sei ab 2009 nachgewiesen. Der Facharzt für Psychotherapie Dr. R. schildere in seinem Bericht vom 19.06.2012, dass sich das Befinden ab 2009 zunehmend verschlechtert habe. Es sei ab 2009 zu schwerer Depression, massiven Ängsten sowie sozialer Phobie bei schwerer Persönlichkeitsstörung gekommen. Ein früherer Zeitpunkt der Erwerbsminderung lasse sich aus dem Bericht der Dipl.-Psych. W. vom 28.08.2006 nicht ableiten. Die diagnostizierte ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung ohne deutliche Depression und Angststörung führe nicht zur vollen Erwerbsminderung. Frau W. habe eine gedrückte Stimmung geschildert, was einer leichten depressiven Verstimmung entspreche. Während der Zeit der psychotherapeutischen Behandlung durch Frau W. von 2005 bis 28.08.2006 sei die Persönlichkeitsstörung selbstverständlich vorhanden gewesen, sie sei jedoch noch kompensiert gewesen. Unter adäquater Therapie sei mit einer Besserung innerhalb von zwei Jahren zu rechnen. Notwendig seien eine Fortführung der Psychotherapie, eine nervenärztliche Behandlung mit Einnahme von Psychopharmaka sowie eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Klinik. Eine stationäre Behandlung in der Psychosomatischen Klinik Bad N., wie sie geplant gewesen, jedoch nicht durchgeführt worden sei, werde für notwendig gehalten.

In einer prüfärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. S. vom 25.09.2012 hat diese darauf hingewiesen, dass aus den vorliegenden Unterlagen ein Leistungsfall bereits im Jahr 2009 nicht nachweisbar sei. Dem Gutachten von Dr. B. sei insoweit nicht zu folgen.

Eine am 13.11.2012 durchgeführte mündliche Verhandlung vor dem SG wurde zum Zwecke der Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz -SGG - vertagt.

Auf Antrag der Klägerin hat das SG sodann ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. R. eingeholt, der am 09.04.2013 zu der Diagnose chronifizierte depressive Anpassungsstörung vor dem Hintergrund einer asthenischen Persönlichkeitsstörung und einer Intelligenzminderung gelangt ist. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen sei zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nur eine weniger als 3-stündige Tätigkeit zumutbar. Der Leistungsfall sei jedoch früher anzusetzen. Es liege in der Natur der bei der Klägerin vorhandenen Störung, dass es sich nicht um ein akutes Geschehen, sondern um einen chronischen, über Jahre bestehenden Zustand handle. Insofern sei seines Erachtens evident, dass ein Leistungsvermögen von drei Stunden werktäglich mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der Klägerin nie bestanden habe. Er gehe davon aus, dass sowohl die Ausbildung zur Kinderpflegerin als auch die einjährige Berufstätigkeit für alle Beteiligten eine große Quälerei gewesen sei, mit dem Ergebnis, dass der Arbeitgeber der Klägerin mitgeteilt habe, sie sei für die Tätigkeit ungeeignet. In der Folgezeit sei sie nie wieder in ein längeres Arbeitsverhältnis von nennenswertem Zeitumfang eingetreten, obwohl die Klägerin hierzu sicherlich stark motiviert gewesen sei. Insofern sei seiner Ansicht nach auch davon auszugehen, dass auch bei aller zumutbarer Willensanstrengung die Klägerin aufgrund ihrer schweren Persönlichkeitsstörung und ihrer Intelligenzminderung nicht in der Lage gewesen sei, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von nennenswertem Zeitumfang auszuführen. Das Leistungsvermögen der Klägerin sei sicherlich seit dem Jahr 2000 aufgehoben gewesen. Angesichts der bestehenden Gesundheitsstörungen sei die Leistungsminderung seines Erachtens auch von dauerhafter Natur.

Mit Schriftsatz vom 29.04.2013 hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass unter Annahme der Prämissen von Dr. R., dass ein Leistungsvermögen der Klägerin von drei Stunden werktäglich mit hoher Wahrscheinlichkeit nie bestanden habe, es sich um einen Zustand handeln würde, der bereits vor dem Eintritt in die Versicherung bestanden hätte. Damit müsste die Klägerin die Wartezeit von 240 Monaten erfüllen, um eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten zu können (§ 43 Abs. 6 SGB VI). Diese Wartezeit sei nicht erfüllt. Bei Annahme eines Leistungsfalles am 09.11.2000 (wohl Aufgabe des Arbeitsverhältnisses) wäre die Wartezeit von 60 Monaten nicht erfüllt. Es wäre dann die Fiktion des § 53 Abs. 2 SGB VI zu prüfen, d. h. die Erwerbsminderung müsste innerhalb von sechs Jahren nach Beendigung der Ausbildung eingetreten sein. Hierfür wäre der Nachweis über die Beendigung der Ausbildung noch vorzulegen. Die zweite Voraussetzung, ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Zeitraum von zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, wäre erfüllt.

Das SG hat sodann auf die mündliche Verhandlung vom 17.06.2013 die Klage gegen den Bescheid vom 25.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2011 durch Urteil als unbegründet abgewiesen. Das Gericht sei aufgrund des Gutachtens von Dr. B. vom 07.09.2012 unter Hinweis auf den Bericht des behandelnden Arztes Dr. R. zu der Überzeugung gelangt, dass die geminderte Erwerbsfähigkeit der Klägerin seit ca. 2009 bestehe. Das Gutachten von Dr. R. liefere keine nachvollziehbare Begründung für ein fehlendes Leistungsvermögen der Klägerin generell. So sprächen gerade die von der Klägerin absolvierte Ausbildung zur Kinderpflegerin und die anschließende Berufstätigkeit gegen diese Annahme. Möge zwar das damalige Arbeitsverhältnis aus Sicht der Klägerin nicht glücklich gewesen sein, lasse sich daraus jedoch noch keine so weit gehende Schlussfolgerung ziehen, dass die Klägerin damals bereits erwerbsgemindert im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen sein könnte. Auch sei zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin nach ihrer Tätigkeit als Kinderpflegerin arbeitslos gemeldet gehabt hätte und dem Arbeitsmarkt offensichtlich zur Verfügung gestanden habe. Auch wenn kein weiteres versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen sei, so habe sie jedoch die entsprechenden Leistungen der Arbeitsverwaltung erhalten. Schließlich seien der Klägerin über einen langen Zeitraum hinweg auch geringfügige Beschäftigungen möglich gewesen.

Zur Begründung der hiergegen am 26.07.2013 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor, dass der Versicherungsfall des unter 3-stündigen Leistungsvermögens jedenfalls in der Aufnahme der psychotherapeutischen Behandlung bei Dipl.-Psychologin W. im Jahr 2005 zu sehen sei. Das selbständige Herantreten der Klägerin an eine Psychotherapie müsse als Ansatzpunkt für die Annahme eines Versicherungsfalles dienen. Die von der Dipl.-Psych. W. geschilderte Anpassungsstörung sei eine erste Diagnose gewesen, sei aber überlagert worden von einer deutlichen Intelligenzminderung und der asthenischen Persönlichkeitsstörung.

Auf den Hinweis des Senats auf ein möglicherweise in das Versicherungsleben eingebrachtes Leiden hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass die Intelligenzminderung nicht der maßgebliche Auslöser für die Erwerbsminderung gewesen sei, sondern lediglich der Hintergrund, auf dem sich die psychische Entwicklung ereignet habe. Dr. R. beachte jedenfalls die Zeiträume der Pflichtbeiträge ab 21.08.1995 nicht. Hier ergebe sich z.B. eine durchgehende Beitragszeit von September 1996 bis 30.01.2000, also für insgesamt 41 Monate. Dies sei mit dem Bild, das Dr. R. zeichne, nicht vereinbar. Mit weiterem Schriftsatz vom 14.10.2014 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Zeitraum bis 2007 schwere familiäre Schicksalsschläge habe hinnehmen müssen, in Form von dem Versterben beider Großeltern, um die sich vorwiegend die Mutter gekümmert habe, in die sie aber miteingebunden gewesen sei. Es habe weder für die Mutter noch insbesondere für die Klägerin irgendein weiteres familiäres Umfeld gegeben. Ferner habe es in der fraglichen Zeit auch mehrere sehr negativ verlaufende Beziehungen gegeben. Auch heute sei es so, dass die Klägerin an ihrem jetzigen Wohnort keinerlei Freundschaften pflege, sie kenne kaum jemanden im näheren Bereich und habe keinerlei Kontakte. Ihre Erkrankung präge sie dahin, dass es extreme Schwierigkeiten mache, irgendwelche tragfähigen Kontakte aufzubauen. Sie erinnere sich in der fraglichen Zeit, dass sie manchmal nachts im Regen herumgelaufen sei. Schlafstörungen habe sie ständig gehabt. Panikattacken hätten bereits seit 10 Jahren bestanden, in dem Sinne, dass sie plötzlich umkippen würde. Der damalige Hausarzt Dr. H. habe sie vor etwa 10 Jahren bereits aus diesem Grund einmal zu einem cranialen MRT geschickt, wo sich allerdings keine besonderen Auffälligkeiten gezeigt hätten. Die Klägerin habe auch Doppelbilder erlebt. Die Verdachtsdiagnose eines Tumors habe sich glücklicherweise ebenfalls nicht bestätigt. Das MRT sei bei Prof. F. in S-Stadt angefertigt worden. Es könnte dieser Befund noch vorhanden sein. „Er besagt zwar nichts, aber es besagt, dass diese Problematik bereits zu dieser Zeit bestand“. Die Klägerin habe das Gefühl gehabt, dass der Boden sich wellen würde und sie den Boden unter den Füßen verliere. Das Gefühl einfach umzukippen sei relativ häufig gewesen. Zeitweise habe sie ohne die Mutter gar nicht mehr aus dem Haus gekonnt. Dies sei bereits 2006/Anfang 2007 so gewesen. Die Panikattacken würden weiter zurückreichen. Die Klägerin erinnere sich, dass sie das erste Mal mit 17 aus der Berufsschulklasse hinaus gerannt sei und niemand gewusst habe, was los sei. Auch damals habe sie einfach raus gemusst wegen dieser Panikattacken. Vermutlich seien damals massive Probleme eines Mobbings in dieser Schule im Gange gewesen. Sie habe dann noch an eine andere Berufsschule wechseln können, wo sie in Ruhe gelassen worden sei. Sie habe die Berufsschule abschließen können, sie habe hierzu in eine andere Stadt fahren müssen (zuvor in M-Stadt, dann in S-Stadt).

Mit Schriftsatz vom 19.01.2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass die Belastung durch eine Ausbildung und den Schulbesuch noch nicht mit der Belastung am Arbeitsplatz vergleichbar sei. Eine echte Verschlechterung sei erst mit Aufgabe des Berufs als Kinderpflegerin eingetreten. Die Klägerin sei in der Folgezeit auch relativ viel krank gewesen. Weil die Klägerin aber arbeitslos gewesen sei, seien diese Krankheitszeiten nicht dokumentiert oder zumindest nicht greifbar. Die Klägerin „beschreibe aber, dass sie auf die geringfügigen Arbeitsverhältnisse nur eingeschränkt in der Lage“ gewesen sei.

Die Beklagte hat anschließend angeregt, Ausbildungs- und Schulzeugnisse sowie ärztliche Unterlagen der C. beizuziehen. Mit weiterem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 11.02.2015 wurde darauf hingewiesen, dass die Fehlgeburt im Jahr 2006 eine erhebliche Rolle gespielt habe. Diese habe die Leistungseinschränkung deutlich verschärft. Dies werde im Gutachten von Dr. R. ebenfalls angesprochen. Mit Schriftsatz vom 28.04.2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihren Hauptschulabschluss mit der Note 2 und die Berufsschule mit der Abschlussbewertung 2,1 absolviert habe. Sie möge gewisse Probleme gehabt haben sich durchzusetzen. Dies spreche aber grundlegend für eine Erwerbsfähigkeit. Überlegungen hinsichtlich einer Erwerbsunfähigkeit von Geburt an hätten jedenfalls mit der Realität der Klägerin nichts zu tun. Die Mobbingsituation in der Hauptschule, über die der Gutachter Dr. R. berichte, sei mit dem Schulwechsel beendet gewesen.

Die C. B-Stadt hat mit Datum 10.08.2015 mitgeteilt, dass Unterlagen über die Klägerin nicht mehr vorhanden seien.

