Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2018 - L 15 BL 6/17

published on 20/12/2018 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2018 - L 15 BL 6/17
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Sozialgericht Regensburg, S 7 BL 1/15, 10/01/2017

Gericht

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Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Regensburg vom 10. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Blindengeldanspruch der Klägerin nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz (BayBlindG).

Die 1958 geborene Klägerin, für die ein Grad der Behinderung von 100 für Sehminderng beidseits, Gesichtsfeldeinengung und die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen „G“, „B“, „H“ und „RF“ festgestellt worden sind, stellte am 02.05.2014 beim Beklagten Antrag auf Blindengeld. Dieser holte im Verwaltungsverfahren u.a. ein augenfachärztliches Gutachten von Prof. Dr. K. vom 08.08.2014 ein. Der Sachverständige führte aus, dass die Klägerin bei ihm angegeben habe, ca. sechs Monate nach einem Unfall am Münchener Hauptbahnhof, bei dem sie zwischen S-Bahn und Bahnsteig eingeklemmt gewesen sei, plötzlich eine deutliche Visusminderung beidseits bemerkt habe. Es hätten sich im anschließenden stationären Aufenthalt keine die Sehverschlechterung erklärenden Befunde ergeben.

Als Visuswerte hat der Sachverständige rechts, links und beidäugig (gemessen mit Werten der objektiven Refraktion und Landoltringe) Fingerzählen festgehalten. Das Gesichtsfeld wurde mit dem Projektionshalbkugelperimeter nach Goldmann mit der Testmarke III/4 geprüft: Es habe sich links eine konzentrische Einengung auf ca. 5 Grad unterhalb des Zentrums bei sehr unsicheren Angaben und rechts eine konzentrische Gesichtsfeldeinengung auf beim ersten Versuch knapp 10 Grad bei sehr unsicheren Angaben, bei dem daher erfolgten erneuten Versuch mit einer konzentrischen Einengung auf ca. 5 Grad gezeigt. Prof. Dr. K. hat Astigmatismus, Cataracta incipiens, glaukomatöse Papillenexkavation bei bekanntem Offenwinkelglaukom, kein Hinweis auf weitere Erkrankungen der Netzhaut (rechts) und rechts zusätzlich Myopie diagnostiziert.

Der Sachverständige hat festgestellt, dass bei der Klägerin eine Sehminderung aufgrund eines ausgeprägten Sehnervenschadens bei bekanntem primärem Offenwinkelglaukom vorliegen könne. Der Optokinetische Nystagmus (OKN) habe sich aber sowohl mit der Nystagmustrommel als auch mit dem Kotowskitest (bis Visusstufe 0,1 bzw. ca. 0,3) an beiden Augen sehr gut und reproduzierbar auslösen lassen, so dass an beiden Augen von einer Sehschärfe von mindestens 0,1 oder besser ausgegangen werden müsse. Die Gesichtsfeldeinschränkungen im Goldmann-Gesichtsfeld seien bei unzureichender Mitarbeit mit sehr ungenauen Angaben nicht verwertbar. Die fehlenden Angaben in der ergänzenden Bjerrum-Gesichtsfeld-Untersuchung würden, so Prof. Dr. K., nicht zu den Ergebnissen der anderen Untersuchungen sowie zum Verhalten der Klägerin im Raum passen und würden ebenfalls auf mangelnde Mitarbeit hinweisen. Insgesamt seien daher die Kriterien für Blindheit im Sinne des BayBlindG nicht zweifelsfrei erfüllt.

Auf die entsprechende Gutachtensfrage nach Anhaltspunkten für Simulation und Aggravation stellte der Sachverständige u.a. fest, dass die Klägerin die achtfach bzw. zehnfach vergrößerte Schrift der Tafel zur Bestimmung des Vergrößerungsbedarfs relativ flüssig auch ohne Korrektur habe ablesen können. Bei der Visusbestimmung sei jedoch nicht einmal die Zahl der gezeigten deutlich größeren Landoltringe benannt worden. Dies stehe auch nicht im Einklang mit den Befunden der Nystagmustrommel und des Kotowskitests. Es hätten auch etliche Raumwechsel stattgefunden, bei denen die Klägerin schnellen Schrittes neben der untersuchenden Person ohne Benutzung des Langstocks gegangen sei; sie sei auch Hindernissen (wie z.B. einem Wäschewagen) ohne Ankündigung ausgewichen und problemlos in der Lage gewesen, Türklinken zu betätigen sowie den Lift mit gezieltem Drücken des Knopfes zu holen.

Mit Bescheid vom 09.09.2014 lehnte der Beklagte daraufhin den Blindengeldantrag der Klägerin ab und verwies zum einen auf die vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere auf die Feststellungen von Prof. Dr. K., und zum anderen auf den Grundsatz der objektiven Beweislast.

Hiergegen erhob die Klägerin am 02.10.2014 Widerspruch. Sie trug vor, im Hinblick auf das o.g. Gutachten ihr Sehvermögen noch einmal bei den behandelnden Augenärzten Dr. R. und Dr. A. überprüft zu haben. Ihre Angaben seien für glaubwürdig und nachgewiesen gehalten worden. Die Klägerin bat darum, noch eine zweite gutachterliche Meinung einzuholen.

Dies erfolgte jedoch nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2015 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Voraussetzungen der Blindheit nach dem BayBlindG seien, so der Beklagte, nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, nachdem die von der Klägerin bei der Untersuchung durch Prof. Dr. K. (am 24.07.2014) gemachten Angaben bei der Sehschärfeprüfung und bei der Prüfung des Gesichtsfelds im Widerspruch zu den objektiven Untersuchungsbefunden und dem beobachteten Verhalten während der Untersuchung stehen würden. Zwar seien die formalen Voraussetzungen nach den subjektiven Angaben erfüllt. Eine Erblindung könne nach versorgungsärztlicher Einschätzung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit aber ausgeschlossen werden.

