Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 04. Jan. 2016 - L 11 AS 774/15 WA

published on 04/01/2016 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 04. Jan. 2016 - L 11 AS 774/15 WA
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Tenor

I.

Die Klage auf Wiederaufnahme des durch Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 18.03.2015 abgeschlossenen Verfahrens L 11 AS 152/14 wird als unzulässig verworfen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 11 AS 152/14.

Der 1958 geborene Kläger bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im Hinblick auf 17 landwirtschaftliche Grundstücke in A. und B. erfolgte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 darlehensweise unter Berücksichtigung der jeweiligen Regelleistung und der Kosten der Unterkunft und Heizung (allein für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009) i. H. v. 24,74 € monatlich (Bescheid vom 18.12.2009 i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009, Bescheid vom 04.06.2009 i. d. F des Änderungsbescheides vom 17.07.2009 i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009, Bescheid vom 07.12.2009 i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2010 und Bescheid vom 14.06.2010 i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2011). Die dagegen erhobenen Klagen hat das Sozialgericht Würzburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 20.01.2011 abgewiesen (S 9 AS 195/09). Sowohl das dagegen gerichtete Berufungsverfahren (Urteil des Senats vom 02.02.2012 - L 11 AS 162/11) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) als auch die anschließende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (BSG, Beschluss vom 10.05.2012 - B 4 AS 64/12 B) beim Bundessozialgericht waren ohne Erfolg. Mit Bescheiden vom 15.05.2009, 05.06.2009, 17.03.2010 und 14.06.2010 wurden für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 auch Darlehen für die freiwilligen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gewährt.

Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom 05.04.2011 u. a. auf, ihm für die Jahre 2009 und 2010 jeweils monatlich 60 € für Heizkosten, insgesamt 1.440 € zu zahlen. Nach dem Verkauf einiger Grundstücke stellte der Beklagte mit „Zahlungsaufforderung“ vom 05.07.2012 die Darlehenssumme aus der Leistungsbewilligung vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 i. H. v. 11.870,04 € gegenüber dem Kläger fällig und verfügte mit Bescheid vom 23.07.2012 eine monatliche Aufrechnung der Forderung mit dem laufenden Alg II im Umfang von 37,40 € ab dem 01.08.2012. Mit Schreiben vom 07.08.2012 erhob der Kläger bei der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Bayern - Forderungsmanagement in R. (BA) Widerspruch „gegen diesen Bescheid“ und beantragte die Niederschlagung der gesamten Darlehensforderung. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2012 zurück. Die dagegen vom Kläger erhobene Klage, mit der zudem die Niederschlagung bzw. den Erlass der Darlehensforderung, die „Übernahme der ganzen Versicherungspflichten des Job Centers/ARGE für Buchungen zur Krankenversicherung 2008/2010 sowie die Rentenversicherungszeiten 2008/2010“, die Zahlung von „Landratskosten“ in Höhe von 1.440 € für den Zeitraum 2008/2010 sowie die Zahlung von 219 € bezüglich einer Kostenrechnung des Landgerichts O. beantragt worden ist, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 20.12.2013 (S 18 AS 665/12) abgewiesen.

Dagegen hat der Kläger Berufung beim LSG eingelegt (L 11 AS 152/14). Der Senat hat mit Beschluss vom 11.02.2015 das Begehren des Klägers im Hinblick auf die Anfechtung des Bescheides vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2012 abgetrennt und die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 18.03.2015 aufgehoben (L 11 AS 104/15). Im Übrigen hat der Senat mit weiterem Urteil vom 18.03.2015 (L 11 AS 152/14) - antragsgemäß - den Gerichtsbescheid des SG vom 20.12.2013 in Bezug auf die Niederschlagung bzw. den Erlass der Darlehensforderung, die Übernahme von Beiträgen für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010, die Zahlung von weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.440 € für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 und die Zahlung von 219 € bezüglich einer Kostenrechnung des Landgerichts O. aufgehoben und den Rechtsstreit insoweit zur erneuten Entscheidung an das SG zurückverwiesen. Nach Mitteilung des SG ist das Verfahren dort unter dem Az S 18 AS 184/15 ZVW anhängig.

