Versicherungsrecht: Ersatzfähigkeit eines durch Überfahren einer Bodenwelle entstandenen Schadens
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Wird eine Bodenwelle aufgrund ihrer mangelnden Erkennbarkeit mit einem Kraftfahrzeug zu schnell überfahren und entsteht dadurch ein Schaden am Fahrzeug, so liegt darin ein Unfallschaden und nicht ein - nach den im Streitfall vereinbarten Versicherungsbedingungen vom Versicherungsschutz nicht umfasster - Betriebsschaden.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus dem Schadensereignis vom 07.11.2015 einen Betrag von € 12.437,54 zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14.12.2015 zu bezahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, als Nebenforderung an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.08.2016 zu bezahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ersatzansprüche im Zusammenhang mit einer bei der Beklagten bestehenden Vollkaskoversicherung.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten unter der Versicherungsnummer 5...97 eine Vollkaskoversicherung für einen LKW Marke Nissan amtl. Kennzeichen: TÖL-... Insoweit wird auf den vorgelegten Versicherungsschein Anlage K 1 sowie die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen Anlage K 2 Bezug genommen.
Der Kläger trägt vor, er sei mit dem bei der Beklagten versicherten Wohnmobil am 07.11.2015 in der Nähe des Gardasees auf einer Urlaubsreise mit einer Geschwindigkeit von erlaubten etwa 50 km/h über eine quer zur Fahrbahn vorhandene Bodenschwelle gefahren. Die Bodenschwelle sei für den Kläger in der Annäherung aufgrund der örtlichen Verhältnisse sowie der Sichtverhältnisse nicht erkennbar gewesen. Er habe mit einer derartigen Bodenschwelle auch nicht rechnen können und müssen. Durch das Überfahren der Bodenschwelle sei die Bodengruppe des Wohnmobils massiv beschädigt worden, so dass unter Bezugnahme auf ein vorgelegtes Privatgutachten der DEKRA ein Schaden in Höhe von € 12.250,85 entstanden sei. Unter Berücksichtigung der Selbstbeteiligung in Höhe von € 500,00 begehrt der Kläger darüber hinaus den Ersatz von Sachverständigenkosten in Höhe von € 686,69 sowie unter dem Gesichtspunkt des Verzuges die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Ein Betriebsschaden liegt nach Überzeugung des Klägers nicht vor.
Der Kläger beantragt:
Die Beklagte wird auf Grundlage der zwischen ihr und dem Kläger unter der Versicherungsnummer 5...97 bestehenden Kfz-Versicherung verurteilt, betreffend das Schadenereignis vom 07.11.2015 12.437,54 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14.12.2015 an den Kläger zu bezahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, als Nebenforderung die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten seiner Rechtsverfolgung in Höhe von 958,19 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte bestreitet den Unfallhergang sowie die Höhe pauschal mit Nichtwissen. Hinsichtlich des Bestreitens der Schadenshöhe wurde die Beklagte im Termin vom 23.11.2016 darauf hingewiesen, dass dieses Bestreiten unsubstantiiert sei. Ergänzender Sachvortrag diesbezüglich erfolgte nicht.
Die Beklagte ist der Ansicht, sie hafte für den Vorfall vom 07.11.2015 nicht, da es sich um einen Unfall im normalen Betrieb und damit um einen Betriebsschaden im Sinne der Versicherungsbedingungen handle. Die Beklagte ist insoweit der Ansicht, dass die Ziffer A.2.3.2 der Versicherungsbedingungen einschlägig sei. Darüber hinaus sei ein entsprechender Ausschluss für Betriebsschäden ausreichend bestimmt und für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer auch verständlich. Die vom Kläger überfahrene Bodenwelle sei darüber hinaus farblich abgesetzt und damit erkennbar gewesen.
Das Gericht hat mündlich verhandelt und den Kläger im Termin vom 23.11.2016 persönlich angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Mit Beschluss der 10. Zivilkammer vom 11.10.2016 wurde der Rechtstreit gemäß § 348 a ZPO auf den Einzelrichter übertragen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich aus dem Streitwert. Die örtliche Zuständigkeit beruht auf § 215 VVG, der Kläger hat seinen Wohnsitz im hiesigen Bezirk.
Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet, da der streitgegenständliche Vorfall vom 07.11.2015 nicht als Betriebsschaden zu qualifizieren ist und das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Schadenshöhe unsubstantiiert ist.
Der Vorfall vom 07.11.2015 fällt nicht unter den Ausschluss in Ziffer A.2.3.2 der zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen.