Hiergegen hat die Klägerin am 06.02.2015 Klage zum Sozialgericht (SG) Regensburg erhoben. Zur Begründung ist im Wesentlichen vorgetragen worden, dass aus den von der Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgelegten augenärztlichen Befunden des Dr. A. sowie der Dr. R. sich sowohl rechts als auch links eine Sehstärke von nicht mehr als 1/50 ergebe.

Das SG hat zur medizinischen Sachverhaltsermittlung Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte (Augenärztin Dr. R. vom 18.06.2015, Augenarzt A. vom 25.06.2015, Hausarzt Dr. H. vom 23.07.2015) eingeholt und weitere vorliegende ärztliche Berichte ausgewertet, u.a. das im Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) vom Beklagten bei Prof. Dr. H. (Universitätsklinikum Regensburg) in Auftrag gegebene ophthalmologische Sachverständigengutachten vom 16.07.2013. Darin hat der Sachverständige bei der Klägerin beidseits Hornhautverkrümmung mit gerader Achslage, Kurzsichtigkeit und fortgeschrittene glaukomatöse Optikusatrophie bei primärem Offenwinkelglaukom festgestellt. Weit fortgeschrittene Gesichtsfeldausfälle seien hiermit vereinbar. Der von ihm festgestellte Fernvisus von beidseits 1/50 (Lesetafel in 1 m) erscheine jedoch nicht durch diesen Befund erklärt. Die zentrale Sehschärfe bleibe im Rahmen eines auch fortgeschrittenen Glaukoms lange Zeit gut erhalten. Bei dem Sehnervenbefund der Klägerin wäre, so Prof. Dr. H., eine zentrale Sehschärfe von ca. 0,6 bis 1,0 zu erwarten. Auch das Verhalten der Klägerin spreche nicht für eine derart reduzierte Sehschärfe. Sie sei im Gang sicher und greife gezielt nach Gegenständen, z.B. auch nach der Hand bei der Begrüßung. Derzeit sei eine ausgeprägte psychische Komponente anzunehmen; eine Nachprüfung sei angezeigt, sobald die psychische Situation der Klägerin sich stabilisiert habe.

Auf Anordnung des Gerichts hat sodann der Sachverständige Dr. B. am 01.11.2016 gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten erstellt. In dem ophtalmologischen Gutachten hat dieser die Angabe der Klägerin festgehalten, das rechte Auge sei weiterhin das etwas bessere, womit sie aber allenfalls noch Umrisse von Personen, nicht mehr aber Gesichter erkennen könne. Autos erkenne sie erst, wenn sie nahe da seien (ab ca. 1 bis 2 m). Außerdem sehe sie nur rot und grün.

In der Optischen Cohärenztomographie (OCT) hat Dr. B. eine signifikante Abnahme der peripapillären Nervenfaserschicht vor allem schläfenwertig, oben und unten, links mehr als rechts gemessen; an der Makula seien nur sehr dezente Pigmentverschiebungen erkennbar. Die Netzhautschichtung sei gut erhalten, die foviale Senke aber auch infolge der Nervenfaserschichtverdünnung reduziert.

Als Visuswerte hat Dr. B. rechts, links und beidäugig Wahrnehmen von Licht ohne richtige Lichtlokalisation, kein Wahrnehmen von Handbewegungen und kein Erkennen von Sehzeichen festgehalten. Bei der Prüfung der Sehschärfe falle auf, dass die Handbewegungen des Untersuchers mit den Augen verfolgt würden, ihre Bewegungsrichtung weiterhin aber als nicht zu erkennen angegeben worden sei (die Klägerin habe gesagt, „irgendeinen Punkt“ zu sehen). Da die Sehzeichen zunächst nicht aus 4 m Abstand erkannt worden seien, sei der Abstand verringert worden.

Das Gesichtsfeld ist mit dem Kugelperimeter nach Goldmann, Reizmarke III/4e, gemessen worden.

* Rechtes Auge: Die Reizmarke sei nur sporadisch, also nicht reproduzierbar in den zentralen 2 bis 3 Grad des Gesichtsfelds als wahrgenommen angegeben worden. Refraktorische Blickzielbestimmungen oder Augenfolgebewegungen seien nicht beobachtbar gewesen. Die Mittelpunktfixation sei relativ gut eingehalten worden.

* Linkes Auge: Die Reizmarke (wie auch die Reizmarke V/4e) seien nur einmal, also nicht reproduzierbar in den zentralen 2 Grad des Gesichtsfelds als wahrgenommen angegeben worden. Reflektorische Blickzielbewegungen oder Augenfolgebewegungen seien nicht beobachtbar gewesen. Zur Mittelpunktfixation habe verbal angehalten bzw. dirigiert werden müssen.

Der Sachverständige hat bei der Klägerin die folgenden Diagnosen gestellt (rechts und links): Myopie, Astigmatismus, Presbyopie, Cataracta cortico nucleares incipiens, Degeneration des Sehnerven mit Verdacht auf glaukomatöse Genese und links zusätzlich Verdacht auf Oberlidfetteinlagerungen.

Die genannten Gesundheitsstörungen bestünden nach Aktenlage mindestens seit dem 02.05.2014. Die Fehlsichtigkeiten seien nur gering und ließen sich durch eine entsprechende Brillenkorrektion leicht ausgleichen. Die Linsentrübungen seien noch wenig ausgebildet und alle anderen Medien seien klar. Wesentliche Strukturauffälligkeiten, so der Sachverständige, blieben damit die tief und weit ausgehöhlten wie blassen Papillen. Zusammen mit der deutlichen Minderung der peripapillären Faserschicht, wie sie in der OCT dargestellt worden sei, zeigten sie die Degeneration der Nervenfasern und damit beider Sehnerven an (Optikusatrophie). Es müsse von einer fortgeschrittenen Degeneration ausgegangen werden.

