Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 16. Dez. 2014 - L 18 U 364/12 ZVW

published on 16/12/2014 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 16. Dez. 2014 - L 18 U 364/12 ZVW
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Previous court decisions
Sozialgericht Würzburg, S 11 U 441/01, 08/09/2004
Subsequent court decisions
Bundessozialgericht, B 2 U 66/15 B, 30/06/2015
Bundessozialgericht, B 2 U 20/15 R, 18/02/2016
Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2420/15, 02/05/2018

Gericht

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Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Revisionsverfahrens vor dem Bundessozialgericht B 2 U 100/12 B trägt die Staatskasse. Ansonsten haben die Beteiligten einander außergerichtliche Aufwendungen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nummer 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) bzw. nach den Nummern 1302 und 1303 der Anlage I zur Berufskrankheitenverordnung (BK 1317 bzw. BK 1302 und BK 1303).

Am 26.04.2001 ging bei der Beklagten eine ärztliche Anzeige des Nervenarztes Dr. B. über eine Berufskrankheit des Klägers ein, in der ausgeführt wird, der Kläger leide an einer Neuropathie, einer schweren Myopathie, einer schweren Ataxie, einer schweren Leistungsminderung und zunehmenden chemischen Überempfindlichkeit.

Der Kläger war von 1970 bis 1987 als selbstständiger Landwirt, von 1987 bis 1989 als Keramikarbeiter und von 1989 bis 1992 als Lkw-Fahrer tätig. Ab 1992 war er bei der Firma H. GmbH (H) als Maschinenführer beschäftigt. Er kam dort mit Härtern, Leim und Lösungsmitteln sowie Lärm in Kontakt. Im November 2000 gab er diese Tätigkeit auf.

Die Beklagte zog ein Krankheitsverzeichnis der Krankenkasse sowie verschiedene Befundberichte bei, unter anderem Reha-Entlassungsberichte der Rentenversicherung vom 07.04.1998 und vom 10.04.2000. Sie zog die Sicherheitsdatenblätter der Stoffe bei, mit denen der Kläger an seinem Arbeitsplatz bei Hin Berührung gekommen war (insbesondere Dynomel L-425, L-435 und Härter H-467, H-469). Zudem holte sie eine Stellungnahme des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. L. ein. Das Gewerbeaufsichtsamt W-Stadt gab am 20.09.2001 eine gewerbeärztliche Stellungnahme durch Dr. R. ab.

Mit Bescheid vom 08.11.2001 (Widerspruchsbescheid vom 14.12.2001) lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit der BK-Zifferngruppe 13, insbesondere der BK 1317, unter Hinweis auf die Stellungnahme des staatlichen Gewerbearztes ab.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Das SG hat ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Sozialmedizin Prof. Dr. E. vom 10.03.2003 eingeholt. Auf Veranlassung des SG hat Prof. Dr. D. ein arbeitsmedizinisches Gutachten vom 12.05.2003 erstattet. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 08.09.2004 abgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 09.11.2004 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Senat hat ein arbeitsmedizinisches Gutachten des Prof. Dr. D. vom 27.07.2006 und ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C. vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) sowie auf Vorschlag des Gutachters ein psychologisches Zusatzgutachten des Diplom-Psychologen J. F. vom 31.07.2007 eingeholt. Auf Antrag des Klägers hat der Senat auf der Grundlage des § 109 SGG ein Gutachten der Dr. K. vom 06.05.2009 (mit ergänzender, von der Klägerseite vorgelegter Stellungnahme vom 22.01.2010) erstatten lassen. Die Klägerseite hat eine „gutachterliche Stellungnahme zur Darstellung des Standes der Wissenschaft in Sachen BK 1317“ des Diplom-Chemikers und „Impulsgebers für den Ersatz des Merkblattes in Sachen BK 1317“ Dr. M. vom 21.09.2010 (mit Ergänzung vom 12.04.2011) vorgelegt.

Mit Urteil vom 30.11.2011 hat der Senat die Berufung zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Klägers hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 24.07.2012, B 2 U 100/12 B, das Urteil vom 30.11.2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LSG zurück verwiesen; das LSG hätte den im Termin nochmals protokollierten Anträgen des Klägers vom 14.04.2010 und 15.11.2011 nachkommen und weitere Fragen an den Sachverständigen zulassen müssen. Der Senat hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. E. vom 03.01.2013 eingeholt und den Gutachter Dr. C. am 12.03.2013 und am 16.10.2013 zu den Fragen des Klägers angehört.

