Strafrecht: Erfolgreiche Revision gegen Verurteilung wegen Totschlags
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Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 12. August 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen; er trägt indes die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags unter Einbeziehung zweier amtsgerichtlicher Urteile (zuletzt sechs Monate Jugendstrafe unter Anwendung des § 31 Abs. 2 JGG) zu einer einheitlichen Jugendstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
Die Jugendkammer hat sich im Wesentlichen auf der Grundlage des Geständnisses des Angeklagten und des Obduktionsgutachtens davon überzeugt, dass der Angeklagte am 7. November 2008 – wenige Tage vor seinem 16. Geburtstag – gegen 19.00 Uhr den stark alkoholisierten S. auf einem Zittauer Spielplatz getötet hat.
Der Angeklagte war mit dem späteren Opfer in Streit geraten wegen von diesem versprochener, vom Vater des Angeklagten im Voraus bezahlter Fahrradteile. Dabei bezeichnete S. den Angeklagten und dessen Vater als „Arschloch“ und „Wichser“. „Herr S. erhob sich von der Parkbank und griff dem Angeklagten an den Hals. Der Angeklagte hatte das Gefühl, er werde gewürgt, befreite sich aber rasch und ohne Probleme aus dieser Lage und stieß Herrn S. zu Boden … Der Angeklagte entschloss sich spätestens jetzt – aus Ärger über die vermeintlich fehlende Lieferung der Fahrradteile und aus Ärger über das Verhalten des Geschädigten – Herrn S. massiv zu verletzen. Dabei nahm er im Laufe des Geschehens den Tod des Geschädigten zumindest billigend in Kauf. S. war auf dem Boden liegend zu einer effektiven Gegenwehr und Verteidigung nicht mehr in der Lage. Der Angeklagte schlug und trat mit äußerster Kraft und Stärke wiederholt gegen den Rumpf, den Kopf und den Hals seines Opfers. Darüber hinaus wirkte er mehrfach und unter hoher Kraftaufwendung mit dem Hals einer abgebrochenen Bierflasche auf Kopf und Hals des Geschädigten ein. Das Gesicht und der Hals des Herrn S. bluteten aufgrund der erlittenen Verletzungen sehr stark. In diese stark blutenden Gesichts- und Halswunden trat der Angeklagte wiederum wiederholt mit großer Kraft mit seinem Fuß ein“ (UA S. 9). Die hervorgerufenen Rippenserienbrüche führten zu erheblichen Verletzungen innerer Organe. Die Menge des hierdurch nach innen und aus den Verletzungen am Kopf und am Hals des Opfers nach außen ausgetretenen Blutes verursachte einen tödlichen Verblutungsschock.
Die Revision des Angeklagten bleibt zum Schuldspruch erfolglos im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die insoweit fehlerfreien Feststellungen belegen insbesondere den Tötungsvorsatz des Angeklagten, dessen Verantwortungsreife und nicht aufgehobene Schuldfähigkeit.
Indes ist die Jugendstrafe aufzuheben, weil tragende Strafzumessungserwägungen, mit denen das Landgericht eine erhebliche Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB ausgeschlossen hat, und zur Höhe der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit auf zu Lasten und zu Gunsten des Angeklagten wirkenden Fehlern in der Beweiswürdigung beruhen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2007 – 5 StR 32/07 Tz. 7 f.).
Das Landgericht hat – sachverständig beraten – zwar eine Störung des Sozialverhaltens des Angeklagten, die hohe Alkoholkonzentration zur Tatzeit und die Provokation durch das Opfer unter den jeweils zutreffenden Eingangsmerkmalen der §§ 20, 21 StGB erörtert, indes die gebotene Gesamtbetrachtung (vgl. BGHR StGB § 21 Ursachen, mehrere 3) unterlassen und zudem die markanten Tatumstände, die eine besonders starke Enthemmung nahe legen, nicht ersichtlich erwogen.