Auch wenn eine Exkavation bei ischämischen Opticopathien möglich sei, sei sie für eine glaukomatöse Genese typisch, insbesondere beidseits und mit der charakteristischen Gefäßabknickung, so dass die Verdachtsdiagnose der Vorgutachter nahe liege, obwohl ein erhöhter Augeninnendruck (als Hauptrisikofaktor für ein Glaukom) nie gemessen worden sei. Insgesamt sei auch der Verlauf der Sehverschlechterung zusammen mit der Diagnosestellung etwas ungewöhnlich.

Der jetzt festzustellende Strukturschaden an beiden Papillen sei derart stark ausgeprägt, so der Sachverständige, dass er mit der von der Klägerin angegebenen Sehschärfe und dem angegebenen Gesichtsfeld durchaus vereinbar wäre. Weil aber derartige Strukturveränderungen aller klinischen Erfahrung nach auch mit einem besseren Sehvermögen jenseits der gesetzlichen Blindheitsgrenze einhergehen könnten, würden, so der Sachverständige, diese Strukturveränderungen noch keinen automatischen Beweis für Blindheit nach dem Gesetz darstellen, sondern nur die Möglichkeit einer Blindheit anzeigen. Weil auch die subjektiven Angaben in sich und im Vergleich zum visuellen Verhalten nicht im Einklang stünden, bekomme die Interpretation der objektiven Funktionsergebnisse vorliegend eine besondere Bedeutung. Der Sachverständige hat diese Ergebnisse im Einzelnen erörtert.

Zusammenfassend hat er festgestellt, dass sich Zweifel am Ausmaß der Sehschärfenminderung (am rechten Auge mehr noch als am linken Auge) ergeben würden, die derzeit einer Beweisführung von Blindheit nach dem BayBlindG entgegenstehen würden. Dies bedeute zudem, dass die heute anzunehmende Sehschärfe auch zu keinem früheren Zeitpunkt wesentlich und nicht nur vorübergehend noch mehr vermindert gewesen sein hätte können, weil die zugrunde liegende chronische Erkrankung der Sehnervendegeneration in der Regel nur eine Verschlechterung und keine Verbesserung zur Folge habe. Somit habe die Sehschärfe zu keinem früheren Zeitpunkt beweisbar unter 1/50 gelegen, auch wenn sie nach Aktenlage mindestens schon seit 2013 fast konstant in dieser Höhe oder geringer angegeben worden sei. Das Gleiche gelte für das Gesichtsfeld. Es liege bei der Klägerin bis heute keine Störung des Sehvermögens im Sinne der Einengung des Gesichtsfelds von einem relevanten Schweregrad vor.

Die subjektiven Angaben würden, so Dr. B., dem visuellen Verhalten deutlich widersprechen; der Sachverständige hat dies in seinem Gutachten im Einzelnen dargelegt. Auch die objektiven Funktionsergebnisse (OKN, Pupillenreaktionen) würden aller klinischer Erfahrung nach ein deutlich besseres Gesichtsfeld voraussetzen. Dabei seien die objektiven Funktionsprüfungen nicht in der Lage, das tatsächlich noch bestehende Gesichtsfeld genau zu quantifizieren.

Zu dem Gutachten hat die Klägerin am 06.12.2016 darauf hingewiesen, dass dieses zu keinem eindeutigen Ergebnis komme. Für eine Klageabweisung enthalte es keine Begründung. Jedenfalls in Verbindung mit den vorhandenen Gesichtsfeldeinschränkungen lägen die Voraussetzungen für die Blindengeldgewährung vor.

Mit Gerichtsbescheid vom 10.01.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne den ihr obliegenden Nachweis von Blindheit im Sinne des BayBlindG nicht führen. In der umfangreichen Begründung des Gerichtsbescheids hat sich das SG im Einzelnen auf die Darlegungen von Dr. B. gestützt.

Am 23.02.2017 hat die Klägerin gegen den Gerichtsbescheid Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt. Zur Begründung ist die Auffassung vertreten worden, dass das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. nicht die erforderliche inhaltliche Qualität besitze, um im vorliegenden Verfahren als Entscheidungsgrundlage dienen zu können. Dr. B. gelange keineswegs zu einem eindeutigen Ergebnis. Die Nichteindeutigkeit, so die Klägerin, sehe der Sachverständige sowohl im Medizinischen als auch im Juristischen begründet. Einem Sachverständigen sei es aber verwehrt, Ausführungen zu Rechtsfragen etc. zu machen. Dr. B. habe sich auch nicht ausreichend mit den Befunden der vorbehandelnden Ärzte kritisch auseinandergesetzt. Somit erscheine das Gutachten nicht verwertbar. Der Sachverständige habe insbesondere seine Aufgaben und Kompetenzen überschritten, wenn er zu der Auffassung gelange, seine Erkenntnisse würden „derzeit einer Beweisführung von Blindheit nach dem Gesetz“ entgegenstehen. Zusammenfassend hat die Klägerseite hervorgehoben, dass die Einholung eines neuen Gutachtens nach § 106 SGG angezeigt sei.