Der Kläger führt aus, zwar hätten aufgrund eines Unfalls im September 1990 mit einer Schädigung der Halswirbelsäule gesundheitliche Beeinträchtigungen vorgelegen, diese hätten allerdings nicht zu einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit geführt. Vielmehr sei er aufgrund dieser Beeinträchtigungen lediglich nicht mehr in der Lage gewesen, als Lkw-Fahrer zu arbeiten. Die Beeinträchtigungen hätten nach Aufnahme der Tätigkeit bei H deutlich zugenommen und schließlich im Jahre 2000 zur völligen Arbeitsunfähigkeit geführt. Es wäre erforderlich gewesen, den Arbeitsplatz des Klägers zu überprüfen und festzustellen, mit welchen Stoffen dieser in Berührung gekommen sei und mit welcher Intensität. Er habe auch auf 2 Arbeitskollegen verwiesen, die unter den gleichen Bedingungen gearbeitet und bereits nach kurzer Zeit dieselben Beschwerden gehabt hätten. Diese hätten als Zeugen gehört werden müssen. Als Folge der Tätigkeit bei H liege eine Polyneuropathie und eine Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische gemäß der Listen-Nummer 1317 vor. Bei der Beurteilung einer Berufskrankheit sei vom neuesten Stand der Wissenschaft auszugehen. Dieser werde vorliegend durch die Stellungnahmen des Dr. M. dargestellt. Soweit Dr. C. von guter klinischer Praxis spreche, sei dies unerheblich, da allein auf den Stand der Wissenschaft abzustellen sei. Diesen wende Dr. C. allerdings nicht an, da er ihn unzutreffend interpretiere. So finde sich im Merkblatt nichts zu den Messwerten, die nach Dr. C. eine toxische Verursachung der Polyneuropathie ausschließen würden. Auch dazu, dass das Verhalten des Patienten Testergebnisse relativieren könnte, finde sich im Merkblatt nichts. Auch nehme Dr. C. im Gegensatz zum Merkblatt an, dass Nervenleitgeschwindigkeitsmessungen der Sicherung der Diagnose Polyneuropathie dienen könnten. Hier kreiere Dr. C. ein eigenes Diagnosekriterium. Die Kausalität der Exposition für den Eintritt des Gesundheitsschadens werde vermutet. Auch könne Dr. C. letztlich die toxische Schädigung auch nicht ausschließen. Die Diagnosekriterien seien im Merkblatt eindeutig festgelegt. Eine Interpretation durch den Sachverständigen habe nicht stattzufinden. Bei der Exposition komme es nach dem Merkblatt nicht auf Grenzwerte an. Unter Ziffer III. des Merkblattes seien die Diagnosekriterien festgelegt. Lediglich Dr. K. habe ihr Gutachten nach den Diagnosekriterien erstellt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2004 sowie den Bescheid vom 08.11.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2001 aufzuheben und festzustellen, dass beim Kläger eine Berufskrankheit nach der BK-Nr. 1302, 1303 und 1317 der Anlage zu Berufskrankheitenverordnung vorliegt,

hilfsweise,

weitere Ermittlungen durchzuführen nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 16.12.2014.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2004 zurück zuweisen.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Dr. L. und eine Stellungnahme des Facharztes für Neurologie Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. vom 11.01.2010 vorgelegt. Sie vertritt die Auffassung, Krankheitsbefunde im Sinne dieser BK könnten nicht festgestellt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten aller Instanzen verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Klägers wurde form- und fristgerecht erhoben und ist auch ansonsten zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist aber unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 08.11.2001 (Widerspruchsbescheid vom 14.12.2001), mit dem die Beklagte die Anerkennung einer BK „nach der Zifferngruppe 13“, „insbesondere Nummer 1317“ der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung abgelehnt hat. Zu Recht hat das SG die dagegen zulässigerweise erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 SGG) abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK 1317 oder 1302, 1303.

Berufskrankheiten sind nach § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Versicherungsfälle. Berufskrankheiten sind dabei Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Eine BK 1317 ist eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische (BArbBl. 3/2005, S. 49). Eine BK 1302 liegt vor bei Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe, eine BK 1303 bei Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe und Styrol.

Für die Listen-BKen 1317 und 1302, 1303 lassen sich folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung der - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung“, „Einwirkungen“ und „Krankheit“ müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (zum Erfordernis des Vollbeweise siehe BSG, Urteil vom 02.02.1978, 8 RU 66/77; Bayer. LSG, Urteil vom 01.07.2009, L 2 U 243/06; vom 06.11.2013, L 2 U 558/10; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.12.2009, L 2 U 202/07; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 02.11.2009, L 6 U 131/05). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 27.06.2006, B 2 U 20/04 R und vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R). Um eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zu bejahen, muss absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache sprechen. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, das ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden und nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung deutlich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, juris Rn. 4 m.w.N.; BSG, Urteil vom 02.02.1978, 8 RU 66/77, juris Rn. 13). Die Beweisanforderungen bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit sind höher als bei der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Glaubhaftmachung im Sinne eines Beweismaßes, vgl. dazu BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, juris Rn. 5). Überwiegende Wahrscheinlichkeit bedeutet die gute Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können; dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet (vgl. BSG vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, juris Rn. 5 und Orientierungssatz; vom 14.12.2006, B 4 R 29/06, juris Rn. 116; vom 17.04.2013, B 9 V 3/12 R, juris Rn. 36; Keller, a.a.O., Rn. 3d m.w.N.; zum Zivilrecht BGH vom 11.09.2003, IX ZB 37/03, juris Rn. 8; vom 15.06.1994, IV ZB 6/94).

Der bei der Beklagten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Kläger macht in erster Linie das Vorliegen einer BK 1317 der Anlage zur BKV geltend. Für diese BK ergibt sich aus den dargelegten Maßgaben im Besonderen, dass - neben den sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen (dazu unter 1.) - die in Nr. 1317 der Anlage I zur BKV die dort genannten Gesundheitsstörungen Polyneuropathie oder Enzephalopathie (dazu unten 2.) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, d.h. im Vollbeweis gegeben sein müssen. Für den Ursachenzusammenhang zwischen der Einwirkung durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische und den Gesundheitsstörungen (deren Vorliegen unterstellt, siehe unter 3.) genügt der geringere Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (BSG vom 08.08.2001, a.a.O.).

