Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Witwenrente aus der Versicherung des 1963 geborenen und am 05.06.2014 verstorbenen M. P. hat.
Nach Angaben der 1972 geborenen Klägerin lebten der Versicherte und sie seit 1994 in einer gemeinsamen Wohnung in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beim Versicherten wurde im Januar 2011 ein Harnblasentumor diagnostiziert und zunächst erfolgreich behandelt. Nach einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme im Mai 2011 wurde der Versicherte wieder in das Arbeitsleben eingegliedert und nahm ab Mitte Oktober 2011 seine frühere berufliche Tätigkeit als Qualitätsprüfer wieder in Vollzeit auf. Ab dem Frühjahr 2012 traten Komplikationen in Form von Harnstoffstauungen auf, die weitere Behandlungen erforderlich machten. Dabei wurde in einem CT-Befund vom 08.03.2013 ein Tumorrezidiv festgestellt, das schon benachbarte Regionen ergriffen hatte. Zwei nachfolgende Chemotherapiezyklen wurden bereits als palliative Behandlung eingestuft. Nach einem operativen Eingriff erfolgte bis zum 10.07.2013 eine Anschlussheilbehandlung in der S-Klinik Bad B.. Im dortigen Entlassungsbericht vom 05.08.2013 wurde festgestellt, dass bei deutlich infauster Prognose mittel- bis langfristig Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert nicht mehr möglich seien. Die Beklagte bewilligte dem Versicherten daraufhin rückwirkend - beginnend ab dem 01.06.2013 - Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem am 18.01.2013 angenommenen Leistungsfall.
Wegen einer nicht passierbaren Duodenalstenose mit konsekutiver Magenentleerungsstörung bei Urothelkarzinom der Harnblase als Primärtumor und einem Rezidivtumor im Unter- und Mittelbauchbereich mit verbackenen Dünndarmschlingen erfolgte eine stationäre Behandlung vom 16.07.2013 bis zum 18.08.2013 im C.-Krankenhaus Bad M.. Auf eigenen Wunsch wurde der Versicherte am 18.08.2013 mit entsprechender parenteraler Ernährung in die häusliche Umgebung entlassen, wobei ein Termin zur stationären Wiederaufnahme für den 26.08.2013 vereinbart wurde.
Am 23.08.2013 schlossen der Versicherte und die Klägerin im Standesamt S-Stadt die Ehe.
Vom 26.08.2013 bis 03.09.2013 und vom 19.09.2013 bis 24.09.2013 erfolgten in stationärer Behandlung weitere Zyklen palliativer Chemotherapie. Stationäre Behandlungen erfolgten ferner vom 09.10.2013 bis 12.10.2013, vom 09.11.2013 bis 14.11.2013 und vom 08.05.2014 bis 19.05.2014.
Im September 2013 wurde beim Versicherten die Pflegestufe I festgestellt. Ein Antrag auf Höherstufung der Pflegestufe wurde nach Untersuchung des Versicherten durch den MDK am 28.05.2014 abgelehnt.
Am 05.06.2014 verstarb der Versicherte.
Nach unaufgeforderter Übersendung entsprechender Antragsformulare stellte die Klägerin bei der Beklagten am 30.06.2014 einen Antrag auf Hinterbliebenenrente, d.h. sog. kleine Witwenrente. Sie gab hierbei an, mit dem Versicherten am 23.08.2013 die Ehe eingegangen zu sein. Der Versicherte habe seit Juli 2013 im Rentenbezug wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestanden, wobei der Antrag auf diese Rente am 19.09.2013 gestellt worden sei. Nachdem die Ehe bis zum Versterben des Versicherten nicht mindestens ein Jahr gedauert hatte, wurden im Antrag zusätzliche Angaben gemacht: Verneint wurde dabei, dass der Versicherte plötzlich und unvermutet gestorben sei. Verneint wurde ebenfalls, dass die tödlichen Folgen der Krankheit bei Eheschließung nach ärztlicher Auffassung nicht zu erwarten gewesen seien. Bejaht wurde dagegen, dass die Heirat zur Sicherung der erforderlichen Betreuung und Pflege des ständig auf Pflege angewiesenen Ehegatten erfolgt sei und der Tod des Ehegatten bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen sei. Eine Bescheinigung des Arbeitgebers im Hinblick auf eine Arbeitszeitreduzierung wegen Pflege werde nachgereicht.
Am 01.07.2014 erstellte der Arbeitgeber der Klägerin, die Sparkasse D-Stadt eine Bestätigung, nach der die Klägerin seit 01.10.1993 Mitarbeiterin der Sparkasse sei und sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinde. Die Klägerin habe mit Schreiben vom 23.03.2011 Sonderurlaub wegen Krankheit eines nahen Angehörigen beantragt und diesen erhalten. Dies betraf die Zeiträume vom 04.04.2011 bis 04.05.2011, vom 30.05.2011 bis 23.06.2011, vom 07.03.2013 bis 18.03.2013.
Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen - insbesondere vom C.-Krankenhaus Bad M. - bei. Nach deren Durchsicht kam Frau Dr. B. vom ärztlichen Dienst der Beklagten am 16.07.2014 zum Ergebnis, dass beim Versicherten ein ausgeprägtes Lokalrezidiv der Krebserkrankung im März 2013 und ein weiteres Rezidiv im August 2013 diagnostiziert gewesen sei; zum Zeitpunkt der Eheschließung am 23.08.2013 sei der Tod des Versicherten auf absehbare Zeit zu erwarten gewesen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 23.07.2014 den Antrag auf Hinterbliebenenrente ab, da die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe und der Tod des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung absehbar gewesen sei. Es sei von einer Versorgungsehe nach § 46 Abs. 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auszugehen, da nach Prüfung der ärztlichen Unterlagen festgestellt worden sei, dass der Tod des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung am 23.08.2013 aufgrund der Folgen seiner Krebserkrankung auf absehbare Zeit zu erwarten gewesen sei.
Mit Schreiben vom 28.07.2014 legte die Klägerin gegen diesen Bescheid am 01.08.2014 Widerspruch ein. Die Beklagte sei zu Unrecht vom Vorliegen einer Versorgungsehe ausgegangen. Beim Zeitpunkt der Eheschließung habe für beide, die Klägerin und den Versicherten, festgestanden, dass im Hinblick auf das Krankheitsbild mit einer allgemein günstigen Heilungsprognose zu rechnen sei.
Weiter wurde vorgetragen, dass der Versicherte ab September 2013 Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, Pflegestufe I, bezogen habe. Mit Bescheid der Pflegekasse des Versicherten, der AOK Bayern, vom 02.06.2014 sei der Höherstufungsantrag des Versicherten vom 22.05.2014 nach Begutachtung durch den MDK am 28.05.2014 abgelehnt worden. Eine wesentliche Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse sei nicht festzustellen gewesen. Daraus sei zu ersehen, dass auch der MDK nicht von einem in absehbarer Zeit zu erwartenden Tod des Versicherten ausgegangen sei.
Die Klägerin habe, um die Pflege des Versicherten zu sichern, ihre Arbeitszeit ab 01.09.2013 auf 80% und ab 01.01.2014 auf 60% reduziert und die ab 01.01.2007 ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsstellenleiterin mit Personalverantwortung aufgegeben.
Die Klägerin berief sich auch auf Atteste der behandelnden Ärzte: Am 12.10.2014 attestierte der damalige Hausarzt Dr. B., dass der Versicherte unerwartet an einer Komplikation bei bekanntem Blasentumor verstorben sei. Durch die modernen Therapieoptionen sei er eigentlich von einer Überlebenszeit von mindestens fünf Jahren ausgegangen. Am 19.10.2014 bescheinigte der Urologe Dr. L., dass zum Zeitpunkt der Heirat nicht unbedingt abzusehen gewesen sei, dass der Versicherte innerhalb eines Jahres an seiner Krebserkrankung versterben würde. Es sei nach der Literatur von einem mittleren Gesamtüberleben von 12 bis 14,3 Monaten bei der beim Kläger im August 2013 vorliegenden Erkrankung zu rechnen gewesen. Durch die anschließende Zweitlinien-Chemotherapie sei zusätzlich mit einer mittleren Gesamtüberlebenszeit von 6,9 Monaten zu rechnen gewesen, so dass bei Addition nach beiden Chemotherapien ein mittleres Gesamtüberleben von 19-28,5 Monaten zu erwarten gewesen sei. Dass nach der ambulanten Behandlung im C.-Krankenhaus Bad M. am 04.06.2014 schon am 05.06.2014 der plötzliche schicksalhafte Tod des Versicherten eingetreten sei, sei am Vortag für alle Beteiligten nicht absehbar gewesen, zumal eine Wiedervorstellung vorgesehen gewesen sei.
Auch der Gesichtspunkt, dass Klägerin und Versicherter nicht bereits zum früheren Zeitpunkt der Erstdiagnose im Februar 2011 sich zur Heirat entschlossen gehabt hätten, spreche gegen eine angenommene Versorgungsehe.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2014 den Widerspruch zurück. Dass zum Zeitpunkt der Eheschließung der baldige Tod des Versicherten nicht zu erwarten gewesen sei, habe die Klägerin nicht nachweisen können. Im Gegenteil, es habe zu diesem Zeitpunkt eindeutig eine palliative Situation mit infauster Prognose vorgelegen. Es sei aus ärztlicher Sicht davon auszugehen gewesen, dass bei Eheschließung realistischerweise von einem Ableben in einem relativ kurzen Zeitraum innerhalb eines Jahres zu rechnen gewesen sei. Der Bescheid sei daher zu Recht ergangen.
Am 27.01.2015 hat die Klägerin per Telefax Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Die Klägerin hat ihre bisherige Argumentation wiederholt und ergänzend vorgetragen, dass sie mit dem Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nicht gerechnet habe, denn sonst hätte sie nicht eine vertragliche Änderung ihres Arbeitsverhältnisses erwirkt, sondern ihren Arbeitgeber um eine Freistellung bzw. kurzfristige Vertretung gebeten. Im Rehabilitationsentlassungsbericht sei auch von einer guten Erholung des Versicherten berichtet worden und es sei eine gewisse Stabilisierung des Gesundheitszustandes im positiven Sinne abzuleiten gewesen.
