Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Juli 2014 - L 11 AS 293/14 B ER

published on 14/07/2014 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Juli 2014 - L 11 AS 293/14 B ER
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Sozialgericht Würzburg, L 11 AS 293/14 B ER, 22/02/2014

Gericht

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Tenor

I.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 22.02.2014 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Streitig ist eine monatliche Aufrechnung eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) mit einer Darlehensrückforderung sowie die einstweilige Einstellung einer Vollstreckung.

Der Antragsteller (ASt) bezieht seit 01.01.2005 Alg II vom Antragsgegner (Ag). Im Hinblick auf 17 landwirtschaftliche Grundstücke in A-Stadt und B-Stadt, die der Ag mit einem Gesamtwert von 19.622,50 € veranschlagte, wurden dem ASt für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 darlehensweise Alg II gewährt (Bescheid vom 18.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009, Bescheid vom 04.06.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009, Bescheid vom 07.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2010 und Bescheid vom 14.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2011). Die Klage gegen die Bewilligung als Darlehen hat das Sozialgericht Würzburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 20.01.2011 abgewiesen (S 9 AS 195/09). Sowohl das dagegen gerichtete Berufungsverfahren beim Bayerischen Landessozialgericht (Urteil vom 02.02.2012 - L 11 AS 162/11) als auch die anschließende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundessozialgericht (Beschluss vom 10.05.2012 - B 4 AS 64/12 B) waren ohne Erfolg.

Am 03.12.2010 verkaufte der ASt acht seiner Grundstücke (Wald- und Landwirtschaftsflächen) für insgesamt 6.224,09 €. Mit „Zahlungsaufforderung“ vom 05.07.2012 stellte der Ag die Darlehenssumme aus der Leistungsbewilligung für die Zeit von Januar 2009 bis einschließlich Dezember 2010 i. H. v. 11.870,04 € gegenüber dem ASt fällig und verfügte mit Bescheid vom 23.07.2012 eine monatliche Aufrechnung der Forderung mit dem laufenden Alg II im Umfang von 10% des jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Mit Schreiben vom 07.08.2012 erhob der ASt bei der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Bayern - Forderungsmanagement in Bogen (BA) Widerspruch „gegen diesen Bescheid“ und beantragte die Niederschlagung der gesamten Darlehensforderung. Der Ag wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2012 zurück. Die dagegen vom ASt erhobene Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 20.12.2013 (S 18 AS 665/12) abgewiesen. Über die dagegen beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung (L 11 AS 152/14) ist bislang nicht entschieden.

Nachdem der Ag zwischenzeitlich die Aufrechnung ausgesetzt hatte, teilte er mit Schreiben vom 09.01.2014 mit, dass ab Februar 2014 wieder in monatlichen Raten zu 39,10 € (10% des maßgebenden Regelbedarfs) aufgerechnet werde. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Ag mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2014 zurück. Es handele sich bei dem angefochtenen Bescheid nicht um einen Verwaltungsakt, da im Hinblick auf den Bescheid vom 23.07.2012 keine neue Entscheidung getroffen worden sei. Wegen des diesbezüglichen Klageverfahrens sei nur der Vollzug der Aufrechnung durch die aufschiebende Wirkung ausgesetzt gewesen. Mit Abschluss des Gerichtsverfahrens (S 18 AS 665/12) sei die aufschiebende Wirkung entfallen und die Aufrechnung ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt fortzusetzen.

Nachdem das B. - Vollstreckungsstelle - (HZA) die Vollstreckung der Forderungen aus dem Darlehen für die BA mit Schreiben vom 29.10.2013 angekündigt hatte, erließ dieses am 02.01.2014 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die der V-Bank als Drittschuldner am 08.01.2014 zugestellt wurde. Über den dagegen vom ASt eingelegten Einspruch ist bislang nicht entschieden.

