Amtsgericht München Endurteil, 24. Juni 2016 - 274 C 17475/15
Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 3.567,49 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen einer behaupteten Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten.
Die Klägerin betrat am
Die Klägerin behauptet, dass der Fußboden feucht gewesen und sie deshalb ausgerutscht sei. Die Rutschgefahr sei für sie trotz oder gerade wegen der Anwesenheit der Reinigungskraft nicht erkennbar gewesen, da sie davon ausgegangen sei, dass der gesamte Bereich des Verkaufsraums bereits ordnungsgemäß gewischt worden sei. Sie habe zum Unfallzeitpunkt Salomon Trekkingschuhe mit rutschfestem Profil getragen. Ihr seien Aufwendungen und ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von insgesamt 4.134,98 € entstanden, wovon sie 2.067,49 € klageweise geltend mache. Ferner stehe ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.500 € zu. Sie ist der Ansicht, dass sie ein Mitverschulden im Umfang von 50% treffe. Sie hätte sich aufgrund der im Verkaufsraum befindlichen Feuchtigkeit besonders vorsichtig bewegen müssen. Der Beklagte habe aber seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Er hätte entweder Fußmatten vor den Theken auslegen oder ständig und vollflächig von Kunden eingebrachte Nässe durch Wischen bzw. anderweitig geeignete Vorkehrungen entfernen müssen. Dadurch hätte vermieden werden können, dass die Klägerin bei der Körperdrehung vor dem Verkaufstisch ausrutsche. Schließlich wäre aufgrund der Rutschgefahr auch die Aufstellung eines Warnschildes notwendig gewesen.
Die Klägerin beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, das aber nicht unter 1.500 € betragen soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach BGB seit dem 29.04.2015 zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.067,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten nach BGB seit dem
3. Der Beklagte wird verurteilt, vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Klagezustellung zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, dass die Steinplatten in der Apotheke rutschhemmend (Rutschkoeffizient R11) seien. Er habe eigens eine Reinigungskraft, die Zeugin D., für die Beseitigung von Schmutz und Nässe während des Apothekenbetriebs angestellt. Nach Geschäftsschluss erfolge täglich eine routinemäßige Reinigung aller Böden, Tische, Ablagen etc. durch das Unternehmen S. Ferner habe er seine Angestellten angewiesen, besonders auf Verunreinigungen zu achten und diese alsbald zu entfernen. Aufgrund der Reinigungsarbeiten sei der Fußboden gerade frei von Schneematsch gewesen. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin ausgerutscht sei. Sie könne auch gestolpert sein oder sonst wie das Gleichgewicht verloren haben. Die Klägerin habe sich nicht vorsichtig und den Witterungsverhältnissen angepasst bewegt. Es sei unvermeidbar, dass Kunden Schneematsch in die Verkaufsräume tragen. Aus diesem Grund habe das Reinigungspersonal den Boden ständig gewischt. Es sei unmöglich, den Fußboden durchgehend vollständig trocken zu halten. Da das Reinigungspersonal auch gerade dabei gewesen sei, den Verkaufsraum zu wischen, hätte es sich der Klägerin aufdrängen müssen, dass diese Räumlichkeiten teilweise noch feucht sein können. Aus diesem Grund seien Warnschilder nicht erforderlich gewesen. Jedenfalls habe die Klägerin den Sturz selbst verschuldet, da sich unter ihren Schuhen noch Schnee befunden habe.
Es ist Beweis erhoben worden durch die Vernehmung der Zeugen D., J., K., P. und S. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom
Ergänzend zum Tatbestand wird auf alle bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 241 Abs. 2 BGB, weil der Beklagte keine vertragliche Schutzpflicht hinsichtlich der Klägerin verletzt hat.
Im Zeitpunkt des Sturzes der Klägerin bestand zwischen den Parteien jedenfalls ein vorvertragliches Schuldverhältnis aufgrund von Vertragsverhandlungen gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Es kann dahinstehen, ob vor dem Sturz bereits ein Kaufvertrag über ein Medikament zustande gekommen war, weil diese Abgrenzung im Ergebnis keine Auswirkungen auf die Anforderungen an die Schutzpflichten des Beklagten hat.
Den Beklagten traf eine Schutzpflicht hinsichtlich der Klägerin gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Sie umfasst das Gebot, Körper, Leben, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht zu verletzen. Die Verkehrssicherungspflicht bildet innerhalb eines Schuldverhältnisses zugleich eine solche Schutzpflicht (BGH, Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11 - juris Rn. 25; OLG Hamm, Urteil vom 29. August 2012 - I-12 U 52/12, 12 U 5212 U 52/12 -, juris Rn. 20; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl., 2016, § 280, Rn. 28).
