Amtsgericht Zeitz Beschluss, 29. Nov. 2018 - 5 M 754/16
Gericht
Tenor
In der Zwangsvollstreckungssache
…
wird die Vollziehung der Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Zeitz vom 19.07.2016 bis zum Ende der Abtretungslaufzeit (02.08.2023) mit der Maßgabe ausgesetzt, dass die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners am 02.08.2017 sowie die innerhalb von 3 Monaten vor dem Eingang des Insolvenzantrages beim Insolvenzgericht (Eingang bei Gericht am 27.07.2017) auf dem Konto des Schuldners gutgeschriebenen und gepfändeten Beträge weder dem materiell-rechtlichen Pfändungspfandrecht des Gläubigers noch der öffentlich-rechtlichen Verstrickung unterliegen.
Gründe
- 1
Durch Beschluss des Amtsgerichts Halle (Saale) - Insolvenzgericht - vom 02.08.2017 (Geschäftsnummer: ...) wurde gemäß §§ 2, 3, 11, 16 ff. InsO das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners unter gleichzeitiger Ankündigung der Restschuldbefreiung eröffnet.
- 2
Durch Beschluss des Amtsgerichts Halle (Saale) - Insolvenzgericht - vom 25.07.2018 (Geschäftsnummer: ...) wurde gemäß § 200 InsO das Insolvenzverfahren aufgehoben und die Abtretungsfrist auf 6 Jahre, beginnend mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, bestimmt.
- 3
Somit sind kraft Gesetzes sämtliche Vollstreckungsmaßnahmen einzelner Insolvenzgläubiger für die Zeit des Insolvenzverfahrens gem. § 89 InsO und für die Zeit zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist ("Wohlverhaltensphase") gem. § 294 InsO unzulässig.
- 4
Der Schuldner beantragte am 08.11.2018 die Aufhebung der auf seinem Pfändungsschutzkonto bei der Drittschuldnerin liegenden Pfändungen sämtlicher Insolvenzgläubiger aufgrund des Vollstreckungsverbotes während der Wohlverhaltensphase und benannte neben anderen Verfahren auch das vorliegende Zwangsvollstreckungsverfahren.
- 5
Für die Entscheidung über den Antrag des Schuldners ist das Vollstreckungsgericht am Wohnsitz des Schuldners zuständig (§ 828 ZPO), nachdem das Insolvenzverfahren aufgehoben und in die Wohlverhaltensphase übergegangen ist, da es eine Sonderzuständigkeit des Insolvenzgerichts für Vollstreckungsschutzanträge nur während der Dauer des Insolvenzverfahrens gibt (§ 89 Abs. 3 ZPO).
- 6
Dem Gläubiger wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Einwendungen gegen die vom Gericht mit Schriftsatz vom 12.11.2018 in Aussicht gestellte Aufhebung der Pfändung während der Wohlverhaltensphase wurden seitens des Gläubigers nicht erhoben.
- 7
Die vollstreckbaren Ansprüche des Gläubigers stellen Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO dar, so dass der Gläubiger grundsätzlich dem Vollstreckungsverbot der §§ 89 und 294 InsO unterliegt. Dieses Vollstreckungsverbot ist insoweit begrenzt, soweit der Gläubiger ein dingliches Absonderungsrecht gemäß §§ 49 ff. InsO erworben hat.
- 8
Durch den vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hat der Gläubiger grundsätzlich ein Pfandrecht i.S.v. § 50 Abs. 1 InsO an dem Kontoguthaben des Schuldners erworben, da die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner vor der Insolvenzeröffnung (und auch vor der Zeit der Rückschlagsperre nach § 88 InsO) bewirkt wurde. Soweit der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss jedoch Beträge erfasst, die nach Insolvenzeröffnung auf dem Konto des Schuldners eingegangen sind, ist die Zwangsvollstreckung nach §§ 89 Abs. 1, 294 Abs. 1 InsO unzulässig. Insoweit liegt eine Pfändung künftiger Forderungen vor, die erst mit Entstehung der Forderungen wirksam wird (vgl. Schmidt/Keller, InsO, 19. Aufl., § 88 Rn. 22). Dies führt dazu, dass kein materiell-rechtliches Verwertungsrecht des Gläubigers wohl aber die öffentlich-rechtliche Verstrickung entsteht (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2017 - IX ZR 40/17 -, juris). Zur Beseitigung der Verstrickung kann das zuständige Vollstreckungsorgan die gegen das Vollstreckungsverbot verstoßenden Vollstreckungsmaßnahmen von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten uneingeschränkt aufheben (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2011 - IX ZB 284/09 -, juris). Die Verstrickung wird auch beseitigt, sofern das Vollstreckungsorgan die Vollziehung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens aussetzt, ohne die Pfändung insgesamt aufzuheben (vgl. BGH vom 21.09.2017, Rn.14). Nach Sinn und Zweck müssen diese für die Zeit des Insolvenzverfahrens entwickelten Grundsätze auch für die Zeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens bis zum Ende der Abtretungsfrist gelten, um das dem Vollstreckungsverbot des § 89 InsO entsprechende Vollstreckungsverbot des § 294 InsO umzusetzen.
