Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 22. März 2016 - L 7 AS 137/16 B ER

published on 22/03/2016 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 22. März 2016 - L 7 AS 137/16 B ER
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Sozialgericht München, S 51 AS 209/16, 18/02/2016

Gericht

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Tenor

I.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 18. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

II.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen einen Sanktionsbescheid, der zum vollständigen Wegfall des Auszahlungsanspruchs auf Arbeitslosengeld II geführt hat.

Der 1982 geborene Antragsteller beendete das im Jahr 2003 begonnene Studium Mitte 2007 ohne Abschluss. Seit Mai 2008 bezieht er Arbeitslosengeld II vom Antragsgegner. Der Antragsteller lebt im Haushalt seiner Mutter. Bis 01.02.2015 wohnte er dort unentgeltlich. Zuletzt wurde ihm mit Bescheid vom 06.05.2015, geändert mit Änderungsbescheid vom 29.11.2015, bis einschließlich Mai 2016 Arbeitslosengeld II von monatlich 934,- Euro (404,- Euro Regelbedarf und 530,- Euro für die Unterkunft) bewilligt.

Mit Eingliederungsverwaltungsakt vom 10.09.2015 verpflichtete der Antragsgegner den Antragsteller zur Teilnahme an der Eingliederungsmaßnahme „Intergrations-Coaching Aktiv“. Dort wurden die verschiedenen Sanktionen in der Rechtsfolgenbelehrung dargelegt. Dagegen legte der Antragsteller erfolglos Klage ein (Gerichtsbescheid vom 13.01.2016, S 22 AS 2739/15) und begehrte ebenso erfolglos einstweiligen Rechtsschutz (Beschluss BayLSG vom 08.01.2016,).

Mit Sanktionsbescheid vom 17.09.2014 wurde eine Sanktion in Höhe von 30% des Regelbedarfs für die Monate Oktober, November und Dezember 2014 verfügt. Der Antragsteller hatte auf ein ihm angebotenes Vorstellungsgespräch mit einer E-Mail geantwortet, dass er sich nur gezwungenermaßen auf die Stelle als Spüler beworben habe, im Herbst 2014 ein Studium beginnen wolle, er daneben nur 15 bis 20 Wochenstunden arbeiten könne und sich die Arbeitszeiten natürlich nach dem Stundenplan des Studiums richten müssten. Außerdem benötige er ein Gehalt, das deutlich über dem eines Spülers liegen dürfte. Das gegen die Sanktion angestrengte Eilverfahren blieb erfolglos (Beschluss SG München vom 20.10.2014, S 54 AS 2409/14 ER).

Mit Sanktionsbescheid vom 22.10.2015 wurde eine Sanktion in Höhe von 60% des Regelbedarfs verfügt. Der Antragsteller habe sich am 28.09.2015 geweigert, an der vorgenannten Maßnahme teilzunehmen. Er habe sich unter Berufung auf Datenschutz geweigert, Bewerbungsunterlagen zu schreiben. In dem Bescheid wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei einer weiteren wiederholten Pflichtverletzung das Arbeitslosengeld II für die Dauer von drei Monaten vollständig entfalle. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.01.2016), ebenso der Eilantrag (Beschluss SG München vom 28.12.2015, S 22 AS 2909/15 ER).

Mit E-Mail vom 09.11.2015 teilte der Träger der vorgenannten Maßnahme mit, dass der Antragsteller zwar am 09.11.2015 erneut zur Maßnahme erschienen sei, jedoch nicht bereit gewesen sei, an der Maßnahme teilzunehmen und auch keine Angaben zu seiner Person und seinem beruflichen Werdegang gemacht habe. Der Antragsteller wurde zu einer Sanktion wegen dieses Verhaltens angehört.

Mit dem streitgegenständlichen Sanktionsbescheid vom 19.01.2016 stellte der Antragsgegner den vollständigen Wegfall des Arbeitslosengelds II für die Zeit von 01.02.2016 bis 30.04.2016 fest. Der Bewilligungsbescheid vom 06.05.2015 sowie der Änderungsbescheid vom 29.11.2015 wurden für diese Monate vollständig aufgehoben. Der Antragsteller habe, trotz vorherigem Hinweis auf diese Möglichkeit, noch keinen Antrag auf Lebensmittelgutscheine oder geldwerte Leistungen gestellt. Der Antragsteller erhob dagegen Widerspruch: Es liege keine erneute Pflichtverletzung vor. Bereits der Sanktionsbescheid vom 22.10.2015 sei mit der fehlenden Mitwirkung bei Aktivitäten zur beruflichen Eingliederung begründet worden. Es habe sich lediglich das bisherige Verhaltensmuster manifestiert. Es liege keine neue Handlung vor. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2016, zugestellt am 29.02.2016, zurückgewiesen. Der Antragsteller sei den zumutbaren Obliegenheiten aus dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 10.09.2015 zur Mitwirkung an der Eingliederung in Arbeit nicht nachgekommen. Ein wichtiger Grund hierfür liege nicht vor. Es liege eine zweite wiederholte Pflichtverletzung vor mit einem vollständigen Wegfall des Arbeitslosengelds II für drei Monate.

