Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Feb. 2015 - 10 AZR 50/14

ECLI: ECLI:DE:BAG:2015:120215.U.10AZR50.14.0
published on 12/02/2015 00:00
Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Feb. 2015 - 10 AZR 50/14
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 12. Dezember 2013 - 5 Sa 702/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines tariflichen Theaterbetriebszuschlags.

2

Der Kläger ist seit 1992 bei der Beklagten als Schlosser beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung ua. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-VKA) und der Bezirkliche Zusatztarifvertrag zu § 3 der Sondervereinbarung gemäß § 2 Buchst. f BMT-G (Anlage 6) für die bei der Niedersächsischen Staatstheater Hannover GmbH beschäftigten Arbeiter vom 7. Dezember 1970 idF des 2. Änderungstarifvertrags vom 8. Februar 1991 (BZTV) Anwendung. Der BZTV wurde zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Niedersachsen, einem Mitgliedsverband der VKA, und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr - Bezirksverwaltung Niedersachsen - abgeschlossen. § 3 BZTV lautet auszugsweise:

        

„Zu § 22 BMT-G

        

(1) Aufgrund der Eigenart der Verhältnisse im Theaterbetrieb wird für jede der Lohnberechnung zugrunde liegende Stunde ein Lohnzuschlag (Theaterbetriebszuschlag) in Höhe von 21 v. H. des auf die Arbeitsstunde umgerechneten Monatstabellenlohnes der Stufe 1 der Lohngruppe gezahlt, in die der Arbeiter eingereiht ist.

        

(2) Mit dem Theaterbetriebszuschlag sind abgegolten

        

a)    

die Belastungen, welche die nicht nur gelegentliche Sonn- und Feiertagsarbeit und die üblicherweise unregelmäßige tägliche Arbeitszeit im Theaterbetrieb mit sich bringen,

        

b)    

Zeitzuschläge für Mehrarbeit sowie für Überstunden bis zur 44,5. Stunde einschließlich in der Woche (§ 22 Abs. 1 Buchst. e BMT-G),

        

c)    

die nach § 22 Abs. 1 Buchst. a bis d sowie Buchst. f und g BMT-G zu zahlenden Zeitzuschläge.“

3

Zum 1. Oktober 2005 sind der TVöD und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-VKA) in Kraft getreten. Nach § 2 Abs. 1 TVÜ-VKA ersetzt der TVöD - unter anderem - den BMT-G II sowie die ihn ergänzenden Tarifverträge der VKA zum 1. Oktober 2005, soweit im TVÜ-VKA oder im TVöD nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA lautet:

        

„Die von den Mitgliedverbänden der VKA abgeschlossenen Tarifverträge sind durch die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien hinsichtlich ihrer Weitergeltung zu prüfen und bei Bedarf bis zum 31. Dezember 2006 an den TVöD anzupassen; die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien können diese Frist verlängern. Das Recht zur Kündigung der in Satz 1 genannten Tarifverträge bleibt unberührt.“

4

Seit 1. Oktober 2005 ist der Kläger in die Entgeltgruppe 6 Stufe 6 TVöD-VKA eingruppiert. Die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien haben den BZTV bislang weder angepasst noch gekündigt. Den Theaterbetriebszuschlag zahlt die Beklagte weiterhin auf der Grundlage der Stufe 1 des Monatstabellenlohns der Lohngruppe 6, in die der Kläger im September 2005 eingereiht war, in unveränderter Höhe von 426,87 Euro monatlich. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009, 11. November 2011 und 14. Dezember 2011 hat der Kläger die Zahlung eines höheren Theaterbetriebszuschlags verlangt.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Theaterbetriebszuschlag müsse nach der für ihn seit dem 1. Oktober 2005 maßgeblichen Entgeltgruppe 6 Stufe 6 TVöD berechnet werden, mindestens jedoch nach der (Eingangs-)Stufe 1. Gemäß §§ 15, 16 TVöD sei das Tabellenentgelt an die Stelle des Monatstabellenlohns nach dem BMT-G II getreten. Jedenfalls müsse die Höhe des Theaterbetriebszuschlags an die seit dem 1. Oktober 2005 erfolgten Erhöhungen seines Tabellenentgelts angepasst werden, woraus sich für den Zeitraum von Januar 2009 bis einschließlich Dezember 2011 eine Differenz von 1.478,04 Euro brutto zu seinen Gunsten ergebe.