Am 29.01.2014 hat sich der ASt mit einer „Eil Antrags Klage“ gegen die Aufrechnung ab 01.02.2014 und die Pfändung ab 08.01.2014 an das SG gewandt. Das [9] SG hat mit Beschluss vom 22.02.2014 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Ag abgelehnt. Dem Antrag hinsichtlich der Aufrechnung fehle ein Rechtsschutzbedürfnis. Der Ag werde die aufschiebende Wirkung der dagegen eingelegten Klage nach eigenen Angaben von Amts wegen berücksichtigen. Auch hinsichtlich des Antrages bezüglich der einstweiligen Einstellung der Vollstreckung fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Vor der Inanspruchnahme des Gerichts hätte der Ag einen entsprechenden einstweiligen Aussetzungsantrag beim HZA stellen müssen.

Dagegen hat der ASt Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Es sei bislang keine ordnungsgemäße Vermögensprüfung bei ihm vorgenommen worden. Ein erlösbares Vermögen sei Ende 2008 nicht vorhanden gewesen. Die Beweislast treffe insofern den Ag. Der Ag hat mitgeteilt, dass die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Aufrechnung im Hinblick auf das noch anhängige Berufungsverfahren (L 11 AS 152/14) von Amts wegen beachtet werde.

Einen Befangenheitsantrag gegen den Berichterstatter hat der Senat ohne Mitwirkung des Berichterstatters mit Beschluss vom 10.06.2014 abgelehnt (L 11 SF 132/14 AB).

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Ag und des HZA sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht den Antrag des ASt auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.

Gegenstand des Verfahrens ist zunächst die vom Ag mit Bescheid vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2012 erklärte monatliche Aufrechnung der Darlehensforderung mit dem laufenden Alg II im Umfang von 10% des jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Der diesbezügliche Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist bereits unzulässig, da es an dem hierfür notwendigen Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der Ag hat mitgeteilt, dass die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Aufrechnung im Hinblick auf das noch anhängige Berufungsverfahren (L 11 AS 152/14) von Amts wegen beachtet werde. Damit wird derzeit eine Aufrechnung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens nicht durchgeführt. Der diesbezügliche Antrag des ASt auf einstweiligen Rechtsschutz ist unzulässig.

Im Weiteren ist vorliegend ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen den Ag im Hinblick auf die Vollstreckung aus der Darlehensforderung streitgegenständlich. Neben einem Rechtsschutz gegen die Aufrechnung kommt ein solcher in Bezug auf den Ag allerdings allenfalls bezüglich der „Zahlungsaufforderung“ vom 05.07.2012 in Betracht. Dabei handelt es sich nach Auffassung des Senats bei dem Schreiben vom 05.07.2012 um einen Leistungsbescheid in Form eines Verwaltungsaktes i. S. v. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Dieser Leistungsbescheid ist nach § 40 Abs. 6 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 2 Buchst a Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) auch Vollstreckungsvoraussetzung. Der Leistungsbescheid fungiert in der Verwaltungsvollstreckung wegen Geldforderungen als Vollstreckungstitel und stellt den zu vollstreckenden Anspruch eindeutig fest (vgl. Engelhardt/App in: Engelhardt/App/Schlatmann/Glotzbach, VwVG/VwZG, 9. Aufl, § 3 VwVG Rn. 1). Er ist dabei von der bloßen Zahlungsaufforderung abzugrenzen, was ggf. durch Auslegung dahingehend zu ermitteln ist, ob sich den gewählten Formulierungen unter Berücksichtigung des maßgebenden rechtlichen Gesichtspunktes des „Empfängerhorizonts“ eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat, entnehmen lässt, dass eine verbindliche Regelung durch Verwaltungsakt getroffen werden sollte (vgl. BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 4 R 75/06 R; Urteil vom 25.01.2011 - B 5 R 14/10 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.09.2012 - L 19 AS 1379/12 B - alle zitiert nach juris). Im Schreiben vom 05.07.2012 wird der ASt zur Zahlung des gesamten Darlehensbetrages von 11.870,04 € aufgefordert und mitgeteilt, die Rückzahlung sei zum 25.07.2012 fällig. Letztlich hat der Ag damit insbesondere seine Forderung fällig gestellt und den Rückzahlungsbetrag festgesetzt. Dies ist zuvor nur teilweise erfolgt. So enthält z. B. der Bescheid vom 18.12.2008 den Hinweis, dass das Darlehen bei Verwertung der Grundstücke sofort in einem Gesamtbetrag zur Rückzahlung fällig sei, in anderen Bewilligungsbescheiden, wie z. B. dem Änderungsbescheid vom 17.07.2009 oder dem Bescheid vom 17.03.2010 sind keine Angaben zur Fälligkeit enthalten. Im Übrigen hat der Ag auch mit der Fälligstellung der Beträge zum 25.07.2012 diesbezüglich ein anderes Datum festgesetzt, nämlich nicht den Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung sondern einen späteren Zeitpunkt. Schließlich hat sich der Ag im Hinblick auf die Art der Vollstreckung nicht zu einem Vorgehen nach § 66 Abs. 4 SGB X i. V. m. den Vorschriften der ZPO entschieden. Er wollte die Vollstreckung nach dem VwVG einleiten (§ 66 Abs. 1 SGB X), wofür es eines Leistungsbescheides bedurfte, für dessen Erlass der Ag als Gläubiger auch zuständig gewesen ist (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen a. a. O.).

