Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Versorgung nach dem Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG).
Der 1947 geborene Kläger, für den ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt worden ist für eine Funktionsbehinderung der Hals- und Lendenwirbelsäule, degenerative Veränderungen, Nervenwurzelreizerscheinungen, Wirbelgleiten, chronisches Schmerzsyndrom (Einzel-GdB 30), für Funktionsbehinderung beider Handgelenke, Daumensattelgelenksarthrose bds. (Einzel-GdB 20) sowie für Knorpelschäden am Kniegelenk links, arthroskopisch behandelt (Einzel-GdB 20), war in der DDR mehrfach inhaftiert. Nach seinen Angaben bzw. den vorliegenden Unterlagen war dieser erstmals 1964 in I. inhaftiert. Auch in den Jahren 1965 bis 1966 war der Kläger dort in Haft sowie von 1967 bis 1970 in M.. Von 1971 bis 1972 war der Kläger in der Strafvollzugseinrichtung B. inhaftiert, von 1973 bis 1976 in der Strafvollzugseinrichtung B.. Vom 06.05. bis 25.08.1980 und vom 14.01.1983 bis 13.01.1984 war der Kläger in der Strafvollzugseinrichtung T. inhaftiert. Vom 14.06.1984 bis 13.02.1986 war der Kläger in L. in Haft.
Mit Beschluss vom 06.05.2009 hob das Landgericht M. (LG) den Beschluss des Kreisgerichts S. vom 25.08.1980 auf und setzte die Dauer des insoweit zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzugs auf die Zeit vom 06.05.1980 bis 25.08.1980 fest. Zudem hob es das Urteil des Kreisgerichts S. vom 30.06.1982 auf. Mit Beschluss vom 29.08.2011 setzte das LG die Dauer des hinsichtlich des genannten Urteils zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzugs auf die Zeit vom 14.01.1983 bis 12.01.1984 fest.
Weitere Rehabilitierungen fanden nicht statt. Mit Beschluss vom 19.04.2010 lehnte es das LG ab, den Kläger wegen des Urteils des Kreisgerichts S. vom 01.07.1971 zu rehabilitieren (Verurteilung wegen Rowdytum). Mit Beschluss vom 05.05.2011 lehnte es das LG ab, den Kläger hinsichtlich der Urteile des Kreisgerichts S. vom 20.11.1978 und 23.06.1980 zu rehabilitieren (Verurteilung wegen Verkehrsgefährdung durch Trunkenheit im schweren Fall bzw. wegen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten; im letzteren Fall war der Kläger durch das Urteil des Kreisgerichts S. vom 25.08.1980 freigesprochen worden).
Am 09.06.2009 beantragte der Kläger beim Beklagten die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem StrRehaG. Als Schädigungsfolgen machte er eine deformierte Wirbelsäule, eine Funktionsstörung im rechten Zeigefinger sowie Narben am rechten Oberschenkel und an der linken Bauchseite geltend. Die Wirbelsäulenbeschwerden führte der Kläger auf die schwere körperliche Arbeit zurück, die er bei seiner ersten Inhaftierung 1963 verrichten habe müssen. Als Ursache der Zeigefingerverletzung nannte der Kläger (zunächst) einen Unfall an der Drehbank während der Inhaftierung zwischen 1967 und 1970; er sei mit der Hand ins Backenfutter geraten. Die sofortige Unfalluntersuchung habe kein Selbstverschulden des Klägers ergeben; es sei keine Schutzvorrichtung vorhanden gewesen. Seit diesem Unfall bestehe keine volle Funktion mehr. Die angegebenen Narben seien entstanden, als seine Tätowierungen zwischen 1978 und 1980 ohne seine Zustimmung entfernt worden seien.