In der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2015 hat der Vorsitzende nach Erörterung des Sach- und Streitstandes darauf hingewiesen, dass der Senat im Hinblick auf die Behandlung der Klägerin bei Frau W. im Jahr 2005 davon ausgehe, dass in der Zeit zuvor, und zwar in 2004, eine Verschlechterung des psychischen Zustandes der Klägerin eingetreten sei.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,

die bei Dr. H. vorhandenen Unterlagen über die Behandlung der Klägerin in den Jahren 2000 - 2009 einzuholen, zum Maße der Verschlimmerung die anwesende Mutter der Klägerin, Frau S. K. zu hören, und aufgrund der vorgelegten Zeugnisse zur Schulausbildung und Berufsausbildung einerseits und andererseits der Aussage der Zeugin K. eine ergänzende gutachterliche Äußerung von Dr. R. einzuholen, und zwar hinsichtlich einer genaueren Feststellung des Versicherungsfalles, insbesondere unter Berücksichtigung der vom Senat unterstellten Verschlimmerung des Gesundheitszustandes der Klägerin für 2004.

Des Weiteren beantragt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17.06.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auf ihren Antrag vom 25.03.2011 hin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17.06.2013 zurückzuweisen.

Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG).

Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Erwerbsminderungsrente aufgrund ihres Antrages vom 25.03.2011 (umgedeuteter Reha-Antrag nach § 116 Abs. 2 SGB VI) abgelehnt. Der Bescheid der Beklagten vom 25.07.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.10.2011 ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

  • 1.teilweise erwerbsgemindert sind,

  • 2.in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und

  • 3.vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass ein Nachweis einer quantitativen Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin jedenfalls zum Zeitpunkt des letztmaligen Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderung am 31.05.2007 im Sinne des § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI bzw. § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI nicht geglückt ist.

Aufgrund des von der Beklagten eingeholten Gutachtens von Dr. S. vom 29.06.2011 ist davon auszugehen, dass zumindest im Untersuchungszeitpunkt ein unter dreistündiges Leistungsvermögen der Klägerin vorgelegen hat. Aufgrund der festgestellten Erkrankung einer schweren Persönlichkeitsstörung mit sozialen und kommunikativen Defiziten sah Dr. S. eine Leistungsfähigkeit von unter 3 Stunden. Die Klägerin habe einen gewissen Leidensdruck und suche nach Behandlung. Der Verlauf sei offen und eine Nachuntersuchung in einem Jahr gerechtfertigt.

Auch Dr. B. bestätigt in ihrem Gutachten vom 07.09.2012 die Einschätzung von Dr. S. hinsichtlich der getroffenen Diagnose und der Leistungseinschätzung von unter 3 Stunden im Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. S. und auch im Zeitpunkt ihrer Untersuchung, verlagert einen möglichen Leistungsfall jedoch bereits „in das Jahr 2009“, ohne dies näher eingrenzen zu können, anhand des Befundberichtes von Dr. R. vom 19.06.2012. Ein früherer Leistungsfall wird von der Sachverständigen Dr. B. nicht gesehen, insbesondere nicht unter Berücksichtigung des Behandlungsberichts von Dipl.-Psych. W. vom 28.08.2006.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Jahr 2011 einen Antrag auf Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme gestellt hatte, der dann aufgrund des Gutachtens von Dr. S., die eine Reha-Fähigkeit der Klägerin zum aktuellen Zeitpunkt verneint hatte, in einen Rentenantrag auf der Grundlage des § 116 SGB VI umgedeutet wurde. Begründet wurde dieser Reha-Antrag mit einer Angsterkrankung der Klägerin mit Panikattacken und einem Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung. Schwerwiegende, andauernde, nicht behandelbare Depressionen waren damals weder von der Klägerin vorgetragen, noch von ihren behandelnden Ärzten festgehalten.

Der Hausarzt Dr. H. bestätigte in seinem Bericht vom 16.03.2011, dass zahlreiche Therapien der Klägerin gescheitert seien, auch wegen der Angst der Patientin von zu Hause (=Mutter) eventuell weg zu müssen. Es bestehe ein Abhängigkeitsverhältnis Mutter/Tochter mit „Schrei“ nach Bestätigung und Fürsorge. Eine Eigeninitiative sei nicht machbar bzw. erkennbar. Nur mit Mutter fühle sich die Patientin stark (Abhängigkeit? Pseudoautonomie?) In Rückschau der jahrelangen „Angstkarriere“ sei eine psychosomatische stationäre Reha-maßnahme dringend notwendig.

Aus diesem Hinweis des behandelnden Hausarztes ergibt sich, dass insoweit eine akute Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin bestanden hat. Dr. S. analysierte diese notwendige zwingende stationäre Behandlungsbedürftigkeit dahingehend, dass diese zumindest zu einem mehr als sechs Monate andauernden, unter dreistündigen Leistungsvermögen der Klägerin führt, wenn auch nur vorübergehend bis die Behandlung abgeschlossen ist.

Der Gynäkologe Dr. G. hat in seinem Befundbericht vom 25.05.2010 angeführt, dass es sich weniger um körperliche Einschränkungen handelt, sondern eher um die Suche eines ängstlich-anstrengenden Kindes nach elterliche Bestätigung und Fürsorge. Ein Spiel um Abhängigkeit und (Pseudo-) Autonomie. Die Klägerin erschöpfe ihre Familie mit ihrer Ängstlichkeit und verhindere eine altersgemäße Verselbständigung.

Im Rahmen des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. S. vom 29.06.2011 waren wesentliche Daten des Lebenslaufes der Klägerin festgehalten. So hat die Klägerin im Jahr 2005 geheiratet, hat im Jahr 2006 eine Fehlgeburt erlitten (eine weitere offenbar im Jahr 2009). Sie hat keine Kinder. Sie hat die Hauptschule absolviert und Kinderpflegerin gelernt. Sie hat die Ausbildung abgeschlossen, war anschließend in einer Behinderteneinrichtung versicherungspflichtig beschäftigt. Sie hat bei Dr. S. angegeben, gelegentlich Cymbalta als Medikation erhalten zu haben und sporadisch Termine zur Psychotherapie. Sie übe verschiedene Mini-Jobs aus, derzeit wohl als Verkäuferin, sei Mobbingopfer, sei aber auf das Geld angewiesen, weil sie mit ihrem Ehemann ein Haus bauen würde.

Aus dem im Widerspruchsverfahren von der Klägerin vorgelegten Attest von Dr. M. vom 20.09.2011 geht hervor, dass dieser die Klägerin seit 1998 hausärztlich betreue und dass die Klägerin seit dieser Zeit unter psychosomatischen und psychosozialen Störungen im Sinne von Angstzuständen und einer sozialen Phobie leide. Es sei häufiger zu abklärungs- und behandlungspflichtigen Symptomen gekommen. Es sei der Klägerin aufgrund ihrer psychischen Konstellation zunehmend schwerer gefallen, regelmäßige Erwerbstätigkeiten auszuüben, trotz vorhandener Leistungsbereitschaft und Durchhaltewillens. Ab 2002 hätten die genannten Beschwerden nach Häufigkeit und Intensität zugenommen und hätten psychotherapeutische Sitzungen erfordert.

Frau Dr. S. hat in ihrer prüfärztlichen Stellungnahme im Rahmen des Widerspruchsverfahrens darauf hingewiesen, dass die Klägerin bei ihr selbst angegeben habe, dass sich ihre psychische Erkrankung mit der Endometriose-OP im Jahr 2008 verschlimmert und der soziale Rückzug begonnen habe. Es habe aber niemals eine leitliniengerechte Therapie stattgefunden.

Ausgehend von diesen eigenen Angaben der Klägerin würde sich zunächst ein Behandlungsbedarf im Jahr 2008 manifestieren und die Einleitung entsprechender leitliniengerechter Therapien erfordern, was aber nicht automatisch zur Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung führen würde. Das von Dr. S. zunächst festgestellte Leistungsbild von unter 3 Stunden täglich hat eine mehr als 6monatige Behandlung erfordert, so dass das Leistungsbild der Klägerin nach Ablauf eines Jahres hätte überprüft werden müssen. Eine solche leitliniengerechte Behandlung hat weder bis zur Reha-Antragsstellung im Jahr 2011 noch bis heute stattgefunden.

Im Versicherungsverlauf der Klägerin ist des Weiteren dokumentiert, dass die Klägerin seit 2005 mit geringen Unterbrechungen auch geringfügig beschäftigt war, teils als Putzhilfe in Privathaushalten (auch mehrere parallel), aber auch als Verkäuferin, was gegen einen massiven sozialen Rückzug sprechen würde. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2015 darauf hingewiesen, dass die Klägerin sich ausgesprochen gequält habe, wenn sie im Rahmen der geringfügigen Beschäftigungen habe zur Arbeit gehen müssen. Sie sei hier auch immer wieder ein Opfer von Mobbing geworden. Im Versicherungsverlauf der Klägerin zeigt sich aber eine längere Unterbrechung der geringfügigen Tätigkeiten erst nach dem 15.05.2009, was mit der Einschätzung von Frau Dr. B. und dem Befundbericht von Dr. R. übereinstimmen würde.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hinweist, dass das Herantreten der Klägerin an eine psychotherapeutische Behandlung als Anknüpfungspunkt für einen Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung dienen müsse, ist festzuhalten, dass zum einen eine erstmalige Behandlungsaufnahme für sich allein nicht geeignet ist, eine dauerhafte, d. h. mindestens 6 Monate andauernde, quantitative Leistungsminderung nachzuweisen. Zum anderen ist in dem Bericht der Dipl.-Psych. W. vom 28.08.2006 ausgeführt, dass bereits nach relativ kurzer Behandlung Behandlungserfolge erzielt werden konnten. Kontaktaufnahme der Klägerin mit Dipl. Psych. W. war im September 2005 gewesen, die Indikation für eine Langzeittherapie wurde von der Dipl.-Psych. gesehen, weil die Klägerin bereits erste Fortschritte erzielen konnte und schwerpunktmäßig diese beginnenden Erfolge vertieft werden sollten, also weitergehender Behandlungsbedarf von (lediglich) 20 Stunden gesehen wurde.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf das Gutachten Dr. R. vom 09.04.2013 abstellt, hat das Sozialgericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass Anhaltspunkte für eine leistungsbeeinträchtigende Intelligenzminderung der Klägerin nicht bestehen. Diese Diagnose wurde weder von den behandelnden Ärzten der Klägerin noch von den Sachverständigen im Verwaltungsverfahren oder SG-Verfahren gestellt. Auch Dipl. Psych. W. hatte in ihrem Bericht festgehalten, dass die Intelligenz der Klägerin grob geschätzt in Normbereich liege. Im Zentrum standen jeweils andere Erkrankungen, die massiv durch die psychische Situation in Form der Angst- und Persönlichkeitsstörung überlagert wurden. Frau Dr. B. setzt sich ausdrücklich damit auseinander, dass die Persönlichkeitsstörung der Klägerin selbstverständlich schon längere Zeit vorhanden gewesen sei, dass diese aber noch nicht depressiv überlagert war. Erst im Jahr 2009 sei erstmals bei Dr. R. eine schwere Depression festgehalten. Das Zusammenspiel dieser Angst- und Persönlichkeitsstörung mit der Depression führten letztlich nach Auffassung von Dr. B. zu einer Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens. Ob dies bereits 2009 der Fall war oder ob durch Ergreifen von leitliniengerechten Therapiemaßnahmen lediglich ein behandlungsbedürftiger Krankheitszustand vorgelegen haben könnte, kann aufgrund der zu diesem Zeitpunkt jedenfalls definitiv fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dahingestellt bleiben.

Die Argumentation von Dr. R. im Hinblick auf die Intelligenzminderung der Klägerin wird aber auch vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin selbst nicht für schlüssig erachtet. In seinen Schriftsätzen vom 29.04.2014, 19.01.2015, 11.02.2015 und 28.04.2015 hat er selbst darauf hingewiesen, dass die Klägerin durchaus in der Lage gewesen ist, ihre Schulausbildung und ihre Ausbildung zur Kinderpflegerin zu absolvieren, und zwar mit gutem Erfolg. Sie hat anschließend über ein Jahr die erlernte Tätigkeit in einer Behinderteneinrichtung in einer Vollzeitbeschäftigung und damit auch sozialversicherungspflichtig ausüben können und sie hat über viele Jahre auch geringfügige Tätigkeiten über längere Zeiträume verrichtet. Die Klägerin hat im Jahr 2005 geheiratet, es bestand die Absicht, zusammen mit ihrem Ehemann eine Familie zu gründen. Es bestand die Absicht, ein Haus zu bauen, was auch umgesetzt wurde. Weil hierfür Geld benötigt wurde, war die Klägerin immer wieder geringfügig beschäftigt gewesen. Der Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf den Umstand, dass die Klägerin ohne ihre Mutter nicht habe aus dem Haus gehen können und dass die Klägerin alles nur im Beisein der Mutter habe erledigen können, dürfte wohl im Hinblick auf die Ausübung der geringfügigen Tätigkeiten, insbesondere soweit diese in Privathaushalten ausgeübt wurden, nicht zutreffend sein. Es ist kaum anzunehmen, dass die Mutter der Klägerin mit zum Putzen in die Privathaushalte gegangen sein könnte.