Die Klägerin hat eine Bescheinigung des Oberarztes Dr. E. von der Klinik für Urologie im C.-Krankenhaus Bad M. vorgelegt: Danach habe zum Zeitpunkt der Eheschließung im August 2013 beim Versicherten eine fortgeschrittene Tumorerkrankung vorgelegen. Eine endgültige Heilung sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu erwarten gewesen. Jedoch habe zu diesem Zeitpunkt auch nicht abgesehen werden können, dass der Versicherte innerhalb der nächsten zwölf Monate versterben würde.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 28.04.2015 die Klage abgewiesen. Es ist zum Ergebnis gekommen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente habe. Sie habe nicht das Vorliegen besonderer Umstände belegen können, wonach trotz der kurzen Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt gewesen sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Der hinterbliebene Ehegatte könne sich bei der Prüfung der Voraussetzungen auf die Darlegung von äußeren Umständen beschränken, die seiner Ansicht nach auf von der Versorgungsabsicht verschiedene Beweggründe für die Heirat schließen ließen. Es gebe keine abschließende Typisierung oder Pauschalierung der zu berücksichtigenden Gründe. Eine wichtige Bedeutung komme stets dem Gesundheitsbzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Wenn der Tod des Versicherten, für den bis dahin kein gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens bekannt gewesen sei, unvermittelt oder plötzlich eingetreten sei, sei ein besonderer Umstand anzunehmen. Bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten sei der Ausnahmetatbestand dagegen in der Regel nicht erfüllt. Es komme jedoch auch hier eine Widerlegung der gesetzlichen Annahme in Betracht. Allein die medizinisch nachvollziehbar begründete Hoffnung auf einen möglichen mehrjährigen Krankheitsverlauf sei jedoch nicht ausreichend, um die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Wenn der konkrete Heiratswunsch erst nach Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefasst worden sei, spreche dies für die Richtigkeit der gesetzlichen Vermutung. Die Klägerin habe diese Vermutung weder erschüttert noch entkräftet. Bereits vor der Eheschließung habe der stationäre Krankenhaustermin ab 26.08.2013 zur weiteren palliativen Chemotherapie festgestanden. Es sei insoweit unwesentlich, ob das Überleben des Versicherten über ein Jahr nach der Eheschließung wahrscheinlicher gewesen sei als ein Tod und ob die Eheleute von einer Ehe über ein Jahr ausgehen konnten. Bei abschließender Gesamtbewertung der Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen würden und die besonders gewichtig sein müssten, weil der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig lebensbedrohlich erkrankt gewesen sei, seien hier keine derartigen Gründe belegt. Ein besonderer Umstand liege auch nicht darin, dass die Klägerin und der Versicherte vor dem Tod des Versicherten schon seit vielen Jahren ununterbrochen in häuslicher und eheähnlicher Gemeinschaft gelebt hätten (Bayer. Landessozialgericht Urteil vom 08.08.2012 - L 13 R 555/10). Die Eheschließung sei auch keine konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit gefassten Entschlusses.
Mit Schreiben vom 29.06.2015 hat die Klägerin am 30.06.2015 über das Sozialgericht Würzburg Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Die Klägerin hat nunmehr vorgetragen, dass bereits zu zwei früheren Zeitpunkten Heiratsabsicht bestanden hätte. Die Pläne seien jedoch einmal im Jahr 2012 vom Tod der Mutter des Versicherten durchkreuzt worden. Ein zweites Mal im Jahr 2013 habe die Erkrankung des Versicherten an einer Nierenfistel die Hochzeitspläne zunichte gemacht. Als Zeuge für das bereits lange Bestehen der Hochzeitspläne könne der Erste Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt, Herr C., benannt werden. Zu verweisen sei auch auf das Vorliegen einer Pflegeehe und die Tatsache, dass die Klägerin über eigene höhere Einkünfte und ausreichende eigene Versorgungsansprüche verfüge.
In einem Erörterungstermin des Senats vom 31.08.2016 hat die Klägerin die bisherigen schriftlichen Ausführungen teilweise korrigiert: Das Sterbedatum ihrer Schwiegermutter sei der 02.05.2013 gewesen und die Eheschließung habe in S-Stadt und nicht in A-Stadt stattgefunden. Sie hat weiter geschildert, dem Versicherten sei es im Juni/ Juli 2013 besonders schlecht gegangen; nach der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme habe ein Nierenstau vorgelegen. Ferner habe sich ein Rezidiv des Tumors gezeigt. Der Versicherte sei sozusagen handlungsunfähig gewesen. Mit der Eheschließung sei auch bezweckt worden, die Handlungsfähigkeit gegenüber öffentlichen Stellen und behandelnden Ärzten zu erhalten bzw. wiederherzustellen, um volle Auskunfts- und Entscheidungsfähigkeit zu erreichen. Auch seien steuerliche Überlegungen berücksichtigt worden. Die Klägerin habe sich auch erhofft, eine bessere Akzeptanz seitens des Arbeitgebers zu erreichen, beispielsweise hinsichtlich der Reduzierung der Arbeitszeit unter Aufgabe ihrer Leitungsposition. Der Klägerin sei es auch darauf angekommen, dem Versicherten zu zeigen, dass sie stets für ihn da sei. Der Entschluss zur standesamtlichen Trauung sei Anfang bzw. Mitte August endgültig gefallen. Zu dem gewählten Hochzeitstermin sei der Zeuge C. aus A-Stadt verhindert gewesen. Aufgrund der gesundheitlich angespannten Situation des Verstorbenen seien nur die engsten Verwandten über die Eheschließung benachrichtigt gewesen und auch enge Freunde seien erst im Nachhinein informiert worden.