1. Die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen liegen vor. Zur vollen Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit von 1992 bis 2000 Einwirkungen i.S.d. der BK 1317 ausgesetzt war. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers im Fragebogen zu seinem beruflichen Werdegang, an deren Richtigkeit der Senat keine Zweifel hat. Danach war der Kläger in diesem Zeitraum bei der Firma H. als Maschinenführer tätig, wo er mit Härtern, Leim und Lösungsmitteln in Kontakt gekommen ist. Auch die gewerbeärztliche Stellungnahme des Dr. R., Gewerbeaufsichtsamt W-Stadt, vom 20.09.2001 geht davon aus, dass ein Kontakt zu Leimen und Härtern, Lacken und Farben seit 1992 bestanden habe, in den zuvor ausgeübten Tätigkeiten eine Belastung im Sinne einer BK 1317 aber nicht plausibel sei. Dasselbe gilt für die von der Klägerseite vorgelegte „gutachterliche Stellungnahme zur Darstellung des Standes der Wissenschaft in Sachen BK 1317“ des Diplom-Chemikers Dr. M. vom 21.09.2010 (mit Ergänzung vom 12.04.2011). Die Feststellung von Mindestdosen der Exposition ist nicht erforderlich. Das auch insofern den Stand der Wissenschaft wiedergebende Merkblatt (Bek. des BGMS, BArbBl 2005, H3, S. 49) verweist hierzu in Ziffer I. nur auf die entsprechenden Gefahrenquellen, d.h es benennt die als gesichert neurotoxisch eingestuften Lösungsmittel, ihr Vorkommen und die Arbeiten, bei denen die Gefahr der Aufnahme dieser Stoffe durch den Körper besteht, ohne irgendwelche diesbezügliche Mindestanforderungen festzusetzen. Es besteht im Übrigen auch zwischen den Beteiligten und allen medizinischen Sachverständigen Einigkeit, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 1317 erfüllt sind. Die einzig in eine andere Richtung gehende, wage Einschätzung des Dr. L. vom 27.08.2001, es ergäbe sich kein schlüssiges Bild, wenn man den Fall von der Schadstoffexposition her aufwickle, vermag Zweifel am Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht zu begründen. Es bedarf daher insofern keiner weiteren Aufklärung des Sachverhalts, etwa durch Einholung eines toxikologischen Gutachtens.

2. Die Gesundheitsstörungen Polyneuropathie (dazu unter a) oder Enzephalopathie (dazu unter b) i.S.d. BK 1317 der Anlage zur BKV sind - den durch die Literatur und die gehörten Sachverständigen vermittelten aktuellen Stand der Wissenschaft zugrunde legend - nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben.

a. Die Gesundheitsstörung Polyneuropathie liegt nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor.

aa. Der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft zum Vorliegen einer Polyneuropathie i.S.d. BK 1317 stellt sich wie folgt dar:

Die Polyneuropathie wird in der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme von 2012 (ICD-10) unter Punkt G 60-64 zusammen mit sonstigen Krankheiten des peripheren Nervensystems geführt. Die ICD 10 G 62.2 benennt speziell eine Polyneuropathie durch sonstige toxische Agenzien. Diese ist als Krankheit i.S.d. BK 1317 zugrunde zu legen und bedarf noch weiterer Präzisierung. Das einschlägige Merkblatt (aaO) zur BK 1317 spezifiziert die Polyneuropathie i.S. dieser BK dahingehend, dass typisch für eine neurotoxische Polyneuropathie arm- und beinbetonte, sensible, motorische oder sensomotorische Ausfälle mit strumpf- oder handschuhförmiger Verteilung sind. Asymetrische, multifokale, rein motorische oder autonome Neuropathien schließen eine Verursachung durch Lösungsmittel weitgehend aus. Polyneuropathien i.S. der BK 1317 sind also nur distal-symmetrische Polyneuropathien, nicht aber asymmetrisch-multifokale Polyneuropathien. Auch Dr. C. hat bei der Anhörung durch den Senat am 13.10.2013 nochmals in überzeugender Weise erläutert, dass Nervenschädigungen vom multifokalen Typ gegen eine toxische Genese sprechen und dass bei distal-symmetrischen Polyneuropathien typischerweise auf beiden Seiten krankhaft veränderte Nervenleitgeschwindigkeiten und auch typische klinische Symptome bestehen müssten. Neuere, insbesondere von den dargelegten Grundsätzen abweichende Erkenntnisse sind nicht ersichtlich, wurden insbesondere auch nicht durch den im Revisionsverfahren unter dem Gesichtspunkt des geänderten Merkblatts nochmals gehörten Prof. Dr. E. mitgeteilt. Was die vom Kläger kritisierte Erwähnung der „guten klinischen Praxis“ durch Dr. C. betrifft, wird - wie sich aus dem Zusammenhang der Äußerung ergibt - lediglich der Umstand thematisiert, dass die Diagnose einer Polyneuropathie auf der Anamnese und dem klinischen Befund basiert. Entgegen der Auffassung des Klägers wird dadurch der wissenschaftliche Wert der Ausführungen des Dr. C. in keiner Weise geschmälert.

bb. Die Gesundheitsstörung Polyneuropathie i.S.d BK 1317 liegt nicht mit der zu fordernden an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit vor.

Eine belangvolle Schädigung peripherer Nerven im Sinne einer toxischen Polyneuropathie hat Prof. Dr. E., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Sozialmedizin (Gutachten vom 10.03.2003), nicht festgestellt. Er hat in den Normbereich einzuordnende Messergebnisse für den Nervus peroneus, den Nervus tibialis und den Nervus suralis rechts gefunden ebenso wie regelrechte F-Wellen und kommt zu dem zusammenfassenden Ergebnis, dass die von Dr. B. genannten Diagnosen für das neurologisch-psychiatrische Gebiet nicht bestätigt werden könnten. Eine Neuropathie, eine schwere Myopathie oder eine schwere Ataxie hat er nicht festgestellt. Prof. Dr. E. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.01.2013 mitgeteilt, dass sich durch die Änderung des Merkblattes im Jahre 2005, die nach seiner ursprünglichen Begutachtung erfolgte, keine neuen Gesichtspunkte ergeben haben, die vorliegend für die Feststellung einer Polyneuropathie belangvoll wären.