6

Der Kläger hat zuletzt noch beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte seit dem 1. Oktober 2005 verpflichtet ist, den Theaterbetriebszuschlag nach § 3 Abs. 1 BZTV auf der Grundlage der jeweils für ihn individuell geltenden Entgeltgruppe und Entgeltstufe des TVöD-VKA zu berechnen,

        

hilfsweise,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte seit dem 1. Oktober 2005 verpflichtet ist, den Theaterbetriebszuschlag nach § 3 Abs. 1 BZTV auf der Grundlage der jeweils für ihn individuell geltenden Entgeltgruppe und deren Stufe 1 des TVöD-VKA zu berechnen,

        

äußerst hilfsweise,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.478,04 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 433,05 Euro seit dem 1. Januar 2010, auf einen Betrag von 499,76 Euro seit dem 1. Januar 2011 sowie auf einen Betrag von 543,23 Euro seit dem 1. Januar 2012 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, weder müsse die im BZTV genannte Berechnungsgrundlage ausgetauscht noch der Theaterbetriebszuschlag dynamisiert werden. Nach § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA obliege es allein den landesbezirklichen Tarifvertragsparteien, die Weitergeltung des BZTV zu prüfen und diesen ggf. an den TVöD anzupassen. Eine automatische Anpassung sehe der TVÜ-VKA nicht vor.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, der mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision sein Klageziel weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Theaterbetriebszuschlag nach § 3 BZTV weder auf der Basis des für den Kläger nach dem TVöD-VKA maßgeblichen Tabellenentgelts zu berechnen ist noch an den seit dem 1. Oktober 2005 erfolgten Tariferhöhungen teilgenommen hat.

10

I. Der Klageantrag zu 1. ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung.

11

1. Der Klageantrag zu 1. ist zulässig. Der Feststellungsantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Der angestrebte feststellende Ausspruch ist trotz seiner nicht vollstreckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die zutreffende Berechnungsgrundlage für den Theaterbetriebszuschlag beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses (vgl. nur BAG 16. Oktober 2014 - 6 AZR 661/12 - Rn. 14). Über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach und andere Faktoren der Berechnung des Zuschlags besteht kein Streit.

12

2. Die Klage ist mit dem Antrag zu 1. unbegründet. Aus § 3 Abs. 1 BZTV iVm. den Bestimmungen des TVÜ-VKA folgt kein Anspruch auf die Feststellung, dass der Theaterbetriebszuschlag seit dem 1. Oktober 2005 nach der jeweils für den Kläger individuell geltenden Entgeltgruppe und Entgeltstufe des TVöD-VKA (zurzeit Entgeltgruppe 6 Stufe 6) zu berechnen ist.

13

a) Der BZTV gilt über den 1. Oktober 2005 hinaus fort und ist nicht durch den TVöD ersetzt worden. Davon gehen auch die Parteien aus.

14

aa) Der BZTV wird nicht von der Ersetzungsanordnung des § 2 Abs. 1 TVÜ-VKA erfasst, weil er nicht Bestandteil des BMT-G II und auch kein ergänzender Tarifvertrag der VKA ist(vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 708/08 - Rn. 25 [zum Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 2 zum BMT-G II vom 29. November 1974]). Vielmehr ist nach § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA durch die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien, die den BZTV abgeschlossen haben, zu prüfen, ob wegen des Inkrafttretens des TVöD Anpassungsbedarf besteht. Eine solche Anpassung, Kündigung oder Aufhebung des BZTV ist nicht erfolgt.