Im Rahmen der Ermittlungen durch den Beklagten wurde u. a. eine ärztliche Bescheinigung des Hausarztes Dr. B. vom 16.07.2009 eingeholt. Darin sind u. a. Wirbelsäulenbeschwerden dokumentiert; mittlerweile habe sich eine ausgeprägte Spondylolisthesis L 5/S 1 entwickelt sowie eine Osteochondrose der gesamten Wirbelsäule, wobei man, so der Arzt, von einem chronischen Schmerzpatienten sprechen könne. Mitursächlich sei sicherlich die Schwerstarbeit im Wachstumsalter gewesen. Aus der Bescheinigung geht hervor, dass der Kläger bei Dr. B. angegeben hat, dass ihm durch das Wachpersonal eine Fraktur der Metacarpale rechts distal mit Knochendefektheilung zugefügt worden sei; seitdem sei das Fingergrundgelenk versteift, ebenso das Mittelglied D II. Auch habe der Kläger, so Dr. B., angegeben, dass ihm im Alter von 23 Jahren die Epidermis am gesamten Oberschenkel wegen einer „nicht DDR-konformen“ Tätowierung ohne Narkose entfernt worden sei. Dr. B. stellte Narben sowie weitere - „nicht im ursächlichen Zusammenhang mit den Gefängnisaufenthalten“ stehende - Gesundheitsstörungen fest. In weiteren (orthopädischen) Unterlagen wurden u. a. die Diagnosen Luboischialgie rechts und Wirbelgleiten L 4/L 5/S 1 gestellt.
In einem Telefongespräch am 29.07.2011 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er sich hinsichtlich des Zeitpunkts der Detätowierungen geirrt habe. Es habe sich damals um die Inhaftierung vom 14.01.1983 bis 13.01.1984 in der Strafvollzugseinrichtung L. gehandelt. Am 11.10.2011 teilte der Kläger dem Beklagten gegenüber telefonisch mit, dass er sich etwa 1980 während einer Schlägerei in Freiheit (nicht in Haft) die Hand gebrochen habe; der Zeigefinger der rechten Hand sei dabei nicht betroffen gewesen.
Im Verwaltungsverfahren wertete der Beklagte weiter die noch vorhandenen Haftunterlagen aus. Mit Schreiben vom 17.11.2011 teilte die Justizvollzugsanstalt B. dem Beklagten mit, dass aufgrund der Erkenntnisse in einem ähnlich gelagerten Fall bekannt sei, dass eine Entfernung von Tätowierungen in der DDR ohne ausdrückliche, schriftliche Genehmigung des Gefangenen nicht möglich gewesen sei. Aus dem Abschlussbericht der Krankenabteilung der Strafvollzugseinrichtung L. vom 13.01.1986 ist ersichtlich, dass sich der Kläger dort am 13.11.1985 zur Detätowierung aufgehalten hat. Es seien, so der Bericht, das großflächige Symbol „Henkerfigur“ am rechten Oberschenkel, Streckseite, sowie die Symbole „EK I“ und „1812“ am linken Rippenbogenrand und die Schrift „Untreue“ am rechten Oberschenkel, Streckseite, entfernt worden.
Zudem zog der Beklagte Unterlagen des Bundesarchivs Berlin und des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik heran.