Dr. R. hat darüber hinaus in seinem Gutachten keinerlei Erhebungen über den Tagesablauf der Klägerin gemacht, sondern seine Feststellungen ausschließlich auf die eigenen Angaben der Klägerin gestützt, ohne diese etwa durch Erhebung einer Fremdanamnese oder durch entsprechend ausführliche Testungen zu verifizieren. Durchgeführt wurden von ihm lediglich ein Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenztest (MWT-B) sowie ein Beck´sches Depressions-Inventar (BDI), das (trotz ausführlicher Erläuterung) nicht verwertbar war, weil fast alle Aussagen angekreuzt wurden. Dem Gutachten kann bereits aus diesem Grund nicht gefolgt werden.

Dem gegenüber hat Frau Dr. B. in ihrem Gutachten vom 07.09.2012 den Tagesablauf der Klägerin festgehalten. Danach stehe die Klägerin erstmals gegen Mittag auf und sei froh, dass der halbe Tag schon um sei. Am Nachmittag verrichte sie ihre Hausarbeit. Sie koche zu Abend. Sei brauche zwischendurch viel Zeit um sich auszuruhen. Einkaufen gehe sie alleine, meist benütze sie das Auto. In unbekannte Gegenden traue sie sich nicht alleine. Sie wohne jetzt ein Jahr in A-Stadt, sei in dieser Zeit einmal zusammen mit ihrem Ehemann in B-Stadt gewesen. Den Abend verbringe sie vor dem Fernseher. Gegenüber Frau Dr. B. hat die Klägerin auch angegeben, ab dem 01.05.2011 in psychotherapeutischer Behandlung bei Herrn Dr. B. vom Sozialpsychiatrischen Dienst der Diakonie in C-Stadt zu sein. Sie fahre gelegentlich selbst mit dem Pkw, häufig werde sie auch von ihrem Mann gefahren. Sie übernachte bei ihren Eltern, wenn sie einmal wöchentlich nach C-Stadt fahre. Sie sei aber noch nie in nervenärztlicher Behandlung gewesen und werde auch nicht antidepressiv behandelt. Die für den 15.08.2012 geplante Klinikbehandlung in der Psychosomatischen Klinik in Bad N. habe sie wegen Panik vor einem Klinikaufenthalt abgesagt. Damit ist aber auch dokumentiert, dass auch noch im Jahr 2012, der Begutachtung durch Dr. B., keine adäquate psychiatrische, psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung der psychischen Erkrankung der Klägerin stattgefunden hat. Das einmalige oder erstmalige Auftreten einer schweren Depression im Jahr 2009 vermag sicherlich zu einem erheblichen Behandlungsbedarf geführt haben, ist aber noch kein Nachweise einer unüberwindbaren Störung, die zu einer dauerhaften quantitativen Leistungsminderung vorübergehend oder auf Dauer führt oder geführt haben könnte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Senates können aber psychische Erkrankungen erst dann rentenrechtlich relevant werden, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen ist, dass der Versicherte die psychischen Einschränkungen weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe dauerhaft nicht mehr überwinden kann (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89; BSG Urteil vom 29.03.2006 - B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach juris; BayLSG Urteil vom 12.10.2011 - L 19 R 738/08; BayLSG Urteil vom 30.11.2011 - L 20 R 229/08; BayLSG Urteil vom 18.01.2012 - L 20 R 979/09; BayLSG Urteil vom 15.02.2012 - L 19 R 774/06; BayLSG Urteil vom 21.03.2012 - L 19 R 35/08; BayLSG, Urteil vom 22.10.2014 - L 19 R 1075/11; BayLSG Urteil vom 26.03.2015 - L 19 R 1043/11). Deshalb kann auch das erstmalige Herantreten an eine Psychotherapeutin im Jahr 2005 nicht als Eintritt eines Leistungsfalls gewertet werden. Insoweit kommt auch dem Hinweis des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung, dass der Senat durchaus von einer Leidensverschlimmerung der psychischen Situation im Jahr 2004 ausgehe, keine weiterreichende Bedeutung zu. Das Erkennen einer Behandlungsbedürftigkeit ist noch kein Leistungsfall im Sinne des § 43 SGB VI.

Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Verfahren vorgetragenen unterschiedlichen Anknüpfungsversuche an Ereignisse oder Daten im Leben der Klägerin zur Begründung eines früheren Leistungsfalles, insbesondere vor dem 31.05.2007, stehen entweder im Widerspruch zu den eigenen Angaben der Klägerin im Verfahren oder im Widerspruch zu den vorliegenden Befundberichten und Sachverständigengutachten. Das Gutachten nach § 109 SGG von Dr. R. hält der Prozessbevollmächtigte der Klägerin insoweit selbst nicht für hilfreich. Von einer relevanten Intelligenzminderung der Klägerin kann sicherlich nicht ausgegangen werden, wovon sich der Senat auch in der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2015 selbst überzeugen konnte. Die objektive Beweislast für einen früheren Eintritt der Erwerbsminderung im Sinne der dauerhaften quantitativen Leistungsminderung und das gleichzeitige Vorliegen der notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen trägt jedoch die Klägerin.

Den vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2015 gestellten Beweisanträgen musste der Senat nicht Folge leisten:

Die von Dr. H. beizuziehenden Unterlagen wurden erstmals in der mündlichen Verhandlung angesprochen. Dr. H. hat aber den Reha-Antrag der Klägerin im Jahr 2011 unterstützt und hier einen Befundbericht erstellt, obwohl er angeblich bereits im Jahr 2009 seine Praxis aufgegeben haben soll. Der Befundbericht datiert vom 16.03.2011. Ein substantiierter Vortrag, was möglicherweise aus früheren Behandlungsunterlagen von Dr. H. für dieses Verfahren folgen soll, ist vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht dargelegt worden.

Einer Einvernahme der Mutter der Klägerin musste nicht entsprochen werden, weil dieser Beweisantrag nicht formgerecht gestellt wurde. Einer Einvernahme „zum Maß der Verschlimmerung“ bedurfte es nicht, da das subjektive Erleben - noch dazu mit einem Zeitabstand von 8 Jahren - die zeitnahen Feststellungen der Ärzte und medizinischen Sachverständigen nicht überlagern kann und es auch als wahr unterstellt werden kann, dass die Mutter das Zusammenleben mit der Klägerin als äußerst belastend empfunden haben kann. Dies geht bereits aus den ärztlichen Befundberichten aus dem Jahr 2011 unzweifelhaft hervor.

Auch die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. R. unter Berücksichtigung von Schulzeugnissen und der Erklärung des Senatsvorsitzenden hält der Senat für nicht erforderlich. Dr. R. war über die Schul- und Berufsausbildung der Klägerin informiert und hat diesen Umstand auch in seinem Gutachten verwertet. Er hatte sich in seinem Gutachten ausdrücklich der Diagnosestellung von Dr. B. angeschlossen, sich aber entscheidend auf die von den anderen Gutachtern „übersehene“ Intelligenzminderung der Klägerin gestützt, obwohl er vom Ausbildungsgang der Klägerin Kenntnis hatte. Neue Umstände, zu denen der Sachverständige Dr. R. ergänzend Stellung nehmen müsste, sind nicht eingetreten.

Nach alledem war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17.06.2013 als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 08. Sept. 2015 - L 19 R 723/13

Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 08. Sept. 2015 - L 19 R 723/13

Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 08. Sept. 2015 - L 19 R 723/13 zitiert 12 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 43 Rente wegen Erwerbsminderung


(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind,2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 109


(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 53 Vorzeitige Wartezeiterfüllung


(1) Die allgemeine Wartezeit ist vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte 1. wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit,2. wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz als Wehrdienstleistende oder Soldaten auf Zeit,3. w

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 116 Besonderheiten bei Leistungen zur Teilhabe


(1) (weggefallen) (2) Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gilt als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und 1. ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabil

Referenzen - Urteile

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 08. Sept. 2015 - L 19 R 723/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 08. Sept. 2015 - L 19 R 723/13 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 26. März 2015 - L 19 R 1043/11

bei uns veröffentlicht am 26.03.2015

Tenor I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.10.2011 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 22. Okt. 2014 - L 19 R 1075/11

bei uns veröffentlicht am 22.10.2014

Tenor I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 10.11.2011 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Referenzen

(1) (weggefallen)

(2) Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gilt als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und

1.
ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten ist oder
2.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen sind, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert haben.

(3) Ist Übergangsgeld gezahlt worden und wird nachträglich für denselben Zeitraum der Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit festgestellt, gilt dieser Anspruch bis zur Höhe des gezahlten Übergangsgeldes als erfüllt. Übersteigt das Übergangsgeld den Betrag der Rente, kann der übersteigende Betrag nicht zurückgefordert werden.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Die allgemeine Wartezeit ist vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte

1.
wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit,
2.
wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz als Wehrdienstleistende oder Soldaten auf Zeit,
3.
wegen einer Zivildienstbeschädigung nach dem Zivildienstgesetz als Zivildienstleistende oder
4.
wegen eines Gewahrsams (§ 1 Häftlingshilfegesetz)
vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben sind. Satz 1 Nr. 1 findet nur Anwendung für Versicherte, die bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit versicherungspflichtig waren oder in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die Sätze 1 und 2 finden für die Rente für Bergleute nur Anwendung, wenn der Versicherte vor Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit zuletzt in der knappschaftlichen Rentenversicherung versichert war.

(2) Die allgemeine Wartezeit ist auch vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Der Zeitraum von zwei Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung oder des Todes verlängert sich um Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren.

(3) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne der Absätze 1 und 2 liegen auch vor, wenn

1.
freiwillige Beiträge gezahlt worden sind, die als Pflichtbeiträge gelten, oder
2.
Pflichtbeiträge aus den in § 3 oder § 4 genannten Gründen gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten oder
3.
für Anrechnungszeiten Beiträge gezahlt worden sind, die ein Leistungsträger mitgetragen hat.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) (weggefallen)

(2) Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gilt als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und

1.
ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten ist oder
2.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen sind, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert haben.

(3) Ist Übergangsgeld gezahlt worden und wird nachträglich für denselben Zeitraum der Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit festgestellt, gilt dieser Anspruch bis zur Höhe des gezahlten Übergangsgeldes als erfüllt. Übersteigt das Übergangsgeld den Betrag der Rente, kann der übersteigende Betrag nicht zurückgefordert werden.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) (weggefallen)

(2) Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gilt als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und

1.
ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten ist oder
2.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen sind, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert haben.

(3) Ist Übergangsgeld gezahlt worden und wird nachträglich für denselben Zeitraum der Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit festgestellt, gilt dieser Anspruch bis zur Höhe des gezahlten Übergangsgeldes als erfüllt. Übersteigt das Übergangsgeld den Betrag der Rente, kann der übersteigende Betrag nicht zurückgefordert werden.

Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 10.11.2011 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Weitergewährung seiner vollen Erwerbsminderungsrente über den 31.05.2010 hinaus hat.

Der 1965 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er ist am 01.09.1974 aus der Türkei zugezogen. Er hat keine Ausbildung absolviert und verschiedene versicherungspflichtige Beschäftigungen ausgeübt. Zuletzt war der Kläger als Straßenmarkierer bzw. als Lastwagenfahrer im Straßenbau versicherungspflichtig beschäftigt. Nach einem 3/4 Jahr Arbeitslosigkeit war der Kläger ab September 2001 als Gartengestalter selbstständig tätig mit freiwilliger Beitragszahlung an die Beklagte. Das Gewerbe wurde zum 31.12.2001 abgemeldet.