Eine Verkehrssicherungspflicht entsteht bei Eröffnung einer Gefahrenquelle und beinhaltet die Verpflichtung, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Bei der Bestimmung der zu stellenden Anforderungen ist auch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorgebeugt werden kann. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, wäre im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr deshalb erst dann, wenn sich die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) genügt, wenn im Ergebnis der Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Es sind diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. BGH NJW 2008, 3775, juris Rn. 9; NJW 2006, 610, juris Rn. 9 f.; NJW 2006, 2326, juris Rn. 6 f.).
Bei der Bestimmung der Sicherheitsanforderungen sind u. a. der Zuschnitt, die Größe und das Warensortiment eines Geschäfts zu berücksichtigen (Vgl. Wagner, in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Auflage, 2013, § 823, Rn. 500; Hager, in Staudinger, BGB, 2009, § 823, Rn. E 249.). Beispielsweise kann es bei einem großen und schwer überschaubaren Ladenlokal, etwa in den Fällen einer großen Lebensmittelabteilung eines Kaufhauses im Zentrum einer Großstadt oder eines Einkaufsmarkts mit mehreren tausend Quadratmetern Verkaufsfläche auf mehreren Ebenen, erforderlich sein, entweder einzelne Mitarbeiter mit einer Überprüfung des gesamten Objekts in bestimmten, kurzen Zeitabständen zu beauftragen oder jeweils einem Mitarbeiter die Verantwortung für die Sauberkeit seiner Abteilung zu übertragen. Bei einem Geschäftslokal mittlerer Größe (z. B. Lebensmittelmarkt mit einer Größe von ca. 650 m² laut Urteil des OLG Köln
Eine Apotheke trifft dagegen geringere Verkehrssicherungspflichten als z. B. Kaufhäuser oder sonstige Einrichtungen mit großem Publikumsandrang. Einrichtungen mit großem Publikumsandrang unterliegen besonderen Anforderungen an die Glättesicherheit der Fußböden, weil deren Besucher zum einen oftmals wegen der Enge die Sicht auf den Fußboden zum Zwecke der Gefahreinschätzung verlieren und sie zum anderen durch die Geschäftsauslagen erheblichen Ablenkungen unterliegen. Unter solchen Gegebenheiten muss der Fußboden besonders gefahrlos betretbar sein. Anders verhält es sich aber im Falle einer Apotheke. In Apotheken herrscht regelmäßig kein Publikumsandrang, der die Einsehbarkeit des Bodenbereichs für Kunden signifikant einschränkt. Zudem gehen von den Auslagen einer Apotheke keine besonderen Ablenkungswirkungen aus (Vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. September 1998 - 22 U 59/98 -, juris Rn. 6 f.). Hinzu kommt, dass auch das Warensortiment einer Apotheke regelmäßig keine erhebliche Sturzgefahr für Kunden hervorruft. Dies unterscheidet Apotheken wertungsmäßig von Geschäften, deren Betrieb als solches bereits erhöhte Gefahren für Kunden bewirkt. Bei Nahrungsmittelgeschäften besteht beispielsweise die typische Gefahr, dass in der Gemüseabteilung Salatblätter etc. auf den Boden fallen, auf denen Kunden ausrutschen können. Dagegen entstehen die Gefahren beim Betrieb einer Apotheke primär durch äußere Faktoren. Gerade im Winter existiert die naheliegende Gefahr, dass Kunden von draußen Feuchtigkeit und Verunreinigungen in eine Apotheke hineintragen und dadurch der Boden zu einer Gefahrenstelle wird.
Es kann im Ergebnis mangels Pflichtverletzung dahinstehen, ob der Klägerin der Beweis einer von Dritten verursachten Gefahrenquelle gelungen ist. Die Beweisaufnahme war diesbezüglich nicht hinreichend ergiebig. Der klägerseits benannte Zeuge P. erklärte, dass die Stelle, an der er seiner Frau nach dem Sturz aufgeholfen habe, nass gewesen sei. Dies lässt jedoch keinen verlässlichen Schluss auf die Ursache der Feuchtigkeit zu, zumal die Feuchtigkeit auch von den Schuhen der Klägerin hervorgerufen worden sein kann.
Der Beklagte hat aber jedenfalls keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Es steht aufgrund der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte ausreichend dafür Sorge getragen hat, dass Feuchtigkeit und Verunreinigungen nach Möglichkeit nicht in den Innenraum der Apotheke gelangen und im gegenteiligen Fall umgehend beseitigt werden.