15

bb) Der BZTV steht auch nicht im Widerspruch zum Regelungsgehalt des TVöD. Zwar sind die Zeitzuschläge nach § 22 BMT-G II, die nach § 3 Abs. 2 BZTV mit dem Theaterbetriebszuschlag ausgeglichen werden, nunmehr Gegenstand des § 8 Abs. 1, Abs. 5 und Abs. 6 TVöD in der hier maßgeblichen Fassung für den Bereich Verwaltung (TVöD-V). Nach der Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 TVöD-V gilt der TVöD-V für Beschäftigte an Theatern und Bühnen jedoch mit den Sonderregelungen der Anlage D, welche Bestandteil des TVöD-V sind. Anlage D.11 Nr. 4 Abs. 5 Satz 1 zum TVöD-V (= § 55 Nr. 4 Abs. 5 TVöD-BT-V) bestimmt, dass § 8 Abs. 1, Abs. 5 und Abs. 6 TVöD-V nicht für Beschäftigte gelten, die eine Theaterbetriebszulage nach einem landesbezirklichen Tarifvertrag erhalten. Insoweit enthält der TVöD-V - ebenso wie zuvor der BMT-G II - eine Öffnungsklausel für landesbezirkliche Tarifverträge wie den BZTV. Deshalb kann dahinstehen, ob bei landesbezirklichen Regelungen, die noch nach dem 1. Januar 2007 in Widerspruch zum TVöD standen, seither nur noch der TVöD gilt (offengelassen in BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 708/08 - Rn. 31).

16

b) Der Anspruch folgt nicht aus § 3 Abs. 1 BZTV. Nach dessen eindeutigem Wortlaut wird der Theaterbetriebszuschlag auf der Basis des Monatstabellenlohns der Stufe 1 der Lohngruppe errechnet, in die der Arbeiter eingereiht ist. Eine Ersetzung des nach § 3 Abs. 1 BZTV in Bezug genommenen Monatstabellenlohns gegen eine andere Bemessungsgrundlage sieht der BZTV nicht vor.

17

c) Ebenso wenig folgt eine Ersetzung des nach § 3 Abs. 1 BZTV in Bezug genommenen Monatstabellenlohns gegen eine andere Bemessungsgrundlage aus Bestimmungen des TVÜ-VKA(vgl. zu dieser Grundannahme auch BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 313/08 -). Vielmehr geht § 2 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA von einer unveränderten Weitergeltung des BZTV aus. Die Änderung der in § 3 Abs. 1 BZTV genannten Berechnungsgrundlage ist den landesbezirklichen Tarifvertragsparteien vorbehalten. Diese sind bislang nicht tätig geworden.

18

aa) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts scheidet die Ersetzung des von § 3 Abs. 1 BZTV in Bezug genommenen Monatstabellenlohns durch das Tabellenentgelt nach dem TVöD bereits nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA aus. § 2 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA ordnet klar, unmissverständlich und ohne jede Einschränkung an, dass die dort genannten Tarifverträge bei Bedarf durch die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien an den TVöD anzupassen sind. Bei wörtlichem Verständnis gelten die von den Mitgliedsverbänden der VKA abgeschlossenen Tarifverträge unverändert weiter mit dem Inhalt, den sie bei Inkrafttreten des TVöD-V am 1. Oktober 2005 hatten. Die in § 2 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA enthaltene Frist „bis zum 31. Dezember 2006“ und deren Verlängerungsmöglichkeit beinhalten lediglich einen schuldrechtlichen Appell an die Tarifvertragsparteien. Für den Fall des fruchtlosen Verstreichens sind nach dem Wortlaut der Regelung keine Folgen vorgesehen (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 708/08 - Rn. 29; Bepler/Böhle/Meerkamp/Russ/ Winter TVöD Stand September 2014 § 2 TVÜ-VKA Rn. 1; KomTVöD/Litschen Stand Januar 2015 § 2 TVÜ-VKA Rn. 8).