Im Erörterungstermin hat der Senat den als Zeugen benannten C. einvernommen. Aus der Zeugeneinvernahme ergibt sich, dass der Versicherte sich bei ihm im Mai oder Juli 2012 telefonisch wegen einer Trauung erkundigt gehabt habe. Über einen genauen Termin habe man nicht gesprochen. Am 50. Geburtstag des Versicherten im Februar 2013 sei noch einmal ein Gespräch des Zeugen mit dem Versicherten zum Thema Hochzeit zu Stande gekommen und es sei ein kurzfristiger Termin im Frühjahr 2013 ins Auge gefasst worden. Der Versicherte habe sich nach einem anstehenden Arzttermin noch einmal melden wollen, um Genaueres zu besprechen. Ein konkreter Termin sei nicht festgelegt worden. Eine nochmalige Meldung habe nicht stattgefunden. Konkret sei er erst hinsichtlich des Termins am 23.08.2013 gefragt worden, habe dafür aber urlaubsbedingt absagen müssen und auf Alternativen hingewiesen.
Der Senat hat ein Gutachten beim Uro-Onkologen Prof. Dr. E. eingeholt, der am 11.05.2016 nach Auswertung der Aktenlage und nochmaliger Überarbeitung folgende Ausführungen zu den Beweisfragen des Senats gemacht hat:
Die Beantwortung der Fragen zur Situation in einem bestimmten Krankheitsstadium werde vor dem Hintergrund der allgemeinen statistischen Daten gemacht. Eine Aussicht auf Heilung sei jedenfalls dann abzulehnen, wenn mehr als 90% nach Ablauf eines Zeitintervalls an der Grunderkrankung sterben würden. Bereits im Mai 2013 habe die Prognose für den Versicherten als ausgesprochen negativ bewertet werden müssen: Die allergrößte Mehrzahl der sich in dieser klinischen Situation befindenden Patienten werde trotz einer chemotherapeutischen Behandlung an der Grunderkrankung versterben, obwohl in sehr wenigen Einzelfällen auch überraschend gute Verläufe im Sinne einer anzunehmenden Heilung beobachtet werden könnten. Aus dem Aktenmaterial sei nicht ersichtlich, wie extensiv der Versicherte und die Klägerin über diese Situation informiert worden seien. Zum Zeitpunkt der Initiierung der chemotherapeutischen Behandlung im August 2013 habe beim Versicherten bereits ein eingeschränkter Allgemeinzustand vorgelegen, wobei eine nähere Einstufung aufgrund der fehlenden Anwendung eines Scoring-Systems nachträglich nicht möglich sei. Es habe aber Hinweise auf eine ausgesprochen schlecht zu bewertende klinische Prognose gegeben, wie etwa ein zusätzlich erniedrigter Hämoglobinwert. Vor diesem Hintergrund sei aus Sicht des Gutachters der ausgeprägte palliative Charakter der im August 2013 nochmals erfolgten Chemotherapie klar erkennbar gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe keine oder nahezu keine Aussicht auf Heilerfolg bestanden; vielmehr habe man davon ausgehen müssen, dass die Erkrankung einen voraussichtlich tödlichen Verlauf nehmen würde. Beim Versicherten hätten sich nach der Aktenlage keine Parameter identifizieren lassen, die einen günstigen und damit als nicht rein palliativ anzunehmenden klinischen Verlauf hätten erwarten lassen. Zum Zeitpunkt des stationären Aufenthaltes Ende August 2013 habe der Versicherte bei fortgesetzter parenteraler Ernährung an rezidivierendem Erbrechen gelitten und es habe bereits zu diesem Zeitpunkt eine mehr oder minder ausgeprägte Pflegebedürftigkeit bestanden, wobei eine weitere Intensivierung einer solchen vor dem Hintergrund des hochpalliativen Charakters der applizierten zytotoxischen Therapie habe erwartet werden können. Unter Berücksichtigung der verfügbaren Daten betrage das Langzeitüberleben für Patienten mit metastasiertem Urothel-Karzinom im Mittel etwa 14 Monate. Die Überlebensrate nach fünf Jahren für das Gesamtkollektiv bei einer entsprechenden chemotherapeutischen Behandlung sei mit weniger als 10% anzunehmen. In Bezug auf den gegenständlichen Fall sei eine schlechtere Prognose anzunehmen gewesen, da ein Lokalrezidiv nach radialer Zystektomie vorgelegen habe, eine komplette Resektion nicht mehr möglich gewesen sei und pulmonale Tumormanifestationen besser als viszerale auf die Chemotherapie ansprechen würden. Auch der damals reduzierte Allgemeinzustand des Versicherten sei zu beachten. Unter Berücksichtigung der Patientencharakteristika sei aus gutachterlicher Sicht von einer zwischen 6 Monaten und 20 Monaten angesiedelten Lebenserwartung auszugehen gewesen, wobei diese Angaben aber einer mehr oder minder spekulativen Einschätzung unterliegen würden. Es könne als gesichert angenommen werden, dass eine während dieses Zeitraumes rückläufige Pflegebedürftigkeit im Monat August 2013 nicht mehr habe erwartet werden können. Eine Antwort auf die Frage, ob sich zu Beginn des Monats August 2013 und in der Mitte des Monats eine unterschiedliche Prognose ergeben hätte, könne qualifiziert nicht gegeben werden.