Soweit das Landgericht die aus dem Blutentnahmeprotokoll vom 8. November 2008, 3.32 Uhr, entnommenen Feststellungen dafür herangezogen hat, dass der Angeklagte zur Tatzeit um 19.00 Uhr in seiner Leistungsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt gewesen sei (UA S. 28), stößt dies auf durchgreifende Bedenken. Der nur auf einen leichten Alkoholeinfluss hindeutende Untersuchungsbefund fußt auf der Blutalkoholkonzentration von 1,23 ‰ zum Entnahmezeitpunkt und ist schon deswegen nicht geeignet, das Leistungsvermögen des Angeklagten unter Wirkung einer Blutalkoholkonzentration von 2,81 ‰ zu belegen.
Zudem ist zu besorgen, dass die vom Landgericht für einen Ausschluss erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit herangezogene Alkoholgewöhnung und fehlende Erinnerungslücke überbewertet worden sind.
Soweit das Landgericht aufgrund einer an sich zutreffenden Rückrechnung unter Würdigung von Angaben des Angeklagten zu einem Nachtrunk von lediglich 0,375 l Bier zu der angenommenen maximalen Blutalkoholkonzentration von 2,81 ‰ gelangt ist, steht dies schon in einem vom Landgericht nicht ersichtlich bedachten Spannungsverhältnis zu den übrigen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum eher eine geringere Alkoholintoxikation nahe legenden Nachtatverhalten des Angeklagten. Hinzu tritt, dass es das Landgericht unterlassen hat, die Bedeutung des anlässlich einer Polizeikontrolle um 22.50 Uhr durchgeführten Atemalkoholtests mit 0,76 mg/l in seine Beweiswürdigung einzubeziehen. Zwar ist eine direkte Konvertierung von Atemalkohol- in Blutalkoholkonzentrationen ausgeschlossen (BGHSt 46, 358, 365). Indes wird jedem AAK-Wert eine gewisse Bandbreite von BAK-Werten entsprechen (BGHSt aaO m.w.N.), die ohne Weiteres in die Beweiswürdigung über den Umfang eines Nachtrunks, zumal bei – wie hier – widersprüchlichen Angaben eines Angeklagten, in Befolgung der Aufklärungspflicht einzubeziehen und mit zu bewerten ist. Demnach hätte es nahe gelegen, bei dem Angeklagten zum Zeitpunkt der von ihm als Fahrradfahrer anstandslos passierten Polizeikontrolle von einer BAK von noch unter 2 ‰ auszugehen (vgl. BGHSt aaO S. 366).
Zudem hat die festgesetzte Jugendstrafe auch deshalb keinen Bestand, weil es das Landgericht trotz Vorliegens erheblicher hierfür sprechender Umstände verabsäumt hat, die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt zu erwägen (§ 7 Abs. 1 JGG), was die mit am Erziehungsbedarf orientierte Festsetzung der Jugendstrafe – auch ohne dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 JGG hätten erfüllt werden können – beeinflusst haben könnte.
Das Landgericht hat zum Alkoholkonsum des Angeklagten Feststellungen getroffen, die eine Würdigung als Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB erfordert hätten. Nach den – freilich zweifelhaften – Feststellungen führte der Angeklagte die Tat unter Wirkung einer maximalen Blutalkoholkonzentration von 2,81 ‰ aus. Er trank seit Anfang 2008 nunmehr auch in der Woche regelmäßig Alkohol. „Ab Sommer 2008 kam es bei dem Angeklagten zu regelmäßigem, fast täglichen Alkoholkonsum mit wiederholt einsetzenden Rauschzuständen“ (UA S. 7). Die Freundin des Angeklagten beendete ihre Beziehung mit diesem, weil der Angeklagte im Sommer 2008 angefangen habe, oft schon frühmorgens Alkohol zu trinken (UA S. 18).
