Medienrecht: Ungerechtfertigte Verpflichtung zum Abdruck einer Gegendarstellung verletzt Pressefreiheit

published on 19/03/2018 10:12
Medienrecht: Ungerechtfertigte Verpflichtung zum Abdruck einer Gegendarstellung verletzt Pressefreiheit
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Eine offen formulierte Frage auf dem Titelblatt einer Zeitschrift ist keine Tatsachenbehauptung und kann daher keinen Gegendarstellungsanspruch auslösen – BSP Rechtsanwälte – Anwalt für Medienrecht Berlin

So entschied das Bundesverfassungsgericht. Die Beschwerdeführerin ist Verlegerin einer Wochenzeitschrift. Im Jahr 2012 publizierte sie auf einer Titelseite die auf den Fernsehmoderator Günther Jauch bezogene Frage:

„Sterbedrama um seinen besten Freund – Hätte er ihn damals retten können?“

Der zugehörige Artikel befasste sich mit einem ehemaligen Klassenkameraden des Moderators, der im Jahr 1982 einen tödlichen Herzinfarkt erlitt. Allerdings bestand zu diesem Zeitpunkt bereits seit längerem kein Kontakt mehr zwischen den beiden. Dieser Umstand war auch der Beschwerdeführerin bekannt. Sie wurde letztinstanzlich durch das OLG Zweibrücken zum Abdruck einer Gegendarstellung des Moderators verurteilt. Diese Entscheidung wurde auf eine erste Verfassungsbeschwerde hin durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Nach Auffassung des BVerfG hatten die Fachgerichte sich nicht in einer Weise mit der Einordnung des Fragesatzes auf der Titelseite auseinandergesetzt, die den Anforderungen des Grundgesetzes genügen könnte. In der Zwischenzeit veröffentlichte die Beschwerdeführerin die Gegendarstellung. Aus diesem Grund erklärte der Verfügungskläger das Ausgangsverfahren als erledigt. Das Oberlandesgericht der Beschwerdeführerin die Kosten mit der Begründung auf, dass sie zu Recht zur Gegendarstellung verpflichtet worden sei. Hiergegen wandte sich Verlegerin in ihrer erneuten Verfassungsbeschwerde. 

Das BVerfG hat der Verfassungsbeschwerde stattgegeben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Nach Auffassung des BVerfG liege ein Verstoß gegen die in Art. 5 GG geschützte Pressefreiheit vor. Allein der Umstand, dass die inhaltlich offen formulierte Frage den Eindruck erwecken könnte, dass für die Frage irgendein Anlass bestehen müsse, rechtfertige nicht, von einer gegendarstellungsfähigen Tatsachenbehauptung auszugehen. Vielmehr könnten Fragen, die auf die Ermittlung von Wahrheit oder Unwahrheit gerichtet sein und in ihrer Offenheit verschiedene Antworten zuließen, überhaupt keinen Gegendarstellungsanspruch auslösen.

Zu den wesentlichen Erwägungen des BVerfG:

Als Verlegerin einer Wochenzeitschrift ist die Beschwerdeführerin durch die in Art. 5 GG normierte Pressefreiheit geschützt. Dieses Grundrecht garantiert insbesondere die Freiheit der Gründung und Gestaltung von Presseerzeugnissen – sowohl in inhaltlicher als auch in formaler Hinsicht. Durch eine Verpflichtung zum Abdruck von Gegendarstellungen wird dieses Recht beeinträchtig. Auch muss die Beeinträchtigung als besonders schwerwiegend betrachtet werden, wenn die Gegendarstellung das Titelblatt der Zeitschrift betrifft, da diesem regelmäßig eine besondere Bedeutung zukommt. Angesichts dieser Tatsachen muss die Verpflichtung zum Abdruck einer Gegendarstellung einen Eingriff in das Grundrecht der Verlegerin darstellen, welcher, insbesondere hinsichtlich der Stellung des Art. 5 GG, nach einer Rechtfertigung verlangt.