Die Klägerseite hat ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der Heirat im August 2013 niemand mit einem Ableben des Versicherten binnen Jahresfrist gerechnet habe. Selbst im Mai 2014 sei ein zeitnahes Ableben des Versicherten nicht ersichtlich gewesen.
In einem Erörterungstermin vom 31.07.2017 hat der Senat den damaligen Vorgesetzten der Klägerin bei der Sparkasse, Herrn D., als Zeugen einvernommen. Dieser hat ausgesagt, es hätten damals intensive Gespräche mit der Klägerin stattgefunden, weil sie sich mit dem Gedanken getragen habe - und diesen später auch umgesetzt habe -, ihre Führungsaufgabe aufzugeben und die Arbeitszeit zu reduzieren, um den Versicherten zu pflegen. Es sei dabei gedanklich um lange Zeiträume - etwa mehrere Jahre - gegangen. In dem Gespräch sei damals auch die Frage diskutiert worden, wie denn damit umgegangen werden solle, wenn der Versicherte kurzfristiger versterben würde. Von Seiten der Sparkasse hätte es für solche Situation noch andere Möglichkeiten gegeben, den Mitarbeitern entgegenzukommen, etwa durch teilweise Freistellungen oder durch vorüber-gehende Teilzeitbeschäftigung. Als wesentlicher Grund sei von der Klägerin genannt worden, dass sie ihren Mann pflegen wolle, auch über Jahre hinweg. Die entsprechenden Gespräche hätten wohl im zweiten Quartal 2013 stattgefunden. In den schriftlichen Protokollen aus der damaligen Zeit seien nur einige Andeutungen enthalten; schriftliche Vermerke über die Gespräche existierten als solche nicht. Er könne nicht hundertprozentig sicher sagen ob die Gespräche vor oder nach der Eheschließung stattgefunden hätten. Die damals getroffene Regelung sei jedenfalls umgesetzt worden und habe auch heute noch Bestand.
Die Klägerin hat ergänzend vorgetragen, dass die Regelungen zur Beendigung ihrer Führungstätigkeit im Juli 2013 vorbereitet worden seien und spätestens ab der Unterzeichnung im September 2013 unumkehrbar gewesen seien. Seinerzeit sei vor allem auch die Begleitung zu Arztterminen im Vordergrund gestanden. Der Pflegeaufwand sei noch nicht so hoch gewesen. Der Stufenplan zur Reduzierung der Arbeitszeit und zur Aufgabe der Führungstätigkeit sei aus zwei weiteren Gründen so vorgesehen gewesen; zum einen habe ein geeigneter Nachfolger gefunden werden müssen, zum anderen sei ein sauberer Schnitt zum Ende des Kalenderjahres von der Klägerin für sinnvoll angesehen worden.
In der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2017 hat die Klägerseite die Sicherstellung der Handlungsfähigkeit gegenüber Behörden als weiteren Grund für die Eheschließung angeführt, woraufhin die Beklagte entgegnet hat, dass es dafür der Ehe nicht bedurft hätte, sondern Handlungsvollmachten hätten eingerichtet werden können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 28.04.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 23.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auf ihren Antrag vom 30.06.2014 Witwenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 28.04.2015 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Witwenrente gemäß § 46 SGB VI, da der Anspruch wegen § 46 Abs. 2a SGB VI ausgeschlossen ist.
§ 46 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bestimmt, dass eine Witwe, die nicht wieder geheiratet hat, nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf eine kleine Witwenrente hat, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Die Klägerin ist die Witwe des am 05.06.2014 verstorbenen Versicherten M. P., der die allgemeine Wartezeit gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI erfüllt hatte. Sie hat nach dessen Tod auch nicht wieder geheiratet. Damit besteht gemäß § 46 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VI grundsätzlich ein Anspruch auf eine kleine Witwenrente für längstens 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, d.h. vom 01.07.2014 bis 30.06.2016.
Gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI haben Hinterbliebene allerdings keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Im Fall der Klägerin hat die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert, da die Ehe am 23.08.2013 geschlossen wurde und der Versicherte am 05.06.2014 verstorben ist.