Die Einschätzungen des Prof. Dr. E. stimmen überein mit den Ergebnissen der von der Beklagten eingeholten und noch innerhalb des Expositionszeitraums erstellten Entlassungsberichte (EB) der Rentenversicherung vom 07.04.1998 und vom 10.04.2000. Daraus ergibt sich, dass der Kläger wegen eines chronisch rezidivierenden HWS-Syndroms und eines statisch-funktionellen LWS-Syndroms in Behandlung gewesen ist und neurologische Reiz- und Ausfallerscheinungen nicht feststellbar waren (EB vom 07.04.1998, zum neurologischen Befund Punkt 6. 3), „an den oberen und unteren Extremitäten waren sensible Qualitäten, Reflexe und Motorik seitengleich normal. Ein Hinweis auf gestörte Koordinationsfähigkeit ließ sich nicht finden. Lasègue-Zeichen beidseits negativ“ (EB vom 10.04.2000, Punkt 6. 3).

Die Einschätzung von Prof. Dr. E. wird durch die Ausführungen des Neurologen und Psychiaters Dr. C. bestätigt. Dessen vom Senat eingeholtes Gutachten vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) kommt zu dem Ergebnis, es finde sich keine typische distal-symmetrische Polyneuropathie.

Er sah in seinem auf der Untersuchung vom Juli 2007 basierenden Gutachten vom 17.09.2007, also 7 Jahre nach Beendigung der Exposition, in der Verteilung der beim Kläger gemessenen krankhaft gestörten elektro-physiologischen Messparameter zwar insgesamt Hinweise für eine diskrete Schädigung der linken peripheren Nervenbahnen an Arm und Bein. Diese interpretiert Dr. C. aber als eher vom multifokalen Typ als vom distal-symmetrischen Typ, da sie an unterschiedlichen Orten und damit nicht gleichzeitig vorkamen. Dies spricht gegen eine toxische Genese und damit gegen das Vorliegen einer toxischen Polyneuropathie, da bei dieser Ursache typischerweise auf beiden Seiten krankhaft veränderte Nervenleitgeschwindigkeiten und auch typische klinische Symptome bestehen müssten. Diese Einschätzung überzeugt, sie stimmt insbesondere mit den im Merkblatt zur BK-Nr. 1317 dargelegten Grundsätzen überein. Beim Kläger liegt daher ein entzündliches oder auch autoimmunes Geschehen vor, aber keine toxische Neuropathie i.S.d. BK 1317.

Für eine mit einer Polyneuropathie in irgendeiner Weise zusammenhängende Muskelerkrankung gibt es keine Anhaltspunkte, die von Dr. B. gestellte Diagnose einer Ataxie (Störung der Koordination von Bewegungsabläufen) ist nicht nachvollziehen. Der Neurologe und Psychiater Dr. C. hat bei der Untersuchung vom 25.07.2007 in den oberen Extremitäten keine Kraftminderung und auch keine körperlich-motorischen Koordinationsdefizite gefunden. Die elektro-physiologischen Untersuchungen zeigten für die oberen Extremitäten links eine verzögerte Nervenleitgeschwindigkeit, eine mäßiggradige F-Welle und bei den sensiblen NLG eine im Seitenvergleich verminderte Amplitude. Daraus ist mit dem Gutachter der Schluss einer subklinischen gemischten Schädigung der Nervenleitung im Bereich der Armplexus links mit einer axonalen Schädigung zu ziehen. In den unteren Extremitäten fand Dr. C. Hinweise auf eine linksseitige Plexusläsion mit diskreter demyelinisierender Schädigung und leicht bis mittelgradiger axonaler Schädigung.

Die Erklärungsversuche der Dr. K. zu der für die Feststellung einer Polyneuropathie angeblich fehlenden Relevanz der Asymmetrie der Ausfallerscheinungen überzeugen nicht; jedenfalls führen sie keinen Überzeugungsgrad des Senats herbei, der eine Bejahung einer Polyneuropathie i.S.d BK 1317 rechtfertigt. Dr. K. will die Asymmetrie der Ausfallerscheinungen in einem Zusammenhang mit dem Schleudertrauma der Halswirbelsäule und der lumbalen beidseitigen radikulären Symptomatik sehen. Hierzu weist Dr. C. in nachvollziehbarer Weise darauf hin, dass die von Dr. K. im klinischen Befund festgehaltene deutliche Kraftminderung des linken Armes und der gleichseitigen Hand entweder für eine Beeinträchtigung motorischer Nervenwurzeln infolge des (schon vor Aufnahme der gefährdenden Tätigkeit i.S.d. BK 1317 erlittenen) HWS-Traumas sprechen oder als weitere Möglichkeit der Entstehung dieser Symptome eine fokale Schädigung des Gehirns in Betracht zu ziehen ist. Wie Dr. C. erläutert, bedeutet fokal in diesem Zusammenhang, dass die Schädigung aufgrund der neuroanatomischen Grundlagen eindeutig in die rechte Gehirnhälfte lokalisiert werden müsste, was gerade das Gegenteil einer diffusen generalisierten Enzephalopathie sei. Nur letztere spräche, wie unter 2b noch auszuführen sein wird, für eine lösungsmittelbedingte Schädigung. Bei der Anhörung im Termin vom 13.10.2013 hat Dr. C. in diesem Zusammenhang nochmals darauf hingewiesen, dass die von ihm festgestellten Messwerte „SSEP“ dafür sprechen, dass eine relevante Schädigung der HWS (durch den Unfall von 1990) ausgeschlossen werden kann, da eine Verzögerung dieser Messwerte nicht habe festgestellt werden können. Eine bleibende Schädigung der Nerven in diesem Bereich hätte aber eine deutliche zeitliche Verzögerung nach sich ziehen müssen. Dr. C. stellt daher zutreffend fest, dass beim Kläger eine asymmetrisch-multifokale und nicht eine distal-symmetrische Polyneuropathie vorliegt und diese nicht durch eine lumbal radikuläre Symptomatik beeinflusst ist.