Am 17.12.2001 erlitt der Kläger einen unverschuldeten Autounfall, bei dem er sich ein Polytrauma und zahlreiche Frakturen zuzog, u. a. eine komplette distale Unterschenkelfraktur links mit Marknagelversorgung Januar 2001 und Sprunggelenksfraktur rechts operativ versorgt ebenfalls Januar 2001, sowie Frakturen im Gesichtsbereich. Bei diesem Autounfall wurden die Ehefrau und der zweijährige Sohn des Klägers getötet, seine Tochter hat den Unfall wohl ohne größere Verletzungen überlebt. Infolge des Unfalls befand sich der Kläger vom 17.12.2001 bis 20.02.2002 in stationärer Behandlung im städt. Krankenhaus Landau.

Nachdem der Kläger am 06.05.2002 einen Rentenantrag gestellt hatte, holte die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten von Dr. S. vom 13.06.2002, ein chirurgisches Gutachten von R. vom 28.06.2002 sowie ein internistisches Gutachten von Dr. S. vom 03.07.2002 ein. Aufgrund dieser Gutachten fasste Dr. R. die Diagnosen zusammen und kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch 3 bis unter 6 Stunden täglich verrichten könne. Die zuletzt ausgeübte selbstständige Tätigkeit als Gartengestalter sei nur noch unter 3 Stunden täglich möglich. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 03.09.2002 eine volle Erwerbsminderungsrente auf Zeit vom 17.12.2001 bis 31.03.2003.

Auf den Weiterzahlungsantrag vom 31.10.2002 holte die Beklagte ein chirurgisches Gutachten von Dr. R. vom 09.04.2003 sowie ein nervenärztliches Gutachten von Dr. L. vom 08.05.2003 ein. Dr. R. kam unter Berücksichtigung der Ergebnisse des nervenärztlichen Gutachtens von Dr. L. zu dem Ergebnis, dass dem Kläger Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wieder mindestens 6 Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zumutbar wären. Die Wegefähigkeit sei gegeben, er nutze seinen Pkw. Es seien allerdings Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zur Wiedereingliederung in den Beruf erforderlich. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 22.05.2003 die Weitergewährung der Rente über den 31.03.2003 hinaus ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2003 als unbegründet zurückgewiesen. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen. In dem hiergegen vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) geführten Klageverfahren mit dem Az: S 3 RJ 104/04 wurde ein nervenärztliches Terminsgutachten von Dr. K. eingeholt, der am 03.03.2005 zu dem Ergebnis gelangte, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers im Dezember 2004 wieder verschlechtert habe. Ab Dezember 2004 habe sich der Kläger nachweislich in nervenärztliche Behandlung begeben und habe antidepressive Medikation benötigt. Der Sachverständige empfahl eine stationäre medizinische Reha-Maßnahme in einer spezialisierten psychosomatischen Klinik mit Schwerpunkt posttraumatische Belastungsstörung. Der Wiedereintritt der vollen Erwerbsfähigkeit sei bis Mitte 2007 zu erwarten. Die Beteiligten schlossen daraufhin einen Vergleich, dass ab Dezember 2004 von einem 3 bis unter 6-stündigen Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen auszugehen sei. Die Beklagte verpflichtete sich dem Kläger wieder volle Erwerbsminderungsrente auf Zeit bis zum 30.06.2007 zu gewähren.

Die von Dr. K. empfohlene stationäre medizinische Reha-Maßnahme wurde vom Kläger in der psychosomatischen Abteilung der R.-Klinik Bad D. in der Zeit vom 20.09.2005 bis 01.11.2005 absolviert. Aus dieser Maßnahme wurde er als arbeitsunfähig und mit einem Leistungsvermögen von unter 3 Stunden für die letzte Tätigkeit, aber auch für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen.

Am 05.03.2007 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Begutachtung von Dr. W. ein, die am 11.10.2007 zu dem Ergebnis gelangte, dass sich noch keine entscheidende Befundänderung ergeben habe. Das Leistungsvermögen des Klägers sei nach wie vor auf 3 bis unter 6 Stunden einzustufen, auch wenn der Grad der Behinderung von 70 auf 40 zurückgestuft und das Merkzeichen G aberkannt worden sei. Eine Befristung der Rente sei sinnvoll bis zum 31.05.2010. Die Beklagte gewährte die Rente entsprechend dem Gutachten Dr. W. weiter.

Am 01.02.2010 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente über den 31.05.2010 hinaus. In dem Antrag gab der Kläger an, seit Juli 2009 eine geringfügige Tätigkeit in einer Pizzeria auszuüben. Ferner war angegeben, dass er sich in der Zeit vom 23.11. bis 21.12.2009 in der Bezirksklinik R. wegen einer rezidivierenden depressiven Episode in stationärer Behandlung befunden habe. Die Beklagte holte ein neurologisches/sozialmedizinisches Gutachten von Dr. M. ein, die am 07.06.2010 bei den Diagnosen

1. depressive Episode nach traumatischer Belastung

2. Zustand nach Polytrauma mit

3. geringer Funktionseinbuße des rechten Sprunggelenks bei Zustand nach opera-

tiv versorgtem bimalleolärem Sprunggelenksbruch

zu dem Ergebnis gelangte, dass der Kläger Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen wieder mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne. Auch die letzte Tätigkeit als Gartengestalter könne der Kläger wieder vollschichtig verrichten. Es bestehe der Verdacht auf Ausgestaltung der Angaben, der Kläger sei vermehrt klagsam. Die von ihm angegebene Medikation sei im Urin nicht nachweisbar.

Des Weiteren holte die Beklagte ein chirurgisches Gutachten von Dr. R. ein, der am 07.06.2010 ebenfalls zu dem Ergebnis gelangte, dass dem Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen wieder mindestens 6 Stunden täglich möglich seien. Dieses Leistungsvermögen sei mindestens seit dem 01.06.2010 anzunehmen.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 18.06.2010 die Weitergewährung der Rente über den 31.05.2010 hinaus ab.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Es liege eine dokumentierte Besserung auf neurologischem Fachgebiet vor, der Kläger gebe keinen Schwindel mehr an. Eine Gangunsicherheit bestehe nicht mehr. Auch auf psychiatrischem Fachgebiet zeichne sich eine Besserung ab. Die verordneten Medikamente müssten nicht mehr eingenommen werden.

Zur Begründung der hiergegen am 01.06.2011 zum SG Bayreuth erhobenen Klage hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hingewiesen, dass der Kläger unter einer posttraumatischen Arthrose des rechten oberen Sprunggelenkes leide, ferner unter einer schweren Depression sowie unter Schwindel und Gangunsicherheit. Er sei nicht mehr in der Lage mindestens 3 Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das SG hat Befundberichte des behandelnden Hausarztes Dr. G., der Neurologin Dr. K. sowie des Orthopäden Dr. E. beigezogen und sodann ein neurologisches Terminsgutachten von Dr. L. eingeholt. Dr. L. ist am 05.10.2011 zu folgenden Diagnosen gelangt:

1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradige depressive Episo

de.

2. Lumbales Schmerzsyndrom ohne sensomotorische Ausfälle mit geringgradiger

Funktionseinschränkung.

Es habe sich im Vergleich zum letzten Gutachten keine wesentliche Änderung ergeben. Es bestünden qualitative Einschränkungen der individuellen Leistungsfähigkeit. Es dürften nur noch leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichtet werden, in wechselnder Körperhaltung, kein häufiges Bücken, keine Zwangshaltungen, keine besonderen Anforderungen an den Bewegungsapparat, keine Arbeit unter besonderem Zeitdruck, mit vermehrter Konzentration, ohne Schicht-, Akkord- oder Fließbandarbeit, keine Verantwortung für Personen oder Maschinen, Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge. Zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Die Wegefähigkeit sei gegeben. Eine Besserung der Erwerbsfähigkeit könne durch eine leitliniengerechte Behandlung der depressiven Störung erreicht werden.

Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 05.10.2011 hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 10.11.2011 die Klage abgewiesen. Der Kläger sei wieder in der Lage mindestens 6 Stunden täglich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Dies stehe aufgrund der eingeholten Gutachten von Dr. L., Dr. M. und Dr. R. fest.

Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 02.12.2011 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. L. sei fehlerhaft. So habe Dr. L. zu Unrecht eine posttraumatische Belastungsstörung des Klägers abgelehnt. Diese Diagnose sei bereits unmittelbar nach dem Unfallereignis gestellt worden, z. B. im Reha-Bericht von Februar 2002. Auch das Ausmaß der psychischen Störung sei völlig fehlerhaft beurteilt worden, das Bestehen von Behandlungsoptionen oder -optimierungen sei nicht mit einem mindestens 6-stündigen Leistungsvermögen gleichzusetzen. Es sei eine erneute psychiatrische Begutachtung erforderlich. Vorgelegt wurde des Weiteren ein hausärztliches Attest vom 16.12.2011, wonach der Kläger unter einem chronischen psychischen Hirnschaden nach Schädel-Hirn-Trauma leide sowie unter einem schweren depressiven Syndrom. Am 18.04.2012 wurde der Kläger nach pektanginösen Beschwerden mit einem Stent versorgt (Entlassungsbrief des Sana Klinikums F-Stadt vom 23.04.2012) und befand sich anschließend in der Zeit vom 16.05.2012 bis 06.06.2012 in einer stationären medizinischen Reha-Maßnahme in der Höhenklinik B., aus der er als arbeitsfähig sowie mit einem Leistungsvermögen für die letzte Tätigkeit als Gartengestalter und den allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich entlassen wurde.

Der Senat hat Befundberichte des behandelnden Nervenarztes Dr. H., einen Bericht über eine Integrationsmaßnahme "BISS" an der Volkshochschule S. vom 04.02.2013 sowie Befundberichte des Orthopäden Dr. E. und des Hausarztes Dr. G. beigezogen.

Der Senat hat sodann ein neurologisch/psychiatrisches Gutachten von Dr. C. eingeholt, der am 21.11.2013 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

1. Anhaltende depressive Störung (Dysthymia) DD rezidivierende depressive Störung.

2. Koronare Herzkrankheit mit Zustand nach Herzinfarkt 2012.

3. Zustand nach Polytrauma 2001 mit u. a. Sprunggelenksfraktur rechts.

Beim Kläger lägen an Gesundheitsstörungen eine Neigung zu depressiven Verstimmungen, Folgen eines Verkehrsunfalls 2001 mit Bruch des rechten Sprunggelenks und ein Zustand nach einem Herzinfarkt 2012 vor. Trotz der genannten Gesundheitsstörungen könne der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes überwiegend im Sitzen sowie in wechselnder Stellung und ohne schweres Heben und Tragen in geschlossenen Räumen noch mindestens 6 Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, insbesondere Tätigkeiten unter Zeitdruck, im Akkord, am Fließband, in der Nachtschicht, mit regelmäßigen Überstunden, in Gefahrbereichen sowie Steuerungstätigkeiten. Zu vermeiden seien auch Tätigkeiten mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems, beispielsweise Heben und Tragen von mittelschweren und schweren Lasten ohne Hilfsmittel, Arbeiten in Zwangshaltungen, häufiges Treppensteigen sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr. Aufgrund der Begutachtung ergäben sich Hinweise für Einschränkungen der Leistungsmotivation. Diese seien jedoch nicht störungsbedingt. Von einer gewissen Bewusstseinsnähe sei auszugehen. Einschränkungen der Merkfähigkeit und des Reaktionsvermögens bestünden nicht. Nach wie vor sei der Kläger in der Lage, komplexe Fertigkeiten, beispielsweise das Autofahren, auszuüben. Krankheitsbedingte Einschränkungen der praktischen Anstelligkeit und Findigkeit sowie des Verantwortungsbewusstseins und der Gewissenhaftigkeit lägen nicht vor. Im Rahmen der dysthymen Befindlichkeit seien die Umstellungsfähigkeit, die Ausdauer, die Selbstständigkeit des Denkens und Handelns und die Anpassungsfähigkeit an den technischen Wandel eingeschränkt. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben. Die festgestellten Erwerbsfähigkeitsbeschränkungen bestünden im Wesentlichen seit Juni 2010. Eine wesentliche Änderung sei seitdem nicht eingetreten. Zwischenzeitlich sei es zum Herzinfarkt gekommen. Eine wesentliche Änderung resultiere hieraus jedoch nicht. Es seien derzeit weder eine Heilbehandlung noch berufsfördernde Maßnahmen erforderlich. Im Vordergrund stünden, im Falle eines entsprechenden Leidensdrucks, ambulante Therapiemaßnahmen, die jedoch konsequent und intensiv umgesetzt und durchgeführt werden sollten, auch mit einem entsprechenden Monitoring der Medikamenteneinnahme.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat sodann ein neurologisch/psychiatrisches Gutachten vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie G. eingeholt, der nach Untersuchung am 21.06.2014 am 30.08.2014 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

1. Dysthymia.

2. Zustand nach Herzinfarkt.

3. Sensibilitätsstörungen, fehlender Achillessehnen-Reflex, Seitendifferenz der

Patellarsehnenreflexe ohne Einfluss auf die Leistungsfähigkeit.