Diese Bedingung lautet:
„Versichert sind Unfälle des Fahrzeugs. Als Unfall gilt ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis. Nicht als Unfallschäden gelten insbesondere Schäden aufgrund eines Brems- oder Betriebsvorgangs oder reine Bruchschäden. Dazu zählen z. B. Schäden am Fahrzeug durch rutschende Ladung oder durch Abnutzung, Verwindungsschäden, Schäden aufgrund Bedienungsfehler oder Überbeanspruchung des Fahrzeugs.“
Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH, so beispielsweise im Urteil vom 19.12.2012, IV ZR 21/11, sind allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Nach dem Urteil des BGH sind Betriebsschäden solche Schäden, die durch normale Abnutzung, durch Material- oder Bedienungsfehler an dem Fahrzeug oder seinen Teilen entstehen, ferner Schäden, die zwar auf einer Einwirkung mechanischer Gewalt beruhen, aber zum normalen Betrieb des Kfz gehören.
Nach den für das Gericht glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben des Klägers im Termin vom 23.11.2016 war für ihn die von ihm mit seinem Fahrzeug Nissan überfahrene Bodenwelle nicht erkennbar. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereits vorher ähnliche Bodenwellen überfahren hätte, liegen nicht vor und sind von der Beklagten insoweit auch nicht behauptet worden. Der Kläger hat vielmehr geschildert, dass er mit der vor Ort zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h die Schwelle überfahren hat. Aufgrund eines entgegenkommenden Fahrzeugs sei er kurzzeitig leicht erschrocken gewesen. Warnhinweise, etwa durch entsprechende Beschilderung, seien vor der Bodenwelle nicht vorhanden gewesen. Das Gericht folgt insoweit den glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben des Klägers, gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht vorhanden.
Ausweislich der zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen gilt als Unfall ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkende Ereignis.
So liegt der Fall hier. Das Überfahren der Bodenwelle stellt ein von außen auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis mit mechanischer Gewalt dar. Aufgrund der Tatsache, dass die Bodenwelle für den Kläger nicht erkennbar war, war dieses Ereignis auch für den Kläger plötzlich im Sinne der Versicherungsbedingungen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von der Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Az.: 8 O 7495/15. Im dort entschiedenen Fall hatte das Gericht festgestellt, dass der Kläger zwar ebenfalls eine Bodenwelle überfahren hatte, die Beweisaufnahme hat jedoch ergeben, dass der Kläger mit seinem Fahrzeug zuvor bereits mehrere vergleichbare Bodenwellen sowie bei der Hinfahrt bereits die gleiche streitgegenständliche Bodenwelle überfahren hatte, so dass das Landgericht Nürnberg-Fürth insoweit nicht mehr von einem Überraschungsmoment ausgegangen ist.
Das Gericht schließt sich vorliegend vielmehr der Rechtsansicht der Entscheidungen des Landgerichts Bochum vom 29.06.2012, Az.: 4 O 477/11, sowie des Landgerichts Stuttgart vom 30.03.2015, Az.: 16 O 34/15, an.
Im Falle des Landgerichts Bochum hat das ebenfalls vollkaskoversicherte Fahrzeug einen Schaden durch Überfahren einer sogenannten Fräskante erlitten. Das Landgericht hat insoweit zutreffend festgestellt, dass der Fahrer eines Fahrzeugs mit einer derartigen Gefahrenquelle nicht rechnen musste und diese im Fall des Landgerichts Bochum auch nicht erkennbar war. Auch das Landgericht Stuttgart hat in seiner Entscheidung vom 30.03.2015 die Annahme eines Betriebsschadens ausgeschlossen. Dieser Entscheidung lag ebenfalls das Überfahren einer Bodenschwelle zugrunde, die für den Kläger insoweit nicht erkennbar war.
Das Landgericht Stuttgart hat insofern zutreffend ausgeführt, dass hinsichtlich der Frage der Abgrenzung, ob ein Ereignis als Betriebsschaden oder als Unfallschaden anzusehen sei, die konkrete Verwendung des Fahrzeugs entscheidend sei. Schäden, die durch Ereignisse und Umstände hervorgerufen werden, in denen sich Gefahren verwirklichen, denen das Fahrzeug im Rahmen seiner vorgesehenen konkreten Verwendung üblicherweise ausgesetzt sei, die also nur eine Auswirkung des normalen Betriebsrisikos seien, das in Kauf genommen werde, seien Betriebsschäden.