Die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz im Hinblick auf den Bescheid vom 05.07.2012 kommt jedoch nicht in Betracht. Der ASt hat gegen den Bescheid vom 05.07.2012 keinen Widerspruch eingelegt. Auch wenn dem Bescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt gewesen ist, wäre der Widerspruch binnen Jahresfrist zu erheben gewesen (§ 84 Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 66 Abs. 2 SGG). Dies ist nicht erfolgt. Der ASt hat sich alleine gegen die mit Bescheid vom 23.07.2012 erklärte monatliche Aufrechnung gewandt und insofern Widerspruch eingelegt. Auch die Beantragung eines Erlasses oder einer Niederschlagung der Forderung können nicht als Widerspruch ausgelegt werden, da diese eine zu vollstreckende Forderung voraussetzen und hierfür der Ag auch nicht zuständig wäre. Damit ist aber die fällige Leistungsverpflichtung des ASt mit dem Bescheid vom 05.07.2012 für die Beteiligten in der Sache bindend (§ 77 SGG). Für die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz besteht dann kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.

Mangels einer (bislang ergangenen) Entscheidung des SG ist ein einstweiliger Rechtsschutz im Hinblick auf einen Erlass oder eine Niederschlagung nicht Gegenstand der Beschwerde. Hier wäre ggf. - sofern die Auslegung der Schreiben des ASt ergeben würde, dass auch dies beantragt sein soll - zu prüfen, welche Behörde hierfür zuständig wäre. Dies dürfte vorliegend auch die BA als Vollstreckungsanordnungsbehörde sein (vgl. dazu BayLSG, Beschluss vom 29.04.2014 - L 7 AS 260/14 B ER - juris).

Gleiches gilt für die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz im Hinblick auf die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des HZA vom 02.01.2014. Hier hat das SG über einen etwaigen Antrag gegen das HZA nicht entschieden, sondern nur im Verhältnis zwischen ASt und Ag eine Entscheidung getroffen. Für den Rechtsschutz gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung und die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung (§ 4 VwVG i. V. m. § 258 Abgabenordnung -AO-) wäre nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) auch die Finanzgerichtsbarkeit zuständig (vgl. dazu BayLSG a. a. O.). Dort besteht ebenfalls die Möglichkeit der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (§ 114 FGO).

