Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 11. Feb. 2014 - L 15 SF 256/12

published on 11/02/2014 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 11. Feb. 2014 - L 15 SF 256/12
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Gericht

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Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins.

In zwei am Bayerischen Landessozialgericht (LSG) geführten Rechtsstreitigkeiten fanden am 27.09.2012 unmittelbar aneinander anschließend mündliche Verhandlungen statt, an denen die Antragstellerin als geladene Zeugin teilnahm. Die erste mündliche Verhandlung war auf 10.20 Uhr terminiert; die zweite mündliche Verhandlung endete um 13.17 Uhr.

Mit am Tag der mündlichen Verhandlung eingegangenem Entschädigungsantrag beantragte die Antragstellerin die Entschädigung für das Erscheinen als Zeugin. Sie gab dabei an, von 8.30 Uhr bis 14.30 Uhr von zu Hause weg gewesen und mit der Bahn gefahren zu sein. Als entstandene Kosten gab sie „2,- + 24,- Euro“ an. Die Fahrkarten wurden nicht vorgelegt.

Nachdem die Kostenbeamtin mit Schreiben vom 23.10.2012 um Vorlage von Belegen für die Fahrtkosten gebeten hatte, teilte die Antragstellerin am 26.10.2012 telefonisch mit, dass sie mit einem Bayernticket gefahren sei und dieses zwischenzeitlich nicht mehr habe. Sie habe am Tag des Gerichtstermins den Entschädigungsantrag an der Pforte abgegeben und angenommen, dass sich die Angelegenheit damit erledigt habe.

Mit Schreiben der Kostenbeamtin vom 06.11.2012 wurde die Entschädigung auf 72,- Euro festgesetzt, wobei dem ausschließlich eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung unter Zugrundelegung der von der Antragstellerin angegebenen Abwesenheitszeit zugrunde gelegt wurde. Eine Erstattung von Fahrkosten wurde wegen fehlender Belege nicht vorgenommen.

Dagegen hat sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 07.11.2012 und vom 09.11.2012 gewandt; sie strebt eine Entschädigung der geltend gemachten Fahrtkosten und einer zusätzlichen Stunde Abwesenheitszeit von zu Hause an.

Sie habe - so die Antragstellerin - die günstigste Fahrmöglichkeit gewählt und daher ein Bayernticket für 24,- Euro gekauft. Da dieses erst ab 9.00 Uhr gelte, habe sie wegen der Abfahrt des Zuges um 8.47 Uhr eine zusätzliche Fahrkarte für 2,- Euro bis zur nächsten Haltestelle kaufen müssen. Weil sie zu Hause einen schwerkranken Ehemann habe, habe sie mit der Fahrkarte unabhängig sein müssen und weder jemand mitnehmen noch bei jemanden mitfahren können. Da sich der Verhandlungsbeginn um eine Stunde verzögert habe, habe sie nur den Zug um 14.07 Uhr erreicht und sei erst um ca. 15.30 Uhr wieder zu Hause gewesen. Den Entschädigungsantrag habe sie nach der Verhandlung an der Pforte abgegeben. Es sei ihr versichert worden, dass der Antrag gestempelt werde und alles in Ordnung sei. Auf die fehlenden Fahrkarten sei sie nicht hingewiesen worden. Das Schreiben der Kostenbeamtin habe sie so spät erreicht, dass die Fahrkarten bereits mit der Papiertonne entsorgt worden seien.

Der Senat hat sich über die Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn Informationen zu Fahrtzeiten und Fahrkartenkosten beschafft.

II.

Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte mit Schreiben vom 07.11.2012 die gerichtliche Festsetzung beantragt.

Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 27.09.2012 ist auf 84,- Euro festzusetzen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht.

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 06.12.2013, Az.: L 15 SF 39/13; Meyer/Höver/Bach, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m. w. N.). Das Gericht hat daher eine voll umfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann deshalb auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 06.02.2014, Az.: L 15 SF 13/14; Meyer/Höver/Bach, a. a. O., § 4, Rdnr. 12 - m. w. N).

Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich wie hier um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinn des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.

1. Anzuwendendes Recht

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn die Antragstellerin als Berechtigte ist vor dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden.

2. Fahrtkosten

Die von der Antragstellerin geltend gemachten Fahrtkosten sind nicht zu erstatten, da für den Senat nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist, dass diese Kosten der Antragstellerin tatsächlich entstanden sind.

