Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 05. Jan. 2015 - L 15 VK 8/14 ER


Gericht
Principles
Tenor
I.
Der Antrag vom
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Versorgungsrente nach einem Grad der Schädigung (GdS) von 80 ab 1974 und nach einem GdS von 100 ab
Er erhält als Kriegsbeschädigter Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Mit Bescheid vom
Widerspruch und Klage dagegen blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom
Mit Schreiben vom
Im Übrigen wird zum Sachverhalt ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten des Bayer. LSG auch im Berufungsverfahren und des SG München sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutz ist, sofern er nicht bereits unzulässig ist, unbegründet.
Soweit es nicht schon am Rechtsschutzbedürfnis fehlt und der Antrag deshalb unzulässig ist, ist jedenfalls ein Anordnungsgrund nicht gegeben.
1. Ziel des Antragstellers
Der Beschwerdeführer begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Gewährung von Versorgung nach dem BVG auf der Grundlage eines höheren GdS als bislang seit 1974 bis heute sowie die Gewährung von Berufsschadensausgleich seit dem 09.06.2008.
2. Voraussetzungen einer einstweilige Anordnung - Allgemeines
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Eine solche Regelungsanordnung setzt sowohl einen Anordnungsgrund (Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung) als auch einen Anordnungsanspruch (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird) voraus. Sowohl der Anordnungsgrund als auch der Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung; vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86 b, Rdnr. 41).
3. Prüfung der Voraussetzungen im vorliegenden Fall
3.1. Sofern der Antragsteller die Gewährung von Versorgung auf der Grundlage eines höheren GdS seit 1974 bis zum Verschlimmerungsantrag vom
Zwar ist es gemäß § 86 b Abs. 3 SGG nicht erforderlich, dass die Hauptsache bereits bei Gericht anhängig ist. Gleichwohl ist aber der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anforderung regelmäßig unzulässig, wenn der Antragsteller vorher sein Begehren nicht an den zuständigen Verwaltungsträger herangetragen hat. Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 30.10.2009, Az.:
1 BvR 2442/09
„Es ist von Verfassung wegen nicht zu beanstanden, wenn der Zugang zu Gericht davon abhängig gemacht wird, dass für das Rechtsschutzbegehren ein Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 104, 220 <232>). Wenn die Fachgerichte dabei auch berücksichtigen, ob sich der Rechtsschutzsuchende schon an die Verwaltung gewandt hat, und das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich verneinen, wenn dies unterblieben ist (vgl. dazu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 26b; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 123 Rn. 22 m. w. N.), stößt dies auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insofern gebietet Verfassungsrecht keine andere Handhabung des Zugangs zum fachgerichtlichen Rechtsschutz als für das Verfassungsbeschwerdeverfahren (vgl. insoweit BVerfGK 6, 276 <280>). Ob ausnahmsweise eine Vorbefassung der zuständigen Behörde entbehrlich ist, haben zuvörderst die Fachgerichte zu beurteilen.“
Eine derartige Situation - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne vorhergegangene Befassung des Antragsgegners - liegt hier vor. Der Antragsgegner hat, dem Antrag des Antragstellers vom 12.08.2013 folgend, die Frage der Verschlimmerung mit Wirkung ab Antragseingang geprüft, nicht aber gemäß § 44 SGB X die Frage der Versorgung auf der Grundlage eines höheren GdS seit 1974 bis zum Verschlimmerungsantrag vom 12.08.2013 sowie die Gewährung von Berufsschadensausgleich seit dem 09.06.2008; beides hat der Antragsteller erstmals im sozialgerichtlichen Verfahren mit Zielrichtung auf die dortige Urteilsfindung beantragt, bisher aber zu keinem Zeitpunkt beim Antragsteller. Ein Grund, ausnahmsweise vom Gebot einer der Beantragung gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzes vorhergehenden Antragsstellung beim Antragsgegner abzusehen, ist nicht ersichtlich.
Dass dem Begehren des Antragstellers nach Versorgung nach einem höheren GdS vor seinem Verschlimmerungsantrag ab 1974 (gewünschter GdS 80) bzw. ab dem 19.12.2007 (gewünschter GdS 100) im Übrigen auch die Erfolgsaussichten im Rahmen eines bislang nicht gestellten Überprüfungsantrags gemäß § 44 SGB X fehlen würden, kann den Feststellungen im Urteil des Senats
3.2. Wenn der Antragsteller die Gewährung von Versorgung auf der Grundlage eines höheren GdS ab dem Verschlimmerungsantrag vom
Ein Anordnungsgrund wäre nur dann gegeben, wenn der Antragsteller glaubhaft machen könnte, dass ihm ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar wäre. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Eine besondere Eilbedürftigkeit bezüglich der Erhöhung der Versorgungsrente nach dem BVG ist nicht erkennbar; es ist nicht ersichtlich, welche schwerwiegenden Nachteile dem Beschwerdeführer drohen sollten, wenn seinem Begehren nicht sofort entsprochen wird. Vor diesem Hintergrund ist es dem Beschwerdeführer zuzumuten, dass die Klärung seiner Ansprüche dem gerichtlichen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt (vgl. Beschlüsse des Senats
Gemäß § 124 Abs. 3 SGG bedurfte es keiner mündlichen Verhandlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

moreResultsText

Annotations
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.