So können sich nicht eheliche Lebenspartner erbrechtlich absichern
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ca. 2,4 Millionen nicht eheliche Lebensgemeinschaften (LG). Diese Lebensform ist gesellschaftlich anerkannt. Erbrechtlich bereitet sie jedoch beim Tod eines Partners erhebliche Probleme, da es für diese Lebensform keine gesetzlichen Regelungen gibt. Für eine wechselseitige Absicherung ist es daher notwendig, die Nachfolge durch eine wirksame letztwillige Verfügung zu regeln. Der Regelungsbedarf wird auch statistisch belegt. Denn gemäß einer im November 2006 veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Instituts Allensbach hatten lediglich 27 Prozent der Befragten ein Testament errichtet. Der folgende Beitrag befasst sich mit häufig vorkommenden Problemstellungen bei der LG und zeigt Gestaltungsmöglichkeiten auf. Beachten Sie aber bitte, dass jeder Einzelfall anders ist. Es sollte daher in jedem Fall eine gesonderte Beratung vorgenommen werden.
1. Enthält das BGB erbrechtliche Vorschriften für nicht eheliche Lebensgemeinschaften?
Ein gesetzliches Erbrecht für eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft enthält das BGB nicht. Das Zivilrecht hat gesetzliche Regelungen ausschließlich für die Verwandten und die Ehepartner normiert. Demzufolge hat der überlebende Partner automatisch keine gesetzlichen Ansprüche. Ohne zulässige letztwillige Verfügung geht er beim Erbfall leer aus.
Eine analoge Anwendung von Vorschriften aus dem Ehegattenerbrecht auf die Rechtsverhältnisse bei der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft wird abgelehnt.
2. Gelten ausnahmsweise gesetzliche Ansprüche für den überlebenden Partner?
Der Erbe muss Familienangehörigen in den ersten 30 Tagen nach dem Erbfall Unterhalt gewähren. Umstritten ist aber, ob der Erbe auch dem überlebenden Lebenspartner Unterhalt leisten muss. Aus der Rechtsprechung bejaht dies allein das OLG Düsseldorf für den Fall, dass die Lebenspartner einen eigenen Hausstand geführt haben und vor dem Erbfall Unterhalt gezahlt wurde. Nach dem Senat umfasst der Begriff „Familienangehörige“ auch den Lebenspartner. Denn § 1969 BGB soll solchen Personen, die – ohne Erben zu sein – in engen persönlichen Beziehungen zum Erblasser standen und von ihm unterhalten wurden, eine Überbrückungshilfe geben.
3. Können Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft ein gemeinschaftliches Testament errichten?
Die Lebenspartner haben nicht die Möglichkeit, sich wechselseitig durch ein gemeinschaftliches Testament zu binden. Das gemeinschaftliche Testament bleibt nach dem Gesetz ausdrücklich nur Ehegatten vorbehalten. Deswegen ist ein von nicht ehelichen Lebenspartnern errichtetes gemeinschaftliches Testament unwirksam.
Ein solches (unwirksames) gemeinschaftliches Testament kann nach der Rechtsprechung aber in bestimmten Fällen in Einzelverfügungen umgedeutet werden.
4. Welche Voraussetzungen müssen die umgedeuteten Einzeltestamente der nicht ehelichen Lebenspartner erfüllen?
Die einzelne Verfügung muss die Erfordernisse des § 2247 BGB erfüllen. Die Umdeutung muss auch dem mutmaßlichen Willen des Testierenden entsprechen.
5. Welche Formen des Einzeltestaments sind möglich?
Die Partner von Lebensgemeinschaften können privatschriftliche und notarielle Testamente errichten. Derjenige Lebenspartner, der kein Testament errichtet, wird von seinen Verwandten als gesetzlichen Erben beerbt.
6. Besteht die Gefahr der Sittenwidrigkeit bei der Erbeinsetzung eines nicht ehelichen Lebenspartners?
Zwar besteht nach der gesellschaftlichen Akzeptanz der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft selten die konkrete Gefahr der gesetzlichen Grundsätze für eine Sittenwidrigkeit. Damit ist das Risiko für eine Sittenwidrigkeit aber nicht völlig ausgeschlossen. Daher sollte in den Testamenten ein Hinweis auf das Motiv für die Einsetzung des anderen Partners zum Alleinerben erfolgen, um einen möglichen Einwand der Sittenwidrigkeit des Testaments von vornherein auszuschließen.
7. Welcher ist der sicherste Weg der Absicherung des nicht ehelichen Lebenspartners?
Als solcher gilt der Erbvertrag, der jedoch notariell beurkundet werden muss. Er kann auch von Partnern einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft geschlossen werden. Denn die Vertragsschließenden müssen nicht miteinander verheiratet sein.
Der Erbvertrag erlaubt u.a. folgende Gestaltungsvarianten – einschließlich einseitiger Verfügungen, die auch durch Testament angeordnet werden könnten:
- Die Lebenspartner können sich zu Erben einsetzen und
- Vermächtnisse und Auflagen anordnen,
- Testamentsvollstreckung anordnen,
- Pflichtteilsentziehungen vorsehen,
- Teilungsanordnungen treffen,
- Rücktrittsrechte vereinbaren,
- auflösende Bedingungen aufnehmen,
- Vor – und Nacherbschaft anordnen und
- Vollmachten erteilen.
8. Wie kann gestalterisch eine mögliche Trennung der nicht ehelichen Lebenspartner berücksichtigt werden?
Die Lebenspartner wollen sich erbvertraglich in der Regel nur für den Fall wechselseitig als Erben einsetzen, dass ihre Lebensgemeinschaft beim Erbfall auch noch Bestand hat. Deshalb muss in den Erbvertrag eine entsprechende Klausel aufgenommen werden, mit der erbrechtliche Ansprüche des überlebenden Partners nur für diesen Fall bestehen.
Eine solche Regelung hat allerdings Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung im Einzelfall. Denn ob eine Gemeinschaft noch existiert, lässt sich wegen der unterschiedlichen Lebensverhältnisse nur schwer nachweisen. Diesem Gestaltungsdefizit kann dadurch hinreichend Rechnungen getragen werden, dass jedem Lebenspartner erbvertraglich ein einseitiges Rücktrittsrecht eingeräumt wird. Hierdurch wird die wechselseitige erbrechtliche Bindung deutlich relativiert, da jeder Partner jederzeit von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen kann.
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(1) Der Erbe ist verpflichtet, Familienangehörigen des Erblassers, die zur Zeit des Todes des Erblassers zu dessen Hausstand gehören und von ihm Unterhalt bezogen haben, in den ersten 30 Tagen nach dem Eintritt des Erbfalls in demselben Umfang, wie der Erblasser es getan hat, Unterhalt zu gewähren und die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände zu gestatten. Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung eine abweichende Anordnung treffen.
(2) Die Vorschriften über Vermächtnisse finden entsprechende Anwendung.
(1) Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten.
(2) Der Erblasser soll in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er sie niedergeschrieben hat.
(3) Die Unterschrift soll den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers enthalten. Unterschreibt der Erblasser in anderer Weise und reicht diese Unterzeichnung zur Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit seiner Erklärung aus, so steht eine solche Unterzeichnung der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen.
(4) Wer minderjährig ist oder Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann ein Testament nicht nach obigen Vorschriften errichten.
(5) Enthält ein nach Absatz 1 errichtetes Testament keine Angabe über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine Gültigkeit, so ist das Testament nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweit treffen lassen. Dasselbe gilt entsprechend für ein Testament, das keine Angabe über den Ort der Errichtung enthält.