Im hier zu entscheidenden Fall ist zu berücksichtigen, dass üblicherweise eine derartige Bodenschwelle, soweit sie erkennbar war bzw. erkannt wurde, lediglich mit einer solchen Geschwindigkeit überfahren wird, die keine Schäden am Fahrzeug verursachen würde. Wird die Bodenschwelle jedoch aufgrund der mangelnden Erkennbarkeit so schnell überfahren, dass Schäden entstehen, handelt es sich gerade nicht mehr um Gefahren, denen das Fahrzeug in seiner konkreten Verwendungsart üblicherweise ausgesetzt ist. Zum normalen Betriebsrisiko eines Fahrzeugs gehört es eben nicht, dass dieses mit so hoher Geschwindigkeit über eine Bodenschwelle fährt, dass hierdurch erhebliche Schäden entstehen. Anhaltspunkte dafür, dass der Schaden auch bei einem langsamen Überfahren der Bodenschwelle, beispielsweise mit Schrittgeschwindigkeit oder geringerer als der zugelassenen Geschwindigkeit von 50 km/h entstanden wäre, wurden weder vorgetragen noch sind derartige Anhaltspunkte ersichtlich.
Aufgrund des Vorliegens eines Unfalls im Sinne der Versicherungsbedingungen ist die Beklagte daher grundsätzlich zur Erstattung des Reparaturaufwands verpflichtet. Die Beklagte hat die Höhe pauschal mit Nichtwissen bestritten und wurde dem entsprechend im Termin vom 23.11.2016 darauf hingewiesen, dass ein pauschales Bestreiten mit Nichtwissen unsubstantiiert ist. Ergänzender Sachvortrag erfolgte nicht, so dass insoweit der Klagebetrag, der schlüssig dargestellt ist, zuzusprechen war. Die vereinbarte Selbstbeteiligung war in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen.
Auch die geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurden von der Beklagten weder dem Grunde noch der Höhe nach bestritten, so dass auch diese erstattungsfähig sind.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
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(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Kraftfahrzeugvollversicherung wegen Beschädigung seines versicherten Kraftfahrzeugs in Anspruch.
- 2
- In den Versicherungsvertrag sind die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (Stand: 1. Mai 2005, im Folgenden: AKB 2005) einbezogen, deren § 12 Abs. 6 lautet: "Die Vollversicherung umfasst darüber hinaus
a) Schäden durch Unfall, d.h. durch ein unvorhergesehenes , unmittelbar von außen her plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis; Brems-, Betriebsund reine Bruchschäden sind keine Unfallschäden. Nicht versichert sind insbesondere gegenseitige Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug ohne Einwirkung von außen,
b) …"
- 3
- Im Juli 2009 kam der Pkw des Klägers mit angehängtem Wohnwagen auf einer Autobahn aufgrund unerwartet starker Spurrillen ins Schleudern. Dabei kollidierte der Wohnanhänger mit dem Pkw und beschädigte diesen.
- 4
- Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz des Nettoanteils der veranschlagten Reparaturkosten i.H. von 2.855,62 € abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung von 300 €. Die Beklagte lehnt eine Leistung mit der Begründung ab, dass es sich um einen nicht versicherten Betriebsschaden handele.
- 5
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg.
- 7
- I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das schadenbegründende Ereignis zwar ein Unfall i.S. des § 12 Abs. 6 a) Satz 1 Halbsatz 1 AKB 2005. Die Leistungspflicht sei aber nach Satz 2 dieser Klausel ausgeschlossen , weil der Schaden an dem Pkw durch den Anhänger ohne Einwirkung von außen verursacht worden sei. Die Einwirkung der Spurrillen auf das Gespann sei nicht von außen gekommen; sie habe nur die letztlich den Schaden verursachende Ereigniskette in Gang gesetzt. Der Schaden sei nicht durch eine von außen kommende mechanische Kraft, sondern durch die Kollision mit dem Anhänger verursacht worden. Wenn durch die Fahrbahnbeschaffenheit ein Schleudervorgang ausgelöst werde , der nur wegen Vorhandenseins eines Anhängers zu einem Schaden des ziehenden Fahrzeugs führe, realisiere sich das typische, nicht versicherte Gespannrisiko.
- 8
- II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat dem Kläger zu Unrecht die begehrte Entschädigung aus der Kraftfahrzeugvollversicherung versagt.
- 9
- 1. Es hat § 12 Abs. 6 a) Satz 2 AKB 2005 unzutreffend so ausgelegt , dass ein durch die Fahrbahnbeschaffenheit ausgelöster Schleudervorgang nicht als Einwirkung von außen mit mechanischer Gewalt anzusehen sei.
