Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung

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Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung

originally published: 20/05/2021 07:46, updated: 10/12/2024 15:31

Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung: Ein Überblick

Das Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung stellt eine besondere Form des Insolvenzverfahrens dar, die Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten eine Möglichkeit bietet, sich unter gerichtlicher Aufsicht, aber weitgehender eigener Leitung, zu sanieren. Ziel dieses Verfahrens ist es, das Unternehmen fortzuführen und gleichzeitig die Rechte der Gläubiger zu wahren. Die rechtlichen Grundlagen finden sich in der Insolvenzordnung (InsO), insbesondere in den §§ 270 ff.


Grundprinzipien der Eigenverwaltung

Im Rahmen der Eigenverwaltung verbleibt die unternehmerische Leitung weitgehend beim bisherigen Management. Das Unternehmen wird dabei von einem gerichtlich bestellten Sachwalter überwacht. Dieser nimmt die Aufgaben wahr, die in einem Regelinsolvenzverfahren einem Insolvenzverwalter obliegen würden. So wird ein Ausgleich zwischen den Interessen des Unternehmens und der Gläubiger geschaffen.

Ein zentrales Merkmal der Eigenverwaltung ist die Erstellung eines Insolvenzplans. Dieser Plan dient als maßgebliches Instrument zur Regelung der Schulden und zur Strukturierung der Unternehmenssanierung. Er wird den Gläubigern zur Abstimmung vorgelegt und kann verschiedene Maßnahmen umfassen, wie etwa Stundungen, Forderungsverzichte oder Umstrukturierungen.


Ablauf des Verfahrens

Das Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung umfasst mehrere Stufen:

  1. Antragstellung: Das Unternehmen beantragt beim zuständigen Insolvenzgericht die Eröffnung des Verfahrens und legt ein Sanierungskonzept vor. Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen für die Eigenverwaltung erfüllt sind.

  2. Vorläufige Eigenverwaltung: Ab Antragstellung kann eine vorläufige Eigenverwaltung angeordnet werden. Hierbei bleibt die Geschäftsführung handlungsfähig, steht jedoch unter der Überwachung eines Sachwalters.

  3. Insolvenzplanverfahren: Der Insolvenzplan wird entwickelt, um die Entschuldung und Restrukturierung des Unternehmens zu regeln. Dieser Plan muss von den Gläubigern genehmigt werden.

  4. Abschluss: Nach erfolgreicher Umsetzung des Insolvenzplans wird das Verfahren beendet, und das Unternehmen kann seine Geschäftstätigkeit regulär fortsetzen.


Rechtlicher Rahmen

Die Eigenverwaltung ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden, die in der Insolvenzordnung geregelt sind. Sie kann beantragt werden, wenn:

  • Kein Anlass besteht, Nachteile für die Gläubiger zu befürchten (§ 270a InsO).
  • Ein schlüssiges Konzept für die Sanierung vorgelegt wird.
  • Die drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung absehbar ist.

Das Insolvenzgericht behält die Kontrolle über das Verfahren und kann die Eigenverwaltung widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder Nachteile für die Gläubiger eintreten.


Ziele und Besonderheiten

Das Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung ist darauf ausgelegt, den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Es kombiniert Elemente des Regelinsolvenzverfahrens mit den Vorteilen einer unternehmerischen Selbstverwaltung. Durch die aktive Einbindung der Gläubiger und die gerichtliche Begleitung wird eine transparente und rechtskonforme Sanierung gewährleistet.

Ein wesentliches Merkmal ist die Flexibilität des Verfahrens. Die Maßnahmen können individuell an die Bedürfnisse des Unternehmens und der Gläubiger angepasst werden. Dabei bleibt das Unternehmen während des gesamten Verfahrens in der Lage, seinen Geschäftsbetrieb fortzuführen.


Fazit

Das Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung ist ein bedeutendes Instrument des modernen Insolvenzrechts. Es ermöglicht Unternehmen, eine wirtschaftliche Krise unter gerichtlicher Aufsicht, aber mit eigener Führung zu bewältigen. Durch die Verbindung von Sanierung und Gläubigerschutz trägt das Verfahren dazu bei, die Interessen aller Beteiligten zu wahren und den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.

Für Unternehmen, die dieses Verfahren in Betracht ziehen, ist eine frühzeitige und professionelle Vorbereitung essenziell. Eine fundierte rechtliche Beratung und eine enge Abstimmung mit den Gläubigern sind entscheidende Faktoren für den Erfolg einer Sanierung in Eigenverwaltung.