Die getroffenen Feststellungen hätten die Annahme des nach § 64 StGB weiter gebotenen symptomatischen Zusammenhangs zwischen dem Hang, der Tat und der zukünftigen Gefährlichkeit nicht grundlegend in Frage gestellt. Zwar hat das Landgericht aus zwei früher geahndeten – mit Mittätern begangenen – gefährlichen Körperverletzungen ohne Alkoholeinfluss auf eine hohe Gewaltbereitschaft und eine ausgesprochen geringe Hemmschwelle des Angeklagten geschlossen (UA S. 30, 36). Dem steht indes die für die Zeit stark gesteigerten Alkoholkonsums getroffene Feststellung entgegen, dass der Angeklagte gerade unter Alkohol häufig aggressiv geworden ist (UA S. 18).
Das neue Tatgericht wird gegebenenfalls zu beachten haben, dass eine Maßregel nach § 64 StGB nicht die Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB erfordert.
5. Die Sache bedarf demnach hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs neuer Aufklärung und Bewertung. Insbesondere sofern das neue Tatgericht erneut die Voraussetzungen einer Provokation entsprechend § 213 StGB, 1. Alternative bejahen sollte, wird es seine Strafzumessungserwägungen schon aus diesem Grund nicht – wie im angefochtenen Urteil erfolgt (UA S. 37) – am Höchstmaß einer zu verhängenden Jugendstrafe orientieren können.
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BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen; er trägt indes die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin.
G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags unter Einbeziehung zweier amtsgerichtlicher Urteile (zuletzt sechs Monate Jugendstrafe unter Anwendung des § 31 Abs. 2 JGG) zu einer einheitlichen Jugendstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
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- 1. Die Jugendkammer hat sich im Wesentlichen auf der Grundlage des Geständnisses des Angeklagten und des Obduktionsgutachtens davon überzeugt, dass der Angeklagte am 7. November 2008 – wenige Tage vor seinem 16. Geburtstag – gegen 19.00 Uhr den stark alkoholisierten S. auf einem Zittauer Spielplatz getötet hat.
- 3
- Der Angeklagte war mit dem späteren Opfer in Streit geraten wegen von diesem versprochener, vom Vater des Angeklagten im Voraus bezahlter Fahrradteile. Dabei bezeichnete S. den Angeklagten und dessen Vater als „Arschloch“ und „Wichser“. „Herr S. erhob sich von der Parkbank und griff dem Angeklagten an den Hals. Der Angeklagte hatte das Gefühl , er werde gewürgt, befreite sich aber rasch und ohne Probleme aus dieser Lage und stieß Herrn S. zu Boden … Der Angeklagte entschloss sich spätestens jetzt – aus Ärger über die vermeintlich fehlende Lieferung der Fahrradteile und aus Ärger über das Verhalten des Geschädigten – Herrn S. massiv zu verletzen. Dabei nahm er im Laufe des Geschehens den Tod des Geschädigten zumindest billigend in Kauf. S. war auf dem Boden liegend zu einer effektiven Gegenwehr und Verteidigung nicht mehr in der Lage. Der Angeklagte schlug und trat mit äußerster Kraft und Stärke wiederholt gegen den Rumpf, den Kopf und den Hals seines Opfers. Darüber hinaus wirkte er mehrfach und unter hoher Kraftaufwendung mit dem Hals einer abgebrochenen Bierflasche auf Kopf und Hals des Geschädigten ein. Das Gesicht und der Hals des Herrn S. bluteten aufgrund der erlittenen Verletzungen sehr stark. In diese stark blutenden Gesichts- und Halswunden trat der Angeklagte wiederum wiederholt mit großer Kraft mit seinem Fuß ein“ (UA S. 9). Die hervorgerufenen Rippenserienbrüche führten zu erheblichen Verletzungen innerer Organe. Die Menge des hierdurch nach innen und aus den Verletzungen am Kopf und am Hals des Opfers nach außen ausgetretenen Blutes verursachte einen tödlichen Verblutungsschock.