Mit Bescheid vom 18.04.2012 lehnte der Beklagte den Antrag auf Beschädigtenversorgung ab. Hinsichtlich der Wirbelsäulenbeschwerden stützte der Beklagte die Ablehnung darauf, dass hinsichtlich der ersten Inhaftierung im Jahr 1963, auf deren Haftbedingungen der Kläger die Beschwerden zurückführe, keine Rehabilitierungsentscheidung vorliege. Im Übrigen sei es „wohl nicht mehr möglich“, heute bestehende Wirbelsäulenbeschwerden ursächlich auf schwere körperliche Tätigkeiten vor über 40 Jahren zurückzuführen. Hinsichtlich der Verletzung am Zeigefinger der rechten Hand verwies der Beklagte auf die fehlenden Gesundheitsunterlagen, die die geltend gemachten Verletzungen bei der Arbeit an einer Drehbank im Zeitraum zwischen 1967 und 1970 belegen würden. Zudem fehle es auch hier an der erforderlichen Rehabilitierungsentscheidung. Gleiches gelte hinsichtlich der Detätowierung, die nach den vorliegenden Unterlagen am 13.11.1985 erfolgt sei.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 14.05.2012 Widerspruch, der nicht begründet wurde. Der Kläger verweist lediglich darauf, dass ihm durch die Entfernung der Tätowierung Unrecht geschehen sei und dass es unerheblich sei, ob dies während einer rehabilitierten Inhaftierung geschehen sei. Diesbezüglich habe er sich bereits an die Bundeskanzlerin gewandt. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2012 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 31.10.2012 Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Der Widerspruchsbescheid beziehe sich nur auf die Detätowierung, obwohl auch weitere Schädigungsfolgen geltend gemacht worden seien. Die Detätowierung, so der Kläger, sei nicht freiwillig geschehen. In der Begründung der Klage hat der Kläger auch auf „die in einer Demokratie geltenden“ Menschenrechte hingewiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.12.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und sich die Begründung des Beklagten in den angefochtenen Bescheiden gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu eigen gemacht. Das SG hat hervorgehoben, dass die Schädigungen nicht während rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen erfolgt seien, die entsprechenden Haftzeiträume seien nicht von der Rehabilitierung umfasst. Aus Sicht des SG sei auch nicht wahrscheinlich, dass kurzzeitige schwere körperliche Tätigkeiten zu Schäden an der Wirbelsäule führen würden. Insoweit könne auf die Grundsätze aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu den Berufskrankheiten nach Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV), zurückgegriffen werden, welche langjährige - regelmäßig zehn Jahre andauernde - Einwirkungen auf die Wirbelsäule voraussetzen würden. Zudem hat das SG darauf hingewiesen, dass auch bei Anerkennung von Narben und einer Bewegungseinschränkung „des linken Zeigefingers“ als Schädigungsfolge kein finanzieller Ausgleich in Form einer Grundrente nach § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Betracht komme, da die Bewegungseinschränkung keinen Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 30 im Hinblick auf die maßgeblichen Regelungen der Versorgungsmedizinischen Grundsätze, Anlage 1 zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VG), in Teil B Nr. 18.13 bedinge.
Am 16.01.2013 hat der Kläger gegen den Gerichtsbescheid Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) erhoben. In der Begründung der Berufung hat er darauf hingewiesen, dass die Schädigungen zweifelsfrei während der Inhaftierungszeiten erlitten worden seien. Insoweit hat der Kläger auf alle Inhaftierungen verwiesen. Der Unfall der rechten Hand sei nicht selbst verschuldet. Die Tätowierungen seien unter unmenschlichen Umständen entfernt worden. Bei Betrachtung aller Schädigungsfolgen ergebe sich ein GdS von mindestens 30. Der Kläger hat zudem eine ärztliche Bescheinigung des Hausarztes Dr. B. vom 11.01.2013 vorgelegt. Darin ist bestätigt worden, dass der Kläger entsprechend seinen eigenen Angaben in den „16 Jahren“ der Inhaftierung in der DDR ausschließlich schwere Arbeiten verrichten habe müssen. Während dieser Zeit und auch im Anschluss habe der Kläger unter chronischen anhaltenden Rückenschmerzen gelitten. Der Kläger führe, so Dr. B., diese auf die Tätigkeiten zurück. Seit 1992 werde der Kläger von ihm hausärztlich betreut, u. a. auch wegen erheblicher Schmerzzustände, bedingt durch eine ausgeprägte Osteochondrose.
Mit Schreiben vom 01.02.2016 hat der Kläger auf gerichtliche Nachfrage bestätigt, dass keine neuen Rehabilitierungsentscheidungen ergangen seien. Der Senat hat die Behindertenakte des Beklagten beigezogen.
Am 23.02.2016 hat ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage des Senats stattgefunden. Dabei ist der Kläger im Einzelnen zu den von ihm während der verschiedenen Inhaftierungen zu verrichtenden körperlichen Arbeiten befragt worden. Der Kläger hat nähere Angaben zu den verschiedenen Haftzeiten sowie zu einzelnen dieser Tätigkeiten gemacht. Zudem hat er hervorgehoben, dass er auch verschärfte Haftbedingungen erleiden habe müssen (z. B. Einzelhaft). Die Detätowierung sei menschenverachtend gewesen. Die schweren Arbeiten, die er verrichten habe müssen, seien solche gewesen, zu denen außerhalb des Strafvollzugs niemand bereit gewesen sei.
