Werkvertragsrecht: Zahlung einer geprüften Rechnung ist kein Anerkenntnis
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Zahlt der Auftraggeber auf eine geprüfte Rechnung hin den Werklohn an den Bauunternehmer aus, ist das (noch) nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) sei dadurch ein Rückzahlungsanspruch nicht ausgeschlossen. Dieser scheide nur aus, wenn der Bauunternehmer mit dem Auftraggeber eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung geschlossen habe.
Hinweis: Als rechtsgeschäftliche Vereinbarung wäre es zum Beispiel zu werten, wenn im Rahmen eines Schlussrechnungsgesprächs strittige Rechnungspositionen erörtert und gemeinsam eine Schlusszahlungssumme ermittelt würde. Bei diesem Gespräch müssten beide Parteien durch einen wirksam Bevollmächtigten vertreten werden. Der Prüfvermerk des Architekten auf der Rechnung ist nach Ansicht des BGH nicht als Schuldanerkenntnis zu werten. Der Vermerk ist nur eine Wissenserklärung des Architekten dem Auftraggeber gegenüber, dass die Rechnung fachlich und rechnerisch richtig ist. Eine Handlung des Architekten entfaltet nur Rechtswirkung, wenn er vom Auftraggeber wirksam bevollmächtigt ist (BGH, VII ZR 165/05).
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger, Insolvenzverwalter über das Vermögen der Auftragnehmerin, verlangt restlichen Werklohn für Außenanlagen zu 23 Einfamilienhäusern in S. . Die Restforderung ist nicht mehr streitig. Im Revisionsverfahren geht es nur noch um eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung.
- 2
- Die Beklagte beanstandet dazu, Bodenaushub und dessen Abtransport seien in der vollständig bezahlten Schlussrechnung vom 8. November 2001 zum Bauteil "W. 2" doppelt in Ansatz gebracht worden. Dadurch habe sie einen Teilbetrag in Höhe von 29.115,33 € zweimal gezahlt.
- 3
- Beide Vorinstanzen haben diese Gegenforderung nicht anerkannt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 42.109,83 € verurteilt. Dagegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, soweit die Verurteilung den Betrag von 12.994,50 € übersteigt.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision ist begründet.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht lässt offen, ob die Schlussrechnung vom 8. November 2001 eine Doppelberechnung von 2.026,5 m³ Bodenaushub mit Abtransport enthält. Die Beklagte könne sich darauf jedenfalls nicht berufen. Sie habe die Rechnung geprüft und beanstandungslos gezahlt. Darin liege ein deklaratorisches Anerkenntnis, durch welches sie nunmehr mit ihren Einwendungen ausgeschlossen sei. Auf die Frage eines Aufrechnungsausschlusses nach § 95 InsO komme es daher nicht an.
II.
- 6
- Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 7
- Das Berufungsgericht hat zu Unrecht ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis angenommen. Seine Auffassung steht im Gegensatz zu der langjährigen , gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, aus welcher das Berufungsgericht zwar zitiert, deren Grundsätze es jedoch gänzlich außer Betracht lässt.
- 8
- 1. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, gelegentlich auch "bestätigendes" Schuldanerkenntnis genannt, ist ein vertragliches kausales Anerkenntnis (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - VII ZR 215/93 - BauR 1995, 232, 234 = NJW 1995, 960). Ein solches Schuldanerkenntnis setzt voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen wollen und sich dahingehend einigen (BGH aaO sowie Urteil vom 11. Juli 1995 - X ZR 42/93 - NJW 1995, 3311 = ZIP 1995, 1420; Urteil vom 29. April 1999 - VII ZR 248/98 - BauR 1999, 1021 = ZfBR 1999, 310; Urteil vom 6. Dezember 2001 - VII ZR 241/00 - BauR 2002, 613 = ZfBR 2002, 345 = NZBau 2002, 338; st. Rspr.). Die erforderliche Einigung kann nur angenommen werden, wenn sich ein entsprechendes Angebot sowie dessen Annahme feststellen lassen.
- 9
- Die Prüfung einer Rechnung, die Bezahlung einer Rechnung oder auch die Bezahlung nach Prüfung erlauben für sich genommen nicht, ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzunehmen (vgl. bereits BGH, Urteil vom 8. März 1979 - VII ZR 35/78 - BauR 1979, 249, 251).
- 10
- 2. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses durch die Beklagte nicht festgestellt. Dass die Beklagte die Rechnung vom 8. November 2001 geprüft und bezahlt hat, genügt nicht. Dafür, dass die Parteien sich im Sinne der Rechtsprechung zum deklaratorischen Schuldanerkenntnis geeinigt hätten, fehlen Anhaltspunkte.
III.
- 11
- Bei seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht zu klären haben, ob unter insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten die Aufrechnung zulässig war und, sofern dies der Fall ist, ob die von der Beklagten behauptete Doppelberechnung unterlaufen ist oder nicht. Dressler Haß Wiebel Kniffka Eick
LG Wuppertal, Entscheidung vom 14.05.2004 - 1 O 178/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.06.2005 - I-21 U 116/04 -