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- 2. Die Revision des Angeklagten bleibt zum Schuldspruch erfolglos im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die insoweit fehlerfreien Feststellungen belegen insbesondere den Tötungsvorsatz des Angeklagten, dessen Verantwortungsreife und nicht aufgehobene Schuldfähigkeit.
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- 3. Indes ist die Jugendstrafe aufzuheben, weil tragende Strafzumessungserwägungen , mit denen das Landgericht eine erhebliche Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB ausgeschlossen hat, und zur Höhe der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit auf zu Lasten und zu Gunsten des Angeklagten wirkenden Fehlern in der Beweiswürdigung beruhen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2007 – 5 StR 32/07 Tz. 7 f.).
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- a) Das Landgericht hat – sachverständig beraten – zwar eine Störung des Sozialverhaltens des Angeklagten, die hohe Alkoholkonzentration zur Tatzeit und die Provokation durch das Opfer unter den jeweils zutreffenden Eingangsmerkmalen der §§ 20, 21 StGB erörtert, indes die gebotene Gesamtbetrachtung (vgl. BGHR StGB § 21 Ursachen, mehrere 3) unterlassen und zudem die markanten Tatumstände, die eine besonders starke Enthemmung nahe legen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Januar 2002 – 5 StR 543/01, insoweit in NStZ-RR 2002, 107 nicht abgedruckt), nicht ersichtlich erwogen.
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- Soweit das Landgericht die aus dem Blutentnahmeprotokoll vom 8. November 2008, 3.32 Uhr, entnommenen Feststellungen dafür herangezogen hat, dass der Angeklagte zur Tatzeit um 19.00 Uhr in seiner Leistungsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt gewesen sei (UA S. 28), stößt dies auf durchgreifende Bedenken. Der nur auf einen leichten Alkoholeinfluss hindeutende Untersuchungsbefund fußt auf der Blutalkoholkonzentration von 1,23 ‰ zum Entnahmezeitpunkt und ist schon deswegen nicht geeignet, das Leistungsvermögen des Angeklagten unter Wirkung einer Blutalkoholkonzentration von 2,81 ‰ zu belegen.
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- Zudem ist zu besorgen, dass die vom Landgericht für einen Ausschluss erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit herangezogene Alkoholgewöhnung und fehlende Erinnerungslücke überbewertet worden sind (vgl. BGHSt 43, 66, 71, 73, 76; BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 4; BGH, Beschluss vom 28. März 2007 – 5 StR 32/07 Tz. 8).
- 9
- b) Soweit das Landgericht aufgrund einer an sich zutreffenden Rückrechnung unter Würdigung von Angaben des Angeklagten zu einem Nachtrunk von lediglich 0,375 l Bier zu der angenommenen maximalen Blutalkoholkonzentration von 2,81 ‰ gelangt ist, steht dies schon in einem vom Landgericht nicht ersichtlich bedachten Spannungsverhältnis zu den übrigen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum eher eine geringere Alkoholintoxikation nahe legenden Nachtatverhalten des Angeklagten. Hinzu tritt, dass es das Landgericht unterlassen hat, die Bedeutung des anlässlich einer Polizeikontrolle um 22.50 Uhr durchgeführten Atemalkoholtests mit 0,76 mg/l in seine Beweiswürdigung einzubeziehen. Zwar ist eine direkte Konvertierung von Atemalkohol- in Blutalkoholkonzentrationen ausgeschlossen (BGHSt 46, 358, 365). Indes wird jedem AAK-Wert eine gewisse Bandbreite von BAK-Werten entsprechen (BGHSt aaO m.w.N.), die ohne Weiteres in die Beweiswürdigung über den Umfang eines Nachtrunks, zumal bei – wie hier – widersprüchlichen Angaben eines Angeklagten, in Befolgung der Aufklärungspflicht einzubeziehen und mit zu bewerten ist. Demnach hätte es nahe gelegen, bei dem Angeklagten zum Zeitpunkt der von ihm als Fahrradfahrer anstandslos passierten Polizeikontrolle von einer BAK von noch unter 2 ‰ auszugehen (vgl. BGHSt aaO S. 366).