19

bb) Der sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang und der Systematik des TVÜ-VKA ergebende Zweck des § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA stützt dieses am Wortlaut orientierte Verständnis.

20

(1) Nicht nur § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA zeigt, dass die Tarifvertragsparteien des TVÜ-VKA die eventuelle Notwendigkeit einer Anpassung landesbezirklicher Tarifverträge an den TVöD erkannt haben. So ist grundsätzlich auch für die in § 2 Abs. 3 und Abs. 4 TVÜ-VKA benannten Tarifverträge keine Ersetzungsautomatik angeordnet, sondern es sind jeweils spezifische Regelungen getroffen worden, und im Übrigen wurde die Anpassung den landesbezirklichen Tarifvertragsparteien überlassen. Bezüglich der familienbezogenen Entgeltbestandteile ist ausdrücklich in § 2 Abs. 3 Satz 5 TVÜ-VKA bestimmt, dass diese sich ab 1. Oktober 2005 nach dem TVÜ-VKA richten. Eine vergleichbare Bestimmung fehlt hinsichtlich des Theaterbetriebszuschlags.

21

(2) Der Vergleich des § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA mit dem ebenfalls die Frage der Ersetzung bisheriger Tarifverträge durch das neue Tarifrecht regelnden § 2 Abs. 4 TVÜ-Bund bestätigt diesen Befund. Nach der dortigen Regelung sind im Falle von Verweisungen auf ersetzte Vorschriften die Regelungen des TVöD an deren Stelle entsprechend anzuwenden (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 838/08 - Rn. 16 [zur Heranziehung des Tabellenentgelts bei der Berechnung des Überverdienstes nach der sog. Gedingerichtlinie vom 1. April 1964]). Eine solche Bestimmung enthält der TVÜ-VKA gerade nicht.

22

cc) Entgegen der Auffassung der Revision zwingt die Ablösung des BMT-G II durch den TVöD nicht aus Gründen der praktischen Anwendbarkeit des BZTV zum Austausch des Monatstabellenlohns nach dem BMT-G II gegen das Tabellenentgelt des TVöD. § 3 BZTV hat auch nach Inkrafttreten des TVöD einen leicht zu ermittelnden Inhalt. Der Theaterbetriebszuschlag kann ohne Weiteres auf der Grundlage der Stufe 1 des nach dem BMT-G II einschlägigen Monatstabellenlohns berechnet werden (vgl. BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 716/11 - Rn. 26 [zur Berechnung der Vorarbeiterzulage gemäß § 1 TV Lohngruppen-O-TdL nach Inkrafttreten des TV-L]).

23

d) Die Ablösung des BMT-G II durch den TVöD zwingt nicht zu einer ergänzenden Auslegung des § 3 Abs. 1 BZTV im Sinne des Klägers.

24

aa) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur infolge der Ablösung des BAT durch den TVöD/TV-L ggf. erforderlich werdenden ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. zB BAG 3. Juli 2013 - 4 AZR 41/12 -) ist, wie die Revision selbst einräumt, nicht einschlägig, weil sie die Auslegung arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge betrifft. Die dazu entwickelten Grundsätze können für die Auslegung tarifvertraglicher Verweisungsklauseln auf andere Tarifverträge nicht herangezogen werden (BAG 23. Mai 2007 - 10 AZR 323/06 - Rn. 20).

25

bb) Selbst wenn man annähme, dass durch das Inkrafttreten des TVöD am 1. Oktober 2005 eine nachträgliche Regelungslücke in § 3 Abs. 1 BZTV entstanden ist, weil die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien bei der letztmaligen Änderung des BZTV im Jahre 1991 die Ablösung des BMT-G und die Ersetzung des Monatstabellenlohns durch das Tabellenentgelt nach dem TVöD weder vorausgesehen haben noch voraussehen konnten, schiede eine ergänzende Tarifvertragsauslegung im Sinne des Klageantrags zu 1. aus.