2.1. Kriterien für die Entscheidung über die Entschädigung von Fahrtkosten

2.1.1. Erstattung tatsächlich entstandener Kosten

Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 JVEG werden einem Beteiligten im sozialgerichtlichen Verfahren bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt.

2.1.2. Nachweisführung

Berücksichtigt werden können nur im Vollbeweis nachgewiesene Kosten, die infolge des Gerichtstermins entstanden sind.

Vollbeweis bedeutet, dass eine Tatsache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen ist (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, Az.: B 9 VG 3/99 R), d. h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993, Az.: 9/9a RV 1/92). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zulasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs auf ihr Vorliegen stützen möchte. Ob das Gericht die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht, hat es im Rahmen der ihm zustehenden Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG festzustellen.

Wie der Senat im Beschluss vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, ausführlich erläutert hat, setzt der Nachweis der bei der Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln entstandenen Kosten nicht zwingend die Vorlage der Fahrkarte, die sicherlich die nächstliegende Möglichkeit der Beweisführung ist, voraus. Der erforderliche Vollbeweis kann auch anders erbracht werden, wobei für die Nachweisführung alle nur erdenklichen Beweismittel eröffnet sind. Das Gericht hat gemäß § 128 SGG bei seiner Entscheidung im Rahmen des geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes die absolute Wahrheit soweit wie möglich zu erforschen und das Gesamtergebnis des Verfahrens zu berücksichtigen. Das Gericht ist nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, in einschlägigen Fällen den Sachvortrag der Beteiligten bei der Entscheidungsfindung mitzuverwerten. Dies ist jedenfalls dann angezeigt, wenn der Vortrag des Beteiligten glaubhaft, also wahrheitsgemäß und überzeugend, erscheint (vgl. Beschluss des Senats vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B), wobei der Begriff der Glaubhaftigkeit im vorgenannten Sinn der Beweiswürdigung nicht zu verwechseln ist mit den in § 294 Zivilprozessordnung beschriebenen Beweisanforderungen. Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben hat das Gericht die nach Lage der Sache angezeigte Vorsicht bei der Überzeugungsbildung walten zu lassen (vgl. BSG, Beschluss vom 15.08.1960, Az.: 4 RJ 291/59).

Wie der Senat weiter im Beschluss vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, ausgeführt hat, dürften - wie die Praxis zeigt - für den Erwerb einer Fahrkarte so gut wie nie förmliche Beweismittel zur Verfügung stehen, wenn die Fahrkarte selbst nicht mehr auffindbar ist. In derartigen Fällen wird die Führung des Nachweises des Erwerbs der Fahrkarte in der Regel nur durch den Sachvortrag des Antragstellers möglich sein.

Mit der Unterschrift auf dem Entschädigungsantrag versichert der Antragsteller die Richtigkeit seiner Angaben. Diese Versicherung wird regelmäßig ausreichen, um von einer Glaubhaftigkeit der Angaben auszugehen, wenn nicht Gesichtspunkte offensichtlich sind, die an der Richtigkeit der gemachten Angaben Zweifel wecken. Vom Offensichtlichsein von Gesichtspunkten, die Zweifel an der Richtigkeit der Angaben wecken, wird beispielsweise (vgl. Beschluss des Senats vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B) dann auszugehen sein, wenn - sich aus einer mit wenig Aufwand im Internet einholbaren Fahrplanauskunft ergibt, dass entweder die gemachten Zeitangaben unschlüssig sind, oder - die angegebenen Kosten von den aus der Fahrplanauskunft ersichtlichen Kosten abweichen oder - Kosten für die Benutzung der ersten Klasse geltend gemacht werden, da die Benutzung dieser Wagenklasse im Regelfall, wie die Erfahrung zeigt, untypisch ist und Zusatzkosten verursacht, bei denen ein verständiger Beteiligter ohne besondere Rechtskenntnisse nicht davon ausgehen kann, dass sie ohne weiteres und insbesondere ohne Vorlage der Fahrkarte erstattet werden, oder - die Lebensumstände des Antragstellers (z. B. eine Arbeitsstelle am Zielort) es nahe legen, dass er über eine Pendlerkarte verfügt, oder - Kosten wegen einer besonders weiten und damit überdurchschnittlich kostenaufwändigen Anreise im Raum stehen, bei denen vom Betroffenen schon im eigenen Interesse regelmäßig zu erwarten ist, dass er die Belege sorgfältig aufbewahrt.

Im Beschluss vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B hat der Senat in Übereinstimmung mit diversen Entscheidungen des Senats (vgl. z. B. Beschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, und vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11) darauf hingewiesen, dass wegen des zugrunde gelegten Leitgedankens der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung bei der Prüfung, ob Zweifel an der Richtigkeit der gemachten Angaben bestehen, die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht überspannt werden dürfen.