Diese liegt nach Ansicht des BVerfG nicht vor.

Das Oberlandesgericht hat die Grundrechtsschranke des § 11 Landesmediengesetz Rheinland-Pfalz in einer Weise ausgelegt, die dem Verfügungskläger einen Gegendarstellungsanspruch zuspricht. Hierbei hat es allerdings die Bedeutung und Tragweite der Pressefreiheit nicht hinreichend beachtet. Der Schranke entsprechend sind solche Tatsachen gegendarstellungsfähig, die zuvor von der Presse behauptet wurden. Liegt eine solche Tatsachenbehauptung nicht vor, verletzt eine Verpflichtung zum Abdruck einer Gegendarstellung die Pressefreiheit. Der vorliegend in Rede stehenden Frage fehle es an dem entsprechenden hinreichend tatsächlichen Gehalt, so das BVerfG. Aus diesem Grund könne der ermittelte Sinngehalt der Titelseitenüberschrift keinen Gegendarstellungsanspruch begründen. 

Weiterhin muss auch der Sinn und Zweck des § 11 LMG Rheinland-Pfalz beachtet werden. Dieser soll dem von einer Tatsachenbehauptung der Presse betroffenen die Möglichkeit bieten, dem Bericht mit einer eigenen Darstellung entgegenzutreten. Hierbei handelt es sich um ein Schutzinstrument, welches bewusst unabhängig von der Wahrheit der Tatsachenbehauptung und somit auch unabhängig von der materiellen Rechtmäßigkeit der Äußerung gewährt wird. Die Frage, welche Darstellung letztlich die Wahrheit auf ihrer Seite hat und wie weit ein Betroffener erzwingen kann, dass der Äußernde von seiner Äußerung inhaltlich abzurücken oder sie zukünftig zu unterlassen hat, ist dann erforderlichenfalls in anderen Verfahren, etwa im Rahmen einer Unterlassungs- oder Widerrufsklage, zu klären.

Grundsätzlich ist es von Verfassungs wegen unbedektlich einen Gegendarstellungsanspruch auch bei verdeckten Tatsachenbehauptungen zu gewähren. In diesem Zusammenhang ist eine Sinnermittlung der ursprünglichen Veröffentlichung vorzunehmen. Ergibt diese, dass sich dem verständigen Empfänger aus dem Gesamtzusammenhang der Eindruck bestimmter Behauptungen unabweisbar aufdrängt, so kann dies die Verpflichtung zum Abdruck einer Eindrucksgegendarstellung begründen. Zu beachten ist hierbei, dass sich auch der Eindruck auf bestimmte Tatsachen beziehen muss. Dies ist bei Fragen in der Regel nicht der Fall, dienen sie doch der Ermittlung von Wahrheit oder Unwahrheit. Im Rahmen dieser Ermittlung werden demnach keine Tatsachen behauptet, sondern allenfalls gesucht. Allein der Eindruck, dass für das Aufwerfen einer inhaltlich offenen Aufmacherfrage irgendein Anlass bestehen müsse, genügt danach zur Annahme einer gegendarstellungsfähigen Tatsachenbehauptung nicht. Jede Frage enthält kraft ihres Gestelltwerdens ausgesprochen oder unausgesprochen Annahmen tatsächlicher oder wertender Art über ihren Gegenstand. Allein dieses Hervorrufen einer Annahme kommt jedoch nicht der Verbreitung einer eigenständigen Information bestimmten Inhalts gleich, dessen Wahrheitsgehalt durch eine Gegendarstellung vorläufig in Schwebe gebracht werden könnte.