In dem Termin haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Abs. 2 SGG erklärt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des SG vom 13.12.2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2012 zu verurteilen, als Schädigungsfolgen im Sinne des StrRehaG Wirbelsäulenschäden, Funktionsstörung des rechten Zeigefingers sowie Narben am rechten Oberschenkel und an der linken Bauchseite festzustellen und Versorgung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 SGG. Hieran war er auch nicht im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Europäische Menschenrechtskonvention gehindert (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 153, Rdnr. 13a), weil das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Denn für den Kläger bestand im Berufungsverfahren die Möglichkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung; er hat hierauf jedoch verzichtet. Der Kläger hat sich im o.g. Termin ausführlich geäußert.
Mit Beschluss gemäß § 153 Abs. 5 SGG vom 19.02.2016 ist die Berufung dem Berichterstatter übertragen worden, so dass dieser zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden hat.
Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid vom 18.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.10.2012 ist rechtmäßig. Wie das SG zu Recht entschieden hat, steht dem Kläger eine Beschädigtenversorgung gemäß § 21 StrRehaG nicht zu. Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule, des rechten Zeigefingers und der Haut (am rechten Oberschenkel und an der linken Bauchseite) sind nicht als Schädigungsfolgen infolge der Freiheitsentziehung durch DDR-Behörden anzuerkennen.
Ein Entschädigungsanspruch nach dem StrRehaG setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale von § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG gegeben sind.
Für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge und damit die Berücksichtigung im Rahmen eines Versorgungsanspruchs nach § 1 Abs. 1 BVG ist gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 StrRehaG ein wahrscheinlicher Zusammenhang der Freiheitsentziehung als schädigender Vorgang und der geltend gemachten Gesundheitsstörung erforderlich.
Entsprechend den vorgenannten Bestimmungen setzt die Anerkennung von Schädigungsfolgen eine dreigliedrige Kausalkette voraus (vgl. BSG, Urteil vom 25.03.2004, Az.: B 9 VS 1/02 R): Eine Freiheitsentziehung (1. Glied) muss zu einer primären Schädigung (2. Glied) geführt haben, die wiederum die geltend gemachten Schädigungsfolgen (3. Glied) bedingt.
Die drei Glieder der Kausalkette müssen im Vollbeweis, d. h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R). Dies bedeutet, dass kein vernünftiger Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteile vom 28.06.2000, Az.: B 9 VG 3/99 R, und vom 17.04.2013, Az.: B 9 V 1/12 R). Demgegenüber reicht es für den zweifachen ursächlichen Zusammenhang der drei Glieder aus, wenn dieser jeweils mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Die Beweisanforderung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt sowohl für den Bereich der haftungsbegründenden Kausalität (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R - in Aufgabe der früheren Rechtsprechung, z. B. BSG, Urteil vom 24.09.1992, Az.: 9a RV 31/90, die für den Bereich der haftungsbegründenden Kausalität noch den Vollbeweis vorausgesetzt hat -; vgl. auch jüngst BSG, Urteile vom 17.04.2013, z. B. Az.: B 9 V 1/12 R) als auch den der haftungsausfüllenden Kausalität. Dies entspricht den Beweisanforderungen auch in anderen Bereichen der sozialen Entschädigung oder Sozialversicherung, insbesondere der wesensverwandten gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Beurteilung des Zusammenhangs folgt, wie ansonsten im Versorgungsrecht auch, der Theorie der wesentlichen Bedingung (ständige Rspr. des BSG, vgl. z. B. Urteile vom 23.11.1977, Az.: 9 RV 12/77, vom 08.05.1981, Az.: 9 RV 24/80, vom 20.07.2005, Az.: B 9a V 1/05 R, und vom 18.05.2006, Az.: B 9a V 6/05 R). Diese beruht auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie: Danach ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Als rechtserheblich werden allerdings nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben.