Die zwei Fußmatten am Eingangsbereich mit einer Länge von jeweils 1,40 m, wovon eine (gröbere) im Außenbereich und eine (feinere) im Innenbereich angebracht sind, sollen verhindern, dass Kunden Feuchtigkeit und Verunreinigungen von draußen in die Apotheke hineintragen. Dadurch ist gewährleistet, dass ein Teil des Schmutzes und der Feuchtigkeit erst gar nicht in die Apotheke gelangt.
Darüber hinaus hat der Beklagte eine Reinigungskraft, die Zeugin D., extra dafür angestellt, damit diese während der Stoßzeiten von ca. 12 Uhr bis 17 Uhr Verunreinigungen und Feuchtigkeit umgehend beseitigt. Die Zeugin D. ist montags, mittwochs, donnerstags und freitags in der Apotheke tätig. Der Umstand, dass sie dienstags nicht in der Apotheke reinigt, ist unerheblich, weil der Sturz sich nicht an einem Dienstag ereignet hat. Außerdem wird die Apotheke nach Geschäftsschluss von einem Reinigungsunternehmen gesäubert. Ferner wies die leitende Apothekerin, die Zeugin S., die anderen Mitarbeiter der Apotheke an, vor allem im Winter auf Feuchtigkeit und Verschmutzungen besonders zu achten und diese umgehend zu beseitigen.
Die vorstehenden Angaben zur Organisation der Reinigung stehen aufgrund der glaubhaften Aussagen der glaubwürdigen Zeuginnen K., D., J. und S. fest. Die geschilderte Vorsicht in Bezug auf Verunreinigungen und Feuchtigkeit ist glaubhaft, vor allem belegt die Anstellung einer eigenen Reinigungskraft das besondere Bewusstsein für diese Problematik. Eine Begünstigungstendenz war trotz eines potenziellen Interesses am Ausgang des Verfahrens nicht erkennbar.
Der Beklagte genügte durch diese Vorkehrungen seiner Verkehrssicherungspflicht. Er entschied sich für ein gemischtes System, indem er eine bestimmte Mitarbeiterin - sogar ausschließlich - mit der Reinigung während der Stoßzeiten beauftragte und im Übrigen seinen Mitarbeitern diese Aufgabe gemeinsam übertrug. Dieser Aufwand ist für eine Apotheke (ein vergleichsweise kleines und überschaubares Geschäft) jedenfalls ausreichend. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob es zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht notwendig war, eine Mitarbeiterin ausschließlich mit der Reinigung während der Stoßzeiten zu beauftragen.
Im Übrigen müssen Besucher eines Geschäfts im Winter eine gewisse Feuchtigkeit des Fußbodens hinnehmen. Eine Feuchtigkeit des Fußbodens lässt sich nämlich in einem solchen Falle auch durch häufiges Aufwischen niemals ganz beseitigen, weil sich infolge des Publikumsverkehrs stets alsbald wieder eine neue Feuchtigkeitsschicht bildet, bevor noch die alte Feuchtigkeit aufgetrocknet ist. Deshalb kann lediglich ein Aufwischen in angemessenen Zeiträumen gefordert werden (Vgl. zu regenbedingter Feuchtigkeit des Fußbodens: OLG Nürnberg, Urteil vom 04.04.1967, 3 U 113/66, VersR 1967, 1083, siehe ferner: OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. September 1998 - 22 U 59/98). Gemessen daran ist der Beklagte erst recht seiner Verkehrssicherungspflicht gerecht geworden, weil im Unfallzeitpunkt sogar eine Mitarbeiterin eigens mit der ständigen Beseitigung von Feuchtigkeit befasst war.
Auch der Umstand, dass die Klägerin in dem Bereich stürzte, in dem die Zeugin D. zuvor Reinigungsarbeiten durchgeführt hatte, begründet keine Pflichtverletzung, weil die Zeugin D. durch ihre Reinigungstätigkeit keine zusätzliche Gefahr geschaffen, sondern im Gegenteil zur Gefahrenbeseitigung beigetragen hat. Denn ihre Reinigungstätigkeit zielte auf die Beseitigung von Feuchtigkeit und nicht auf eine nasse Reinigung. Dies hat die Zeugin D. glaubhaft bekundet. Sie verwende bewusst keinen nassen Wischmopp, weil sie darauf achte, keine feuchten Stellen zu hinterlassen. Ihre Aufgabe sei es, Schmutz und Feuchtigkeit zu entfernen. Ihr Wischmopp nehme die Feuchtigkeit auf und solle die Trocknung des Bodens herbeiführen. Dies ist nachvollziehbar. Zum einen ist die Zeugin eigens für die Beseitigung von Verunreinigungen und Feuchtigkeit angestellt. Zum anderen wird ein Reinigungsunternehmen nach Geschäftsschluss tätig, das dann eine klassische Nassreinigung durchführen kann.