Bereits am 29.01.2016 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Es handle sich nicht um eine neue Pflichtverletzung. Es handle sich quasi um ein Dauerverhalten. Wenn die Mitwirkung generell unterlassen werde, liege nur ein Pflichtverstoß vor. Der Antragsteller habe keine finanziellen Mittel mehr. Die Mutter sei auf den Mietanteil des Sohnes angewiesen.

Das Sozialgericht lehnte mit Beschluss vom 18.02.2016 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab. Der strittige Sanktionsbescheid sei gemäß § 39 Nr. 1 SGB II sofort vollziehbar. Es liege eine Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II vor, weil der Antragsteller sich erneut geweigert habe, die im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten zur Mitwirkung an der Maßnahme „Integrations-Coaching Aktiv“ nachzukommen. Hierfür seien Angaben zur Person und dem beruflichen Werdegang selbstverständlich erforderlich. Der Antragsteller habe durch sein Verhalten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er nicht bereit sei an der Maßnahme mitzuwirken. Die Rechtsfolgenbelehrung sei ausreichend gewesen. Ein wichtiger Grund für das Verhalten liege nicht vor. Das gelte auch für die vorgebrachten datenschutzrechtlichen Bedenken. Die Pflichten aus dem Eingliederungsverwaltungsakt bestünden auch nach der ersten Sanktion hieraus fort. Es handle sich um eine weitere gleichartige sanktionierbare Pflichtverletzung. Die weitere wiederholte Pflichtverletzung nach § 31a Abs. 1 S. 3 bis 5 SGB II führe zu einem vollständigen Wegfall des Arbeitslosengelds II. Ergänzende Sachleistungen und geldwerte Leistungen könne der Antragsteller beantragen.

Der Antragsteller hat am 01.03.2016 Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Die Begründung des Sozialgerichts sei grob rechtswidrig und logisch nicht nachvollziehbar. Datenschutzrechtliche Bestimmungen seinen vollkommen ignoriert worden. Die Pflichten aus dem Eingliederungsverwaltungsakt seien zu unbestimmt. Die Verbesserung der Bewerbungskompetenz und die Vermittlung in Beschäftigungsverhältnisse seien im Eingliederungsverwaltungsakt nicht angeführt. Es handle sich um einen Fortsetzungszusammenhang und damit um die doppelte Sanktionierung desselben Pflichtverstoßes. Außerdem sei der Eingliederungsverwaltungsakt nichtig, weil er in dem Zusatz „... soweit zwischenzeitlich nichts anderes geregelt wird“ eine unzulässige auflösende Nebenbestimmung enthalte.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht München den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt hat.

2. Das Beschwerdegericht schließt sich gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG der Begründung des Sozialgerichts an und weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

a) Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass die datenschutzrechtlichen Einwände des Antragstellers nicht zutreffend sind. Maßnahmeträger dürfen vom Jobcenter gemäß § 51 SGB II insbesondere zur Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten beauftragt werden. Die hinreichende Bestimmtheit des Eingliederungsverwaltungsakts hat das Landessozialgericht bereits im Beschluss vom 08.01.2016 bejaht. Dieser Beschluss liegt dem Antragsteller vor. Die Verbesserung der Bewerbungskompetenz und die Vermittlung in Beschäftigungsverhältnisse ist Teil der Unterstützung der Bewerbungsbemühungen, die im Eingliederungsverwaltungsakt benannt wurden.

b) Es liegt auch mit Blick auf die vorhergehende Sanktion keine einheitliche Pflichtverletzung vor. Spätestens nach Bekanntgabe des vorhergehenden Sanktionsbescheides konnte der Antragsteller erneut gegen eine gleichartige Pflicht verstoßen. Eine Sanktion ist kein Selbstzweck - sie soll den Betroffenen dazu anhalten, künftig seinen Pflichten nachzukommen. So ist etwa ein Leistungsempfänger, der sich kategorisch weigert, vereinbarte oder auferlegte Eigenbemühungen nachzuweisen, nicht nach einer ersten Sanktion von weiteren Eigenbemühungen befreit. Hier scheint der Antragsteller Sinn und Zweck der Sanktionen zu verkennen.

c) Der Eingliederungsverwaltungsakt vom 10.09.2015 enthält mit dem Zusatz „... soweit zwischenzeitlich nichts anderes geregelt wird“ keine unzulässige Nebenbestimmung.

