Amtsgericht Kempten (Allgäu) Beschluss, 23. Sept. 2015 - 504 XVII 526/14
Gericht
Tenor
Die Betreuung wird angeordnet.
Die Betreuung umfasst folgende Aufgabenkreise:
- Vermögenssorge
- Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern
- Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post und Entscheidung über Fernmeldeverkehr
Zum Betreuer wird bestellt:
Herr UW, geboren am ...
-als Berufsbetreuer-
Der Aufgabenkreis des Betreuers umfasst:
- Vermögenssorge
- Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post und Entscheidung über Fernmeldeverkehr
- Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern
Das Gericht wird spätestens bis zum
Bis zu einer erneuten Entscheidung gelten die getroffenen Regelungen fort.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Gründe
Die Voraussetzungen für die Bestellung des Betreuers sind gegeben.
I.
Der Betreute ist aufgrund einer der in § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgeführten Krankheiten bzw. Behinderungen, nämlich eines dementiellen Syndroms bei Alzheimer-Krankheit, Diagnose nach ICD10-Nr. F 00.2, nicht in der Lage, die Angelegenheiten ausreichend zu besorgen, die zu den genannten Aufgabenkreisen gehören.
Dies folgt aus dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen, insbesondere aus
- dem ärztlichen Gutachten des Sachverständigen Herrn Dr. med. MKe vom
- dem ärztlichen Zeugnis des Sachverständigen Herrn WHa vom
- den Berichten der Betreuungsbehörde Betreuungsstelle Landratsamt O vom
- der Stellungnahme des Verfahrenspflegers TK vom
- dem unmittelbaren Eindruck des Gerichts, den sich dieses bei der Anhörung des Betreuten in dessen üblicher Umgebung am
II.
Die Betreuerbestellung ist erforderlich, weil die Regelung der Angelegenheiten des Betreuten anderweitig nicht erfolgen kann. Insbesondere machen die vorliegenden Vollmachtsurkunden, lautend auf die Bevollmächtigten S, die Anordnung der Betreuung nicht gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB entbehrlich.
1. Die notarielle Vollmachtsurkunde des Notars Dr. B vom
Gemäß dem Gutachten des Sachverständigen Dr. med. Ke vom 24.03.2015 in Verbindung mit dem ärztlichen Gutachten von Dipl. Psych. Ha vom 14.11.2013 im Verfahren 501 XVII 334/13 ist mindestens seit November 2013 und damit auch zum Zeitpunkt der notariellen Vollmachterteilung aufgrund der Erkrankung des Betroffenen davon auszugehen, dass dieser Vollmachten nicht mehr rechtskräftig abschließen konnte. Im Hinblick auf § 104 Nr. 2 BGB bestehen daher jedenfalls erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der notariell erteilten Vollmacht. Diese Vollmacht hindert daher die Anordnung der Betreuung nicht (vgl. Palandt, § 1896, Rn. 12 mit Hinweis auf BGH, FamRZ 2011, 964).
2. Auch die weiteren vorgelegten, nicht notariellen Vollmachten aus den Jahren 2008, 2009 und 2011 (vgl. Bl. 5 - 29 der Beiakte 501 XVII 334/13) stehen der Anordnung der Betreuung nicht entgegen.
Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers dann nicht entgegen, wenn Bedenken gegen die Eignung oder Zweifel an der Redlichkeit der bevollmächtigten Personen bestehen.
Vorliegend konnten die erheblichen Bedenken gegen die Redlichkeit der Bevollmächtigten nicht ausgeräumt werden.
Die Bevollmächtigte S2 ließ sich trotz Kenntnis von der dementiellen Erkrankung des Betroffenen zur Vermeidung der Anordnung einer Betreuung im Dezember 2014 eine notarielle Vollmacht erteilen. Bereits dieser Umstand erweckt Zweifel an der Redlichkeit der Bevollmächtigten (vgl. Palandt, § 1908 b, Rn. 4).
Zudem tätigten die Bevollmächtigten im Zeitraum Januar bis März 2015 zahlreiche Barabhebungen vom Girokonto des Betroffenen bei der Raiffeisenbank K in Höhe von insgesamt 9.965,00 € und bei der Raiffeisenbank A in Höhe von 9.390,00 €. Auf die Auflistung im Beschluss des Amtsgerichts Kempten
Auch soweit die Bevollmächtigen mit Schreiben vom 26.11.2014 (Bl. 26/41 d. A.), vom 26.03.2015 (Bl. 135/136 d. A.) und vom 03.04.2015 (Bl. 143/148 d. A.) zu den erfolgten Barabhebungen und getätigten Überweisungen Stellung genommen haben, können die dortigen Ausführungen die Barabhebungen nicht nachvollziehbar erklären. Aussagekräftige Belege insbesondere zu den im Schreiben vom 26.03.2015 aufgelisteten Überweisungen bzw. Zahlungen wurden auch auf die gerichtliche Aufforderung vom 27.03.2015 (Bl. 137 d. A.) nicht beigefügt.