2.2. Kostenerstattung im hier vorliegenden Fall

Fahrtkosten sind nicht zu erstatten, da sich der Senat nicht die Überzeugung davon bilden kann, dass die von der Antragstellerin angegebenen Fahrtkosten ihr tatsächlich so entstanden sind. Für den Senat sind Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Antragstellerin offensichtlich. Zu diesem Ergebnis ist der Senat im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung bei Berücksichtigung folgender Gesichtspunkte gekommen:

- Die von der Antragstellerin gemachten Angaben im Entschädigungsantrag stimmen, was die angegebenen Abfahrtszeiten der Züge angeht, mit den Erkenntnissen überein, wie sie sich aus der Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn ergeben. Danach fährt ein Zug nach München in A-Stadt um 8.47 Uhr ab. Ein Verlassen der Wohnung der Antragstellerin, die rund 400 m vom Bahnhof entfernt liegt, um 8.30 Uhr ist damit in Einklang zu bringen. Auch die angegebene Abfahrtszeit für die Rückfahrt und die Ankunft zu Hause stimmt mit der Information aus der Fahrplanauskunft überein.

- Die Angaben der Antragstellerin zu den Fahrtkosten korrelieren mit der Information, wie sie sich aus der Fahrpreisauskunft der Deutschen Bahn ergibt. Ein Preis von 24,- Euro entspricht dem Preis eines Bayerntickets, wenn es an einer DB Verkaufstelle mit persönlicher Beratung erworben wird.

- Offensichtliche Zweifel an den Angaben der Antragstellerin ergeben sich aber daraus, dass sie ausdrücklich angibt, die „günstigste Fahrtmöglichkeit“ gewählt zu haben. Denn dies ist, wie sich aus der Fahrpreisauskunft der Deutschen Bahn ergibt, nicht richtig. Die Antragstellerin hat mit 26,- Euro (24,- Euro Bayernticket, 2,- Einzelticket bis zum Beginn der Gültigkeit des Bayerntickets) für die Fahrt nach München und zurück mehr für Fahrkarten ausgegeben, als es der günstigsten Fahrtmöglichkeit mit dem Zug entspricht. Denn eine Einzelfahrt vom Wohnort der Antragstellerin nach München hätte nur 11,40 Euro gekostet. Damit wären für Hin- und Rückfahrt nur 22,80 Euro und damit weniger als die von der Antragstellerin als günstigste Möglichkeit beschriebenen 26,- Euro angefallen. Wenn die Antragstellerin sinngemäß - der angegebene Erwerb eines Bayerntickets für 24,- Euro und nicht für 22,- Euro entspricht dem Erwerb an einer DB Verkaufstelle mit persönlicher Beratung und nicht am Automaten oder im Internet (Preis dort 22,- Euro) - vorträgt, am Schalter bei Beratungsmöglichkeit die billigste Fahrkarte erworben zu haben, tatsächlich ihr aber bei Beratung eine andere Fahrkarte empfohlen und verkauft werden hätte müssen, weckt dies Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben der Antragstellerin. Denn wenn sie tatsächlich am Schalter nach Beratung eine Fahrkarte gekauft und dabei angegeben hätte, sie möchte die günstigste Fahrtmöglichkeit wählen, wäre ihr nicht ein Bayernticket mit zusätzlicher Fahrkarte bis 9.00 Uhr, sondern eine Fahrkarte für die konkrete Strecke hin und zurück empfohlen worden. Es ist daher für den Senat durchaus nicht fernliegend, dass die Antragstellerin auf andere, kostengünstigere Weise nach München gekommen ist, z. B. bei einem anderen Inhaber eines Bayerntickets mitgefahren ist, und sich mit den Angaben zum Bayernticket und der Nichtauffindbarkeit der Fahrkarte nur einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen wollte. Denn ihre Angaben sind so nicht plausibel und wecken daher Zweifel daran, dass sie tatsächlich die angegebenen Fahrkarten erworben hat.