4. Peripherer-vestibulärer Schwindel, zwischenzeitlich voll reversibel.

5. Zustand nach Fraktur, LWS-Syndrom, eingeschränkte Kniegelenksbeweglich-

keit, Schulter-Arm-Syndrom.

In Anbetracht der deutlichen Stabilisierung des Zustandsbildes sei der Kläger in der Lage, seit 2010 wieder leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. In Anbetracht der dysthymen Symptomatik müsse eine Einschränkung in der Leistungsmotivation, hinsichtlich der Selbstständigkeit des Denkens und Handelns, der Umstellungsfähigkeit, der Ausdauer und der Anpassungsfähigkeit an den technischen Wandel konstatiert werden. Dies sei jedoch durch Willensanstrengung überwindbar. Die Wegefähigkeit sei gegeben. Ab 2010 sei eine deutliche Stabilisierung im Zustandsbild des Versicherten beschrieben. Zum Erhalt der Erwerbsfähigkeit seien aus nervenärztlicher Sicht etwa zweijährlich stationäre psychosomatische Behandlungen erforderlich.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 10.11.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 31.05.2010 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 10.11.2011 zurückzuweisen.

Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage gegen den Bescheid vom 18.06.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.04.2011 als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat über den 31.05.2010 hinaus keinen Anspruch auf Weitergewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbei-

träge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens

6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43

Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Festzuhalten ist vorab, dass dem Kläger bereits im Jahr 2002 lediglich eine arbeitsmarktbezogene Rente zuerkannt wurde, trotz der schweren Verletzungen, die er sich selbst bei dem Verkehrsunfall zugezogen hatte und trotz des dabei erlittenen Verlustes seiner Ehefrau und seines Sohnes. Das Leistungsvermögen wurde durch die Gutachter Dr. S., Dr. R. und Dr. S. im Jahr 2002 auf 3 bis unter 6 Stunden für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes eingestuft, so dass dem Kläger ab dem 17.12.2001 eine arbeitsmarktbezogene volle Erwerbsminderungsrente gewährt wurde. Aufgrund des Weitergewährungsantrags vom 31.10.2002 wurde eine weitere Rentengewährung abgelehnt, da sich zwischenzeitlich bereits eine deutliche Besserung ergeben hatte. Erst im Rahmen des vor dem SG Bayreuth durchgeführten Klageverfahrens (Az: S 3 RJ 104/04) wurde aufgrund eines Gutachtens von Dr. K. vom 03.03.2005 vergleichsweise eine weitere Rentengewährung festgestellt, allerdings nicht nahtlos. Der Vorbezug war befristet bis zum 31.03.2003. Dr. K. kam in seinem Gutachten auf eine erneute Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers im Dezember 2004. Aufgrund dessen wurde dem Kläger erneut eine Zeitrente unter Annahme eines Leistungsfalles am 01.12.2004 ab dem 01.07.2005 bis zum 30.06.2007 bewilligt, die auf entsprechenden Weitergewährungsantrag vom 05.03.2007 dann bis zum 31.05.2010 verlängert wurde, weil eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Einschränkungen noch nicht eingetreten war.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger über den 31.05.2010 hinaus keinen Anspruch auf Weitergewährung der (arbeitsmarktbezogenen) vollen Erwerbsminderungsrente hat. Der Senat stützt seine Überzeugung dabei auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. M. vom 07.06.2010 und Dr. R. ebenfalls vom 07.06.2010 sowie auf das Terminsgutachten von Dr. L. vom 05.10.2011, insbesondere aber auf das Gutachten von Dr. C. vom 21.11.2013. Dr. C. hält in seinem Gutachten eindrucksvoll fest, dass der Kläger oberflächlich betrachtet den Eindruck vermittelt, dass er in keinster Weise leistungsfähig sei, er präsentiere einen subdepressiven bis depressiven Zustand, spreche leise, sei klagsam, schildere, dass er kaum mehr Kontakt habe zu anderen Leuten, nicht aus dem Haus gehen könne. Diese Schilderung sei aber nicht konsistent. Dr. C. weist eindrücklich darauf hin, dass über die komplette Zeit seit dem Unfallereignis bis zum heutigen Tage eine engmaschige nervenärztliche Behandlung nicht stattgefunden hat, es handelt sich in erster Linie um Quartalstermine, und es sind immer wieder längere Behandlungspausen festzustellen. Seit dem Jahr 2005 findet keine ambulante Psychotherapie mehr statt. Begründet wurde dies damit, dass die behandelnde Therapeutin ihre Zulassung zurückgegeben habe und die Krankenkasse keine weiteren Leistungen habe erbringen wollen. Dies impliziert allerdings, dass ein entsprechender Leidensdruck der zu einer entsprechenden Behandlung führen würde, wohl nicht bestanden haben dürfte. Die letzte psychosomatische Behandlung war im Jahr 2005 gewesen, die durchaus zu deutlichen Besserungen im Gesamtbefinden des Klägers geführt hat. Eine stationäre Behandlung in der Bezirksklinik R. im Jahr 2009 war nicht aufgrund der persönlichen Situation des Klägers erforderlich gewesen, sondern wegen eines Konflikts mit der Tochter wegen ihrer sexuellen Entwicklung. In diesem Zusammenhang sei eine eher expansiv-aggressive Reaktion des Klägers dokumentiert. Zum damaligen Zeitpunkt sei explizit darauf hingewiesen worden, dass eine antidepressive Behandlung schon 1 Jahr zuvor beendet worden sei. Es sei offensichtlich auch zu keinerlei therapeutischen Kontakten gekommen. Ebenso explizit sei zum Entlassungszeitpunkt die Stimmung als schwingungsfähig und affektiv stabil beschrieben worden. Besonders bemerkenswert sei auch der Sachverhalt, dass damals das Fehlen von Ängsten dokumentiert wurde, auch im Zusammenhang mit dem Kraftverkehr. Dieser Sachverhalt sei insbesondere im Hinblick auf die mehrfach gestellte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung von Bedeutung. Angesichts des zweifellos schweren Unfalls, den der Kläger erlitten habe, sei im Grunde bis zuletzt von Seiten verschiedener Behandler die Diagnose einer posttraumatischen Störung aufrecht erhalten worden. Diese Diagnose sei nicht nur bezweifeln, sondern auch explizit zurückzuweisen. Wie 2009 von Seiten der Bezirksklinik R. nachvollziehbar beschrieben und auch von Dr. L. in seinem Gutachten von Oktober 2011 bestätigt, liege eine posttraumatische Belastungsstörung sicherlich nicht vor. Diese Diagnose sei auch aufgrund der aktuellen Befunde zu verneinen. Die für diese Diagnose typische Kernsymptomatik von Angstzuständen, selbstständig auftretenden intrusiven Erlebnissen und Flashback-Erlebnissen und insbesondere ein damit einhergehendes relevantes Vermeidungsverhalten lägen nicht vor. Dieser Sachverhalt relativiere durchaus Einschätzungen, die von Seiten der Behandler vorgelegt würden. Ein zentraler Punkt bei der sehr lückenhaften und inkonsequent erscheinenden Behandlung betreffe darüber hinaus auch die psychopharmakologische Behandlung. Wie dargestellt, sei im Jahr 2009 explizit das Fehlen einer antidepressiven Medikation über einen längeren Zeitraum dokumentiert worden. Im Rahmen der Begutachtung durch Dr. M. im Juni 2010 sei zwar die erneute Verordnung des Medikamentes Amitriptylin angegeben worden. Das Medikament habe jedoch im Urin nicht nachgewiesen werden können und es resultierten bereits hieraus erhebliche Zweifel an der Einnahme. Vergleichbares gelte auch für die aktuelle Untersuchung. Der Kläger habe die aktuelle und regelmäßige Einnahme der antidepressiv wirkenden Medikamente Citalopram und Mirtazapin angegeben. Das Medikament Mirtazapin liege sicherlich eher im niedrig dosierten Bereich. Für Citalopram sei mit 40 mg durchaus eine höhere Dosierung angegeben. Auffällig sei gewesen, dass der Kläger erst dann angegeben hätte, das Medikament Mirtazapin am Vorabend nicht eingenommen zu haben, nachdem er auf eine Medikamentenspiegelkontrolle aufmerksam gemacht worden sei. Der Medikamentenspiegel selbst erbringe zwar den Nachweis beider Medikamente und insoweit belege sich hieraus die Einnahme. Allerdings befänden sich beide Medikamente deutlich außerhalb des sog. Referenz- und Entscheidungsbereiches. Es ergäben sich durchaus Zweifel an der Regelmäßigkeit der Einnahme. Falls der klinische Ausprägungsgrad oder der Leidensdruck derart schwer wäre wie vom Kläger und seinen behandelnden Ärzten und Therapeuten geschildert, hätte dies zwangsläufig zur Folge, dass durch eine Änderung der Medikation, insbesondere eine deutliche Höherdosierung die Behandlung zu intensivieren wäre. Dieser Verzicht auf eine konsequente Fortführung und Anpassung der Therapie an den klinischen Befund lasse ganz erhebliche Zweifel am Ausprägungsgrad und am Leidensdruck aufkommen. Diese Zweifel ergäben sich auch aus gewissen Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen der Begutachtung. Schon Frau Dr. M. habe auf gewisse Diskrepanzen im Eindruck, den der Kläger bei ihr hinterlassen habe, hingewiesen. Vergleichbares zeige sich auch bei der aktuellen Untersuchung. Während im Rahmen der Exploration ein eher depressives Zustandsbild zur Darstellung gekommen sei, habe sich der Kläger am Ende der Untersuchung deutlich lebhafter gezeigt, insbesondere im Zusammenhang mit dem Thema Autofahren habe sich ein lebhafter und auch kämpferischer Affekt gezeigt. Bei kritischer Gesamtbeurteilung sei nach wie vor davon auszugehen, dass trotz einer im Kern vorhandenen depressiven Störung nach wie vor das Vermögen bestehe, zumindest Zustands angemessene Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Im Bericht des Jobcenters sei zwar eine verminderte psycho-physische Belastbarkeit zur Darstellung gekommen. Zu bedenken sei allerdings, dass sich während der Maßnahme der Herzinfarkt ereignet habe. Eine Reduzierung der Leistungsfähigkeit in diesem Zeitraum sei durchaus nachvollziehbar. Hinweise für hirnorganisch bedingte kognitive Defizite hätten sich nicht ergeben, ebenso wenig für erhebliche kognitive Defizite im Rahmen eines schweren depressiven Syndroms. Bemerkenswert sei auch der Bericht des Jobcenters über die Fähigkeit des Klägers, sich im Rahmen der Maßnahme eine Vertrauensbasis aufzubauen und den Kontakt auch nach dem Infarkt aufrecht zu erhalten. Dies spreche eindeutig gegen ein erhebliches depressives Vermeidungs- und Rückzugsverhalten.