Im Auftrag des Senats hat der Sachverständige Dr. B. am 15.03.2018 zu seinem Gutachten und den Ausführungen in der Berufungsbegründung ergänzend Stellung genommen. Darin hat der Sachverständige auf die Fragen des SG hingewiesen und betont, dass diese seines Erachtens rein medizinisch seien und nichts Anderes umschreiben würden als die Kriterien der Blindheit nach dem BayBlindG. Blindheit nach dem Gesetz werde also logischerweise von ihm im Gutachten als Synonym für die Nichterfüllung der genannten rein medizinischen Kriterien des Gesetzes bzw. der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG - Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung) verwendet. Richtig sei, dass die Entscheidung, ob vorliegend Blindheit nach dem Gesetz, also unter Erfüllung der o.g. rein medizinischen Kriterien, vorliege oder noch nicht, hier sehr schwierig sei. Dem Gutachter bleibe gar nichts Anderes übrig, als eine Aussage darüber zu treffen, wie sicher die erhobenen medizinischen Befunde hinsichtlich des Wahrheitsgehalts zu bewerten seien. Das Gericht alleine werde dies nur bei augenfachärztlicher Vorbildung tun können. Er habe sich im Gutachten mit den Berichten von Dr. R. und dem Augenarzt A. sehr wohl auseinandergesetzt, nämlich vor allem in Bezug auf den Sehschärfeverlauf. Eine eingehendere Auseinandersetzung mit dem Bericht von Dr. R. erübrige sich, zumal dort als Befunde ohnehin nur die Sehschärfe und die normalen Augendruckwerte angegeben worden seien und sonst nichts. Dennoch sei der Hinweis erlaubt, dass die Sehschärfe von Dr. R. am 29.10.2014 erhoben worden sei, also später als die Erstuntersuchung von dem Augenarzt A. (am 10.10.2014). Würden also die Sehschärfewerte vom 10.10.2014 stimmen, dann werde die Sehschärfe bei dem Augenarzt A. am linken Auge sogar schlechter (Fingerzählen) angegeben als später bei Dr. R. (1/50), was die Möglichkeit anzeige, dass Schwankungen auch zum Besseren zu verzeichnen seien, obwohl eine chronisch-degenerative, also eine über die Zeit hinweg gleichbleibende oder sich verschlechternde Erkrankung vorliege. Der Befundbericht des Augenarztes A. sei zwar ausführlicher als der von Dr. R., enthalte aber aus zahlreichen - vom Sachverständigen im Einzelnen dargestellten - Gründen ebenfalls keine belastbaren oder neue Erkenntnisse schaffende Befundergebnisse, mit denen eine eingehendere Auseinandersetzung Sinn gemacht hätte. Unter Berücksichtigung der Äußerung der Klägerseite ergebe sich keine Änderung des Gutachtens.

Im Auftrag des Gerichts hat der Sachverständige am 24.05.2018 erneut ergänzend Stellung genommen und sich gutachterlich zur Frage einer hochgradigen Sehbehinderung der Klägerin geäußert. Es sei weiterhin nicht auszuschließen, sondern sogar wahrscheinlich, dass bereits Blindheit nach dem Gesetz vorliege; diese könne aber nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Bisher könne weder Blindheit nach dem Gesetz noch eine hochgradige Sehbehinderung nachgewiesen werden.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 29.05.2018 hat der Senat darauf hingewiesen, dass keine weiteren Ermittlungen mehr durchgeführt würden. Mit Schreiben vom 22.06.2018 hat das Gericht die Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass für das Berufungsverfahren keine Erfolgsaussicht bestehe, und hat die Rücknahme der Berufung angeregt.

Auf die gerichtliche Anfrage zum Blindengeld für hochgradig sehbehinderte Menschen hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 07.12.2018 darauf hingewiesen, dass sich mit Blick auf die Rechtsprechung des BSG vom 14.06.2018 ein prozessuales Problem ergebe, da die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit nur Blindengeld wegen Blindheit, nicht jedoch Blindengeld für hochgradig sehbehinderte Menschen beantragt habe. Insoweit liege keine anfechtbare Verwaltungsentscheidung vor. Zwar sei der Klägerin (mit Bescheid vom 16.09.2014) ein Gesamt-GdB von 100 auf der Grundlage der Gesundheitsstörung Sehminderung beidseits, Gesichtsfeldeinengung mit einem Einzel-GdB von 100 zuerkannt worden. Es sei jedoch davon auszugehen, dass die Definition der hochgradigen Sehbehinderung in Art. 1 Abs. 3 BayBlindG bewusst so formuliert worden sei, dass keine Bindungswirkung bzgl. falscher oder überholter Feststellungen im Schwerbehindertenverfahren nach dem SGB IX bestehe. „Bedingen“ bedeute in diesem Sinne „tatsächlich vorliegen“; es sei nicht der Wortlaut „festgestellt ist“ etc. gewählt worden, damit gerade keine Bindungswirkung bestehe.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 10.01.2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 09.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2015 zu verurteilen, der Klägerin ab Mai 2014 Blindengeld nach dem BayBlindG zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte, die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Gründe

Der Senat hat in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden können, da diese über den Termin zur mündlichen Verhandlung informiert und dabei auch auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2, § 153 Abs. 1 SGG). Die Klägerin hat am 19.12.2018 erklärt, an der Verhandlung nicht teilzunehmen, und hat um Entscheidung des Rechtsstreits gebeten.

Die Berufung ist zulässig (Art. 7 Abs. 3 BayBlindG i.V.m. §§ 143, 151 SGG), jedoch nicht begründet.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin blind oder hochgradig sehbehindert im Sinne des BayBlindG ist und ihr deshalb ab dem Monat der Antragstellung Blindengeld zusteht. Dies hat das SG zu Recht verneint. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Blindengeld. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 09.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Gemäß Art. 1 Abs. 1 BayBlindG erhalten blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen, soweit sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Freistaat Bayern haben oder soweit die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 dies vorsieht, zum Ausgleich der durch diese Behinderungen bedingten Mehraufwendungen auf Antrag ein monatliches Blindengeld.

Blind ist, wem das Augenlicht vollständig fehlt (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayBlindG). Als blind gelten gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayBlindG auch Personen,

  • 1.deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 0,02 (1/50) beträgt,

  • 2.bei denen durch Nr. 1 nicht erfasste Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad bestehen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nr. 1 gleichzuachten sind.