- Diese Zweifel werden für den Senat dadurch verstärkt, dass es durchaus nicht fernliegend ist, dass die Antragstellerin zumindest bei der Anreise zum Gericht von einem nach München Reisenden mit dem Auto mitgenommen worden ist. Der Wohnort der Antragstellerin ist im Einzugsbereich des Gerichtsorts München gelegen. Es dürfte nicht wenige Berufspendler geben, die von A-Stadt aus täglich mit dem PKW nach München fahren. Auch die zeitliche Lage des Gerichtstermins steht der Mitfahrt bei einem Pendler nicht entgegen. Ob eine kostenlose Rückfahrt möglich gewesen ist oder die Antragstellerin dafür gegebenenfalls die Bahn benutzen musste, macht eine Anreise in Form einer kostenlosen Mitnahme nicht abwegig.

- Wenn die Antragstellerin vorträgt, dass sie den Entschädigungsantrag beim Verlassen des Gerichts an der Pforte abgegeben habe, ihr dort gesagt worden sei, dass „Alles in Ordnung sei“, und sie nicht auf die fehlenden Fahrkarten hingewiesen worden sei, ist dies nicht geeignet, die Zweifel zu zerstreuen. Ganz abgesehen davon, dass sowohl im Ladungsschreiben als auch im Formular des Entschädigungsantrags ausdrücklich der Hinweis enthalten ist, dass für die Auslagen Belege beizufügen seien, und die Antragstellerin schon deshalb zur eigenen Sicherheit die Fahrkarten aufheben hätte können, ist der Vortrag zu den an der Pforte erhaltenen Informationen nicht plausibel. Eine Nachfrage des Senats bei der Pforte hat ergeben, dass dort zwar Post und damit auch Entschädigungsanträge angenommen werden, Auskünfte zur Vollständigkeit von Entschädigungsanträgen aber nicht gegeben werden. Zweifel an der Richtigkeit dieser Auskunft der Mitarbeiter an der Pforte bestehen für den Senat nicht. Wenn die Antragstellerin glauben machen will, sie habe die Fahrkarten infolge einer Auskunft von Bediensteten des LSG an der Pforte vernichtet, ist dieser Vortrag daher nicht überzeugend.

Zusammenfassend hält es der Senat daher zwar für durchaus möglich und auch nicht einmal fernliegend, dass die Antragstellerin die von ihr angegebenen Fahrkarten erworben hat. Eine solche Möglichkeit oder sogar Wahrscheinlichkeit reicht aber nicht aus, um den Nachweis im Vollbeweis zu erbringen. Denn dafür ist mehr erforderlich, nämlich ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen des Erwerbs eines Bayerntickets für 24,- Euro und einer Einzelfahrkarte für 2,- Euro zweifelt. Derartige Zweifel verbleiben aber für den Senat, wenn einerseits die vielfältigen Möglichkeiten berücksichtigt werden, die eine Zugfahrt auch mit geringeren Kosten zulassen (z. B. Mitfahrt bei einem anderen Bayernticketinhaber, vgl. auch den Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 02.05.2013: „Geschäft mit dem Bayernticket - professionell Schwarzfahren“), andererseits die Angaben der Antragstellerin in sich nicht widerspruchsfrei sind. An diesen Zweifeln kann auch der Hinweis der Antragstellerin nichts ändern, dass sie wegen ihres schwerkranken Ehemanns zu Hause unabhängig bleiben und sich daher die angegebenen Fahrkarten kaufen habe müssen. Denn eine solche Abhängigkeit steht den möglichen kostengünstigeren Fahrtvarianten nicht entgegen.

3. Nachteile bei der Haushaltsführung

Der Antragstellerin steht eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung für 7 Stunden und damit in Höhe von 84,- Euro zu.

Voraussetzung für eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung gemäß § 21 JVEG ist, dass der Zeuge bzw. Beteiligte einen gemeinsamen Haushalt für mindestens eine weitere Person führt (vgl. Meyer/Höver/Bach, a. a. O., § 21, Rdnr. 1). Ein solcher Haushalt ist hier nachgewiesen; die Antragstellerin führt, wie sich aus den Angaben anlässlich der Zeugenvernehmung ergibt, einen Haushalt für ihren schwerkranken Ehemann und sich selbst.

Die von der Antragstellerin angegebene Zeit - im Schreiben vom 07.11.2012 innerhalb der dreimonatigen Antragsfrist des § 2 Abs.1 Satz 1 JVEG nochmals um eine Stunde erweitert - ist angesichts der Anwesenheitszeit vor Gericht und der von der Klägerin angegebenen Fahrtzeiten plausibel und damit zu entschädigen. Die Entschädigungshöhe beträgt 12,- Euro pro Stunde.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

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Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos
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Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos
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published on 06/02/2014 00:00

Gründe I. Die Antragstellerin begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) für Fahrtkosten, die ihr wegen eines Gerichtstermins entstanden sind. In dem am Bayerischen Landessozialger
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Annotations

(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Zeugen erhalten als Entschädigung

1.
Fahrtkostenersatz (§ 5),
2.
Entschädigung für Aufwand (§ 6),
3.
Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 7),
4.
Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20),
5.
Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21) sowie
6.
Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22).
Dies gilt auch bei schriftlicher Beantwortung der Beweisfrage.