Allerdings kann ein Schutzbedürfnis hinsichtlich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch gegenüber Aufmacherfragen bestehen. Sofern diese keine bestimmten Tatsachenbehauptungen enthalten, ist dem Schutzbedürfnis der Betroffenen durch andere presserechtliche Institute Rechnung zu tragen. Der unberechtigten Erörterung ehrverletzender Fragen oder privater Angelegenheiten, auch in der Einkleidung von Aufmacherfragen, kann insbesondere mit der Unterlassungsklage entgegengetreten werden. Soweit Äußerungen in Frage stehen, die allein zur Steigerung des Umsatzes bewusst falsch oder bewusst ohne jede Berechtigung auf Kosten Dritter getroffen werden, kommt auch die Anerkennung einer Entschädigung in Betracht, die künftig zu einem wirksamen Schutz führt.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 07.02.2018 (1 BvR 442/15) folgendes entschieden:

Tenor:

Das Urteil des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 29. Januar 2015 - 4 U 81/14 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes und wird aufgehoben. Die Sache wird an das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken zurückverwiesen. 

Das Land Rheinland-Pfalz hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten. 

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 25.000 € festgesetzt. 

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine zivilgerichtliche Entscheidung, die die Beschwerdeführerin in die Kosten eines Rechtsstreits über den Abdruck einer Gegendarstellung verurteilt. Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung ihrer Pressefreiheit. 

Die Beschwerdeführerin ist Verlegerin der Zeitschrift „Woche der Frau“. Auf der Titelseite der Ausgabe vom 29. Februar 2012 veröffentlichte sie die Meldung: 

"Sterbedrama um seinen besten Freund - Hätte er ihn damals retten können?"

Der zugehörige Artikel im Innenteil stellte dar, dass ein ehemaliger Klassenkamerad des Moderators J. im Jahr 1982 einen tödlichen Herzinfarkt erlitten hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte zwischen J. und seinem Freund bereits seit längerem kein Kontakt mehr bestanden, was der Beschwerdeführerin auch bekannt war. 

Im Zuge eines von J. betriebenen Verfahrens der einstweiligen Verfügung verurteilten das Landgericht F. und letztinstanzlich das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken die Beschwerdeführerin antragsgemäß zum Abdruck der folgenden Gegendarstellung, wobei die Größe des Wortes „Gegendarstellung“ der Größe der Schrift der Worte „Sterbedrama um seinen besten Freund“ und der Text der Gegendarstellung im Übrigen der Schriftgröße der Zeile „Hätte er ihn damals retten können?“ zu entsprechen hatten: 

Gegendarstellung 

Auf der Titelseite von „Woche der Frau“ vom 29. Februar 2012 schreiben Sie über mich: 

„J. - Sterbedrama um seinen besten Freund - Hätte er ihn damals retten können?“ 

Hierzu stelle ich fest: 

Ich hatte keine Möglichkeit, meinen Freund zu retten, da er aufgrund einer Erkrankung verstorben ist, auf die ich keinerlei Einfluss hatte. 

Potsdam, den 9. März 2012 

Auf eine erste Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin hin hob das Bundesverfassungsgericht die Entscheidungen auf und verwies die Sache an das Landgericht F. zurück. Die angegriffenen Entscheidungen verletzten die Pressefreiheit der Beschwerdeführerin, da die Fachgerichte sich nicht in einer den Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 GG genügenden Weise mit der Einordnung des Fragesatzes auf der Titelseite auseinandergesetzt hätten; insbesondere damit, ob er eine gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung enthalte. 

Da die Beschwerdeführerin zwischenzeitlich die Gegendarstellung abgedruckt hatte, erklärte der Verfügungskläger J. das vor dem Landgericht fortgesetzte Ausgangsverfahren für erledigt. Die Beschwerdeführerin widersprach der Erledigterklärung. Mit Endurteil vom 15. April 2014 wies das Landgericht den Antrag des Verfügungsklägers auf Feststellung der Erledigung ab, da die Voraussetzungen für den Abdruck der Gegendarstellung bei zutreffender Beurteilungnicht vorgelegen hätten. 