- 10
- 4. Zudem hat die festgesetzte Jugendstrafe auch deshalb keinen Bestand , weil es das Landgericht trotz Vorliegens erheblicher hierfür sprechender Umstände verabsäumt hat, die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt zu erwägen (§ 7 Abs. 1 JGG), was die mit am Erziehungsbedarf orientierte Festsetzung der Jugendstrafe – auch ohne dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 JGG hätten erfüllt werden können – beeinflusst haben könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Januar 2002 – 5 StR 543/01, insoweit nicht in NStZ-RR 2002, 107 abgedruckt; BGH, Beschluss vom 25. November 2008 – 3 StR 404/08 Tz. 6).
- 11
- Das Landgericht hat zum Alkoholkonsum des Angeklagten Feststellungen getroffen, die eine Würdigung als Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB erfordert hätten. Nach den – freilich zweifelhaften (vgl. oben 3.) – Feststellungen führte der Angeklagte die Tat unter Wirkung einer maximalen Blutalkoholkonzentration von 2,81 ‰ aus. Er trank seit Anfang 2008 nunmehr auch in der Woche regelmäßig Alkohol. „Ab Sommer 2008 kam es bei dem Angeklagten zu regelmäßigem, fast täglichen Alkoholkonsum mit wiederholt einsetzenden Rauschzuständen“ (UA S. 7). Die Freundin des Angeklagten beendete ihre Beziehung mit diesem, weil der Angeklagte im Sommer 2008 angefangen habe, oft schon frühmorgens Alkohol zu trinken (UA S. 18).
- 12
- Die getroffenen Feststellungen hätten die Annahme des nach § 64 StGB weiter gebotenen symptomatischen Zusammenhangs zwischen dem Hang, der Tat und der zukünftigen Gefährlichkeit (vgl. BGHR StGB § 64 Zusammenhang , symptomatischer 1) nicht grundlegend in Frage gestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2008 – 4 StR 316/08 Tz. 5 m.w.N.). Zwar hat das Landgericht aus zwei früher geahndeten – mit Mittätern begangenen – gefährlichen Körperverletzungen ohne Alkoholeinfluss auf eine hohe Gewaltbereitschaft und eine ausgesprochen geringe Hemmschwelle des Angeklagten geschlossen (UA S. 30, 36). Dem steht indes die für die Zeit stark gesteigerten Alkoholkonsums getroffene Feststellung entgegen, dass der Angeklagte gerade unter Alkohol häufig aggressiv geworden ist (UA S. 18).
- 14
- 5. Die Sache bedarf demnach hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs neuer Aufklärung und Bewertung. Insbesondere sofern das neue Tatgericht erneut die Voraussetzungen einer Provokation entsprechend § 213 StGB, 1. Alternative bejahen sollte, wird es seine Strafzumessungserwägungen schon aus diesem Grund nicht – wie im angefochtenen Urteil erfolgt (UA S. 37) – am Höchstmaß einer zu verhängenden Jugendstrafe orientieren können.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Auch wenn ein Jugendlicher mehrere Straftaten begangen hat, setzt das Gericht nur einheitlich Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8), können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nebeneinander angeordnet oder Maßnahmen mit der Strafe verbunden werden. Die gesetzlichen Höchstgrenzen des Jugendarrestes und der Jugendstrafe dürfen nicht überschritten werden.
(2) Ist gegen den Jugendlichen wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig die Schuld festgestellt oder eine Erziehungsmaßregel, ein Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe festgesetzt worden, aber noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so wird unter Einbeziehung des Urteils in gleicher Weise nur einheitlich auf Maßnahmen oder Jugendstrafe erkannt. Die Anrechnung bereits verbüßten Jugendarrestes steht im Ermessen des Gerichts, wenn es auf Jugendstrafe erkennt. § 26 Absatz 3 Satz 3 und § 30 Absatz 1 Satz 2 bleiben unberührt.