(2) Sofern die Entschädigung nach Stunden bemessen ist, wird sie für die gesamte Dauer der Heranziehung gewährt. Dazu zählen auch notwendige Reise- und Wartezeiten sowie die Zeit, während der der Zeuge infolge der Heranziehung seiner beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen konnte. Die Entschädigung wird für nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn insgesamt mehr als 30 Minuten auf die Heranziehung entfallen; andernfalls beträgt die Entschädigung die Hälfte des sich für die volle Stunde ergebenden Betrages.

(3) Soweit die Entschädigung durch die gleichzeitige Heranziehung in verschiedenen Angelegenheiten veranlasst ist, ist sie auf diese Angelegenheiten nach dem Verhältnis der Entschädigungen zu verteilen, die bei gesonderter Heranziehung begründet wären.

(4) Den Zeugen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, kann unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere ihres regelmäßigen Erwerbseinkommens, nach billigem Ermessen eine höhere als die in Absatz 1 Satz 1 bestimmte Entschädigung gewährt werden.

Die Vergütung und die Entschädigung sind nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der Auftrag an den Sachverständigen, Dolmetscher oder Übersetzer vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Berechtigte vor diesem Zeitpunkt herangezogen worden ist. Dies gilt auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(1) Bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln werden die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt.

(2) Bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs werden

1.
dem Zeugen oder dem Dritten (§ 23) zur Abgeltung der Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,35 Euro,
2.
den in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Anspruchsberechtigten zur Abgeltung der Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,42 Euro
für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt zuzüglich der durch die Benutzung des Kraftfahrzeugs aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte. Bei der Benutzung durch mehrere Personen kann die Pauschale nur einmal geltend gemacht werden. Bei der Benutzung eines Kraftfahrzeugs, das nicht zu den Fahrzeugen nach Absatz 1 oder Satz 1 zählt, werden die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der in Satz 1 genannten Fahrtkosten ersetzt; zusätzlich werden die durch die Benutzung des Kraftfahrzeugs aus Anlass der Reise angefallenen regelmäßigen baren Auslagen, insbesondere die Parkentgelte, ersetzt, soweit sie der Berechtigte zu tragen hat.

(3) Höhere als die in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichneten Fahrtkosten werden ersetzt, soweit dadurch Mehrbeträge an Vergütung oder Entschädigung erspart werden oder höhere Fahrtkosten wegen besonderer Umstände notwendig sind.

(4) Für Reisen während der Terminsdauer werden die Fahrtkosten nur insoweit ersetzt, als dadurch Mehrbeträge an Vergütung oder Entschädigung erspart werden, die beim Verbleiben an der Terminsstelle gewährt werden müssten.

(5) Wird die Reise zum Ort des Termins von einem anderen als dem in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichneten oder der zuständigen Stelle unverzüglich angezeigten Ort angetreten oder wird zu einem anderen als zu diesem Ort zurückgefahren, werden Mehrkosten nach billigem Ermessen nur dann ersetzt, wenn der Berechtigte zu diesen Fahrten durch besondere Umstände genötigt war.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Zeugen, die einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen, erhalten eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung von 17 Euro je Stunde, wenn sie nicht erwerbstätig sind oder wenn sie teilzeitbeschäftigt sind und außerhalb ihrer vereinbarten regelmäßigen täglichen Arbeitszeit herangezogen werden. Zeugen, die ein Erwerbsersatzeinkommen beziehen, stehen erwerbstätigen Zeugen gleich. Die Entschädigung von Teilzeitbeschäftigten wird für höchstens zehn Stunden je Tag gewährt abzüglich der Zahl an Stunden, die der vereinbarten regelmäßigen täglichen Arbeitszeit entspricht. Die Entschädigung wird nicht gewährt, soweit Kosten einer notwendigen Vertretung erstattet werden.

(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt

1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung,
3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten,
4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und
5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
Wird der Berechtigte in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 und 2 in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen, ist für den Beginn aller Fristen die letzte Heranziehung maßgebend. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. Wurde dem Berechtigten ein Vorschuss nach § 3 bewilligt, so erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung nur insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.

(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.