- 10
- a) Die Auslegung der dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Bestimmung des § 12 AKB 2005 ist in der Revisionsinstanz voll überprüfbar. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und können vom Revisionsgericht frei ausgelegt werden, wenn sie über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet werden und eine unterschiedliche Auslegung durch verschiedene Berufungsgerichte denkbar ist (BGH, Beschluss vom 21. August 2008 - X ZR 80/07, WuM 2009, 139 Rn. 8; BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 unter II 2 b aa m.w.N.). Das ist bei den hier in Rede stehenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB 2005), die von Kraftfahrzeugversicherern im gesamten Bundesgebiet verwendet werden, der Fall.
- 11
- b) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an (Senatsurteile vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182, 185 f.; vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; jeweils m.w.N.).
- 12
- aa) Unter Anlegung dieses Maßstabs hat der Senat in dem Urteil vom 6. März 1996 (IV ZR 275/95, VersR 1996, 622 unter 3 b) entschieden , der durchschnittliche Versicherungsnehmer könne dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 II e AKB a.F. - der § 12 Abs. 6 a) Satz 1 AKB 2005 entspricht - nicht entnehmen, dass Schäden durch einen Aufprall des Anhängers auf den ihn ziehenden Pkw, die also Schäden durch ein plötzlich von außen einwirkendes Ereignis seien, als nicht versicherte Betriebsschäden angesehen werden sollten. Betriebsschäden sind solche, die durch normale Abnutzung, durch Material- oder Bedienungsfehler an dem Fahrzeug oder seinen Teilen entstehen, ferner Schäden, die zwar auf einer Einwirkung mechanischer Gewalt beruhen, aber zum normalen Betrieb des Kraftfahrzeugs gehören (Senatsurteil vom 23. Oktober 1968 - IV ZR 515/68, VersR 1969, 32, 33). Einen solchen Betriebsschaden hat der Senat in dem 1996 entschiedenen Fall, in dem ein Camping-Anhänger durch die Sogwirkung eines vorbeifahrenden Lkw instabil wurde und gegen die hintere rechte Seite des ziehenden Pkws prallte, verneint. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer sehe trotz der Verbindung von Pkw und Camping-Anhänger in diesen zwei Fahrzeuge, von denen eines auf das andere mit mechanischer Gewalt von außen eingewirkt habe. Die starre Verbindung dieser beiden Fahrzeuge führe im Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers noch nicht dazu, Pkw und Anhänger als eine Betriebseinheit im technischen Sinne zu sehen; dies umso weniger, als der Pkw auch allein zum Betrieb geeignet und bestimmt sei (Senatsurteil vom 6. März 1996 aaO; anders noch Senatsurteil vom 2. Juli 1969 - IV ZR 625/68, VersR 1969, 940).
- 13
- bb) Diese Beurteilung verändert sich durch den in § 12 Abs. 6 a) AKB 2005 hinzugefügten Satz 2 nur insoweit, als gegenseitige Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug ohne Einwirkung von außen als Betriebsschäden anzusehen und daher vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Nach dem Wortlaut, von dem der durchschnittliche Versicherungsnehmer ausgeht, kommt es allerdings bei solchen Schäden ebenso wie bei anderen Betriebsschäden der in § 12 Abs. 6 a) Satz 1 Halbsatz 2 AKB 2005 beschriebenen Art darauf an, ob sie "ohne Einwirkung von außen" verursacht worden sind. Dies wird er etwa bei Material- oder Bedienungsfehlern annehmen, die sich auf eines der zu dem Gespann gehörenden Fahrzeuge beziehen. Als Einwirkung von außen wird er hingegen Ursachen ansehen, die weder von dem zie- henden noch von dem gezogenen Fahrzeug ausgehen. Solche Ursachen können auch in der Fahrbahnbeschaffenheit oder den Witterungsverhältnissen liegen (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG VersR 1995, 1346; a.A. OLG Stuttgart VersR 2005, 643 f.).
- 14
- cc) Ausgehend davon ist nach dem unstreitigen Sachverhalt eine Einwirkung von außen in den unerwartet starken Spurrillen zu sehen, durch die der Wohnanhänger ins Schleudern geriet. Spurrillen sind - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - Unebenheiten in der Fahrbahn , die die Richtungsstabilität eines Fahrzeugs nachteilig beeinflussen und somit eine äußere, mechanische Einwirkung auf das Fahrzeug darstellen. Da der Anhänger infolge der Spurrillen ins Schleudern geriet und dann gegen den Pkw prallte, wurde dieser durch eine von außen kommende Einwirkung beschädigt.
- 15
- 2. Der Senat hat in der Sache abschließend zu entscheiden, weil der an dem Pkw des Klägers entstandene Schaden der Höhe nach unstreitig ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Braunschweig, Entscheidung vom 04.08.2010- 117 C 4015/09 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 21.12.2010- 6 S 377/10 (140) -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.