26

(1) Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung scheidet aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht (BAG 12. Dezember 2013 - 8 AZR 942/12 - Rn. 19 mwN). Eine solche Lücke ist von den Arbeitsgerichten hinzunehmen, weil ihre Ausfüllung ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie wäre. Hierdurch würden entgegen dem Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifvertragliche Regelungen geschaffen (st. Rspr., vgl. BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 716/11 - Rn. 27). Eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Tarifauslegung hat aber auch zu unterbleiben, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung verbleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. BAG 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 30).

27

(2) Danach steht einer ergänzenden Vertragsauslegung im Sinne des Klageantrags zu 1. der den Tarifvertragsparteien zur Lückenschließung verbleibende Spielraum entgegen. Wie schon die Klageanträge belegen, kommen zur Schließung der Regelungslücke mehrere Lösungen in Betracht. Die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien könnten die bisherige Regelung bestehen lassen oder aber den Monatstabellenlohn durch eine andere Bezugsgröße ersetzen. Ebenso hätten sie die Möglichkeit, den Theaterbetriebszuschlag abzuschaffen und § 8 Abs. 1, Abs. 5 und Abs. 6 TVöD-V unmittelbar zur Anwendung zu bringen oder den Beschäftigten sowohl den Theaterbetriebszuschlag als auch die Zuschläge und Zulagen nach § 8 TVöD-V voll oder teilweise zukommen zu lassen(vgl. § 55 Nr. 4 Abs. 5 TVöD-BT-V). Die Entscheidung, ob sie eine dieser Möglichkeiten auswählen oder eine gänzlich andere bevorzugen, ist allein den landesbezirklichen Tarifvertragsparteien vorbehalten. Der Umstand, dass diese die Anpassung des BZTV an den TVöD bislang nicht geregelt haben, ist von den Gerichten hinzunehmen.

28

II. Der hilfsweise gestellte Klageantrag zu 2. ist aus den vorstehend dargestellten Gründen gleichfalls unbegründet.

29

III. Auch der äußerst hilfsweise gestellte Klageantrag zu 3. ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Differenz, die sich aus einer Anpassung des Theaterbetriebszuschlags an die seit dem 1. Oktober 2005 erfolgten Erhöhungen des Tabellenentgelts ergäbe.

30

1. Die seit 2005 vereinbarten Entgelterhöhungen, die jeweils Gegenstand der Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und kommunalen Arbeitgebern waren, beziehen sich nicht auf den Monatstabellenlohn nach dem BMT-G II, sondern auf die Tabellenentgelte des TVöD. Auch der TVÜ-VKA ordnet hinsichtlich des BZTV keine Dynamisierung entsprechend den allgemeinen Entgeltanpassungen an.

31

2. Die Dynamisierung ist auch nicht etwa deshalb geboten, weil sich die Zuschläge nach § 8 Abs. 1 TVöD-V durch die Erhöhung des Tabellenentgelts erhöht haben. Diese Vorschriften gelten - wie unter I 2 a bb dargelegt - nicht für Beschäftigte, die - wie der Kläger - eine Theaterbetriebszulage nach einem landesbezirklichen Tarifvertrag erhalten. Die Entscheidung über eine etwaige Erhöhung des Theaterbetriebszuschlags nach dem BZTV ist den Tarifvertragsparteien dieses Tarifvertrags vorbehalten.

32

IV. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    W. Reinfelder    

        

    Klose    

        

    Brune    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    R. Bicknase    

                 
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 08/06/2016 00:00

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.273,06 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem aktuellen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 979,14 € seit dem 14.01.2016 und aus einem weiteren Betrag in Höhe von
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)