Der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme des Diplomchemikers Dr. M. vom 12.04.2011 und vom 21.09.2010 kann der Senat keine Anhaltspunkte entnehmen, die für die Annahme des Vorliegens einer Polyneuropathie des Klägers i.S.d BK 1317 sprechen. Wegen der rechtlichen Maßgaben, zu denen sich Dr. M. geäußert hat, wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Zu den medizinischen Fragen, zur Testpsychologie und insbesondere zu der zu fordernden Symmetrie der Ausfälle, hat Dr. M. die Aussagen der Dr. K. übernommen und sich sonst nicht weiter geäußert; diese Fragen betreffen auch nicht sein Fachgebiet.

Die Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Homöopathie Dr. K. kommt in ihrem Gutachten vom 06.05.2009 mit ergänzender, von der Klägerseite vorgelegter Stellungnahme vom 22.01.2010 im Übrigen auch nur zu dem Ergebnis, eine toxisch bedingte Polyneuropathie liege mit hoher Wahrscheinlichkeit vor, was wie ausgeführt aus rechtlichen Gründen für deren Bejahung im Rahmen der Feststellung einer BK 1317 nicht ausreicht.

2b. Auch die Gesundheitsstörung Enzephalopathie i.S.d BK 1317 der Anlage zur BKV liegt nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor.

aa. Der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft zum Vorliegen einer Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 stellt sich wie folgt dar:

Die ICD-10 benennt unter G 92 die toxische Enzephalopathie, die als Krankheit i.S.d. BK 1317 zugrunde zu legen ist und noch weiterer Präzisierung bedarf. Unter einer toxischen Enzephalopathie versteht man eine nicht-entzündliche Erkrankung oder Schädigung des Gehirns (Enzephalopathie), die Ihre Ursache in einer akuten oder chronischen Schädigung durch giftige Substanzen hat (http://www...de/...html). Nach dem einschlägigen Merkblatt (a.a.O.) äußert sich eine Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 durch diffuse Störungen der Hirnfunktion. Konzentrations- und Merkschwächen, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen, Persönlichkeitsveränderungen oft mit Antriebsarmut, Reizbarkeit und Affektstörungen verbunden, stehen im Vordergrund. Der psychopathologische Befund muss durch psychologische Testverfahren objektiviert werden, die das Alter des Patienten berücksichtigen. Wichtige anamnestische Hinweise sind Alkoholintoleranz und häufige pränarkotische Symptome im unmittelbaren Zusammenhang mit der Lösungsmittelexposition (Benommenheit, Trunkenheit, Müdigkeit, Übelkeit, Brechreiz, aber auch Zustände von Euphorie). Die Diagnose einer Enzephalopathie stützt sich, wie Dr. C. erläutert hat, auf die anamnestischen Angaben, den psychopathologischen Befund sowie die Ergebnisse von Testverfahren.

Eingeteilt wird die toxische Enzephalopathie in verschiedene Schweregrade. Toxische Enzephalopathien treten in der Regel noch während des Expositionszeitraumes auf. Die klinische Diagnose kann allerdings auch noch Jahre nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit gestellt werden (vgl. Merkblatt, Punkt III).

bb. Auch die Gesundheitsstörung Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 liegt beim Kläger nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor.

Eine Enzephalopathie haben weder der vom SG gehörte neurologische Gutachter Prof. Dr. E. noch der vom Senat bestellte neurologische Gutachter Dr. C. (unter Beachtung der Feststellungen des Diplom-Psychologen F.) diagnostiziert.

Wie bereits zur Neuropathie ausgeführt kommt Prof. Dr. E., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Sozialmedizin, in seinem Gutachten vom 10.03.2003 zu dem zusammenfassenden Ergebnis, dass die von Dr. B. genannten Diagnosen für das neurologisch-psychiatrische Gebiet nicht bestätigt werden können. Eine schwere Myopathie oder eine schwere Ataxie, die auf eine Enzephalopathie hindeuten könnten, hat Prof. Dr. E. nicht feststellen können. Auch eine schwere Leistungsminderung konnte er nicht feststellen, selbst wenn eine leichte Leistungseinschränkung beim Kläger aufgrund der bestehenden Gesundheitsstörungen mit chronischen Kopfschmerzen bei auch chronischen Wirbelsäulenbeschwerden und überlagernden reaktiven depressiven Störungen bestünde. Eine die Exposition wesentlich überdauernde Verschlimmerung von Kopfschmerzen hat Prof. Dr. E. nicht als wahrscheinlich eingeordnet. Nur die vorübergehende Verstärkung von Kopfschmerzen erklärte er mit der Belastung durch Lösungsmittel. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.01.2013 hat Prof. Dr. E. mitgeteilt, dass sich durch die Änderung des Merkblattes im Jahre 2005, die nach seiner ursprünglichen Begutachtung erfolgte, vorliegend keine neuen Gesichtspunkte ergeben haben, die für die Feststellung einer Enzephalopathie belangvoll wären.

Die den notwendigen Überzeugungsgrad ausschließenden Zweifel des Senats am Vorliegen einer Enzephalopathie ergeben sich auch aus den Feststellungen des Neurologen und Psychiaters Dr. C.. Der Sachverständige kommt, das geänderte Merkblatt zur BK 1317 zugrunde legend, in seinem Gutachten vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) zu dem überzeugenden Ergebnis, dass sich keine Enzephalopathie findet. Die Untersuchungen des Dr. C. haben eine leichtgradige kognitive Einbuße ergeben, die vor allem auf eine verminderte psychophysische Belastbarkeit und Ausdauer hinweist. Diese steht eher in Zusammenhang mit einer möglichen depressiven Störung (die beim Kläger bereits 1990 und damit vor Beginn der Exposition erstmals diagnostiziert wurde) als mit einer reinen hirnorganisch bedingten kognitiven Störung, wie Dr. C. übereinstimmend mit Prof. Dr. E. ausführt. Eine toxische Ursache dieser Einbuße ist unwahrscheinlich. In diesem Sinne bezeichnet Prof. Dr. E. die im Rahmen der Testung durch den Diplom-Psychologen K. am 09.02.2001 testpsychologisch erfassten Hirnleistungsstörungen des Klägers als unspezifisch und nicht hinweisend auf eine Hirnschädigung.