Auf die Berufung des Verfügungsklägers erkannte das Oberlandesgericht mit dem angegriffenen Urteil vom 29. Januar 2015 auf Feststellung der Erledigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens und erlegte der Beschwerdeführerin die Kosten auf. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus, die beanstandete Titelmeldung „J. - Sterbedrama um seinen besten Freund - Hätte er ihn damals retten können?“ beinhalte für den durchschnittlichen Leser der Zeitschrift „Woche der Frau“ bei der gebotenen Deutung der Äußerung in ihrer Gesamtheit eine eigenständige Tatsachenbehauptung, die bereits ohne den Beitrag im Heftinneren aus sich heraus verständlich sei. Bei der Sinndeutung sei zu beachten, dass die Meldung einen Fragesatz enthalte. Echte Fragen, von denen im Zweifel auszugehen sei, stünden Werturteilen gleich, da sie nicht an den Kriterien von Wahrheit und Unwahrheit gemessen werden könnten. Davon abzugrenzen seien rhetorische Fragen, die nicht auf eine Antwort durch einen Dritten gerichtet oder nicht für verschiedene Antworten offen seien. Diese könnten sich als Ergebnis einer kontextbezogenen Deutung als in Frageform gekleidete Äußerung mit dem Substrat einer Tatsachenbehauptung erweisen. So liege es hier, denn das Aufwerfen der Frage nach einer Rettungsmöglichkeit von J. könne nur im Zusammenspiel mit der vorangestellten plakativen Aussage zum „Sterbedrama“ gedeutet werden. Der verständige Titelseitenleser begreife die Frage nicht als von vornherein völlig sinnfrei gestellt. Damit dränge sich ihm als unabweisbare tatsächliche Schlussfolgerung auf, dass der Verfügungskläger zur Zeit des „Sterbedramas“ noch immer in einer Nähebeziehung zu dem verstorbenen Freund gestanden habe und dass er in das „dramatische“ Geschehen um dessen Tod selbst irgendwie einbezogen gewesen sei. 

Die Titelzeilenmitteilung erwecke bereits für sich gesehen den Eindruck, es existierten in ihr angedeutete, aber noch nicht näher mitgeteilte tatsächliche Umstände, welche nachvollziehbaren Anlass für die Fragestellung böten, ob der Verfügungskläger bei Einschlagen eines von mehreren für ihn „damals“ offenen Handlungswegen den Tod seines Freundes habe verhindern können. Um zu erkennen, dass die auf dem Titel aufgeworfene Frage bar jeden tatsächlichen Anhalts „aus der Luft gegriffen“ sei, müsse der Artikel erst gelesen werden, was bei Titelseitenlesern aber nicht der Fall sei. Die Titelzeilenmitteilung sei eine Äußerung mit so viel tatsächlichem Gehalt, dass dieser gegendarstellungsfähig sei. Wolle man zudem solche Fragen auf Titelseiten als „echte“ Fragen privilegieren, liege darin eine Überschreitung der dem Fragezeichen- beziehungsweise Spekulationsjournalismus durch das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen gesetzten Grenzen. Der Anspruch auf Gegendarstellung stelle insoweit eine „Waffengleichheit“ her, ohne dass von ihm eine weitergehende Sanktionswirkung ausgehe. 

Die Voraussetzungen eines Gegendarstellungsanspruchs nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 Landesmediengesetz Rheinland-Pfalz lägen im Übrigen ebenso vor wie die Voraussetzungen einer Titelseitengegendarstellung, die dem Grundsatz der Waffengleichheit geschuldet sei. 

In ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihres Grundrechts auf Pressefreiheit. Unzutreffend sei das Oberlandesgericht von einer verdeckten Tatsachenbehauptung ausgegangen. Ein Anspruch auf Gegendarstellung komme bei verdeckten Behauptungen nur in Betracht, wenn die Äußerung den Leser unabweisbar zu einem konkreten Verständnis zwinge. Dies sei nicht der Fall, da der Fragesatz „Hätte er ihn retten können?“ mit allen Antwortmöglichkeiten von + bis - und Möglicherweise beantwortet werden könne und als Ankündigung des Artikels im Innenteil zu verstehen sei. 