Hochgradig sehbehindert ist gemäß Art. 1 Abs. 3 BayBlindG, wer nicht blind in diesem Sinne (Art. 1 Abs. 2 BayBlindG) ist und

1. wessen Sehschärfe auf keinem Auge und auch beidäugig nicht mehr als 0,05 (1/20) beträgt oder

2. wer so schwere Störungen des Sehvermögens hat, dass sie einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) bedingen.

Vorübergehende Sehstörungen sind nicht zu berücksichtigen. Als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten.

Eine der Herabsetzung der Sehschärfe auf 0,02 oder weniger gleichzusetzende Sehstörung im Sinn des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBlindG liegt, den Richtlinien der DOG folgend, bei folgenden Fallgruppen vor (siehe VG, Teil A Nr. 6):

aa) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,033 (1/30) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfelds in keiner Richtung mehr als 30° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,

bb) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,05 (1/20) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 15° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,

cc) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,1 (1/10) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfelds in keiner Richtung mehr als 7,5° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,

dd) bei einer Einengung des Gesichtsfelds, auch bei normaler Sehschärfe, wenn die Grenze der Gesichtsfeldinsel in keiner Richtung mehr als 5° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,

ee) bei großen Skotomen im zentralen Gesichtsfeldbereich, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und im 50°-Gesichtsfeld unterhalb des horizontalen Meridians mehr als die Hälfte ausgefallen ist,

ff) bei homonymen Hemianopsien, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und das erhaltene Gesichtsfeld in der Horizontalen nicht mehr als 30° Durchmesser besitzt,

gg) bei bitemporalen oder binasalen Hemianopsien, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und kein Binokularsehen besteht.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Blindengeld. Blindheit oder hochgradige Sehbehinderung im Sinne des BayBlindG ist im streitgegenständlichen Zeitraum ab Mai 2014 nicht nachgewiesen.

A. Blindheit

Es liegt weder Lichtlosigkeit gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayBlindG vor noch sind die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 und 2 BayBlindG erfüllt. Es ist nicht zur Gewissheit des Senats dargelegt, dass die Klägerin das Augenlicht vollständig verloren hätte oder dass ihre Sehschärfe entsprechend der gesetzlichen Vorgabe auf 0,02 oder weniger herabgesunken wäre (Nr. 1 der genannten Vorschrift). Gleiches gilt für eine der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nr. 1 gleichzuachtende Sehstörung (Nr. 2).

Wie der Senat wiederholt (vgl. z.B. die Urteile vom 24.01.2017 - L 15 BL 7/15 - und vom 26.09.2017 - L 15 BL 8/14) unterstrichen hat, sind nach den Grundsätzen im sozialgerichtlichen Verfahren die einen Anspruch begründenden Tatsachen grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92).

Diese Voraussetzungen für die Annahme einer Blindheit der Klägerin sind vorliegend nicht erfüllt.

1. Lichtlosigkeit

Dass der Klägerin das Augenlicht vollständig fehlen würde, ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens auszuschließen; hierauf muss angesichts der vorliegenden einschlägigen Befunde nicht näher eingegangen werden.

2. Faktische Blindheit

Daran, dass bei der Klägerin faktische Blindheit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 oder 2 BayBlindG vorliegen würde, hat der Senat ganz erhebliche Zweifel.

Dies folgt aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Der Senat stützt sich dabei insbesondere auf das fundierte und überzeugende Gutachten von Dr. B. und seine ergänzenden Stellungnahmen. Der Sachverständige hat die bei der Klägerin vorliegenden (Seh-) Beeinträchtigungen vollständig erfasst und unter Beachtung der maßgeblichen Vorgaben zutreffend gewürdigt. Der Senat macht sich die Feststellungen des genannten Sachverständigen, die auch in Übereinstimmung mit der vorliegenden Befunddokumentation und mit den Feststellungen im Gutachten von Prof. Dr. K. stehen, nach eigener Prüfung zu eigen.

Bereits an dieser Stelle weist der Senat darauf hin, dass er die Vorbehalte der Klägerin gegen das Gutachten von Dr. B. nicht nachvollziehen kann. Dr. B., der als ausgewiesener Kenner der Materie, nämlich der Problematik des Blindheitsnachweises (gerade bezüglich des BayBlindG), gilt, hat insbesondere seine Aufgaben und Kompetenzen nicht überschritten. Er hat letztlich lediglich das getan, was sein Auftrag war, nämlich die Beweisfragen des Gerichts im Einzelnen - und dies auf einem besonders hohen Qualitätsniveau der medizinischen Begutachtung - abzuarbeiten und schlüssig zu beantworten. Entgegen der Behauptung der Klägerin hat der Sachverständige keine Ausführungen zu Rechtsfragen gemacht, sondern auf das gerichtliche Ersuchen hin untersucht, ob vorliegend die vom BayBlindG bzw. den VG aufgestellten medizinischen Anforderungen erfüllt sind. Im Einzelnen kann hier auf die zutreffenden Darlegungen des Sachverständigen in der ergänzenden Stellungnahme vom 15.03.2018 verwiesen werden.

Nach dem plausiblen Gutachten leidet die Klägerin in erster Linie an einer massiven Sehnervendegeneration (mit Verdacht auf glaukomatöser Genese), die das Sehvermögen erheblich einschränkt. Aufgrund dessen ist, wie Dr. B. verständlich dargelegt hat, u.a. auch mit Blick auf die schlechte Ableitbarkeit der Blitz-VEP nicht auszuschließen und nicht unwahrscheinlich, dass Blindheit nach Art. 1 Abs. 2 BayBlindG vorliegt. Blindheit kann aber nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit (s.o.) nachgewiesen werden. Anders als die Klägerseite offenbar meint, ist diese Feststellung des Sachverständigen im Übrigen nicht aufgrund inhaltlicher Mängel des Gutachtens kritikwürdig, sondern ohne weiteres nachvollziehbare Folge der - dem Senat aus zahlreichen Verfahren nach dem BayBlindG bekannten - grundsätzlichen Problematik des Blindheitsnachweises (hierzu z.B. Braun/Zihl, Der Blindheitsnachweis bei zerebralen Funktionsstörungen, in: MedSach 2015, S. 81, 82), die unter anderem, worauf der Sachverständige ebenfalls in diesem Verfahren hingewiesen hat, darin liegt, dass die vorgegebenen Blindheitskriterien vornehmlich auf Sehschärfe und Gesichtsfeld und somit auf psychophysische Parameter abzielen. Das bedeutet, dass sie sich nach den subjektiven Angaben des Betroffenen richten und keine objektiven Untersuchungsergebnisse mit Anspruch auf Wahrheit darstellen.