Auch aus den vom Diplom-Psychologen F. vom 26. bis 28.07.2007 durchgeführten neuropsychologischen Tests kann Dr. C. keine eindeutigen Hinweise für einen deutlichen Hirnabbau oder Hinweise für eine allgemein beginnende oder fortschreitende Abbauerkrankung (Enzephalopathie) erkennen. Dr. C. fand im EEG eine normale Alpha-Grundaktivität 8/Sekunde mit einer einmaligen dysrhythmischen Gruppe bilateral sowie vereinzelten Theta- und Deltawellen im Sinne von flüchtigen Funktionsstörungen. Dr. C. bezeichnet diese flüchtigen Funktionsstörungen als noch im Bereich des Normalen anzusehen, die mit der geklagten verminderten Belastbarkeit und vorzeitiger und gehäufter Ermüdung korrelieren. Dr. C. führt überzeugend aus, dass für eine eindeutige leichte Allgemeinveränderung, wie sie auch zum Beispiel bei einer Enzephalopathie und einer diffusen Hirnschädigung bestehen können, definitionsgemäß eine deutlichere Verlangsamung der Grundaktivität und eine Blockadereaktion verlangt werden, die sich im EEG nicht gefunden haben. Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Fehlen von Auffälligkeiten im EEG nach dem Merkblatt kein Ausschlusskriterium für das Vorliegen einer toxischen Enzephalopathie ist. Die von Dr. C. festgestellten flüchtigen Funktionsstörungen sind aber auch nicht beweisend für eine toxische Enzephalopathie.

Aus den Feststellungen des Diplom-Psychologen F. und des Dr. C. lassen sich jedenfalls keine Persönlichkeitsveränderungen oder Leistungseinschränkungen erkennen, die für den Schweregrad IIA einer (toxischen) Enzephalopathie i.S.d. Merkblatts sprechen. Soweit der Kläger anamnestisch Leistungseinschränkungen benannt hat (die allenfalls für den Schweregrad Ieiner toxischen Enzephalopathie sprechen könnten) hat der Senat erhebliche Zweifel an den Angaben des Klägers. Nach den Feststellungen des Diplom-Psychologen F. stehen Testergebnisse und Untersuchungsverhalten des Klägers im Widerspruch. Die in den Testverfahren teilweise gezeigten erheblichen Einschränkungen im Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsbereich müssten sich, wie Diplom-Psychologe F. nachvollziehbar ausführt, stark behindernd auf die Alltagsbewältigung auswirken, was der Psychologe aber nicht beobachten konnte. So ist der Kläger u. a. stets pünktlich und selbstständig zu vereinbarten Terminen erschienen und konnte sich an Geschehnisse, Gegebenheiten und Absprachen des Vortags erinnern. Zudem hat der Kläger im Gespräch mit dem Diplom-Psychologen F. nicht psychisch verlangsamt gewirkt, was aufgrund der Verlangsamung in den Testverfahren der Fall hätte sein müssen. Somit ist zum einen der Nachweis testpsychologischer Leistungsbeeinträchtigungen nicht erbracht. Zum anderen sind aber auch die Angaben des Klägers zu seinen Einschränkungen selbst in Zweifel zu ziehen. Dies deckt sich im Übrigen auch mit dem Verhalten des Klägers in den verschiedenen Terminen vor dem Senat, wo er z. B. bei der Anhörung des Sachverständigen am 16.10.2013 der Verhandlung über mehrere Stunden problemlos folgen und sich dann durch gezielte Fragen auch selbst einbringen konnte.

Auch der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme des Dr. M. lassen sich keine Hinweise für das Vorliegen einer Enzephalopathie entnehmen. Es gilt insoweit das oben zur Polyneuropathie Gesagte entsprechend.

Aus den sonstigen aktenkundigen ärztlichen Angaben bzw. Stellungnahmen ergibt sich kein Hinweis auf eine Erkrankung i.S.d. BK 1317.

Die Ausführungen der auf Antrag des Klägers vom Senat gehörten Dr. K., Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Homöopathie, in ihrem Gutachten vom 06.05.2009 (mit ergänzender, von der Klägerseite vorgelegter Stellungnahme vom 22.01.2010) überzeugen nicht. Sie vertritt die Auffassung, es läge eine toxische Enzephalopathie des Schweregrades 2B (und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine toxisch bedingte Polyneuropathie) vor. Die Gutachterin führt aus, ein Vergleich der bereits am 06. und 07.01.2001 erhobenen Testergebnisse mit den am 16.02.2009 erhobenen psychologischen Befundergebnissen weise auf eine Progredienz der mentalen Ausfallerscheinungen hin. Es sei eindeutig von einem progredienten hirnorganischen Prozess auszugehen. Es seien eindeutig arbeits- und stoffbezogene Wirkungen beim Kläger zu verzeichnen mit Benommenheit, Übelkeit, Luftnot, Kribbelparesthesien an Händen und Füßen, Hinterkopfschmerz als akute Symptome sowie Hirnleistungsschwäche, Schlafstörungen und Geruchsempfindlichkeit als chronische Erscheinungen. Dr. K. zieht die oben genannten Schlussfolgerungen aus einem Vergleich der bei Professor Dr. E. erzielten Ergebnisse mit dem Ergebnis aus dem Jahre 2007 in C-Stadt; dort hätten sich erstmals gesicherte Hinweise für eine periphere neurologische Ausfallerscheinung mit Beeinträchtigung der motorischen und sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit gefunden. Daraus ergibt sich jedoch keine entsprechende volle Überzeugung des Senats vom Vorliegen einer Enzephalopathie. Wie Dr. C. zutreffend ausführt, kann eine geringfügige Verlangsamung der Grundtätigkeit im EEG nicht als neurophysiologisches Korrelat für eine fortschreitende Hirnleistungsbeeinträchtigung bewertet werden, da hierzu eine deutlichere Verlangsamung zu fordern wäre. Soweit Dr. K. auf den mehrfach erfolgten Nachweis testpsychologischer Leistungsminderungen verweist, ist dieser Nachweis nach den obigen Ausführungen gerade nicht zur Überzeugung des Senats erbracht. Der Einschätzung des Dr. C., dass die testdiagnostische und klinische Feststellung einer kognitiven Beeinträchtigung in bestimmten Leistungsbereichen nicht automatisch bedeutet, dass eine Enzephalopathie vorliegt, ist in vollem Umfang zuzustimmen.