Die Tatsache, dass keine Fußmatten vor der Verkaufstheke ausgelegt waren, begründet ebenfalls keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. An der Theke besteht keine erhöhte Ausrutschgefahr. Im Gegenteil ist das Risiko dort relativ gering, da die Kunden sich während des Beratungsgesprächs regelmäßig wenig bewegen. Dass die Klägerin vorliegend um die Theke herumgehen wollte, stellt dies wertungsmäßig nicht in Frage, weil es sich um eine atypische Situation handelt. Würde man dennoch eine Pflichtverletzung bejahen, bestünde keine Kausalität der Pflichtverletzung für den Sturz der Klägerin. Denn das Auslegen einer Fußmatte vor der Theke hätte den Sturz nicht verhindert. Die Klägerin bekundete im Rahmen der informatorischen Anhörung, dass sie nach zwei Schritten ausgerutscht sei. Selbst wenn eine Fußmatte vor der Theke vorhanden gewesen wäre, hätte die Klägerin diese nach zwei Schritten bereits verlassen gehabt.
Weiterhin ist unschädlich, dass der Beklagte kein Warnschild aufgestellt hatte. Selbst wenn trotz der Reinigung durch die Zeugin D. eine Rutschgefahr bestanden hätte, wäre ein Warnschild entbehrlich gewesen, weil mit einer Rutschgefahr beim Betreten eines Geschäfts im Winter gerechnet werden muss und der Besucher zu erhöhter Vorsicht verpflichtet ist (Vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 04.04.1967, 3 U 113/66, VersR 1967, 1083). Die Klägerin räumte selbst ein, dass sie sich aufgrund der im Verkaufsraum der Apotheke befindlichen Feuchtigkeit besonders vorsichtig hätte bewegen müssen (S. 6 der Klageschrift).
Unabhängig davon kommt hinzu, dass sich das Fehlen eines Warnschildes nicht ausgewirkt hat, weil die Anwesenheit der Reinigungskraft einen ähnlich warnenden Effekt wie das Aufstellen eines Hinweisschildes hatte. Denn entweder besteht die ursprüngliche Gefahr fort, weil die Reinigungskraft die Verunreinigung bzw. Feuchtigkeit noch nicht vollständig entfernt hat, oder der Boden kann aufgrund der Reinigungstätigkeit feucht sein. Das Gericht geht aufgrund einer Gesamtwürdigung des klägerischen Vortrags davon aus, dass die Klägerin die Reinigungskraft wahrgenommen hat. Die Klägerin hat sich widersprüchlich eingelassen. Zunächst führte sie in der Klageschrift aus, dass die Rutschgefahr für sie trotz oder gerade wegen der Anwesenheit der Reinigungskraft nicht erkennbar gewesen sei, da sie davon ausgegangen sei, dass der gesamte Bereich des Verkaufsraums bereits ordnungsgemäß gewischt worden sei. Dies würde bedeuten, dass die Klägerin die Reinigungskraft sah, als sie das Geschäft betrat. Das Gericht hat die vorgenannten Gesichtspunkte (erhöhte Aufmerksamkeitspflicht bei Wahrnehmung einer Reinigungskraft) in einem Hinweis (Verfügung vom 30.10.2015) ausgeführt. In der zeitlich späteren informatorischen Anhörung erklärte die Klägerin, die Reinigungskraft nicht gesehen zu haben. Das Gericht hält die erste Darstellung für glaubhafter, weil sie noch unbeeinflusst von der gerichtlichen Einschätzung der Sach- und Rechtslage erfolgt war. Der Vortrag wurde erkennbar nachträglich angepasst.
Selbst wenn man annähme, dass der Beklagte seine Verkehrssicherungspflicht - wenn auch in sehr geringem Maße - verletzt hätte, läge ein anspruchsausschließendes Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB vor, weil sie durch die Feuchtigkeit ihrer Schuhe in weit überwiegender Weise zur Gefahrverwirklichung beigetragen hat (Vgl. LG Detmold, Beschluss vom 27. April 2011 - 10 S 47/11 -, juris Rn. 2 ff.).