Zwar ist mit dem Sachverständigen Dr. B. davon auszugehen, dass der bei der Klägerin bestehende Strukturschaden an beiden Papillen so ausgeprägt ist, dass er mit der von der Klägerin angegebenen Sehschärfe und dem angegebenen Gesichtsfeld durchaus vereinbar sein könnte. Damit könnte also das (auch von den VG gem. Teil B, Vorbem. 4 geforderte) strukturelle Korrelat gegeben sein, nämlich im Einzelnen die Papillenexkavation und Papillenablassung mit Nervenfaserverlust, und damit eine plausible Erklärung für das massiv gemindert angegebene Sehvermögen. Der Sachverständige hat jedoch überzeugend darauf hingewiesen, dass derartige Strukturveränderungen aller klinischen Erfahrung nach auch mit einem besseren Sehvermögen jenseits der gesetzlichen Blindheitsgrenze einhergehen können, was auch die Klägerseite nicht substantiiert bestritten hat. Damit kann das strukturelle Korrelat nicht per se als Nachweis dienen.

Somit kommt es auch in diesem Verfahren, was auch der Sachverständige ausdrücklich hervorgehoben hat, maßgebend auf die erfolgten objektiven Funktionsprüfungen an. Dabei sind diese entsprechend der Darlegung von Dr. B. vorliegend nicht in der Lage, die tatsächlich bestehenden Werte genau zu quantifizieren, da es insbesondere an in sich stimmigen Angaben der Klägerin fehlt. Die Ergebnisse der objektiven Funktionsprüfungen begründen jedoch massive Zweifel an einer Blindheit der Klägerin gemäß Art. 1 Abs. 2 BayBlindG (und im Übrigen auch an einer hochgradigen Sehbehinderung gemäß Art. 1 Abs. 3 BayBlindG, s.u.). So hat der Sachverständige festgestellt, dass sich die Klägerin am Untersuchungstag den subjektiven Angaben zur Sehschärfe und zum Beitrag gegen Gesichtsfeld nicht konsequent und nicht konform verhalten hat; im Einzelnen kann hier auf die detaillierten Darlegungen unter Ziffer 4.13 des Gutachtens (Seite 14) verwiesen werden.

Hinsichtlich der von der Klägerin beim Gutachter angegebenen Sehschärfe, bei deren Zugrundelegung die Blindheitskriterien erfüllt wären, sieht sich der Senat mit Dr. B. daran gehindert, einen Nachweis anzunehmen. Zwar beträgt nach den subjektiven Angaben der Klägerin die Sehzeichenschärfe (Landoltringe) jeweils nur noch Wahrnehmung von Licht. Wegen der deutlichen Widersprüche - alleine schon das bei der Untersuchung gezeigte Verfolgen der Handbewegungen mit den Augen, ohne dass deren Bewegungsrichtung angegeben werden konnte, ist unverständlich - und wegen der guten Auslösbarkeit des OKN durch strukturierte Reize (vgl. hierzu im Einzelnen das Urteil des Senats vom 26.09.2017 - L 15 BL 8/14) bestehen jedoch starke Zweifel am Ausmaß der Sehschärfeminderung. Es ist in keiner Weise nachvollziehbar, weshalb die Klägerin bei der Prüfung des OKN richtigerweise Kindermotive auf dem Stoffband (und bei der Prüfung der Spiegelraumbewegungen den Hintergrund) erkennen hat können, in der Sehschärfeprüfung aber dann nur noch Licht ohne korrekte Lokalisation. Hinzu kommt, dass, auch wenn grundsätzlich die Gittersehschärfe (insbesondere bei Makulaerkrankungen und bei Amblyopie) der Sehzeichenschärfe nicht gleichgesetzt werden darf, das vorliegende Ergebnis entsprechend der plausiblen Darlegung durch den Sachverständigen doch durchaus zeigt, dass der Klägerin ein detaildifferenzierendes Kontursehen in gewissem Ausmaß möglich ist. Die Diskrepanz zwischen der Gittersehschärfe von 0,3 und dem Erkennen von nicht einmal mehr Handbewegungen und nur noch von Licht bei Prüfung der Sehzeichensehschärfe ist vorliegend derart eklatant, dass aller klinischer Erfahrung nach eine höhere Sehzeichenschärfe als von 1/50 erwartet werden darf.

In der Zusammenschau der strukturellen Befunde, der subjektiven Angaben und der objektiven Funktionsbefunde spricht viel dafür, dass bei der Klägerin von einer noch besseren Sehschärfe als 1/50 auszugehen ist.

Entsprechendes gilt für das Gesichtsfeld. Die subjektiven Angaben widersprechen, wie Dr. B. nachvollziehbar dargestellt hat, dem visuellen Verhalten der Klägerin deutlich. Auch die objektiven Funktionsergebnisse (OKN, Pupillenreaktionen) setzen aller klinischer Erfahrung nach ein deutlich besseres Gesichtsfeld voraus, als von der Klägerin angegeben. Zur Auslösung eines OKN ist ein zentrales Mindestgesichtsfeld in deutlich größerer Ausdehnung als von der Klägerin behauptet, erforderlich, so dass bereits insoweit Zweifel am angegebenen Beinahe-Totalausfall des Gesichtsfelds an beiden Augen bestehen. Zudem ist auch in diesem Zusammenhang auf die o.g. Angaben der Klägerin bei der OKN-Testung zu verweisen, die einerseits Kindermotive erkannt, andererseits aber einen Beinahe-Totalausfall des Gesichtsfelds angegeben hat.