Damit gilt zunächst die gesetzlich festgelegte Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, dass also eine sogenannte Versorgungsehe vorgelegen hat. Die Annahme eines anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den - auf Grund Gesetzes angenommenen - Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat sind nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in eine Gesamtwürdigung einzustellen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Einzelfalles zu bewerten (BSG Urteil vom 06.05.2010 - B 13 R 134/08 R; BSG Urteil vom 05.05.2009 - B 13 R 55/08 R, jew. nach juris).
Als besondere Umstände im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles anzusehen, die auf von der Versorgungsabsicht verschiedene Beweggründe für die Heirat schließen lassen (BSG Urteil vom 05.05.2009 a.a.O. m.w.N. - nach juris). Die Umstände sind nachzuweisen; die Beweislast trägt, wer die Hinterbliebenenrente beantragt - hier also die Klägerin (A. in: Meyer-Ladewig/A./ Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 118 Rn. 6).
Zu den zentralen äußeren Umständen zählt der Gesundheitszustand der Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung. Der Ehemann der Klägerin litt zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer Karzinomerkrankung, die nach sämtlichen hierin übereinstimmenden ärztlichen Unterlagen nicht mehr kurativ, sondern nur noch palliativ behandelt werden konnte und wurde. Die Erkrankungsprognose war bereits im Rehabilitationsentlassungsbericht für den Zeitpunkt der Entlassung aus der Rehabilitationsmaßnahme im Juli 2013 als infaust bezeichnet worden. Die Einschätzung, dass eine tödlich verlaufende Erkrankung beim Versicherten vorgelegen hatte, wird auch durch das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. E. bestätigt.
Auch wenn nach diesem Gutachten die ärztliche Dokumentation den genauen Umfang und Inhalt der ärztlichen Aufklärung nicht eindeutig habe erkennen lassen, ist der Senat der Überzeugung, dass die Eheleute wussten, dass die gesundheitliche Situation des Versicherten ernst war und anders als bei der Erstmanifestation eine Heilung nicht mehr möglich war. Dies ergibt sich zunächst schon aus den eigenen Angaben der Klägerin im Rentenantrag über das Vorliegen der lebensbedrohlichen Erkrankung. Dafür, dass die Eheleute die Tragweite der Situation erkannt hatten, spricht aber auch, dass sie von ihren ursprünglichen Vorstellungen über die fehlende Notwendigkeit einer Ehe und den in der Folgezeit nach der Ersterkrankung angedachten Gestaltungsplänen - etwa einer Trauung durch Herrn C., die ein terminliches Zuwarten gefordert hätte - abgewichen sind.
Dabei ist für die Beurteilung der gesundheitlichen Verhältnisse und der Kenntnis der Eheleute über den Schweregrad der Erkrankung zutreffend auf das Datum der Eheschließung bzw. das Datum der Anmeldung beim Standesamt abzustellen gewesen, wobei nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. E. zwischen diesen beiden kurz aufeinanderfolgenden Zeitpunkten kein wesentlicher Unterschied zu belegen war.
Der im Verlauf des Verfahrens getätigte Vortrag der Klägerin, dass der Entschluss zur Eheschließung bereits deutlich vor dem tatsächlichen Heiratstermin erfolgt gewesen sei und deshalb auf diesen früheren Zeitpunkt und nicht auf das Datum der Eheschließung für die Beurteilung der gesundheitlichen Situation des Versicherten und der Kenntnis der späteren Eheleute vom Schweregrad der Erkrankung abzustellen sei, hat sich nicht bestätigen lassen. Die Einvernahme des Bürgermeisters der Gemeinde A-Stadt, Herrn C., hat ergeben, dass der Versicherte ihn zwar bereits zu verschiedenen Zeitpunkten vor dem Erkrankungsrezidiv auf eine mögliche Eheschließung und deren Umsetzung angesprochen hatte, dass dies jedoch jeweils noch unverbindlich und ohne detaillierte Festlegung erfolgt war. Auch die Tatsache, dass die Eheschließung durch einen anderen Standesbeamten, an einem anderen Ort und in anderer Form - nämlich ohne große Feier - erfolgte, als ursprünglich angedacht, spricht dafür, dass die Eheschließung nicht die Umsetzung eines bereits vorher nach außen hin verbindlich festgelegten Entschlusses zur Heirat gewesen ist.
Aus Sicht des Senats kommt dem Vorliegen einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung zentrale Bedeutung zu, nicht dagegen unmittelbar der ärztlichen Prognose über die verbleibende Restlebenszeit. Es kommt also nicht darauf an, ob die behandelnden Ärzte oder die Gutachter im vorliegenden Fall von einer Überlebensdauer des Versicherten von mehr oder weniger als einem Jahr ausgegangen sind. Auch bei einer Prognose einer Lebenserwartung von mehr als einem Jahr kann ohne weiteres eine Versorgungsehe vorgelegen haben. Die Prognose spielt allerdings insofern eine indirekte Rolle als bei der Beurteilung eine Verknüpfung zwischen dem Schweregrad der Erkrankung und dem notwendigen Gewicht der anderweitigen Beweggründe hergestellt wird. Die Rechtsprechung geht dabei von Folgendem aus: Im Rahmen der Gewichtung ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbs. 2 SGB VI nicht erfüllt. Doch ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei abschließender Gesamtbewertung diejenigen besonderen - inneren und äußeren - Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten im Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Demgemäß steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Annahme (Vermutung) einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung angeführt werden (BSG Urteile vom 05.05.2009 und vom 06.05.2010 a.a.O.).