Das Gericht ist aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin im Unfallzeitpunkt Schnee an den Schuhen hatte bzw. die Schuhe nass waren.
Die Klägerin erklärte im Rahmen der informatorischen Anhörung, dass sie trockenen Fußes in die Apotheke gelangt sei. An eine Erklärung nach dem Sturz, dass sie selbst schuld sei, weil sie Schnee an den Schuhen habe, könne sie sich nicht erinnern. Ein Berufen auf Nichtwissen ist bei Gegenständen der eigenen Wahrnehmung jedoch unzulässig, § 138 Abs. 4 ZPO. Jedenfalls werden ihre Angaben durch die Aussagen der Zeugen K., J. und D. widerlegt.
Die Zeugin K. bekundete, dass die Klägerin nach dem Sturz erklärt habe, dass sie selbst schuld gewesen sei, da sich noch Schnee an ihren Schuhen befunden habe. Die Zeugin teilte ferner mit, dass sie an den Schuhen der Klägerin Schneereste erkannt habe. Die Aussage ist glaubhaft, insbesondere schilderte die Zeugin den Vorgang zusammenhängend, lebensnah und widerspruchsfrei. Sie hatte aufgrund der Aussage der Klägerin auch einen plausiblen Anlass, auf Schnee an den Schuhen der Klägerin zu achten. Die Zeugin konnte sich zudem an den Schuhtyp, den sie als Wanderschuh beschrieb, erinnern. Die Zeugin ist auch glaubwürdig. Zwar steht sie als Angestellte des Beklagten in dessen Lager, aber ihre Aussage hat keine Begünstigungstendenz erkennen lassen. Sie bestätigte beispielsweise nicht den Vortrag des Beklagten zur rutschhemmenden Eigenschaft der Fließen.
Die Zeugin J. sagte ebenfalls aus, dass sich Schnee an den Schuhen der Klägerin befunden habe. Die Klägerin habe sinngemäß geäußert, dass sie selbst schuld sei, da sie ihre Schuhe nicht richtig abgewischt habe und noch Schnee an den Schuhen habe. Die Aussage ist glaubhaft und die Zeugin glaubwürdig. Ihre Schilderung war zusammenhängend, lebensnah und widerspruchsfrei. Sie hatte - ähnlich wie die Zeugin K. - aufgrund der Aussage der Klägerin einen plausiblen Grund, auf Schnee an den Schuhen zu achten. Ferner konnte sie sich an den Schuhtyp erinnern, den sie als dunklen Sportschuh bezeichnete. Sie zeigte keine erkennbare Begünstigungstendenz.
Die Aussagen der Zeuginnen K. und J. werden durch die Aussage der Zeugin D. bestätigt. Diese bekundete zwar, dass sie keinen Schnee an den Schuhen der Klägerin wahrgenommen habe, dass deren Schuhe aber nass gewesen seien. Dies kann darauf beruhen, dass der Schnee zwischenzeitlich geschmolzen ist. Die Aussage der Zeugin D. ist glaubhaft und sie selbst glaubwürdig. Ihre Ausführungen waren zusammenhängend, lebensnah und widerspruchsfrei. Sie konnte auch Details wiedergeben, indem sie z. B. aussagte, dass sie hinter der Klägerin geputzt hatte und diese nicht habe stören wollen, weil die Klägerin sich noch in einem Gespräch befunden habe. Sie habe links neben der Klägerin gestanden, sei dann rückwärts und nach links gelaufen, um an einer anderen Stelle weiter zu putzen. Sie konnte sich weiterhin daran erinnern, dass die Mitarbeiter des Beklagten der Klägerin etwas zu trinken angeboten hätten. Die Aussage ließ keine Begünstigungstendenz erkennen.
Die Aussage des Zeugen P. war dagegen unergiebig. Er bekundete, nichts zu einem Schuldbekenntnis seiner Frau nach dem Sturz oder zu Schnee an deren Schuhen sagen zu können. Der Weg zur Apotheke sei trocken gewesen, auf Teilen des Weges habe sich aber Altschnee befunden. Als er seiner Frau aufgeholfen habe, sei es an dieser Stelle nass gewesen. Diese Angaben lassen keinen zuverlässigen Schluss auf den Zustand der Schuhe und die Ursache der Nässe zu.
Aus den vorgenannten Erwägungen steht der Klägerin auch kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu.
Die Kostenentscheidung basiert auf § 91 ZPO.
Die Vollstreckbarkeitsentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.