(3) Ist es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig, so kann das Gericht davon absehen, schon abgeurteilte Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen. Dabei kann es Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel für erledigt erklären, wenn es auf Jugendstrafe erkennt.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass die jeweiligen Verurteilungen wegen tateinheitlicher Freiheitsberaubung entfallen und
b) in den Rechtsfolgenaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten wegen „schweren Raubes zugleich mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung“ schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten B. zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten und den Angeklagten K. zu einer solchen von sieben Jahren verurteilt. Die dagegen jeweils mit der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten erzielen die aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolge. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
- 3
- Die jeweils 23 Jahre alten Angeklagten konsumierten bis zu ihrer Inhaftierung täglich in großem Umfang alkoholische Getränke. K. besuchte wegen Lernschwierigkeiten die Förderschule und leidet an einem sogenannten ADH-Syndrom. Er ist neben Diebstahlstaten wegen zahlreicher Körperverletzungen und der Angeklagte B. wegen Betrügereien und Diebstahlstaten bestraft worden.
- 4
- Die beiden Angeklagten verfügten um 2.00 Uhr des 16. Mai 2006 nach reichlichem Alkoholkonsum (BAK B. 3,2 ‰; K. 1,7 ‰) über kein Geld mehr. Sie wollten aber weiter trinken. B. kam auf die Idee, zu dem gemeinsamen Bekannten A. zu gehen, um von diesem Bargeld zu fordern und in dessen Wohnung nach Stehlenswertem zu suchen. Er forderte den ihm als gewalttätig bekannten Angeklagten K. auf, mitzugehen, um A. „Angst zu machen“ (UA S. 29). Der dem B. intellektuell unterlegene K. durchschaute, dass es nicht – wie von B. vorgegeben – um eine geordnete Geltendmachung bestehender Ansprüche gehe, sondern dass die Begehung einer Straftat bevorstehe.
- 5
- Die Angeklagten drangen gewaltsam in die Wohnung des A. ein, misshandelten ihn massiv, u. a. mit Messern, fesselten ihn und entwendeten zahlreiche Einrichtungsgegenstände.
- 6
- 2. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen die Schuldsprüche wegen (besonders) schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung ohne weiteres. Indes hat, wie vom Generalbundesanwalt beantragt, die jeweilige tateinheitliche Verurteilung wegen Freiheitsberau- bung zu entfallen, weil sie vorliegend nur das tatbestandsmäßige Mittel zur Begehung des Raubes darstellt (vgl. BGHR StGB § 239 Abs. 1 Konkurrenzen 8; BGH NStZ-RR 2003, 168). Die Fesselung des A. wurde von den Angeklagten dazu benutzt, den zur Vollendung des Raubtatbestandes gehörenden Gewahrsamsbruch weiter zu fördern.
- 7
- 3. Allerdings müssen die Rechtsfolgenaussprüche insgesamt aufgehoben werden.
- 8
- a) Zu Recht weist der Generalbundesanwalt in der Begründung seines Antrags darauf hin, dass die Erwägungen, mit denen das Landgericht für den Angeklagten B. die aus Trinkmengenangaben von dessen Freundin errechnete Blutalkoholkonzentration von 3,2 ‰ den Ausschluss erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit nicht plausibel belegen. Die vom Landgericht herangezogene Alkoholgewöhnung des B. und fehlende Erinnerungslücken sind hierfür keine wesentlichen Kriterien (vgl. BGHSt 43, 66, 71, 73, 76). Alkoholgewöhnte Täter können sich nämlich auch im Rausch noch äußerlich kontrolliert, planvoll und folgerichtig verhalten, obwohl ihr Hemmungsvermögen möglicherweise schon erheblich beeinträchtigt ist (vgl. BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 4).