Eine potentielle Ursache begründet dann einen wahrscheinlichen Zusammenhang, wenn ihr nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1977, Az.: 10 RV 15/77). Oft wird diese Wahrscheinlichkeit auch als hinreichende Wahrscheinlichkeit bezeichnet, wobei das Wort „hinreichend“ nur der Verdeutlichung dient (vgl. Keller, a. a. O., § 128, Rdnr. 3c). Nicht ausreichend ist dagegen eine bloße - abstrakte oder konkrete - Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs (vgl. BSG, Urteil vom 26.11.1968, Az.: 9 RV 610/66). Haben mehrere Ursachen zu einem Schaden beigetragen, ist eine vom Schutzbereich des BVG umfasste Ursache dann rechtlich wesentlich, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges - verglichen mit den mehreren übrigen Umständen - annähernd gleichwertig ist. Das ist dann der Fall, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014, Az.: B 9 V 6/13 R). Im Einzelnen bedarf es dazu der wertenden Abwägung der in Betracht kommenden Bedingungen. Im Einzelfall muss die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinne als Ursache oder Mitursache zu gelten haben und welche nicht, aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. a. a. O.).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall weder für die Gesundheitsschäden an der Haut (rechter Oberschenkel und linke Bauchseite) noch des rechten Zeigefingers oder der Wirbelsäule des Klägers gegeben.
1. Hinsichtlich der durch die Detätowierung bedingten Narben des Klägers fehlt es bereits an den allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen von § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG. Denn nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist davon auszugehen, dass die Detätowierung am 13.11.1985 erfolgt ist, also während einer Inhaftierung des Klägers, für die keine Rehabilitierungsentscheidung vorliegt. Dies ergibt sich aus der o.g. Unterlage vom 13.01.1986; der Senat kann hier keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die Bestätigung falsche Tatsachen wiedergeben würde. Jedenfalls - wenn insoweit auf Klägerseite dennoch Bedenken bestehen sollten - wäre die Durchführung der Detätowierung zum „richtigen“ Zeitpunkt, also während einer Haft, für die eine Rehabilitierungsentscheidung vorliegt, nicht nachgewiesen.
Freiheitsentziehung in § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG ist nur die zu Unrecht erlittene, deren Dauer in dem Beschluss des Landgerichts anzugeben ist; eine Gesundheitsstörung, die Folge einer unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstandenden Freiheitsentziehung ist, kann keinen Versorgungsanspruch nach § 21 StrRehaG begründen (vgl. z. B. auch Rademacker, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 21 StrRehaG, Rdnr. 4, m. w. N.). Dabei kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die weiteren Inhaftierungen des Klägers in der DDR bzw. deren einzelne Bedingungen - wie z. B. die Haft zwischen dem 14.06.1984 und 13.02.1986 - unter rechtsstaatlichen und humanitären Aspekten fragwürdig etc. gewesen sind. Hiervon geht der Senat sogar aus, denn es ist eine offenkundige Tatsache, dass die Haftbedingungen in Strafvollzugseinrichtungen des Unrechtsstaates DDR grundsätzlich inakzeptabel gewesen sind. Darauf kommt es jedoch nicht an. Denn maßgeblich ist für Ansprüche nach § 21 StrRehaG ausschließlich, ob für die betreffenden Haftzeiten eine Rehabilitierungsentscheidung ergangen ist. Wie der Senat für das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) bereits ausdrücklich entschieden hat, kommt eine Erweiterung des Rehabilitierungsgrundes nicht in Betracht. Abzustellen ist vielmehr ausschließlich auf die konkreten Maßnahmen, die wegen ihrer Rechtsstaatswidrigkeit gemäß § 1 VwRehaG aufgehoben werden, bzw. auf die konkreten von der Aufhebung rechtsstaatswidriger Entscheidungen betroffenen Freiheitsentziehungen gemäß §§ 1 ff. StrRehaG (vgl. das Urteil des Senats vom 19.11.2014, Az.: L 15 VU 1/10). Dies ergibt sich ohne Weiteres aus Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck der Rehabilitierungsgesetze, die ausdrücklich die einzelne Aufhebung konkreter hoheitlicher Maßnahmen des DDR-Regimes und gerade keinen allgemeinen Unrechtsausgleich ohne konkrete Prüfung von Einzelereignissen vorsehen; nicht zuletzt folgt dies auch aus dem Bestimmtheitsgebot des Rechtsstaatsprinzips gemäß Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (vgl. das Urteil des Senats, a. a. O., m. w. N.; hierin ist auch dargelegt, dass dem Betroffenen durch diese Rechtsprechung keine Nachteile entstehen).