Auch wenn die Klägerin vorträgt, dass die Eheleute von einer längeren Ehedauer ausgegangen sind und das Attest des Dr. B. eine erwartete Überlebensdauer des Versicherten von um die 5 Jahre behauptet, konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass objektiv eine Überlebensdauer von mehr als einem Jahr sicher zu erwarten gewesen war und nur durch eine nicht vorhersehbare neue Erkrankung oder einen völlig unerwarteten Krankheitsverlauf ein Versterben bereits innerhalb des ersten Jahres nach der Eheschließung eingetreten war. Zwar war im Rehabilitationsbericht die Verschlechterung mit Auswirkung auf die Erwerbsfähigkeit als mittel- bis langfristig eingeordnet worden, allerdings ohne dass eine genaue Zeitperspektive mit diesen Begriffen verbunden worden wäre. Das Gutachten des Prof. Dr. E. benennt jedoch verschiedene nachteilige Umstände, die dafür sprachen, dass die restliche Lebensdauer des Versicherten deutlich unterhalb der möglichen statistischen Werte zu erwarten war, auch wenn der genaue Todeszeitpunkt selbstverständlich nicht sicher prognostizierbar gewesen war. Im Ergebnis ist der Prognosekorridor von 6 bis 20 Monaten aber weder geeignet, für einen sehr kurzen Zeitraum von deutlich weniger als einem Jahr zu sprechen, noch auf eine mehrjährige Überlebensdauer hinzuweisen.
Der von der Klägerseite angeführten Tatsache, dass kurz vor dem Versterben des Versicherten von der behandelnden Klinik ein weiterer Krankenhaustermin anberaumt worden war, kommt aus Sicht des Senates keine besondere Bedeutung zu, da es gerichtsbekannt ist, dass selbst bei Patienten mit geringsten Überlebensprognosen rein vorsorglich solche Folgetermine in die Klinikplanung eingestellt werden, da es leichter ist, den nicht erforderlichen Termin neu zu vergeben als einen nicht reservierten notwendigen Termin ggf. dann doch noch zu benötigen.
Der Senat konnte sich unter Abwägung aller ärztlichen Ausführungen nicht davon überzeugen, dass die Eheleute mit Sicherheit davon ausgehen durften, dass der Versicherte trotz seiner Erkrankung länger als ein Jahr leben würde. Die lebensbedrohliche Erkrankung mit fraglicher Überlebensperspektive von einem Jahr war als bedeutsames Faktum zu berücksichtigen.
Der von der Klägerin als besonderer Umstand angeführte Grund der Übernahme der Pflege des Versicherten wird in der Kommentarliteratur - z.B. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand September 2015, § 46 SGB VI, Rn. 46c - angesprochen. Der Senat sieht Überlegungen zur Eingehung der Ehe im Zusammenhang mit der Sicherstellung der Pflege regelmäßig dann als von vornherein nicht angebracht an, wenn die verbleibende Lebenserwartung gerade keine längere Pflegedauer erwarten lässt. Aus diesem Grund hat der Senat bei einer Prognose zum Eintritt des Todes in ganz wenigen Monaten die vorgetragene Motivation der Sicherstellung der Pflege nicht als bedeutsam angesehen (vgl. Urteil des Senats vom 19.11.2014 - L 19 R 1053/12 - Rn. 44, veröffentlicht in juris). Im Fall der Klägerin und ihres Ehemannes ist eine objektive Prognosedauer von 6 bis 20 Monaten, d.h. im Mittel von 13 Monaten, angegeben worden. Wenn man noch unterstellt, was die ärztlichen Bescheinigungen nahelegen, dass die Prognose noch etwas positiver vermittelt worden war, ist die Annahme einer längeren Dauer für die Pflege des Versicherten durch die Klägerin als durchaus nachvollziehbar anzusehen. Dass die Klägerin tatsächlich eine solche Erwartung hatte, zeigt sich auch in ihren Äußerungen gegenüber dem Zeugen D., ihrem Vorgesetzten, und in dem tatsächlichen Verhalten der Klägerin bei der Gestaltung der Arbeitssituation: Bei einer kurzfristigen Pflegedauer wären andere Angebote des Arbeitgebers möglich gewesen, die die mittel- bis langfristige berufliche Perspektive der Klägerin nicht verschlechtert hätten. Für den Senat ergibt sich, dass es nicht von vornherein unrealistisch war eine Pflegedauer von zumindest mehr als einem Jahr anzunehmen.