Eine maßgebliche Einengung des Gesichtsfelds (s.o.) ist damit ebenfalls nicht nachgewiesen.

Im Übrigen liegt entsprechend der plausiblen Feststellung des Sachverständigen auch keine andere Sehbeeinträchtigung von einem solchen Schweregrad vor, insbesondere keine Kombination aus Sehschärfeminderung und Gesichtsfeldeinschränkung, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe im o.g. Sinne gleichzuachten wäre (s.o.).

B. Hochgradige Sehbehinderung

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Blindengeld wegen hochgradiger Sehbehinderung nach Art. 1 Abs. 3 BayBlindG ab 01.01.2018.

1. Auch diese Leistung ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

Anders als der Beklagte meint, ist sie auch vom Antrag der Klägerin mit umfasst. Wie die gesetzliche Fassung von Art. 1 BayBlindG zeigt, handelt es sich insoweit um einen einheitlichen Anspruch. Die Klägerin hat vorliegend Blindengeld gemäß Art. 1 Abs. 1 BayBlindG wegen ihrer starken Sehschwäche beantragt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihren Antrag auf Blindengeld für blinde Menschen im Sinne von Art. 1 Abs. 2 BayBlindG hätte beschränken wollen. Eine Beschränkung auf eine bestimmte Sehstärke oder auf den „Höchstbetrag“ etc. ist nicht erfolgt. Dies folgt unzweifelhaft aus dem Antrag vom 02.05.2014, im Einzelnen aus dem verwendeten Antragsformular des Beklagten. Dabei ist auch zu beachten, dass die Übergänge zwischen hochgradiger Sehbehinderung und Blindheit (im „technischen“ Sinne) auch in tatsächlicher Hinsicht fließend sind, jedenfalls in der Wahrnehmung des einzelnen Betroffenen kaum unterscheidbar.

Ob für den Anspruch auf „Taubblindengeld“ (Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BayBlindG) etwas anderes zu gelten hätte, wovon das BSG (Urteil vom 14.06.2018 - B 9 BL 1/17 R) ausgeht, kann vorliegend offenbleiben, da eine Taubheit der Klägerin vorliegend weder geltend gemacht wurde noch sonst im Raum steht.

Der Hinweis des Beklagten, dass in Bezug auf das Blindengeld wegen hochgradiger Sehbehinderung keine Verwaltungsentscheidungen vorliegen, ist zwar zutreffend, jedoch hinzunehmende Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, die Leistung erst ab 01.01.2018 einzuführen. Maßgebend hinsichtlich der Sach- und Rechtslage ist aber der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats, da eine Verpflichtungssituation gegeben ist (vgl. z.B. Groß/Castendiek, in: Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Auf. 2017, § 54, Rn. 47 und 99, m.w.N).

2. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Blindengeld für hochgradig sehbehinderte Menschen, da (auch) die Voraussetzungen für die Annahme einer hochgradigen Sehbehinderung im Sinne von Art. 1 Abs. 3 BayBlindG nicht gegeben sind.

Auch die diesen Anspruch begründenden Tatsachen sind grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. im Einzelnen oben A.) Es ist aber nicht zur Gewissheit des Senats nachgewiesen, dass die Sehschärfe der Klägerin auf keinem Auge und auch beidäugig nicht mehr als 0,05 (1/20) beträgt oder dass sie so schwere Störungen des Sehvermögens hat, dass sie einen GdB von 100 nach dem SGB IX bedingen.

a. Dies folgt aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Der Senat stützt sich dabei insbesondere auf die plausible ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. B. vom 24.05.2018 in Verbindung mit seinem fundierten und überzeugenden, oben im Einzelnen dargestellten Gutachten vom 01.11.2016. In der genannten Stellungnahme hat Dr. B. nachvollziehbar dargestellt, dass, wenn der Strukturbefund schon nicht ausreicht, Blindheit nach dem Gesetz zu beweisen, er noch weniger eine hochgradige Sehbehinderung nachweisen kann. Zudem können (auch) insoweit die subjektiven Angaben der Klägerin nicht mit Glaubwürdigkeit in den Gesamtkontext eingeordnet werden. Auch im Hinblick auf die hochgradige Sehbehinderung sind entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen die Angaben der Klägerin zu Sehschärfe und Gesichtsfeld nicht plausibel, sodass auch eine Feststellung der Voraussetzungen für einen GdB im augenärztlichen Bereich nicht möglich ist, erst recht nicht in der Stufe von 100. Wie Dr. B. im Gutachten überzeugend herausgearbeitet hat (s.o.), ist es nicht auszuschließen und gegebenenfalls nicht unwahrscheinlich, dass Blindheit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 BayBlindG vorliegt. Dass wenigstens eine hochgradige Sehbehinderung vorliegt, wird, wie Dr. B. ausdrücklich dargelegt hat, anhand der Befundkonstellation noch wahrscheinlicher als Blindheit. Die objektiven Funktionsergebnisse lassen aber weiterhin die Möglichkeit offen, dass auch ein noch besseres Sehvermögen als eine hochgradige Sehbehinderung vorliegt. Auch wenn die Darstellung des Sehschärfeverlaufs eine seit 2013 niedrigere Sehschärfe als 0,05 aufgelistet hat, bleiben die Sehschärfeangaben der Klägerin subjektiv und entsprechend der Annahme des Sachverständigen, der sich der Senat - wie oben gezeigt - anschließt, widersprüchlich und müssen daher skeptisch betrachtet werden.

b. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vorliegenden Bescheid des Beklagten vom 16.09.2014, in dem ein Gesamt-GdB von 100 auf der Grundlage eines (einzigen) Einzel-GdB für die Gesundheitsstörungen Sehminderung beidseits und Gesichtsfeldeinengung anerkannt wurde.