2. Auch die Funktionsstörung am rechten Zeigefinger des Klägers kann nicht als Schädigungsfolge anerkannt werden. Denn es steht aus Sicht des Senats in keiner Weise fest, dass sie aufgrund einer Schädigung im Zusammenhang mit einer Freiheitsentziehung, für die eine Rehabilitationsentscheidung vorliegen würde, entstanden wäre. Nach dem Verfahren kann der Senat nur feststellen, dass die Ursache der Funktionsstörung weitgehend im Dunkeln liegt. Aufgrund der vorliegenden Angaben des Klägers könnte der rechte Zeigefinger durch Wachpersonal in DDR-Strafvollzugseinrichtungen, 1980 bei einer Schlägerei oder 1970 - ggf. auch zu einem anderen Zeitpunkt - bei einem Unfall an der Drehbank (während der Haft) verletzt worden sein. Im Hinblick auf die detaillierten Angaben des Klägers spricht viel dafür, dass vorliegend ein Unfall während einer Haft etwa 1970 maßgeblich gewesen ist. In diesem Fall würde es sich jedoch nicht um eine Haft handeln, für die eine Rehabilitierungsentscheidung vorliegt. Insoweit würden die Darlegungen unter Ziffer 1 gelten.
3. Schließlich lässt sich auch ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen den Inhaftierungen, für die eine Rehabilitationsentscheidung vorliegt - also lediglich für die Zeiträume vom 06.05. bis 25.08.1980 und vom 14.01.1983 bis 13.01.1984 -, und den geltend gemachten Gesundheitsschäden an der Wirbelsäule nicht nachweisen und auch nicht wahrscheinlich machen.
a. Wie der Kläger nachvollziehbar darauf hingewiesen hat, waren seine Haftbedingungen - vereinfacht ausgedrückt - problematisch (vgl. oben); der Senat geht auch davon aus, dass der Kläger zu solchen körperlichen Arbeiten gezwungen war. Es steht jedoch nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger während der rehabilitierten Haftzeiträume zu körperlichen Tätigkeiten gezwungen war und diese ausgeübt hat, die grundsätzlich geeignet gewesen wären, Wirbelsäulenschäden hervorzurufen. Trotz intensiver Nachfrage des Gerichts konnte nicht geklärt werden, welche Tätigkeiten der Kläger in den beiden genannten Zeiträumen genau ausgeübt hat. Die näheren Arbeitsbedingungen des Klägers können heute nicht mehr nachvollzogen werden. Auch aus den beigezogenen Unterlagen ergibt sich kein Nachweis für die vom Kläger zwischen dem 06.05. und 25.08.1980 sowie 14.01.1983 und 13.01.1984 konkret ausgeübten Arbeiten.
b. Auch der Beweismaßstab von § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) verhilft dem Kläger nicht zum Erfolg. Nach dieser Vorschrift sind die Angaben des Klägers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen, „wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verloren gegangen sind“. Die Beweiserleichterung kann prinzipiell auch im Hinblick auf solche Tatsachen anwendbar sein, die im Zusammenhang mit einer Schädigung stehen, welche vom StrRehaG erfasst wird. Somit könnten hiervon auch Angaben des Klägers bezüglich der Arbeitsbedingungen in den DDR-Gefängnissen erfasst sein.