Diese Einschätzung des Sachverständigen Dr. C. findet auch in den Akten eine entsprechende Stütze. Schon Dr. M. hatte in ihrem Gutachten vom 07.06.2010 eine Besserung der psychischen und neurologischen Einschränkungen des Klägers festgestellt. Der Kläger habe sich mit seinem Vater versöhnt, die Schwindelsymptomatik bestehe nicht mehr, es bestehe auch keine Gangunsicherheit mehr. Die Psychopharmaka seien nicht mehr erforderlich. Gleichzeitig hat sie Zweifel an der Einnahme der Medikation geäußert und eine Verdeutlichungstendenz des Klägers beschrieben, der seine Aussagen je nach Fragestellung variiert habe. Es habe sich eine deutliche Diskrepanz zum Verhalten des Klägers während der Untersuchung und danach gezeigt, als er mit raschen Schritten und schwungvoll die Begutachtungsstelle verlassen habe. Der gerichtliche Sachverständige Dr. L. hat gegenüber dem SG auch nur eine leicht ausgeprägte depressive Störung feststellen können, die nicht leitliniengerecht behandelt werde. Unter Optimierung der antidepressiven Therapie sei eine Besserung zu erwarten. Eine posttraumatische Belastungsstörung liege sicherlich nicht vor. Des Weiteren ist der ausführlichen Stellungnahme des behandelnden Nervenarztes Dr. H. vom 04.12.2012 zu entnehmen, dass keine engmaschige Behandlung des Klägers auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet stattgefunden hat. Dr. H. hat die nervenärztliche Behandlung von Dr. K. übernommen. Er beschreibt, dass sich der Kläger von Dr. K. nicht verstanden bzw. angenommen gefühlt habe. Er habe die verordneten Medikamente nicht vertragen, habe aber dort keine Hilfe erhalten. Nach der Behandlungsübernahme habe ein Wechsel der Medikation kurzfristig zu einer Besserung der Symptomatik geführt und werde deshalb fortgeführt. Dr. H. geht vom Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung aus, die durch die Verpflichtung des Klägers zur Versorgung seiner Tochter aufrecht erhalten werde. Er werde tagtäglich so mit seinem Schicksalsschlag konfrontiert, so dass sich eine Besserung nicht einzustellen vermöge. Diese Einschätzung deckt sich nicht mit den Feststellungen und Wertungen der Sachverständigen Dr. L., Dr. C. und G., die übereinstimmend das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung mit nachvollziehbarer Begründung verneinen. Gleichzeitig ist dabei festzuhalten, dass der Kläger hierzu auch bei verschiedenen Gelegenheiten unterschiedliche, widersprüchliche Angaben gemacht hat. Einerseits muss er die Tochter versorgen und wird durch diese Aufgabe und deren Anblick in seiner psychischen Verfassung fortgesetzt belastet. Andererseits gibt er an, selbst nichts mehr tun zu können, nur im Bett zu liegen oder herumzusitzen und auch nicht mehr aus dem Haus zu gehen. Aufräumen, putzen, waschen, kochen und einkaufen erledige die Tochter. Wiederum abweichend hiervon wird mehrfach angegeben, dass die Tochter gar nicht bei ihm, sondern bei Verwandten wohnt. Der Kläger war in der Lage, an einer beruflichen Integrationsmaßnahme an der VHS S. ("BISS") teilzunehmen. In dem Bericht ist festgehalten, dass der Kläger vom 02.04.2012 bis 31.01.2013 an dieser Maßnahme teilnehmen sollte, dass dann aber durch den erlittenen Herzinfarkt die Maßnahme nicht fortgeführt werden konnte. Hier weist der Sachverständige Dr. C. zutreffend darauf hin, dass diese Verhaltensweise, das Kontakthalten auch nach erlittener Erkrankung und Abbruch der Maßnahme mit einer schweren depressiven Symptomatik sicherlich nicht vereinbar wäre. Aus dem Bericht des psychologischen Psychotherapeuten T. lässt sich entnehmen, dass der Kläger nur gelegentlich Kontakt zu der psychologischen Beratungsstelle des Diakonischen Werkes S.-W. gesucht hat, in erster Linie um Probleme mit der Tochter anzugehen. Gesprochen wird von einer Chronifizierung, die durch entsprechende Behandlung allenfalls gelindert werden könne. Ein schwerer Leidensdruck, der zu einer entsprechend intensiven Behandlung führen müsste, lässt sich den Berichten aber nicht entnehmen. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger seit 2009 geringfügig bei einer Pizzeria als Fahrer beschäftigt war und diese Tätigkeit nach dem Bericht des Dipl.Soz. D. H. infolge des Herzinfarktes im Jahr 2012 habe beenden müssen. Der Umstand, dass der Kläger als Fahrer in einer Pizzeria, wenn auch nur geringfügig, arbeitet, lässt erkennen, dass die Einschätzung von Dr. C. hinsichtlich des posttraumatischen Belastungssyndroms nicht in Frage zu stellen sein dürfte. Ein Vermeidungsverhalten bei dem durchlebten schweren Verkehrsunfall würde sich sicherlich auf das Autofahren erstrecken. Der Kläger gab gegenüber dem Sachverständigen Dr. C. lediglich an, gelegentlich beim Autofahren zu erschrecken. Er fährt aber nach wie vor ohne Probleme Auto.

Auch das auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten des Sachverständigen G. kommt zu vergleichbaren Ergebnissen. Auch er sieht die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung als nicht gegeben an und er sieht den Kläger auch in der Lage, unter entsprechender eigener Willensanstrengung leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Ausdrücklich hält der Sachverständige seines Gutachtens fest, dass aus der Vorgeschichte keine anhaltende schwere depressive Episode abgeleitet werden kann, auch keine länger dauernde Phase einer rezidivierenden depressiven Episode. Die bis 2010 vorliegende diagnostische Einordnung müsse im Nachhinein so akzeptiert werden. Seither sei jedoch eine deutliche Stabilisierung mehrfach dokumentiert.

Aufgrund der vorliegenden Gutachten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zumindest seit Juni 2010 aufgrund einer wesentlichen Besserung seines Gesundheitszustandes wieder in der Lage war, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wieder im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten, wenn auch unter Beachtung der von den Sachverständigen benannten qualitativen Leistungseinschränkungen. Zudem haben die Sachverständigen auch wesentliche, nach wie vor bestehende Behandlungsoptionen aufgezeigt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Senats vermögen psychische Erkrankungen nur dann rentenrechtliche Relevanz zu entwickeln, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen ist, dass der Versicherte die psychischen Einschränkungen weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe dauerhaft überwinden kann (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89; BSG Urteil vom 29.03.2006 - B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach juris; BayLSG Urteil vom 12.10.2011 - L 19 R 738/08; BayLSG Urteil vom 30.11.2011 - L 20 R 229/08; BayLSG Urteil vom 18.01.2012 - L 20 R 979/09; BayLSG Urteil vom 15.02.2012 - L 19 R 774/06; BayLSG Urteil vom 21.03.2012 - L 19 R 35/08).

Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 10.11.2011 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.10.2011 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin aufgrund ihres Rentenantrags vom 03.04.2009 gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.

Die 1951 geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert. Eine Lehre zur Verkäuferin wurde abgebrochen. Von April 1967 bis August 1994 war die Klägerin als Näherin sozialversicherungspflichtig beschäftigt, anschließend ab Januar 1995 bis zum 20.07.2004 als Polsternäherin.

Im Jahr 2004 erlitt die Klägerin ein Carotis-Aneurysma, das operativ versorgt werden musste. Aus einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Zeit vom 20.04.2005 bis 18.05.2005 in der Rheumaklinik Bad A. wurde die Klägerin als arbeitsunfähig, jedoch mit einem mehr als 6stündigen Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen. Ihre letzte Tätigkeit als Polsternäherin im Akkord könne sie nicht mehr verrichten.

Ein erster Rentenantrag vom 16.09.2005, der wegen Beschwerden in der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie wegen des Carotis-Aneurysma gestellt worden war, führte zur Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente auf Zeit vom 01.04.2006 bis 30.09.2007. Am 19.03.2007 stellte die Klägerin einen Antrag auf Verlängerung ihrer Zeitrente, der nach Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. B. vom 16.07.2007 sowie eines internistischen Gutachtens von Dr. B. vom 04.06.2007 mit Bescheid vom 26.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2007 abgelehnt wurde. Die hiergegen zum Sozialgericht (SG) Bayreuth erhobene Klage, die unter dem Az. S 7 R 593/07 geführt wurde, wurde nach Einholung eines Terminsgutachtens von Prof. Dr. S. vom 28.10.2008 sowie nach Anhörung des Sachverständigen im Termin durch Klagerücknahme beendet.

Am 03.04.2009 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Erwerbsminderungsrente wegen einer Halbseitenlähmung, atypischen Gesichtsschmerzen, Niere, Depressionen, Bandscheibenschäden und Wirbelsäulenbeschwerden. Der Klägerin war zwischenzeitlich mit Bescheid des Versorgungsamtes Bayreuth vom 29.03.2006 ein Grad der Behinderung von 60 zuerkannt worden. Die Beklagte holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. F. ein, die am 29.05.2009 zu dem Ergebnis gelangte, dass die Klägerin zwar nicht mehr als Polsternäherin im Akkord tätig sein könne, für den allgemeinen Arbeitsmarkt jedoch noch ein mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen vorliege. Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag der Klägerin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 08.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.08.2009 ab.

Zur Begründung der hiergegen am 27.08.2009 zum SG Bayreuth erhobenen Klage hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf deren schwere gesundheitlichen Einschränkungen hingewiesen. Sie leide unter schweren depressiven Episoden, unter motorischen Einschränkungen beim Laufen und Greifen hinsichtlich der Fein- und Grobmotorik. Sie könne keine Tasse mehr halten. Ferner ergebe sich aus dem Bericht der Praxis Dr. K., dass neurologisch nach wie vor eine kompensierte Situation vorliege. Der behandelnde Facharzt für Neurologie Dr. S. halte die Klägerin ebenfalls für nicht mehr arbeitsfähig.

Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. R., Dr. D., Dr. G., Dr. K. sowie von Dipl.Med. D. beigezogen und sodann ein neurologisch-psychiatrisches Terminsgutachten von Dr. R. eingeholt. Diese ist am 11.08.2010 zu folgenden Diagnosen gelangt:

1. Leichte bis mittelgradige Einschränkungen der BWS und LWS nach zweimaliger Bandscheiben-OP mit anhaltender Schmerzsymptomatik, diskrete Fußheberschwäche rechts und genannten anhaltenden Gefühlsstörungen ohne schwere Störungen der Abrollfunktion.

2. Bewegungsschmerz der HWS ohne nennenswerte funktionelle Einschränkung bei bildgebend dargestelltem Bandscheibenvorfall HWK 5/6.

3. Chronisch wiederkehrender Erschöpfungszustand mit depressiver Verstimmung, Somatisierungsstörung.

4. Halbseitenschwäche rechts nach Ausschaltung eines Gefäßaneurysmas der linken Halsschlagader.

Trotz der genannten gesundheitlichen Einschränkungen sei die Klägerin noch mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig. Zu vermeiden seien taktgebundene Arbeiten, ständig hoher Zeitdruck, Nachtschicht, andauernde Zwangshaltungen, häufige Überkopfarbeit, häufiges Bücken, Klettern und Steigen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, Hocken und Knien, langanhaltende Vibrationen und Erschütterungen, Tätigkeiten mit hoher Anforderung an Konzentration und rasches Reaktionsvermögen. Die Klägerin sei für körperlich leichte, gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch einsetzbar, die Wegefähigkeit sei gegeben. Als neue Erkrankung war ein Bandscheibenvorfall im Bereich HWK 5/6 festgehalten.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG - hat das SG sodann ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. M. vom Bezirksklinikum O. eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 03.02.2011 zu folgenden Diagnosen gelangt:

1. Ausgeprägtes hirnorganisches Psychosyndrom.

2. Mittelschwere depressive Episode.

3. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen.

Die Klägerin könne aufgrund dieser gesundheitlichen Einschränkungen nur noch unter dreistündig täglich tätig werden. Es bestünden ausgeprägte qualitative Veränderungen der Erwerbsfähigkeit bezüglich der psychischen Belastbarkeit, der Umstellungsfähigkeit, der Fähigkeiten neue Arbeitsabläufe zu erlernen, der absoluten Unfähigkeit zur Wahrnehmung von Kontroll- und Steuerungsfunktionen, aber eben auch im emotionalen Bereich (Arbeitsumgebung), bezüglich Integration in Arbeitsabläufe für Teams und hierarchische Systeme. Ferner bestünden auch Einschränkungen in quantitativer Hinsicht aufgrund der emotionalen (depressiven) und kognitiven ausgeprägten Beeinträchtigung. Die Klägerin sei auch nicht mehr wegefähig, auch nicht als Fußgängerin, da mit einer massiv erhöhten störungsbedingten Unfallgefahr zu rechnen sei. Eine Fahrtauglichkeit im engeren Sinn bestehe bei ihr nicht mehr. Im Gutachten vom 11.08.2010 (Dr. R.) seien 2 Diagnosen aus dem psychiatrischen Bereich nicht aufgeführt, die jedoch entscheidend seien, nämlich die mittelschwere depressive Episode und das ausgeprägte hirnorganische Psychosyndrom.