Gleichwohl kommt der Senat nicht zum Ergebnis, dass in diesem Zusammenhang ein bedeutsames, der gesetzlich vermuteten Versorgungsabsicht zumindest gleichwertiges Motiv vorgelegen hätte. Dies ergibt sich daraus, dass eine sogenannte Pflegeehe als Motiv die Erwartung eines Versicherten, der fremder Hilfe bedarf, verlangt, mit der Heirat seine Pflege sicherzustellen. Somit sind zunächst also nicht die Überlegungen der Klägerin bedeutsam, sondern die ihres pflegebedürftigen Partners. Dass dieser Äußerungen in dieser Richtung getätigt hätte, ist nicht vorgebracht und nicht belegt. Zudem hat die Klägerin auch schon vor der Eheschließung pflegeähnliche Unterstützung wie die Begleitung zu Arztbesuchen übernommen gehabt.
Soweit die Klägerin eine Notwendigkeit zur Eheschließung darin sieht, dass sie als Ehefrau leichter die Zustimmung ihres Arbeitgebers zur Arbeitsreduzierung für die Pflege des Versicherten hätte erlangen können, hat sich dieses Motiv nicht nachweisen lassen. Die Gespräche über die Arbeitszeitverkürzung hatten jedenfalls schon vor der Eheschließung und auch vor der Anmeldung beim Standesamt begonnen und die Regelung war bereits vorbereitet. Dass hierbei die Frage eine Rolle gespielt hätte, ob die Pflege den nicht ehelichen Lebenspartner oder den Ehegatten betreffen würde, ist nicht ersichtlich geworden. Zumindest die kurzfristigen Freistellungen waren auch für die Erkrankung des nicht ehelichen Lebenspartners gewährt worden.
Der Senat sieht darüber hinaus die in der Kommentarliteratur angedeutete weite Verwendung des Begriffs der Pflegeehe im Zusammenhang mit dem in Bezug genommenen Urteil des BSG vom 03.09.1986 (Az. 9a RV 8/84 - nach juris) nicht gedeckt. Dort bestand zwar ein dauerhafter Pflegebedarf, aber es war keine lebensbedrohliche Erkrankung der Anlass des Pflegebedarfs gewesen, so dass der Eintritt des Todes innerhalb eines Jahres überraschend war und die Frage der Pflegeehe nur insofern zu diskutieren war, als seinerzeit im Instanzenzug das Eingehen einer Ehe ohne erkennbare persönliche (Liebes-) Beziehung als möglicher Ausschlussgrund für Hinterbliebenenversorgung angeführt worden war. Ohne dass es im vorliegenden Fall noch darauf ankommen würde, wäre zusätzlich zu bedenken, dass diese Entscheidung des BSG vor Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung und der dadurch ermöglichten Absicherung des Pflegebedarfs ergangen ist und deshalb heute - auch im Hinblick auf das gewandelte Frauenbild - so nicht mehr in vollem Umfang Fortbestand haben kann.
Der von der Klägerseite als weiteres Motiv für die Eheschließung genannte Umstand, dass dadurch die Handlungsfähigkeit der Klägerin gegenüber Behörden u.ä. hergestellt werden sollte, mag zwar nicht zu widerlegen sein. Ihm kommt angesichts der Tatsache, dass die Handlungsfähigkeit auch durch eine Vollmacht für den nichtehelichen Lebenspartner hergestellt hätte werden können, nur eine untergeordnete Bedeutung zu.
Auch aus der Tatsache, dass die Klägerin eigene Versorgungsansprüche aus eigener Beschäftigung hat und möglicherweise im Zusammenhang mit der Änderung ihrer beruflichen Tätigkeit aus Anlass der Pflege ihres Ehegatten Einbußen erlitten hat, bei denen ein vollständiger Ausgleich durch eine mögliche Hinterbliebenenrente nicht offensichtlich ist - zumal auch noch über § 97 SGB VI eine Anrechnung eigenen Einkommens erfolgt -, führt nicht dazu, dass die gesetzlich vermutete Versorgungsabsicht widerlegt wäre. Wie bereits dargelegt, geht es vorrangig um die Ermittlung und Bewertung weiterer bedeutsamer Gründe für die Eheschließung. Außerdem ist beim Vergleich finanzieller Vor- und Nachteile auch das gesamte Wirkungsspektrum, etwa auch (erbschafts-) steuerrechtlicher Art, in den Blick zu nehmen.
Es ist auch bereits wiederholt entschieden worden (vgl. z.B. Bayer. Landessozialgericht Urteil vom 20.04.2011 - L 20 R 20/09 - Rn. 41, veröffentlicht in juris), dass das Vorliegen einer Liebesbeziehung allein nicht ausreicht, die Vermutung über das Vorliegen einer Versorgungsehe hinreichend zu erschüttern, wenn die vorliegende schwere und akut lebensbedrohliche Erkrankung den Nachweis besonderer Gründe erforderlich macht (a.a.O. Rn. 40).
In der Gesamtbetrachtung sah der Senat die dargelegten anderen Motive nicht als zumindest gleichwertig zur unterstellten Versorgungsabsicht an und zwar weder allein, noch in der Summe.
Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 28.04.2015 ist somit im Ergebnis nicht zu beanstanden und die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.