Sofern das SG zu dem Ergebnis kommen sollte, dass der ASt auch einstweiligen Rechtsschutz gegenüber der BA und dem HZA beantragt haben sollte, wird es in den entsprechenden Verfahren - soweit noch nicht erfolgt - weitere Entscheidungen zu treffen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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published on 18/03/2015 00:00

Tenor I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 20.12.2013 in Bezug auf die Niederschlagung bzw. den Erlass der Darlehensforderung, die Übernahme von Beiträgen für die Kranken-, Pflege- und Re
published on 25/01/2011 00:00

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
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Annotations

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht.

(2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind:

a)
der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist;
b)
die Fälligkeit der Leistung;
c)
der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst danach fällig wird, der Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit.

(3) Vor Anordnung der Vollstreckung soll der Schuldner ferner mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden.

(4) Die Vollstreckungsanordnung wird von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend machen darf.

(1) Für die Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz. In Angelegenheiten des § 51 des Sozialgerichtsgesetzes ist für die Anordnung der Ersatzzwangshaft das Sozialgericht zuständig. Die oberste Verwaltungsbehörde kann bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung fachlich geeignete Bedienstete als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete dieser Behörde als Vollziehungsbeamte bestellen darf; die fachliche Eignung ist durch einen qualifizierten beruflichen Abschluss, die Teilnahme an einem Lehrgang einschließlich berufspraktischer Tätigkeit oder entsprechende mehrjährige Berufserfahrung nachzuweisen. Die oberste Verwaltungsbehörde kann auch bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge fachlich geeignete Bedienstete

1.
der Verbände der Krankenkassen oder
2.
einer bestimmten Krankenkasse
als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete der genannten Verbände und Krankenkassen als Vollziehungsbeamte bestellen darf. Der nach Satz 4 beauftragte Verband der Krankenkassen ist berechtigt, Verwaltungsakte zur Erfüllung der mit der Vollstreckung verbundenen Aufgabe zu erlassen.

(2) Absatz 1 Satz 1 bis 3 gilt auch für die Vollstreckung durch Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung; das Land bestimmt die Vollstreckungsbehörde.

(3) Für die Vollstreckung zugunsten der übrigen Behörden gelten die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Für die landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt Absatz 1 Satz 2 bis 5 entsprechend. Abweichend von Satz 1 vollstrecken die nach Landesrecht zuständigen Vollstreckungsbehörden zugunsten der landesunmittelbaren Krankenkassen, die sich über mehr als ein Bundesland erstrecken, nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes.

(4) Aus einem Verwaltungsakt kann auch die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung stattfinden. Der Vollstreckungsschuldner soll vor Beginn der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer Woche gemahnt werden. Die vollstreckbare Ausfertigung erteilt der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter oder ein anderer auf Antrag eines Leistungsträgers von der Aufsichtsbehörde ermächtigter Angehöriger des öffentlichen Dienstes. Bei den Versicherungsträgern und der Bundesagentur für Arbeit tritt in Satz 3 an die Stelle der Aufsichtsbehörden der Vorstand.

(1) Der Widerspruch ist binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 36a Absatz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate.

(2) Die Frist zur Erhebung des Widerspruchs gilt auch dann als gewahrt, wenn die Widerspruchsschrift bei einer anderen inländischen Behörde oder bei einem Versicherungsträger oder bei einer deutschen Konsularbehörde oder, soweit es sich um die Versicherung von Seeleuten handelt, auch bei einem deutschen Seemannsamt eingegangen ist. Die Widerspruchsschrift ist unverzüglich der zuständigen Behörde oder dem zuständigen Versicherungsträger zuzuleiten, der sie der für die Entscheidung zuständigen Stelle vorzulegen hat. Im übrigen gelten die §§ 66 und 67 entsprechend.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Vollstreckungsbehörden sind:

a)
die von einer obersten Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat bestimmten Behörden des betreffenden Verwaltungszweiges;
b)
die Vollstreckungsbehörden der Bundesfinanzverwaltung, wenn eine Bestimmung nach Buchstabe a nicht getroffen worden ist.

Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben.

(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben

1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,
2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden,
4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.