Zusammenfassend kann der Senat aus den dargestellten Gründen keine volle Überzeugung für das Vorliegen einer Polyneuropathie oder einer Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 gewinnen.

3. Zum Ursachenzusammenhang ist das Folgende auszuführen:

Wie bereits bei der Prüfung des Vorliegens einer Gesundheitsstörung i.S.d. BK 1317 deutlich wurde, nimmt das entsprechende Merkblatt keine deutliche Trennung zwischen den Gesundheitsstörungen Polyneuropathie bzw. Enzephalopathie als solche und der Verursachung und Kausalitätsfragen vor. So wird die Polyneuropathie als neurotoxische gekennzeichnet und ausgeführt, asymetrische, multifokale, rein motorische oder autonome Neuropathien schlößen eine Verursachung durch Lösungsmittel weitgehend aus. Auch die Enzephalopathie wird im Merkblatt als toxische Enzephalopathie bezeichnet, wobei sich die Diagnose auf die anamnestischen Angaben und den psychopathologischen Befund stützt, aber auch differentialdiagnostische Überlegungen anzustellen sind. Daher ist - im Hinblick auf die vom Senat bereits nicht festgestellten Gesundheitsstörungen hilfsweise - auszuführen, dass eine (insofern unterstellte) Polyneuropathie oder Enzephalopathie vorliegend nicht mit dem notwendigen Wahrscheinlichkeitsgrad auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen wäre. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Kausalität ergibt sich insbesondere nicht aus der von der Klägerseite vorgelegten „gutachterlichen Stellungnahme zur Darstellung des Standes der Wissenschaft in Sachen BK 1317“ des Diplom-Chemikers Dr. M. vom 21.09.2010 (mit Ergänzung vom 12.04.2011). Auch wenn man mit Dr. M. davon ausgeht, dass der Kläger einen Risikoberuf in der Halle ausgeübt und einen besonders intensiven Kontakt gehabt hat, dass die Neurotoxizität der Lösemitteln Ethanol und Methanol anerkannt und dass ein Schaden eingetreten ist, ergeben sich - die oben dargelegten Grundsätze zugrunde legend - Zweifel an einer solchen Ursächlichkeit in einem Maße, das die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Verursachung einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel und deren Gemische ausschließt.

Diese Zweifel resultieren - was die Polyneuropathie betrifft - insbesondere aus dem vom Senat eingeholten Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C. vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) und aus dessen Anhörung durch den Senat am 13.10.2013. Dr. C. hat in überzeugender Weise erläutert, dass beim Kläger keine distal-symmetrische Polyneuropathie vorliegt. Wie bereits ausgeführt bedeutet dies, dass eine Nervenschädigung nicht mit dem notwendigen Wahrscheinlichkeitsgrad auf eine berufsbedingte Langzeiteinwirkung durch Lösungsmittel zurückzuführen und die berufliche Tätigkeit des Klägers ist daher nicht als wesentliche Teilursache zu werten wäre.

Was die Enzephalopathie betrifft, lassen sich jedenfalls keine Persönlichkeitsveränderungen oder Leistungseinschränkungen erkennen, die für den (nach dem Merkblatt) erforderlichen Schweregrad IIA einer toxischen Enzephalopathie kennzeichnend sind. Dies ergibt sich in eindeutiger Weise aus den oben bereits dargelegten Feststellungen des Dipl.-Psych. F. und des Dr. C. und den beschriebenen erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben des Klägers zu seinen Leistungsdefiziten.

Eine Vermutung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Exposition und einer Erkrankung wie von der Klägerseite behauptet, besteht nicht und wird auch vom Merkblatt nicht konstituiert. Insbesondere existiert keine Vermutung, dass Beschwerden bzw. Leistungseinschränkungen etwa im kognitiven Bereich auf eine Exposition gegenüber Lösungsmitteln beruhen. Diese Vermutung wird auch nicht durch § 9 Abs. 3 SGB VII fingiert, da vorliegend Anhaltspunkte für außerberufliche Ursachenzusammenhänge für die Beschwerden des Klägers bestehen. Hier ist insbesondere die bereits 1990 diagnostizierte Depression zu nennen. Schon gar nicht besteht der in den Stellungnahmen des Dr. M. suggerierte Automatismus zwischen Exposition und Ursachenzusammenhang. Weder Vermutung noch Automatismus im vorgenannten Sinne lassen sich insbesondere dem Merkblatt zur BK 1317 entnehmen, das nur Anhaltspunkte für das Vorliegen einer toxischen Enzephalopathie aufzeigt und im Übrigen auf differentialdiagnostische Krankheitsbilder verweist. Umgekehrt müssen, wie Dr. C. unter Hinweis auf den Stand der Wissenschaft (unter Inbezugnahme insbesondere von Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl. 2011, 515 f.) ausführt, differentialdiagnostisch gerade auch andere Ursachen berücksichtigt werden.

