Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 07. Dez. 2015 - L 14 R 775/15 B

published on 07/12/2015 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 07. Dez. 2015 - L 14 R 775/15 B
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Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 24.09.2015 wird verworfen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin (Bf) wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Würzburg vom 24.09.2015, mit dem der Rechtsstreit wegen örtlicher Unzuständigkeit an das SG Dortmund verwiesen worden ist. Die beschwerdeführende GmbH hatte ihren Sitz ursprünglich in S-Stadt. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 19.03.2014 über die Änderung des Gesellschaftsvertrages wurde bestimmt, dass der Sitz der Gesellschaft A-Stadt ist. Am 22.04.2014 ging beim Amtsgericht A-Stadt der elektronisch übermittelte Antrag der Bf auf Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister ein. Am 28.04.2014 erhob die Bf beim Sozialgericht Würzburg Klage gegen einen Bescheid der Beschwerdegegnerin (Bg). Der geänderte Sitz der Bf wurde am 13.05.2014 in das Handelsregister eingetragen.

Mit Schreiben vom 06.08.2015 hörte das SG Würzburg die Beteiligten zur beabsichtigten Verweisung des Rechtsstreits an. Im Zeitpunkt der Klageerhebung habe die Bf ihren Sitz noch in S-Stadt gehabt, das zum Zuständigkeitsbereich des SG Dortmund gehöre. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Verlegung des Sitzes nach A-Stadt sei nach § 54 Abs. 3 GmbHG erst mit Eintragung in das Handelsregister rechtswirksam geworden.

Von Seiten der Bf wurde dazu u. a. mitgeteilt, dass die Verzögerung der Eintragung in das Handelsregister nicht zu Lasten der Bf gehen dürfe. Schließlich habe die Bf durch die elektronisch übermittelte Antragstellung am 22.04.2014 das Erforderliche erfüllt, um eine unverzügliche Eintragung sicherzustellen.

Mit Beschluss vom 24.09.2015 hat sich das SG Würzburg für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Dortmund verwiesen, da die Bf im Zeitpunkt der Klageerhebung ihren Sitz noch in S-Stadt gehabt habe. Die von der Bf angesprochene Verzögerung der Eintragung in das Handelsregister sei ohne Belang. Im Übrigen erweise sich die Eintragung am 13.05.2014 aufgrund eines am 22.04.2014 übermittelten Antrages als schnell im Vergleich zu der erst am 22.04.2014 erfolgten Antragsstellung hinsichtlich einer bereits am 19.03.2014 erfolgten Änderung des Gesellschaftsvertrages.

Gegen diesen Beschluss hat die Bf sofortige Beschwerde erhoben, soweit sich die Anwendung von § 98 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als rechtswidrig darstelle. Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden. Soweit das SG ausgeführt habe, dass sich die Eintragung am 13.05.2014 als schnell erweise im Vergleich zu der am 22.04.2014 erfolgten Antragsstellung, habe es einen Verschuldensvorwurf gegenüber der Bf erhoben. Auf diese tragende Erwägung sei die Bf zuvor nicht hingewiesen worden.

Die Bg hat mit Schriftsatz vom 03.11.2015 die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Beklagtenakte Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nicht statthaft und daher unzulässig. Nach § 98 Satz 2 SGG sind Beschlüsse entsprechend § 17 a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) unanfechtbar. Ein Ausnahmefall, bei dem die Rechtsprechung die sofortige Beschwerde nach § 17 Abs. 4 Satz 3 GVG entgegen § 98 Satz 2 SGG für zulässig erachtet hat, liegt nicht vor. Eine Beschwerdemöglichkeit ist entgegen § 98 Satz 2 SGG angenommen worden, wenn der Verweisungsbeschluss willkürlich, d.h. unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist (vgl. BSG SozR 1500 § 98 Nr. 1). Ein solcher Fall ist hier ersichtlich nicht gegeben. Ein willkürliches Vorgehen des SG ist von der Bf auch nicht gerügt worden. Eine Beschwerdemöglichkeit ist von der Rechtsprechung auch dann bejaht worden, wenn elementare Verfahrensgrundsätze missachtet worden sind, insbesondere wenn der Verweisungsbeschluss auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht (vgl. BSG SozR 3 1720 § 17a Nr. 11). Diese Rechtsprechung ist jedoch im Hinblick auf die Einführung der Anhörungsrüge als überholt anzusehen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 98 Rdnr. 7a). Ungeachtet dessen bestehen im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte für eine Verletzung des Anspruchs der Bf auf rechtliches Gehör.

Das SG hat die Beteiligten vor der Verweisung des Rechtsstreites angehört und sodann den Verweisungsbeschluss auf dieselbe Begründung gestützt, mit der es bereits im Anhörungsschreiben die beabsichtigte Verweisung begründet hatte. Ergänzend geht das SG im Verweisungsbeschluss auf sämtliche Einwände ein, die die Bf im Anhörungsverfahren vorgetragen hatte.

Die im Rahmen dieser ergänzenden Ausführungen gemachte Anmerkung, dass die Eintragung ins Handelsregister am 13.05.2014 auf den am 22.04.2014 gestellten Antrag geradezu schnell gewesen sei im Vergleich zum Zeitablauf, der zwischen der Änderung des Gesellschaftsvertrages am 19.03.2014 und der Stellung des Antrags am 22.04.2014 verstrichen ist, stellt - entgegen der Darstellung des Bevollmächtigten der Bf - ganz offenkundig keine tragende Erwägung für die Verweisung des Rechtsstreits an das SG Dortmund dar. Der Verweisungsbeschluss stellt erkennbar allein darauf ab, dass die Sitzverlegung nach A-Stadt erst mit der Eintragung ins Handelsregister rechtswirksam geworden und daher bei Klageerhebung die Stadt S-Stadt maßgeblicher Sitz der Bf gewesen sei. Aus welchen Gründen die am 22.04.2015 beantragte Eintragung erst am 13.05.2015 erfolgt ist und wer diese Verzögerung zu vertreten hat, war nach den Darlegungen des SG ohne rechtliche Relevanz und kann daher kein tragender Gesichtspunkt für seine Entscheidung gewesen sein. Die vom Bevollmächtigten der Bf in diesem Zusammenhang erhobene Rüge einer Gehörsverletzung ist daher als abwegig zu bezeichnen.

Mangels Zulässigkeit war die Beschwerde zu verwerfen.

Da das Hauptsacheverfahren gerichtskostenpflichtig nach § 197a SGG ist, gilt dies auch für das vorliegende Beschwerdeverfahren (Nr. 7504 Anlage 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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published on 12/04/2017 00:00

Tenor 1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen. 2. Der Beschwerdeführerin wird eine Gebühr von 750 € auferlegt. Gründe I. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen – den Verw
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Annotations

(1) Die Abänderung des Gesellschaftsvertrags ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung ist der vollständige Wortlaut des Gesellschaftsvertrags beizufügen; er muß mit der Bescheinigung eines Notars versehen sein, daß die geänderten Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags mit dem Beschluß über die Änderung des Gesellschaftsvertrags und die unveränderten Bestimmungen mit dem zuletzt zum Handelsregister eingereichten vollständigen Wortlaut des Gesellschaftsvertrags übereinstimmen.

(2) Bei der Eintragung genügt, sofern nicht die Abänderung die in § 10 bezeichneten Angaben betrifft, die Bezugnahme auf die bei dem Gericht eingereichten Dokumente über die Abänderung.

(3) Die Abänderung hat keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft eingetragen ist.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17, 17a und 17b Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17, 17a und 17b Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.