Der Verfügungskläger hat sich zu der Verfassungsbeschwerde geäußert. Er hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. 

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. 

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Ihr fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Trotz Feststellung der Erledigung der Hauptsache durch das angegriffene Urteil nach Abdruck der Gegendarstellung besteht ein fortwirkendes Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin an der Klärung der Rechtmäßigkeit der ursprünglich streitgegenständlichen Gegendarstellung. 

Die Verfassungsbeschwerde ist im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet. Die angegriffene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG

Der Schutzbereich der Pressefreiheit ist betroffen. Im Zentrum des Schutzes des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG steht die Freiheit der Gründung und Gestaltung von Presseerzeugnissen. Die Gestaltungsfreiheit wird sowohl in inhaltlicher als auch in formaler Hinsicht gewährleistet und umfasst sowohl die Bestimmung, welche Themen behandelt und welche Beiträge in eine Ausgabe aufgenommen werden sollen, als auch die Entscheidung über die äußere Darbietung der Beiträge sowie ihre Platzierung innerhalb der Ausgabe. Der Schutz der Pressefreiheit erstreckt sich auch auf das Titelblatt einer Publikation. 

Die Verpflichtung zum Abdruck von Gegendarstellungen auf dem Titelblatt der Zeitschrift der Beschwerdeführerin beeinträchtigt diese in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit. Angesichts der besonderen Bedeutung, die dem Titelblatt von Zeitschriften zukommt, ist eine solche Beeinträchtigung regelmäßig als schwerwiegend anzusehen. Das Titelblatt prägt die Identität eines Publikationsorgans unter der Vielzahl der Presseerzeugnisse und dient dem Leser als Erkennungsmerkmal. Überdies enthält es diejenigen Mitteilungen, die den für das Presseerzeugnis Verantwortlichen aus publizistischen oder werbestrategischen Gründen besonders wichtig erscheinen. Auf die drucktechnische und grafische Gestaltung des Titelblatts wird deswegen erhöhte Sorgfalt verwandt. Das gilt besonders für Zeitungen und Zeitschriften, die weniger im Abonnement als im freien Verkauf abgesetzt werden und deswegen mit jeder Ausgabe neu um das Interesse des Publikums werben müssen. 

Die Beeinträchtigung der Pressefreiheit ist nicht gerechtfertigt. Indem das Oberlandesgericht die Grundrechtsschranke des § 11 LMG Rheinland-Pfalz in einer Weise ausgelegt hat, die dem Verfügungskläger einen Gegendarstellungsanspruch zuspricht, hat es den Anwendungsbereich der Vorschrift überdehnt. Damit hat es Bedeutung und Tragweite der Pressefreiheit nicht hinreichend beachtet. 

Gegendarstellungsfähig ist nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LMG Rheinland-Pfalz eine Tatsache, die die Presse zuvor behauptet hat. Im Blick auf die Abhängigkeit der Gegendarstellung von der Erstmitteilung verlangt die Pressefreiheit, dass die Erstmitteilung bei Auslegung der Vorschriftin einer den Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 GG gerecht werdenden Weise gedeutet und eingeordnet wird. Die Pressefreiheit ist verletzt, wenn eine Gegendarstellung abgedruckt werden müsste, der keine entsprechende Tatsachenbehauptung vorangegangen ist; ebenso liegt ein Verstoß gegen die Pressefreiheit vor, wenn eine Gegendarstellung abgedruckt werden müsste, die von der gesetzlichen Grundlage nicht gedeckt ist, weil es sich bei der Erstmitteilung nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt. 

Der vom Oberlandesgericht ermittelte Sinngehalt der Titelseitenüberschrift 

"Sterbedrama um seinen besten Freund - Hätte er ihn damals retten können?"

konnte hiernach keinen Gegendarstellungsanspruch begründen. Der Frage fehlt ein hinreichender tatsächlicher Gehalt. 