- 9
- Freilich stehen die Feststellungen des Landgerichts zur Blutalkoholkonzentration in einem Spannungsverhältnis zu dem andererseits festgestellten hohen Leistungsniveau des Angeklagten B. ; dies nötigt den Senat insoweit auch zur Aufhebung der Feststellungen. Dieser Angeklagte hat nämlich das vielaktige, sich über 90 Minuten hinziehende Tatgeschehen durch listvolle Planung der Tat, Vorgabe der Angriffe im Einzelnen, Auswahl, Abtransport und Teilung der Beute nahezu vollständig gesteuert. Solches setzt eine intellektuelle Leistungsfähigkeit voraus, die sich mit der Annahme einer Blutalkoholkonzentration in der angenommenen Höhe nur sehr schwer verträgt, die lediglich um 0,1 ‰ unter der Grenze liegt, bei der ein Aus- schluss der Steuerungsfähigkeit stets besonders naheliegt (vgl. BGHR StGB § 20 Blutalkoholkonzentration 14).
- 10
- Der neue Tatrichter wird deshalb die Blutalkoholkonzentration des Angeklagten B. nach kritischer Prüfung der Trinkmengenangaben und aller weiteren Umstände neu zu bestimmen und deren – bei den hier komplexen, sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden Handlungsabläufen und der langen Rückrechnungszeit – nur eingeschränkten Beweiswert (vgl. BGH NStZ 2000, 136; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 20 Rdn. 24) seiner Bewertung zugrunde zu legen haben. Für den Fall der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit weist der Senat zur Frage der Strafrahmenverschiebung auf BGHSt 49, 239 hin.
- 11
- b) Auch hinsichtlich des Angeklagten K. hat der Strafausspruch keinen Bestand. Das Landgericht hat diesem Angeklagten strafschärfend „massive einschlägige Vorstrafen“ (UA S. 42) wegen – im Einzelnen dargestellter vorsätzlicher Körperverletzungen – angelastet. Dabei hat es übersehen, dass die beiden letzten Verurteilungen durch das Amtsgericht Pirna vom 23. Mai und 12. Juli 2006 der hiesigen Tat nachfolgten und mit der Strafe des hier zäsurbegründenden Urteils des Amtsgerichts Pirna vom 23. Mai 2005 eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden gewesen wäre (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 4).
- 12
- Dies wird der neue Tatrichter nachzuholen haben, der naheliegend auch die intellektuellen und psychischen Auffälligkeiten dieses Angeklagten mit Hilfe eines psychiatrischen Sachverständigen zu betrachten haben wird, wenngleich nach dem Tat- und Leistungsbild des Angeklagten eine Anwendung des § 21 StGB nicht besonders wahrscheinlich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2005 – 5 StR 214/05) und alles andere als die Festsetzung einer empfindlichen Freiheitsstrafe ohnehin schuldunangemessen wäre.
- 13
- c) Schließlich war der Rechtsfolgenausspruch auch insoweit aufzuheben , als es das Landgericht hinsichtlich beider Angeklagter unterlassen hat, die Voraussetzungen des § 64 StGB zu prüfen. Solches war indes geboten:
- 14
- Beide Angeklagte nahmen seit geraumer Zeit täglich alkoholische Getränke – nach den bisherigen Feststellungen ist der darüber hinaus behauptete Drogenkonsum nicht glaubhaft – in großem Umfang zu sich. Auslöser der hiesigen Tat war das Verlangen nach weiterem Alkohol, für dessen Erwerb Bargeld gewaltsam beschafft werden sollte. Die Tat hat demnach Symptomwert für den Hang im Sinn des § 64 Abs. 1 StGB (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 2), dessen Annahme nicht entgegenstünde, wenn die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht vorlagen (vgl. BGHR StGB § 64 Ablehnung
6).
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Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).
(2) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn
- 1.
der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens - a)
gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder - b)
nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,
- 2.
die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird.
(3) Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.
(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn
- 1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und - 2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird.
(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.
(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen.
(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.