Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 22. Nov. 2016 - L 7 R 5149/16 B PKH

published on 22/11/2016 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 22. Nov. 2016 - L 7 R 5149/16 B PKH
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Sozialgericht München, S 47 R 296/16, 25/08/2016

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Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 25. August 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

I. In der unter Az.: S 47 R 296/16 beim Sozialgericht München anhängigen Hauptsache begehrt der Kläger und Beschwerdeführer von der Beklagten die Erstattung von Beiträgen zur Sozialversicherung, die er in der Zeit vom 01.06.2004 bis 31.12.2006 als damaliger Arbeitgeber für Arbeitnehmer gezahlt hat. Gleichzeitig wendet der Kläger sich gegen einen Überprüfungsbescheid betreffend eine Betriebsprüfung aus dem Jahr 2007.

Der Kläger leistete im Zeitraum vom 01.06.2004 bis 31.12.2006 als Arbeitgeber Beiträge für Arbeitnehmer. Die Beitragsleistung wurde bei einer Betriebsprüfung im Zeitraum vom 11.07.2007 bis 02.10.2007 überprüft. Mit Betriebsprüfungsbescheid vom 04.10.2007 wurde festgestellt, dass im Jahr 2004 insgesamt 571,58 Euro zu viel an Krankenversicherungsbeiträgen für Arbeitnehmer abgeführt worden war, da diese in dieser Zeit bei anderen Krankenkassen versichert waren. Zur Erstattung dieses Betrags könne sich der Kläger an die zuständigen Einzugsstellen wenden. Ein Erstattungsantrag wurde anschließend zunächst nicht gestellt. Der Bescheid wurde bestandkräftig.

Mit Schreiben vom 22.12.2011 wandte sich der Kläger gegen den Betriebsprüfungsbescheid vom 04.10.2007 und forderte von der Beklagten die von ihm als Arbeitgeber entrichteten Beitragsanteile zur Sozialversicherung für die Jahre 2004, 2005 und 2006 von der Beklagten zurück. Das Finanzamt A-Stadt habe inzwischen für diesen Zeitraum einen aktiven Geschäftsbetrieb seiner Firma verneint. Das führe dazu, dass auch die Sozialversicherungsbeiträge zu Unrecht abgeführt worden seien und er die Sozialversicherungsbeiträge zurückfordern könne.

Mit Bescheid vom 29.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2006 lehnte die Beklagte eine Änderung des Überprüfungsbescheids sowie eine Erstattung von Beiträgen ab.

Der Bescheid vom 04.10.2007 betreffend die Betriebsprüfung sei rechtmäßig und werde nicht nach § 44 SGB X zurückgenommen; der Kläger sei durch den Bescheid nicht beschwert.

Erstattungsforderungen seien verjährt. In den Jahren 2004 bis 2006 hätten wirksame Arbeitsverhältnisse vorgelegen, für die zu Recht Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Auf die Feststellungen des Finanzamtes komme es nicht an.

Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht München und stellte für das Klageverfahren Prozesskostenhilfeantrag.

Mit Beschluss vom 25.08.2016 lehnte das Sozialgericht München den Prozesskostenhilfeantrag ab. Hinreichende Erfolgsaussichten in der Hauptsache seien nicht ersichtlich.

Die Verjährung der bis zum 31.12.2006 gezahlten Beiträge sei nach vier Jahren, also mit Ablauf des Jahres 2010, eingetreten. Nachdem ein Erstattungsantrag erst am 22.12.2011 gestellt worden sei, habe die Beklagte eine Beitragserstattung zu Recht wegen Verjährung abgelehnt.

Hiergegen hat der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landesozialgericht eingelegt. Eine Verjährung sei nicht eingetreten. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Betriebsprüfungsbescheid aus dem Jahr 2007 aufgrund seines Antrags im Jahr 2011 habe überprüft werden müssen nach § 44 SGB X. Mit Schreiben vom 11.11.2016 legte der Kläger u. a. näher dar, dass der Bescheid damals an die falsche Adresse gesandt worden sei.

II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt.

Streitgegenstand sind allerdings zwei unterschiedliche Begehren, über die die Beklagte mit Bescheid vom 29.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2006 entschieden hat, nämlich zum einen die Überprüfung des Bescheides vom 04.10.2007 nach § 44 SGB X, zum anderen die Forderung nach Erstattung der Abreitgeberanteile sämtlicher in den Jahren 2004 bis 2006 geleisteter Sozialversicherungsbeiträge.

a) Erfolgschancen bezüglich einer Überprüfung nach § 44 SGB X sind nicht ersichtlich.

Der Betriebsprüfungsbescheid kann nicht im Wege des § 44 SGB X dahingehend abgeändert werden, dass nachträglich die in den Jahren 2004 bis 2006 abgeführten Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der damaligen Betriebsprüfung beanstandet werden. Ein Betriebsprüfungsbescheid ist nur insoweit angreifbar und damit nach § 44 SGB X überprüfbar, als mit diesem Bescheid nachteilige Folgen bestimmt wurden. Daran fehlt es hier gerade. Vom Kläger wurden keine Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert.

b) Erfolgschancen bezüglich einer Erstattung von Beiträgen sind nicht ersichtlich.

Zum Zeitpunkt des Erstattungsantrags war bereits Verjährung eines möglichen Erstattungsanspruchs eingetreten.

Da es sich bei dem Erstattungsverfahren um ein selbstständiges Verfahren handelt, das einen eigenen Antrag voraussetzt, kommt es für den Eintritt der Verjährung allein auf diesen Antrag vom 22.12.2011 an (vgl. BayLSG, Urteil vom 10.09.2015, L 1 LW 11/14). Für das Verfahren der Erstattung kommt es dabei nicht darauf an, ob die Beiträge zum damaligen Zeitpunkt rechtmäßig bzw. aufgrund eines rechtmäßigen Bescheids erhoben wurden (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 14.12.20011, L 2 R 102/10).

Für die Frage des Beginns der Verjährung ist abzustellen auf den Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge. Eine solche Zahlung erfolgte bis zum 31.12.2006. Ab diesem Zeitpunkt läuft die vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV.

Nach Ablauf der vierjährigen Frist ist die Verjährung eingetreten, also zum 31.12.2010, vgl. § 27 Abs. 2 SGB IV. Der Antrag auf Erstattung aller Beiträge für die Jahre 2004 bis 2006 wurde erst gestellt am 22.12.2011. Zu diesem Zeitpunkt war die vierjährige Frist bezüglich der Verjährung also bereits abgelaufen.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Im Ergebnis hat die Klage bezüglich keines Begehrens Erfolgsaussichten.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar, § 177 Sozialgerichtsgesetz.

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung
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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung
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published on 10/09/2015 00:00

Tenor I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 07. August 2014 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 13. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2013 v
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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.