Dem Gegendarstellungsanspruch liegt nach der Entscheidung des Gesetzgebers die Struktur zugrunde, dass derjenige, der von einer Tatsachenbehauptung der Presse betroffen ist, dem Bericht mit einer eigenen Darstellung des tatsächlichen Geschehens entgegentreten kann. Eine Ausdehnung der Gegendarstellung über diesen Rahmen hinaus - etwa auf die Äußerungen von Meinungen durch die Presse - wird von diesem Recht nicht erfasst. Das Gegendarstellungsrecht ist damit vom Gesetzgeber als ein spezifisch begrenztes Instrument ausgestaltet. Es soll Betroffenen die Möglichkeit geben, Tatsachenbehauptungen, die über sie verbreitet werden, unmittelbar inhaltlich entgegen zu treten und damit deren Wahrheitsgehalt in Frage zu ziehen. Dabei handelt es sich um ein Schutzinstrument, das bewusst unabhängig von der Wahrheit der Tatsachenbehauptungen und damit grundsätzlich unabhängig von der materiellen Rechtmäßigkeit der Äußerung gewährt wird. Es ist damit nicht als Sanktionsinstrument ausgestaltet, das materiell vor unberechtigten Äußerungen schützen soll, sondern hat die spezifische Funktion, einer Verfestigung von bestimmten inhaltlichen Tatsachenbehauptungen in der Öffentlichkeit dadurch entgegenzuwirken, dass den Betroffenen eine andere Darstellung dieser Tatsachen ermöglicht wird. Der Betroffene soll so die Möglichkeit bekommen, die Frage der Wahrheit vorläufig in die Schwebe zu bringen. Die Frage, welche Darstellung letztlich die Wahrheit auf ihrer Seite hat und wieweit ein Betroffener erzwingen kann, dass der Äußernde von seiner Äußerung inhaltlich abzurücken oder sie zukünftig zu unterlassen hat, ist dann erforderlichenfalls in anderen Verfahren, etwa im Rahmen einer Unterlassungs- oder Widerrufsklage, zu klären. Aus dieser spezifisch begrenzten Funktion erhält das Darstellungsrecht seine Konturen, von ihr aus ist auch prozessrechtlich dessen Durchsetzung bestimmt. 

Diese vom Gesetzgeber vorgegebene Struktur des Gegendarstellungsrechts wird verlassen, wenn das Oberlandesgericht in eine offene Aufmacherfrage die verdeckte Tatsachenbehauptung hineininterpretiert, dass für das Aufwerfen der Frage hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte bestünden. Indem damit die gesetzlichen Grenzen des Gegendarstellungsrechts gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 LMG Rheinland-Pfalz überzogen werden, fehlt es für die Auferlegung des Abdrucks einer Gegendarstellung in Blick auf die Pressefreiheit an einer rechtfertigenden Grundlage. 

Allerdings ist von Verfassungs wegen unbedenklich, dass ein Gegendarstellungsverlangen in Anknüpfung  an verdeckte Tatsachenbehauptungen gewährt werden kann. Hierzu muss sich die verdeckte Aussage dem verständigen Leser als unabweisbare Schlussfolgerung aufdrängen, die dann gegendarstellungsfähig ist. Ergibt eine den Maßgaben der Pressefreiheit genügende Sinnermittlung der Ausgangsmitteilung, dass sich dem verständigen Empfänger aus dem Gesamtzusammenhang einer Presseberichterstattung ein bestimmter Eindruck unabweisbar aufdrängt, so kann hiergegen auch eine Eindrucksgegendarstellung zulässig sein. Voraussetzung ist freilich, dass sich der Eindruck auf bestimmte Tatsachen bezieht . 