- 9
Daher war die Vollziehung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme bis zum Ende der "Wohlverhaltensphase" gemäß § 294 InsO auszusetzen.
moreResultsText
Annotations
(1) Sobald die Schlußverteilung vollzogen ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
(2) Der Beschluß und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekanntzumachen. Die §§ 31 bis 33 gelten entsprechend.
(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.
(2) Zwangsvollstreckungen in künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge sind während der Dauer des Verfahrens auch für Gläubiger unzulässig, die keine Insolvenzgläubiger sind. Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist.
(3) Über Einwendungen, die auf Grund des Absatzes 1 oder 2 gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung erhoben werden, entscheidet das Insolvenzgericht. Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei.
(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners sind in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist nicht zulässig.
(2) Jedes Abkommen des Schuldners oder anderer Personen mit einzelnen Insolvenzgläubigern, durch das diesen ein Sondervorteil verschafft wird, ist nichtig.
(3) Eine Aufrechnung gegen die Forderung auf die Bezüge, die von der Abtretungserklärung erfasst werden, ist nicht zulässig.
(1) Die gerichtlichen Handlungen, welche die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte zum Gegenstand haben, erfolgen durch das Vollstreckungsgericht.
(2) Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und sonst das Amtsgericht zuständig, bei dem nach § 23 gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann.
(3) Ist das angegangene Gericht nicht zuständig, gibt es die Sache auf Antrag des Gläubigers an das zuständige Gericht ab. Die Abgabe ist nicht bindend.
(1) Handelt jemand für eine Partei als Geschäftsführer ohne Auftrag oder als Bevollmächtigter ohne Beibringung einer Vollmacht, so kann er gegen oder ohne Sicherheitsleistung für Kosten und Schäden zur Prozessführung einstweilen zugelassen werden. Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem die für die Beibringung der Genehmigung zu bestimmende Frist abgelaufen ist. Ist zu der Zeit, zu der das Endurteil erlassen wird, die Genehmigung nicht beigebracht, so ist der einstweilen zur Prozessführung Zugelassene zum Ersatz der dem Gegner infolge der Zulassung erwachsenen Kosten zu verurteilen; auch hat er dem Gegner die infolge der Zulassung entstandenen Schäden zu ersetzen.
(2) Die Partei muss die Prozessführung gegen sich gelten lassen, wenn sie auch nur mündlich Vollmacht erteilt oder wenn sie die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).
(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.
(2) Zwangsvollstreckungen in künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge sind während der Dauer des Verfahrens auch für Gläubiger unzulässig, die keine Insolvenzgläubiger sind. Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist.
(3) Über Einwendungen, die auf Grund des Absatzes 1 oder 2 gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung erhoben werden, entscheidet das Insolvenzgericht. Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei.
(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners sind in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist nicht zulässig.
(2) Jedes Abkommen des Schuldners oder anderer Personen mit einzelnen Insolvenzgläubigern, durch das diesen ein Sondervorteil verschafft wird, ist nichtig.
(3) Eine Aufrechnung gegen die Forderung auf die Bezüge, die von der Abtretungserklärung erfasst werden, ist nicht zulässig.
(1) Gläubiger, die an einem Gegenstand der Insolvenzmasse ein rechtsgeschäftliches Pfandrecht, ein durch Pfändung erlangtes Pfandrecht oder ein gesetzliches Pfandrecht haben, sind nach Maßgabe der §§ 166 bis 173 für Hauptforderung, Zinsen und Kosten zur abgesonderten Befriedigung aus dem Pfandgegenstand berechtigt.
(2) Das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters oder Verpächters kann im Insolvenzverfahren wegen der Miete oder Pacht für eine frühere Zeit als die letzten zwölf Monate vor der Eröffnung des Verfahrens sowie wegen der Entschädigung, die infolge einer Kündigung des Insolvenzverwalters zu zahlen ist, nicht geltend gemacht werden. Das Pfandrecht des Verpächters eines landwirtschaftlichen Grundstücks unterliegt wegen der Pacht nicht dieser Beschränkung.
(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam.
(2) Die in Absatz 1 genannte Frist beträgt drei Monate, wenn ein Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 eröffnet wird.
(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.
(2) Zwangsvollstreckungen in künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge sind während der Dauer des Verfahrens auch für Gläubiger unzulässig, die keine Insolvenzgläubiger sind. Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist.
(3) Über Einwendungen, die auf Grund des Absatzes 1 oder 2 gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung erhoben werden, entscheidet das Insolvenzgericht. Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei.
(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners sind in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist nicht zulässig.
(2) Jedes Abkommen des Schuldners oder anderer Personen mit einzelnen Insolvenzgläubigern, durch das diesen ein Sondervorteil verschafft wird, ist nichtig.
(3) Eine Aufrechnung gegen die Forderung auf die Bezüge, die von der Abtretungserklärung erfasst werden, ist nicht zulässig.