Des Weiteren wurde ein psychologisches Zusatzgutachten von Dipl. Psych. M. erstellt, der am 20.01.2011 zu dem Ergebnis gelangte, dass das psychometrisch erfasste aktuelle Persönlichkeitsprofil der Klägerin besonders in den Bereichen „Lebenszufriedenheit“, „körperliche Beschwerden“ und „Extraversion“ sehr deutlich von der Norm abweiche. Im Vordergrund stehe eine sehr deutlich reduzierte allgemeine Lebenszufriedenheit mit depressiven Gedankeninhalten und geringer Zuversicht. Weiterhin bestünden zahlreiche körperliche Allgemeinbeschwerden und psychovegetative Beschwerden. Es finde sich eine starke Introvertiertheit mit geringer Energie und geringem Geselligkeitsbedürfnis. In Kombination dazu zeige sich eine geringgradige Belastbarkeit im Alltag, ein reduziertes Selbstwertgefühl mit Unsicherheiten, eine emotionale Labilität und eine reduzierte Leistungsfähigkeit. Insgesamt sei festzustellen, dass die Klägerin über eine leichte überdurchschnittliche soziale Orientierung verfüge. Es gäbe keine Hinweise auf hypochondrische Neigungen. Insgesamt sei vom Vorliegen eines mittelgradigen bis schweren depressiven Syndroms auszugehen.

In einer prüfärztlichen Stellung von Dr. F. vom 04.03.2011 wies diese darauf hin, dass bei der Klägerin bislang auch aus den ärztlichen Befund- und Klinikberichten lediglich Depressionen und leichte hirnorganische Beeinträchtigungen zu entnehmen seien, die zu qualitativen Leistungseinschränkungen führten. Die von Prof. Dr. M. festgestellten schwerwiegenden hirnorganischen Einschränkungen seien bislang nicht feststellbar gewesen.

Das SG holte daraufhin ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten nach § 106 SGG von Dr. O. ein, die am 13.05.2011 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

1. Dysthymia mit Somatisierungsneigung.

2. Zustand nach Coiling eines Aneurysma der Arteria carotis interna am Mediaabgang links.

3. Allenfalls sehr leichtgradige kognitive Störung.

4. Zustand nach Bandscheibenoperation im unteren Lendenwirbelsäulenbereich ohne gravierende motorische Ausfallserscheinungen und ohne Anhalt für akuten Wurzelkontakt mit allenfalls geringgradigen sensiblen Ausfällen etwa entsprechend der Wurzel L5.

5. Leichtgradiges sensibles Carpaltunnelsyndrom beidseits.

6. Vorbeschriebene Schwerhörigkeit beidseits.

Die Klägerin könne trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens 6 Stunden täglich tätig sein. Sie könne noch leichte körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Zwangshaltungen, ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne häufiges Bücken und ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg ohne Hilfsmittel ausüben. Nicht zumutbar seien Arbeiten in lärmbelasteter Umgebung, Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und besonderer Verantwortung für Personen und Maschinen sowie an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen. Arbeiten unter Zeitdruck, geistig anspruchsvollere Tätigkeiten oder Schichtarbeiten seien nicht leidensgerecht. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei gegeben. Die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten der depressiven Erkrankung seien nicht ausgeschöpft.

Mit Schriftsatz vom 30.06.2011 wies die Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf ihrer Meinung nach erheblichen Mängel im Gutachten von Dr. O. hin und beantragte die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. M. durch das SG. Das SG holte daraufhin noch eine ergänzende Stellungnahme von Dr. O. ein, die am 11.07.2011 bei ihrer getroffenen Leistungseinschätzung verblieben ist.

Mit Schriftsatz vom 27.07.2011 teilte die Beklagte mit, dass der Klägerin mit Bescheid vom 25.07.2011 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01.10.2011 bewilligt worden sei.

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage am 20.09.2011 und Gewährung rechtlichen Gehörs hat das SG sodann mit Gerichtsbescheid vom 25.10.2011 die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente stehe der Klägerin nicht zu, sie sei trotz der festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage, noch mindestens 6 Stunden täglich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Dies ergebe sich in erster Linie aus dem eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. O., die nur ein leichtes kognitives Defizit sowie leichte Depressionen der Klägerin festgestellt habe. Dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. M. werde nicht gefolgt. Eine Erhebung der Tagestruktur der Klägerin fehle in diesem Gutachten. In der von Dr. O. durchgeführten ausführlichen Anamnese bezüglich der Tagesgestaltung habe sich kein Anhalt dafür ergeben, dass die Klägerin mit der Führung ihres Haushalts überfordert sei. Sie sei in alltagspraktischen Belangen sehr gut informiert und orientiert, könne auch Daten und Fakten relativ rasch reproduzieren. Somit könne allenfalls eine sehr geringe kognitive Leistungseinschränkung vermutet werden. Ein aufgehobenes Leistungsvermögen lasse sich aus den neuro-psychiatrischen Befunden sicherlich nicht ableiten. Die Einschätzung von Dr. O. sei aufgrund der beigezogenen Befunde überzeugend und nachvollziehbar und fände ihre Bestätigung durch die Beurteilungen von Frau Dr. F. im Verwaltungsverfahren und Frau Dr. R. im Klageverfahren.

Zur Begründung der hiergegen am 23.11.2011 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt die Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor, dass das SG entsprechend ihrem Antrag vom 30.06.2011 das Gutachten von Dr. O. Herrn Prof. Dr. M. zur ergänzenden Stellungnahme hätte vorlegen müssen. Dies sei unterblieben. Prof. Dr. M. habe ein ausgeprägtes hirnorganisches Psychosyndrom der Klägerin und mittelschwere bis schwere depressive Episoden bestätigt und ein unter 3-stündiges Leistungsvermögen angenommen. Dies sähen die behandelnden Ärzte der Klägerin ebenso. Die Klägerin beziehe zwar Altersrente seit 01.10.2011, habe aber hiergegen Widerspruch eingelegt, so dass die Regelung des § 34 Abs. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) einer Entscheidung nicht im Wege stehe.

Der Senat hat einen Befundbericht des Klinikums B-Stadt vom 10.08.2012 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin in der Zeit vom 19.05.2012 bis 23.05.2012 wegen eines Taubheitsgefühls der rechten Gesichtshälfte und einem Multiinfarktsyndrom beigezogen. Ferner wurden Befundberichte von Dr. D., Dr. R. und Dipl. Med. D. eingeholt.

Mit Schreiben vom 01.09.2014 hat der Senat darauf hingewiesen, dass der eingelegte Widerspruch hinsichtlich der Altersrente nicht ausreiche, um die Frage der Erwerbsfähigkeit bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung prüfen zu können. Es werde um Mitteilung gebeten, ob angesichts des Umstands des Bezugs der Altersrente ab 01.10.2011 und der gegebenen Gutachtenslage die Berufung weiterhin aufrechterhalten werde. Mit Schriftsatz vom 02.10.2014 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass die schwere Krebserkrankung, unter der die Klägerin seit Herbst 2013 leide, wohl keine Berücksichtigung finden könne. Sie kämpfe jedoch um die Vergangenheit bis zum Tag des Bezuges der Altersrente.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.10.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auf ihren Antrag vom 03.04.2009 hin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum 30.09.2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.10.2011 zurückzuweisen.

Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten, die Akten des Klageverfahrens S 7 R 593/07 des SG Bayreuth sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 25.10.2011 die Klage gegen den Bescheid vom 08.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2009 als unbegründet abgewiesen. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin war bis zum Eintritt des Altersrentenbezuges am 01.10.2011 nicht in einem rentenrechtlich relevanten quantitativen Ausmaß gemindert.

Vorab ist festzuhalten, dass die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 25.07.2011 ab dem 01.10.2011 Altersrente für schwerbehinderte Menschen zuerkannt hat. Die Klägerin bezieht nach Angaben ihrer Prozessbevollmächtigten tatsächlich seit dem 01.10.2011 laufend die monatliche Rente in Höhe von 1.004,12 €. Gemäß § 34 Abs. 4 SGB VI ist ein Wechsel in eine Erwerbsminderungsrente nach Beginn des Bezuges der Altersrente nicht mehr möglich (vgl. Urteil BayLSG vom 16.10.2013, Az. L 19 R 935/12; Urteil BayLSG vom 20.07.2011, Az. L 20 R 259/11; Urteil vom 17.08.2011, Az. L 20 R 548/10). Der für die Beurteilung des Eintritts eines Leistungsfalles der Erwerbsminderung relevante Zeitraum umfasst deshalb nur die Zeit von Rentenantragstellung, dem 03.04.2009, bis zum Beginn (und tatsächlichem Bezug) der Altersrente am 01.10.2011. Wesentliche Veränderungen im Gesundheitszustand der Klägerin, die nach September 2011 erstmals aufgetreten sind, können deshalb nicht mehr berücksichtigt werden, somit auch nicht die im Herbst 2013 offenbar aufgetretene schwere Krebserkrankung der Klägerin sowie der stationäre Aufenthalt der Klägerin im Klinikum B-Stadt im Mai 2012 wegen atypischer Gesichtslähmungen und einem „Multiinfarktsyndrom“.

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

In dem hier relevanten Zeitraum vom 03.04.2009 bis 30.09.2011 ist nach Überzeugung des Senats das Leistungsvermögen der Klägerin für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zwar qualitativ, nicht jedoch quantitativ eingeschränkt. Der Senat stützt seine Überzeugung auf die eingeholten Gutachten von Dr. F., Dr. R. und Dr. O. Dr. F. hatte am 29.05.2009 noch ein mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen gesehen. Es liege keine dauerhafte quantitative Leistungsminderung vor, sondern nur vorübergehende, immer wiederkehrende depressive Störungen, z. Zt. leicht- bis mittelgradig; zusätzlich wurde eine Somatisierungsstörung sowie ein chronisches Wirbelsäulensyndrom beschrieben. Im sozialgerichtlichen Verfahren kam zunächst Frau Dr. R. am 11.08.2010 ebenfalls zu einem mindestens 6-stündigen Leistungsvermögen der Klägerin für den allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen bei wiederkehrenden Erschöpfungszuständen mit depressiver Verstimmung, Somatisierungsstörung. Sie wies darauf hin, dass auch die behandelnden Ärzte der Klägerin, Dipl. Med. D. und Dr. S. eine schwerwiegende Depression der Klägerin verneint hätten. Frau Dr. O. sah in ihrem Sachverständigengutachten vom 13.05.2011 sogar nur eine Dysthymie mit Somatisierungsneigung sowie allenfalls sehr leichtgradige kognitive Störungen. Demgegenüber kam allein der auf Antrag der Klägerin eingesetzte Sachverständige Prof. Dr. M. im Gutachten vom 03.02.2011 sowie Dipl. Psych. M. in dem psychologischen Zusatzgutachten vom 20.01.2011 zu einem unter dreistündigen Leistungsvermögen der Klägerin und verneinte sogar die Wegefähigkeit der Klägerin sowohl hinsichtlich ihrer Eignung zur Führung eines Kfz, aber auch als Fußgängerin. Zur Begründung hat Prof. Dr. M. ausgeführt, dass Frau Dr. R. zwei entscheidende Diagnosen übersehen habe, nämlich dass die Klägerin unter einer mittelschweren depressiven Episode leide und ein ausgeprägtes hirnorganisches Psychosyndrom vorliege. Sie habe durch die OP im Jahr 2004 eine dauerhafte Hirnschädigung erlitten, die nicht rechtzeitig rehabilitativ behandelt worden sei. Die fehlende rehabilitative Behandlung habe binnen 2 Jahren zu dauerhaften kognitiven Schädigungen geführt.

Das SG hat bereits in seinem Gerichtsbescheid vom 25.10.2011 zutreffend darauf hingewiesen, dass Frau Dr. O. im Rahmen ihrer Begutachtung der Klägerin eine Verdeutlichungstendenz sowie eine bewusste Verfälschung wahrgenommen hat. Bei der kognitiven Testung wurde ein sehr hoher Wert für die depressive Erkrankung gefunden, der von der Sachverständigen jedoch als in deutlichem Widerspruch zum klinischen Befund und zu dem geschilderten Tagesablauf der Klägerin stehend gesehen wurde.