Auch Gegendarstellungen, die an Fragen anknüpfen, sind unter Umständen von Verfassungs wegen nicht ausgeschlossen. Allerdings stehen Fragen unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheitin der Regel Werturteilen gleich. Sind sie auf die Ermittlung von Wahrheit oder Unwahrheit gerichtet und offen für verschiedene Antworten, sind sie nicht gegendarstellungsfähig, denn Tatsachen werden dann gerade nicht behauptet, sondern allenfalls gesucht. Anders kann dies allerdings dann liegen, wenn mit einer Frage bei verständiger Auslegung eigenständig auch bestimmte Tatsachenbehauptungen verbreitet werden. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 GG an die Sinnermittlung entsprechen insoweit denen der Eindrucksgegendarstellung. 

Allein der Eindruck, dass für das Aufwerfen einer inhaltlich offenen Aufmacherfrage irgendein Anlass bestehen müsse, genügt danach zur Annahme einer gegendarstellungsfähigen Tatsachenbehauptung nicht.  Jede Frage enthält, indem sie sich auf einen bestimmten Gegenstand bezieht, kraft ihres Gestelltwerdens ausgesprochen oder unausgesprochen Annahmen tatsächlicher oder wertender Art über ihren Gegenstand. Hierzu mag auch die - der Deutung des Oberlandesgerichts zugrunde liegende - Annahme zählen, dass eine Frage nicht sinnfrei gestellt ist. In dem diffusen Hervorrufen einer solchen Annahme liegt jedoch nicht die Verbreitung einer eigenständigen Information mit einem bestimmten Inhalt, dessen Wahrheitsgehalt im Sinne des Gegendarstellungsrechts vorläufig in die Schwebe gebracht werden könnte. Solche Aufmacherfragen können das Problem aufwerfen, ob oder wieweit die betroffenen Personen zum Gegenstand öffentlicher Erörterung gemacht werden dürfen, nicht aber geht es hierbei um die Frage der Wahrheit oder Unwahrheit bestimmter Aussagen. 

Das spiegelt sich auch in der Schwierigkeit, einen als Gegendarstellung kongruenten Text für solche Fälle zu formulieren. Die Gegendarstellung, zu deren Abdruck die Beschwerdeführerin durch das der Kostenentscheidung zugrunde liegende Urteil verpflichtet wurde, verfehlt jedenfalls die diesbezüglichen Anforderungen. Die als Gegendarstellung formulierte Behauptung, dass der Kläger keine Möglichkeit gehabt habe, seinen Freund zu retten, trifft die Aufmacherüberschrift nicht. Denn dass der Kläger eine solche Möglichkeit gehabt habe, hatte die Beschwerdeführerin nie behauptet. 

Allerdings kann ein Schutzbedürfnis hinsichtlich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch gegenüber Aufmacherfragen bestehen. Sofern diese - wie hier - keine bestimmten Tatsachenbehauptungen enthalten, ist dem Schutzbedürfnis der Betroffenen durch andere presserechtliche Institute Rechnung zu tragen. Der unberechtigten Erörterung ehrverletzender Fragen oder privater Angelegenheiten, auch in der Einkleidung von Aufmacherfragen, kann insbesondere mit der Unterlassungsklage entgegengetreten werden. Soweit insoweit Äußerungen in Frage stehen, die allein zur Steigerung des Umsatzes bewusst falsch oder bewusst ohne jede Berechtigung auf Kosten Dritter getroffen werden, kommt insoweit auch die Anerkennung einer Entschädigung in Betracht, die auch der Höhe nach so bemessen werden kann, dass diese zu einem wirksamen Schutz führt. 

Das angegriffene Urteil, das die Erledigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens feststellt und der Beschwerdeführerin die Kosten auferlegt, beruht auf den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Fehlern und ist aufzuheben. Es ist nicht auszuschließen, dass das Oberlandesgericht bei erneuter Befassung zu einer anderen Entscheidung in der Sache kommen wird. 

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG.

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(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

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(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.