Zunächst ist festzuhalten, dass nach § 15 Abs. 1 S. 1 SGB II eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden „soll“. Diese soll nach § 15 Abs. 1 S. 3 SGB II für sechs Monate geschlossen werden. Der Eingliederungsverwaltungsakt tritt gemäß § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II an die Stelle der Vereinbarung, so dass auch hier diese Soll-Bestimmung gilt. Das BSG hat mit Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R, dort Rn. 20, festgestellt, dass die Festlegung der Geltungsdauer eines Eingliederungsverwaltungsakts im Ermessen der Behörde steht. Damit sind Nebenbestimmungen nach § 32 Abs. 2 SGB X eröffnet. Der vorgenannte Zusatz ist nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X als Bedingung zulässig.

Ebenso erscheint vertretbar, dass es sich bei dem Zusatz „... soweit zwischenzeitlich nichts anderes geregelt wird“ mangels Regelungsinhalt ohnehin nicht um eine Nebenbestimmung im Sinn von § 32 SGB X handelt. Der Zusatz kann auch als lediglich informatorischer Hinweis auf die Rechtslage gesehen werden. Der Eingliederungsverwaltungsakt ist wie jeder Verwaltungsakt unter den Voraussetzungen von §§ 45, 48 SGB X änderbar. Durch eine einvernehmliche Eingliederungsvereinbarung ist er ohnehin änderbar, weil das Gesetz in § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II der Vereinbarung den Vorrang vor dem Verwaltungsakt einräumt.

d) Das Beschwerdegericht hat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsregelungen (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 19/14 R, dort Rn. 50 ff), auch nicht bei einem vollständigen Wegfall des Auszahlungsanspruchs. Zu ergänzen ist, dass eine Gefährdung der Unterkunft nicht erkennbar ist.

e) Das Gericht weist abschließend darauf hin, dass der Antragsteller seine Erwerbsverpflichtung gegenüber der Gesellschaft scheinbar nicht verinnerlicht hat. Wie ein Blick in § 2 SGB II zeigt, ist Arbeitslosengeld II keine voraussetzungslose finanzielle Begleitung des Daseins. Der Antragsteller zeigt seit dem Scheitern seines Studiums keine ernsthaften Bemühungen in Bezug auf eine Erwerbstätigkeit. Stattdessen verwendet er seine Energie auf die Verhinderung von Arbeit durch inakzeptables Verhalten. Wenn er dieses Verhaltensmuster weiter pflegt, muss er mit weiteren Sanktionen rechnen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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Annotations

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 30 Prozent des nach § 20 jeweils maßgeblichen Regelbedarfs. Eine weitere Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt. Minderungen nach den Sätzen 1 bis 3 sind aufzuheben, sobald erwerbsfähige Leistungsberechtigte diese Pflichten erfüllen oder sich nachträglich ernsthaft und nachhaltig dazu bereit erklären, diesen künftig nachzukommen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 gelten bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 3 in Fällen einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 des Dritten Buches die Rechtsfolgen des § 32.

(2) Vor der Feststellung der Minderung nach Absatz 1 soll auf Verlangen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die Anhörung nach § 24 des Zehnten Buches persönlich erfolgen. Verletzen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wiederholt ihre Pflichten oder versäumen wiederholt Meldetermine nach § 32, soll die Anhörung persönlich erfolgen.

(3) Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn sie im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.

(4) Leistungsminderungen bei wiederholten Pflichtverletzungen oder wiederholten Meldeversäumnissen nach § 32 sind auf insgesamt 30 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Die sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden.

(5) Für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte gelten die Absätze 1 bis 4 bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechend.

(6) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung einer Leistungsminderung ein Beratungsangebot erhalten, in dem die Inhalte des Kooperationsplans überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werden.

(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und über einstweilige Anordnungen (§ 86b) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben.

Die Träger der Leistungen nach diesem Buch dürfen abweichend von § 80 Absatz 3 des Zehnten Buches zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Buch einschließlich der Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und Bekämpfung von Leistungsmissbrauch nicht-öffentliche Stellen mit der Verarbeitung von Sozialdaten beauftragen.

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung),
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person muss aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken, insbesondere einen Kooperationsplan abschließen. Im Rahmen der vorrangigen Selbsthilfe und Eigenverantwortung sollen erwerbsfähige leistungsberechtigte Personen eigene Potenziale nutzen und Leistungen anderer Träger in Anspruch nehmen.

(2) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen haben in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte müssen ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.