Für den Senat erscheint die von Prof. Dr. M. festgestellte massive Einschränkung der Klägerin in Form eines schweren hirnorganischen Psychosyndroms nicht nachvollziehbar. Dieser Befund wird von den behandelnden Ärzten der Klägerin nicht beschrieben, vielmehr findet sich in den Akten seit vielen Jahren, auch bereits in einem Reha-Entlassungsbericht von Februar 1977, ein stets wiederkehrender Erschöpfungszustand und eine depressive Verstimmtheit wohl wegen Überforderung der Klägerin mit beruflichen und familiären Belastungen und Verantwortung. Die Operation des im Jahr 2004 erlittenen Carotis-Aneurysmas verlief laut OP-Bericht komplikationslos, es zeigte sich ein unkomplizierter Heilungsverlauf. Aus neurologischer Sicht konnte laut Bericht Dr. K. ein kompensierter neurologischer Zustand erreicht werden. Die von der Klägerin im Anschluss mit zeitlicher Unterbrechung geschilderten Empfindungsstörungen am rechten Unterarm, den Fingern rechts und schließlich auch in der rechten Gesichtshälfte konnten trotz intensiver Abklärung keinen neurologischen Erkrankungen zugeordnet werden. Im Reha-Entlassungsbericht der Klinik Bad A. vom 27.05.2005 konnten weder eine kognitive Beeinträchtigung noch eine relevante Depression dokumentiert werden. Zu beachten ist ferner, dass Prof. Dr. M. nach seiner Begründung spätestens Anfang des Jahres 2007 von massiven und dauerhaften Hirnleistungsstörungen der Klägerin ausgehen müsste. Diese konnten aber in dem Verfahren über den Antrag vom 19.03.2007 auf Weitergewährung der Zeitrente von den dortigen Sachverständigen Dr. B., Dr. B. und Prof. Dr. S. nicht festgestellt werden. Vielmehr wurde nur eine zunehmend dringliche Behandlungsbedürftigkeit der sich entwickelnden Depression bei vorbestehendem bekanntem rezidivierendem Erschöpfungssyndrom.

Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit der Klägerin im Alltag lässt sich zur Überzeugung des Senats aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen ebenso wenig ableiten wie aus den eigenen Schilderungen der Klägerin über ihren Tagesablauf, ihre Hobbies und ihre sozialen Kontakte. Die Klägerin bewohnt ihr Eigenheim (Einfamilienhaus), ist in der Lage ihren Haushalt im Wesentlichen selbst zu verrichten, einkaufen zu gehen, sie fährt im Nahbereich noch Auto, obwohl ihr Prof. Dr. M. infolge der vermeintlich massiven kognitiven Einschränkungen die „Fahrtüchtigkeit im engeren Sinn“ und sogar die Wegefähigkeit als Fußgängerin abgeschrieben hat. Sie beschäftigt sich mit Stricken, strickt für die Männer der Familie zahlreiche Socken. Gleichzeitig gibt die Klägerin jedoch an, dass sie ihre gesamte rechte Körperhälfte nicht mehr im Griff habe und Gegenstände willentlich festhalten müsse, damit sie ihr nicht aus der Hand fielen. Fraglich ist dann aber, wie sie mit einer solchen deutlichen Einschränkung, nämlich einem Ausfall der rechten Körperhälfte, in der Lage sein kann, eine feinmotorisch erheblich anspruchsvolle Tätigkeit des Sockenstrickens zu verrichten, die auch kognitiv planend und konzentriert verrichtet werden muss, was bei Vorliegen eines derart massiven hirnorganischen Psychosyndroms - wie von Prof. Dr. M. beschrieben - sicherlich nur sehr schwer möglich sein dürfte. Die Klägerin ist auch in der Lage ihre Enkelkinder über mehrere Stunden zu betreuen. In ihr Haus (das sie nicht verkaufen will und weshalb sie keine Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erhält) ist ein Neffe mit eingezogen, mit der Begründung, dass sie jemanden habe, auf den sie aufpassen müsse und dass jemand da sei, der auch nach ihr schaue. Der Neffe helfe auch bei der Gartenarbeit, was wiederum bedeutet, dass die Klägerin diese auch noch verrichtet und auch verrichten kann. Die Klägerin gibt an, dass sie noch einen Freundeskreis habe und die Kontakte auch noch pflege.

Wesentlich ist für den Senat aber vor allem, dass in mehreren Gutachten, selbst im Gutachten von Prof. Dr. M., festgehalten ist, dass die Klägerin bestehende Behandlungsoptionen ihrer psychischen Erkrankung nicht wahrgenommen hat und die verordnete Medikation wohl nicht ausreichend ist, um die psychische Befindlichkeit der Klägerin ausreichend zu stabilisieren. Bereits in dem im Verfahren S 7 R 593/07 eingeholten Terminsgutachten von Prof. Dr. S. vom 28.10.2008 hatte dieser dringend eine Psychotherapie der Klägerin angemahnt. Prof. Dr. S. hatte damals darauf hingewiesen, dass sich aus den beigezogenen Befundberichten ergab, dass das Carotis-Aneurysma vollständig ausgeräumt habe werden können und insoweit organische Ursachen nicht mehr bestünden. Die Klägerin habe aber ihre Beschwerden betont klagsam vorgetragen und benötige dringend Psychotherapie. In dem der Klagebegründung hier mit überreichten Bericht der Praxis Dr. K. und Kollegen vom 14.10.2009 wurde ausgeführt, dass bei der Klägerin ein depressives Erschöpfungssyndrom vorbekannt sei, zwischenzeitlich aber eine psychiatrische Mitbehandlung der Klägerin bei Frau Dipl. Med. D., D-Stadt, erfolge, die Gesprächstherapie laufe weiter. Im Gespräch habe sich eine affektiv nivellierte Patientin mit einfacher Struktur gezeigt, Hinweise für eine schwerwiegende Depression hätten sich auch heute nicht gefunden. Die allgemeine Befindlichkeit sei reduziert, nach wie vor gelegentlich Kopfschmerzen posttraumatischer Genese. Hinweise für eine endogene Depression oder Psychose hätten sich nach wie vor nicht gefunden. Neurologisch liege nach wie vor eine kompensierte Situation vor. Die im Befundbericht der Dipl. Med. D. vom 01.07.2010 mitgeteilten Behandlungstermine waren allerdings nicht engmaschig, sondern in weitem Abstand. Es wurde am 31.05.2010 ein stützendes psychiatrisches Gespräch durchgeführt und die Medikation auf Doxepin 50 mg abends umgestellt. Zuvor war die Klägerin von der Psychosomatischen Klinik Bad N. mit Mirtazapin 15 mg einmal täglich rezeptiert worden, obwohl diese als Entlassungsdiagnose im Mai 2009 eine schwere depressive Episode feststellte. Während des Aufenthalts in der Neurologischen Klinik Bad N. im Mai 2009 wurde trotz der von der Klägerin geschildeten massiven Gefühlsstörungen der rechten Gesichts-/Körperhälfte ein unauffälliger neurologischer Befund festgestellt. Die Neurologische Klinik hielt eine Somatisierungsstörung für möglich, sozialmedizinische Einflussfaktoren seien zu berücksichtigen. Aus der Psychosomatischen Klinik Bad N., in die die Klägerin anschließend wieder überstellt wurde, wurde diese als arbeitsunfähig entlassen, unter Berücksichtigung der aktuellen sozialmedizinischen Einflussfaktoren sowie der weiterhin bestehenden depressiv-disphorischen Symptomatik mit derzeit fehlenden „Cobbing“-Strategien seitens der Klägerin. In dem Bericht der psychosomatischen Klinik Bad N. vom 02.07.2009 an den behandelnden Facharzt für Psychotherapie W. D. ist festgehalten, dass sich die Klägerin wegen einer mittelgradigen depressiven Episode in die Behandlung begeben hatte. Auslöser sei eine Gerichtsverhandlung Ende Oktober 2008 über ihren Widerspruch gegen die Aberkennung der Erwerbsunfähigkeitsberentung gewesen. Die Untersuchung durch den gerichtlich bestellten Gutachter sei eine große Kränkung gewesen. Die Aberkennung der Erwerbsunfähigkeit belaste sie stark, da sie jetzt finanziell auf die Unterstützung der Kinder angewiesen sei und keine Perspektiven für die Zukunft habe. Die Aneurysma-OP im September 2004 sei ein belastendes Ereignis gewesen, ebenso die Ehescheidung im Jahr 2001 mit heftigen Konflikten mit dem Ehemann vorausgehend. Die Symptomatik der Klägerin sei ausgelöst worden im Rahmen einer Bilanzkrise vor dem Hintergrund der oben beschriebenen psychosozialen und körperlichen Belastungsfaktoren. Auch diese Beschreibung der psychosomatischen Klinik spricht für eine Reihe von wiederkehrenden depressiven Episoden unterschiedlichen Ausmaßes, aber gerade nicht für ein schwerwiegendes hirnorganisches Psychosyndrom mit schwerwiegenden Kognitionsstörungen.

Nach Auffassung des Senats kann aufgrund der vorliegenden ärztlichen Befunde und insbesondere dem Gutachten von Dr. O. davon ausgegangen werden, dass die Klägerin infolge der Aneurysma-OP oder nach der Operation Gefühlsstörungen erlitten haben könnte, auch wenn sich hierfür oder für größere neurologische Störungen keine somatischen Befunde finden. Die Praxis Dr. K. (Dipl. Med. D.) spricht insoweit von einer kompensierten Situation, ebenso der behandelnde Nervenarzt Dr. D. und die Klinik Bad N. Leichte Kognitionsstörungen sind nach übereinstimmender Einschätzung sämtlicher Gutachter sicherlich vorhanden, jedoch führen diese nur zu qualitativen Leistungseinschränkungen hinsichtlich der Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit der Klägerin. Frau Dr. O. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die einfach strukturierte Klägerin durchaus in der Lage ist, ihren Alltag zu bewältigen und auch praktische Erfahrungen zielsicher umzusetzen. Eine Überlagerung infolge einer depressiven Erkrankung, die nur unzureichend in der Vergangenheit behandelt wurde (sowohl psychotherapeutisch als auch medikamentös) liegt sicherlich vor, aber das Ausmaß dieser depressiven Erkrankung ist wohl zweifelhaft. Frau Dr. O. hat zu Recht darauf hingewiesen, dass im Gutachten von Prof. Dr. M. und der psychologischen Zusatzbegutachtung von Herrn M. der Widerspruch zwischen dem erreichten Wert in der BDI-Testung (Wert 23) mit dem tatsächlichen Erscheinungsbild der Klägerin nicht aufgelöst wurde und dass die Klägerin bei Dr. O. selbst einen deutlich höheren Wert (46) erzielt hat, der in keiner Weise mit dem klinischen Erscheinungsbild der Klägerin in Einklang zu bringen war. Zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin in dem hier streitigen Zeitraum eine intensive, leitliniengerechte Therapie ihrer psychischen Erkrankung nicht hat durchführen lassen, u. a. mit der Begründung, dass die Krankenkasse die Behandlung in größerem Umfang nicht übernehme. Im Jahr 2012 fanden deshalb überhaupt keine Behandlungen auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet statt, was ebenfalls gegen einen hohen Leidensdruck bei der Klägerin spricht. Solange aber Behandlungsmethoden (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) noch bestehen und nach Lage der ärztlichen Befundberichte und Sachverständigengutachten davon auszugehen ist, dass der Versicherte hierdurch in absehbarer Zeit durch zumutbare eigene Willensanstrengung oder mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe seine psychische Krankheit überwinden kann, kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Senats ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente noch nicht in Betracht (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89; BSG Urteil vom 29.03.2006 - B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach juris; BayLSG Urteil vom 12.10.2011 - L 19 R 738/08; BayLSG Urteil vom 30.11.2011 - L 20 R 229/08; BayLSG Urteil vom 18.01.2012 - L 20 R 979/09; BayLSG Urteil vom 15.02.2012 - L 19 R 774/06; BayLSG Urteil vom 21.03.2012 - L 19 R 35/08).

Soweit die Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hinweist, dass das SG zwingend eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. M. einzuholen gehabt hätte, nachdem das Gutachten von Dr. O. auf Widersprüchlichkeiten in seinem Gutachten hingewiesen hat, ist dem nicht zu folgen. Das SG hat sich in seinem Gerichtsbescheid unter Berücksichtigung sämtlicher Vorgutachten und Befundberichte, die von ihm eingeholt worden waren, mit der Frage auseinandergesetzt, ob und inwieweit dem Gutachten von Prof. Dr. M. gefolgt werden kann. Eine Verpflichtung zur Einholung einer weiteren ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. M. musste sich dem SG nicht aufdrängen.

Auch die vom Senat beigezogenen Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin haben keine Anhaltspunkte für eine abweichende Einschätzung ergeben. Insoweit sah sich der Senat nicht veranlasst, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen, insbesondere im Hinblick auf den eingeschränkten Prüfungszeitraum. Ein weiterer Antrag nach § 109 SGG wurde von der Klägerin nicht gestellt.

Nach alledem war die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 25.10.2011 als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.