Nach dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 3 Ziff. 2 BayBlindG ist hochgradig sehbehindert, wer so schwere Störungen des Sehvermögens hat, dass sie einen GdB von 100 nach dem SGB IX bedingen. Auch der Senat ist davon überzeugt, dass „bedingen“ in diesem Zusammenhang „tatsächlich vorliegen“ bedeutet, da ansonsten eine Formulierung des Gesetzgebers nahegelegen hätte, die eine Bindungswirkung deutlich machen würde. Dass bei der Klägerin so schwere Störungen des Sehvermögens vorliegen würden, dass diese einen GdB von 100 bedingen würden, ist jedoch nicht der Fall, da mit Dr. B., wie eben dargelegt, nicht davon auszugehen ist, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen insoweit erfüllt sind. Zwar hat die Klägerin (vom Beklagten im Verfahren nach dem SGB IX) einen GdB von 100 für die Sehminderung zuerkannt erhalten. Der Gesetzgeber hat jedoch keine Bindungswirkung in Bezug auf (hier unzutreffende) GdB-Feststellungen angeordnet. Auch in den Materialien von Art. 1 Abs. 3 Ziff. 2 BayBlindG wird nicht von einer Bindungswirkung einer Entscheidung nach dem SGB IX gesprochen.

Nach Überzeugung des Senats ist daher hinsichtlich der Feststellung des GdB von 100 für die Sehminderung der Klägerin und der Rechtswirkungen für Art. 1 Abs. 3 Ziff. 2 BayBlindG auf die allgemeinen Regeln zurückzugreifen. Danach kann eine bestandskräftige Feststellung des Einzel-GdB von 100 für die Sehminderung, selbst wenn daneben keine weiteren Einzel-GdB bestehen, hinsichtlich der Voraussetzungen der hochgradigen Sehbehinderung nach dem BayBlindG keine Bindungswirkung entfalten. Denn es ist höchstrichterlich längst geklärt und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. für viele z.B. Urteil vom 17.09.2013 - L 15 SB 69/12), dass ein Einzel-GdB keiner eigenen Feststellung zugänglich ist (BSG, Urteile vom 05.05.1993 - 9/9a RVs 2/92, vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 und vom 16.02.2012 - B 9 SB 48/11 B). Wie das BSG (a.a.O.) zutreffend festgestellt hat, erscheint ein Einzel-GdB nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsakts und ist auch nicht isoliert anfechtbar. Er erwächst auch nicht in Bindung. Entsprechend dieser Rechtsprechung (a.a.O.) muss, wenn die Festlegung eines Einzel-GdB angegriffen wird, zugleich dargetan werden, dass sich hierdurch der Gesamt-GdB ändern müsse.

Wie der Beklagte zutreffend annimmt, kann die Alternative von Ziff. 2 des Art. 1 Abs. 3 BayBlindG also nur dann erfüllt sein, wenn die Voraussetzungen eines GdB von 100 (allein) für die Sehminderung materiell-rechtlich erfüllt sind, was somit im Einzelfall zu prüfen und was vorliegend entsprechend den plausiblen Darlegungen von Dr. B. gerade nicht nachgewiesen ist.

Der Senat kann durchaus nachvollziehen, dass die Klägerin annimmt, bei ihr seien die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 3 Ziff. 2 BayBlindG ohne weiteres gegeben, nachdem für sie ein (Einzel-)GdB von 100 für die Sehminderung festgestellt worden ist. Aufgrund der fehlenden spezialgesetzlichen Regelung (im BayBlindG), der gesetzlichen Systematik und der unbestrittenen Rechtsprechung zu den Rechtswirkungen von Einzel-GdB sieht er sich wie eben dargelegt aber daran gehindert, hier zu einer anderen Auslegung und damit zu einem anderen Ergebnis zu kommen.

Nach alledem ist also nicht auszuschließen, dass das Sehvermögen der Klägerin doch unter die maßgeblichen Grenzen des Art. 1 Abs. 2 oder Art. 1 Abs. 3 BayBlindG herabgesunken sein könnte. Dafür fehlt es aber jedenfalls am notwendigen Beweis. Kann das Gericht bestimmte Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen (non liquet), so gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl. z.B. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders./Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 103, Rdnr. 19a mit Nachweisen der höchstrichterlichen Rechtsprechung). Die Klägerin muss daher nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen daraus tragen, dass eine große Ungewissheit bezüglich der für sie günstigen Tatsachen verblieben ist. Denn für das Vorliegen der Voraussetzungen der Blindheit gemäß Art. 1 Abs. 2 BayBlindG und der hochgradigen Sehbehinderung gemäß Art. 1 Abs. 3 BayBlindG trägt der in seinem Sehvermögen beeinträchtigte Mensch die objektive Beweislast. Das BSG hat in seinen Urteilen vom 11.08.2015 (B 9 BL 1/14) und 14.06.2018 (B 9 BL 1/17 R) eine Beweiserleichterung - selbst für die besonders schwierigen Fälle der Blindheit bei zerebralen Schäden - klar abgelehnt.

Weitere Ermittlungen sind nicht angezeigt. Insbesondere bestand mit Blick auf das vorliegende Gutachten von Dr. B. entgegen der Ansicht der Klägerin nicht im Ansatz ein Anlass dafür, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben, da nicht im Entferntesten erkennbar ist, dass ein anderer Sachverständiger Mittel und Wege hätte, die bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der Feststellung des exakten Sehvermögens der Klägerin aufzuklären.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann.

(2) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(3) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.