4. Den weiteren vom Kläger gestellten (Beweis-)Anträgen musste der Senat nicht nachgehen. Dabei lässt der Senat dahinstehen, ob es sich bei den gestellten Fragen überhaupt um wirksame Beweisanträge handelt, insbesondere ob die klägerischen Beweisthemen durch die pauschalisierende Inbezugnahme aller möglichen Schriftsätze hinreichend bestimmt ist, ob die Anträge also in prozessordnungsgerechter Weise formuliert wurden, das Beweisthema ordnungsgemäß angegeben und wenigstens umrissen wurde, was die Beweisaufnahme ergeben soll (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 18.12.1997, 5 BH (J) 14/97; Leitherer in: Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 160 Rn. 18 a). Sie gehen jedenfalls aus den folgenden Gründen ins Leere:

Den Anträgen vom 04.11.2003 und vom 07.03.2008 betreffend Nachermittlungen zu den Arbeitsbedingungen in der Zeit vom 10/1992 bis 11/2000, Einvernahme von Arbeitskollegen als Zeugen und Beiziehung von Verwaltungsakten der Beklagten, betreffend diese Zeugen, musste der Senat nicht nachgehen, weil die Exposition des Klägers gegenüber Lösungsmitteln im Sinne der BK 1317 vom Senat bejaht wird. Sie ist im Übrigen auch unstrittig. Eine bestimmte Konzentration der Lösungsmittel ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer BK 1317 (vgl. dazu Hessisches LSG, Urteil vom 06.07.2007, L 7 U 8/06). Die Beklagte hat daher schon in einem Schriftsatz vom 09.01.2004 hinreichende Anhaltspunkte dafür bejaht, dass der Kläger schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK 1317 ausgesetzt gewesen ist.

Die mit Schriftsätzen vom 15.10.2009, 27.10.2009 und 14.04.2010 geforderte ergänzende Anhörung der nach § 109 SGG ernannten Gutachterin Dr. K. war nach den Regelungen dieser Vorschrift sowie des § 103 SGG nicht notwendig. Der Sachverhalt ist, insbesondere auch nach den ergänzenden Anhörungen des Sachverständigen Dr. C. vom 12.03.2013 und am 16.10.2013, erschöpfend aufgeklärt.

Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 14.04.2010 die Vorlage der Beratungsarztverträge mit Dr. L. und Dr. D. beantragt hat, lässt der Senat offen, ob es sich um einen zulässigen Beweisantrag im oben dargestellten Sinn handelt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16.09.2010 die Niederschriften über die Belehrung und Verpflichtung des Dr. L. vom 20.07.1995 und des Dr. D. vom 30.04.2003 vorgelegt. Deren Status als Beratungsarzt steht damit zur vollen Überzeugung des Senats fest. Bei den von der Beklagten vorgelegten Äußerungen von Dr. L. vom 05.08.2009 und von Dr. D. vom 11.01.2010 handelt es sich um Parteivortrag der Beklagten und nicht um gutachtliche Stellungnahmen im Sinne des § 200 SGB VII. Das Vorbringen wurde vom Senat (und auch vom Gutachter Dr. C.) auch in diesem Sinne gewürdigt.

Eine im Schriftsatz vom 29.11.2013 erneut beantragte Anhörung des Dr. M. und des Prof. Dr. W. war schon deshalb nicht erforderlich, weil es sich bei diesen weder um nach § 106 SGG noch um nach § 109 SGG vom Senat beauftragte Gutachter handelt. Soweit sie als sachverständige Zeugen gehört werden sollen, fehlt es bereits an der Benennung eines geeigneten Beweisthemas. Dr. M. und Prof. Dr. W. haben den Kläger selbst nie untersucht, so dass auch deswegen nicht erkennbar ist, wozu sie zeugenschaftliche Angaben machen könnten.

Den in den Schriftsätzen vom 14.04.2010 und 15.11.2011 enthaltenen Anträgen auf Anhörung des Diplom-Psychologen F. ist der Senat durch Anhörung des Hauptgutachters Dr. C. nachgekommen. Dieser hat am 12.03.2013 und am 16.10.2013 zu allen Fragen des Klägers auch zur Testpsychologie Stellung genommen. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass danach noch Fragen offen geblieben sind.

Mangels Nachweis des Vorliegens einer toxischen Polyneuropathie bzw. Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 waren weitere Ermittlungen zur Exposition des Klägers gegenüber organischen Lösungsmitteln oder deren Gemischen nicht erforderlich.

Für das Vorliegen der Voraussetzungen einer BK 1302 oder 1303 ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den eingeholten sachverständigen Äußerungen, keine Anhaltspunkte, so dass auch in diese Richtung gehende weitere Ermittlungen nicht geboten waren. Insbesondere liegen beim Kläger keine toxischen Erkrankungen vor, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Einwirkung durch Halogenkohlenwasserstoffe (vgl. dazu das Merkblatt zur BK 1302, Bek. des BMA vom 29.03.1985, BArbBl 1985, H.6 S.55, Punkt III) oder Benzol (vgl. dazu das Merkblatt zur BK 1303, Bek. des BMA vom 24.02.1964, BArbBl Fachteil Arbeitsschutz 1964, 30 Punkt III, mit Ergänzung Bek. des BMA vom 22.08.1994, BArbBl 10/94, S.139 ff, Punkt III) zurückzuführen sind.

Die Berufung gegen das klageabweisende Urteil war nach alledem zurück zuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
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Annotations

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) § 76 Abs. 2 Nr. 1 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, daß der Unfallversicherungsträger auch auf ein gegenüber einem anderen Sozialleistungsträger bestehendes Widerspruchsrecht hinzuweisen hat, wenn dieser nicht selbst zu einem Hinweis nach § 76 Abs. 2 Nr. 1 des Zehnten Buches verpflichtet ist.

(2) Vor Erteilung eines Gutachtenauftrages soll der Unfallversicherungsträger dem Versicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen; die betroffene Person ist außerdem auf ihr Widerspruchsrecht nach § 76 Abs. 2 des Zehnten Buches hinzuweisen und über den Zweck des Gutachtens zu informieren.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.