Der Kläger hat beim LSG die Wiederaufnahme des Verfahrens L 11 AS 152/14 beantragt. Erst jetzt lägen die kompletten Urkunden vollständig vor und seien zuvor vom Senat nicht berücksichtigt worden. Die Urkunden seien beim SG am 20.07.2015 eingegangen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Verfahren L 11 AS 152/14 wieder aufzunehmen und das Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 18.03.2015 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 20.12.2013 in Bezug auf die Niederschlagung bzw. den Erlass der Darlehensforderung, die Übernahme von Beiträgen für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010, die Zahlung von weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.440 € für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 und die Zahlung von 219 € bezüglich einer Kostenrechnung des Landgerichts O. aufzuheben sowie den Rechtsstreit insoweit zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Würzburg zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Wiederaufnahmeklage gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18.03.2015 - L 11 AS 152/14 - als unzulässig zu verwerfen bzw. im Falle der Zulässigkeit die Klage als unbegründet zurückzuweisen.

Gründe für eine Wiederaufnahme seien nicht schlüssig dargelegt. Die vom Kläger benannten Urkunden seien für das Verfahren ohne Einfluss.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens L 11 AS 152/14 ist nicht statthaft und damit als unzulässig zu verwerfen. Der Senat konnte durch Beschluss entscheiden, weil die Wiederaufnahmeklage nicht statthaft ist (§ 158 Sätze 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- analog; zur Möglichkeit, auch über nicht statthafte Wiederaufnahmeklagen durch Beschluss und ohne Hinzuziehung von ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden: BSG, Beschluss vom 10.07.2012 - B 13 R 53/12 B - SozR 4-1500 § 158 Nr. 6 Rn. 11; Beschluss vom 18.09.2014 - B 14 AS 85/14 B - juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 179 Rn. 9). Das Gericht hat den Kläger auch darauf hingewiesen, dass eine derartige Entscheidung durch Beschluss möglich ist. Einwendungen hiergegen hat er nicht vorgebracht. Eine mündliche Verhandlung hat im Rahmen des Verfahrens L 11 AS 152/14 bereits stattgefunden.

Die Wiederaufnahmeklage ist unzulässig, denn ihr fehlt das notwendige Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger will mit diesem Verfahren die Fortsetzung des früheren Berufungsverfahrens L 11 AS 152/14 sowie die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG erreichen. Dies ist jedoch bereits mit dem Urteil des Senats vom 18.03.2015 in dem genannten Verfahren erfolgt, denn der Senat hat den Gerichtsbescheid des SG vom 20.12.2013 in Bezug auf die Niederschlagung bzw. den Erlass der Darlehensforderung, die Übernahme von Beiträgen für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010, die Zahlung von weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.440 € für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 und die Zahlung von 219 € bezüglich einer Kostenrechnung des Landgerichts Schweinfurt aufgehoben und den Rechtsstreit insoweit zur erneuten Entscheidung an das SG zurückverwiesen. Das entsprechende Verfahren ist beim SG unter dem Az S 18 AS 184/15 ZVW anhängig. Das ursprünglich - bis zur Abtrennung - ebenfalls im Berufungsverfahren streitige Begehren im Hinblick auf die Anfechtung des Bescheides vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2012 hat sich durch die Aufhebung des Bescheides mit Urteil des Senats vom 18.03.2015 (L 11 AS 104/15) ebenfalls erledigt.

Die Wiederaufnahmeklage war demnach als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen des Klägers

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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published on 18/03/2015 00:00

Tenor I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 20.12.2013 teilweise und der Bescheid vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2012 ganz aufgehoben. II. Der Bekl
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Annotations

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.