Im Übrigen wird in vollem Umfang auf die Ausführungen im Beschluss des Amtsgerichts Kempten (Allgäu)
II.
Bei der Festsetzung der Überprüfungsfrist geht das Gericht davon aus, dass sich der Gesundheitszustand des Betreuten aufgrund des Krankheitsbildes bis zur erneuten Überprüfung nicht wesentlich bessern wird.
Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 287 Abs. 2 Satz 1 FamFG.
III.
Eine endgültige Betreuerbestellung auch für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung (in Abweichung zur einstweiligen Anordnung der vorläufigen Betreuung vom 23.03.2015) ist jedenfalls derzeit nicht erforderlich. Auch nach Rücksprache mit dem Betreuer bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Bevollmächtigten die hiervon betroffenen Belange nicht ausreichend wahrnehmen würden. Insoweit besteht derzeit neben den erteilten Vollmachten kein Betreuungsbedarf.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Beschluss findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.
Die Beschwerde ist binnen einer Frist von 1 Monat bei dem
Amtsgericht Kempten (Allgäu)
Residenzplatz 4 - 6
87435 Kempten (Allgäu)
einzulegen. Ist der Betroffene untergebracht, kann er die Beschwerde auch bei dem Amtsgericht einlegen, in dessen Bezirk er untergebracht ist.
Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses. Erfolgt die schriftliche Bekanntgabe durch Zustellung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung, ist das Datum der Zustellung maßgebend. Erfolgt die schriftliche Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post und soll die Bekanntgabe im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück 3 Tage nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, wenn nicht der Beteiligte glaubhaft macht, dass ihm das Schriftstück nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von 5 Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Fristende auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Beschwerde kann zur Niederschrift eines anderen Amtsgerichts erklärt werden; die Beschwerdefrist ist jedoch nur gewahrt, wenn die Niederschrift rechtzeitig bei dem Gericht, bei dem die Beschwerde einzulegen ist, eingeht. Die Beschwerdeschrift bzw. die Niederschrift der Geschäftsstelle ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.
Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird.
Die Beschwerde soll begründet werden.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG)
und Zeitpunkt der sofortigen Wirksamkeit:
Übergabe an die Geschäftsstelle
am
um 11.30 Uhr.
moreResultsText
Annotations
Geschäftsunfähig ist:
- 1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, - 2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.
(1) Beschlüsse über Umfang, Inhalt oder Bestand der Bestellung eines Betreuers, über die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts oder über den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 300 werden mit der Bekanntgabe an den Betreuer wirksam.
(2) Ist die Bekanntgabe an den Betreuer nicht möglich oder ist Gefahr im Verzug, kann das Gericht die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses anordnen. In diesem Fall wird er wirksam, wenn der Beschluss und die Anordnung seiner sofortigen Wirksamkeit
- 1.
dem Betroffenen oder dem Verfahrenspfleger bekannt gegeben werden oder - 2.
der Geschäftsstelle zum Zweck der Bekanntgabe nach Nummer 1 übergeben werden.
(3) Ein Beschluss, der die Genehmigung nach § 1829 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Gegenstand hat, wird erst zwei Wochen nach Bekanntgabe an den Betreuer oder Bevollmächtigten sowie an den Verfahrenspfleger wirksam.
(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden.
(2) Der Beschluss enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten; - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben; - 3.
die Beschlussformel.
(3) Der Beschluss ist zu begründen. Er ist zu unterschreiben. Das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken.
(4) Einer Begründung bedarf es nicht, soweit
- 1.
die Entscheidung auf Grund eines Anerkenntnisses oder Verzichts oder als Versäumnisentscheidung ergeht und entsprechend bezeichnet ist, - 2.
gleichgerichteten Anträgen der Beteiligten stattgegeben wird oder der Beschluss nicht dem erklärten Willen eines Beteiligten widerspricht oder - 3.
der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben.
(5) Absatz 4 ist nicht anzuwenden:
- 1.
in Ehesachen, mit Ausnahme der eine Scheidung aussprechenden Entscheidung; - 2.
in Abstammungssachen; - 3.
in Betreuungssachen; - 4.
wenn zu erwarten ist, dass der Beschluss im Ausland geltend gemacht werden wird.
(6) Soll ein ohne Begründung hergestellter Beschluss im Ausland geltend gemacht werden, gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisentscheidungen entsprechend.