Die Anwendung von § 15 KOVVfG hilft dem Kläger jedoch vorliegend nicht weiter. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er zu den konkreten Arbeitsbedingungen während der Haftzeiträume, für die Rehabilitationsentscheidungen vorliegen, gerade keine näheren Angaben machen konnte. Zudem könnten solche Aussagen des Klägers, die bezüglich der betreffenden Zeiträume besonders belastende Tätigkeiten mit grundsätzlicher Eignung, schwere und noch heute anhaltende Wirbelsäulenschäden hervorzurufen, behaupten würden, auch nicht als glaubhaft angesehen werden. Denn nach Auffassung des Senats kann nicht davon ausgegangen werden, dass nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für die Möglichkeit sprechen würde, dass der Kläger (gerade) in den beiden Inhaftierungszeiten besonders schwere Tätigkeiten verrichtet hätte, die einen wesentlichen Mitverursachungsbeitrag dargestellt hätten (siehe hierzu auch Ziff. 3.c). Aus Sicht des Senats besteht hierfür allenfalls eine sehr geringe Möglichkeit.
c. Zu dem fehlenden Nachweis geeigneter, (zwangsweise) ausgeübter körperlicher Tätigkeiten kommt, dass - gerade auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG zur Mitursächlichkeit (vgl. d. Urteil vom 16.12.2014, a. a. O.) - ein kausaler Zusammenhang zwischen in den genannten Zeiträumen ausgeübten Arbeiten und den heutigen Wirbelsäulenbeschwerden sehr unwahrscheinlich ist. Im Hinblick auf den Gesamtzeitraum von Haftzeiten des über lange Lebensjahre hinweg inhaftierten Klägers erscheint es kaum möglich, dass die in den kurzen Zeiträumen der rehabilitierten Haftzeiten ausgeübten Tätigkeiten für den Eintritt der Wirbelsäulenbeschwerden im Sinne eines relevanten Mitverursachungsbeitrags annähernd gleichwertig sein könnten. Etwas anderes wäre also nur dann denkbar, wenn die in den beiden Haftzeiträumen ausgeübten Tätigkeiten in ihrer Bedeutung und Tragweite, d. h. wegen ihrer schweren körperlichen Belastung, für den Eintritt der Wirbelsäulenschäden allein mindestens so viel Gewicht hätten wie die übrigen (langjährigen) Tätigkeiten zusammen. Dies erscheint aus Sicht des Senats bei realistischer Betrachtung nahezu ausgeschlossen. Letztlich lässt sich jedoch auch dies nicht mehr im Einzelnen nachvollziehen, da - wie oben dargelegt - die näheren Arbeitsbedingungen in den beiden genannten Haftzeiträumen nicht mehr aufgeklärt werden können. Weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, waren somit nicht veranlasst.
Wie das SG zutreffend angemerkt hat, ist aufgrund medizinischer Erfahrungssätze zudem unwahrscheinlich, dass kurzzeitige schwere körperliche Tätigkeiten generell geeignet sein könnten, zu Schäden an der Wirbelsäule zu führen (siehe oben).
Weitere Ermittlungen sind nicht veranlasst. Erst recht besteht hierzu keine verfahrensrechtliche Pflicht. Es ist nicht ersichtlich, wohin Anfragen, die zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts führen könnten, gerichtet werden könnten. Insbesondere haben auch die Beteiligten im Erörterungstermin vom 23.02.2016 solche zielführenden Ermittlungsansätze nicht aufzeigen können.
Der Senat verkennt nicht, dass dem Kläger - ungeachtet der rechtsstaatlichen Unbedenklichkeit der weiteren Verurteilungen - aufgrund der DDR-Haftbedingungen Unrecht geschehen ist, worauf der Kläger im Verfahren wiederholt hingewiesen hat. Aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung des sozialen Entschädigungsrechts stehen dem Kläger diesbezüglich Ansprüche jedoch nicht zu, solange nicht die Rechtsstaatswidrigkeit weiterer strafrechtlicher Verurteilungen o.ä. festgestellt ist.
Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass die Prüfung sonstiger Ansprüche wie nach dem Häftlingshilfegesetz oder dem Opferentschädigungsrecht nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen ist.
Die Berufung kann damit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).