Arbeitsrecht: Arbeitgeber muss über Behinderteneigenschaft informiert werden
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Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hin. Die Richter machten deutlich, dass die Behinderteneigenschaft dem Arbeitnehmer alleine keinen Vorteil bringe. Wolle er seinen Sonderkündigungsschutz erhalten, müsse der schwerbehinderte Arbeitnehmer vielmehr innerhalb einer angemessenen Frist von drei Wochen nach Zustellung der Kündigung gegenüber dem Arbeitgeber seine bereits festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Schwerbehinderung oder den Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter nicht kenne und deshalb mit der Zustimmungspflichtigkeit zur Kündigung nicht rechnen könne. Unterlasse der Arbeitnehmer diese Mitteilung, habe er den besonderen Kündigungsschutz verwirkt (LAG Schleswig-Holstein, 1 Sa 403e/09).
Die Entscheidung im einzelnen lautet:
LAG Schleswig-Holstein: Urteil vom 06.07.2010 - 1 Sa 403 e/09
Für die Mitteilung eines Neuantrags auf Feststellung einer Schwerbehinderung ist eine Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung einzuhalten, wenn die Schwerbehinderung nicht offensichtlich oder aus anderen Gründen dem Arbeitgeber bekannt war.
Für die Wahrung dieser Frist reicht die fristgerechte Erhebung der Kündigungsschutzklage nicht.
Wird der Arbeitgeber erst in der Kündigungsschutzklage von dem Neuantrag unterrichtet, ist für den Fristeinhalt auf die Zustellung der Klage abzustellen.
Für nach dem 12.01.2006 zugegangene Kündigungen besteht kein schützenswertes Vertrauen darauf, dass für die Mitteilung einer festgestellten oder beantragten Schwerbehinderung weiter eine Mitteilungsfrist von 1 Monat nach Kündigungszugang gelte.
Die Berufung der Streitverkündeten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 03.09.2009 (Az.: 1 Ca 77/09) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren im Wesentlichen nur noch über die Frage, binnen welcher Frist eine Schwerbehinderung nach Zugang der Kündigung dem Arbeitgeber mitzuteilen ist.
Die am ….1947 geborene Klägerin ist seit dem 01.06.1988 als Maschinenfrau (Lohngruppe 3) zu einem Bruttomonatsgehalt von ca. 1.800,00 EUR bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte befasst sich mit der Herstellung von Fischkonserven mit zum Zeitpunkt der Kündigung ca. 276 Arbeitnehmern. Am 24.11.2008 stellte die Klägerin, der vorher ein GdB von 40 zuerkannt war, einen neuen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderte.
Die Beklagte beschloss, im Produktionsbereich ein Filoband und zwei Hauptpackbänder stillzulegen, die nicht produktiven Bereiche entsprechend anzupassen und die Stellen von 58 gewerblichen Arbeitnehmern und 9 Angestellten abzubauen. Daraufhin trat sie mit dem Betriebsrat in Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans ein, die zunächst ergebnislos verliefen. Auf der Sitzung der sodann angerufenen Einigungsstelle am 15.12.2008 trafen die Betriebspartner Vereinbarungen zur Sozialauswahl anhand eines Punkteschemas. Danach sollten u. a. Arbeitnehmergruppen nach Lohngruppen und Alter gebildet und Schwerbehinderte von der Kündigung generell ausgenommen werden. Über den Verlauf der Sitzung wurde ein Protokoll erstellt, bezüglich dessen Inhalt auf die Anlage B 5 (Bl. 89 f. d. A.) Bezug genommen wird. Am 17.12.2008 unterzeichneten Betriebsrat und Arbeitgeber einen Interessenausgleich mit Namensliste, auf der auch die Klägerin steht.
Nach Erteilung der Zustimmung durch die Bundesagentur für Arbeit zur Massenentlassung kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 18.12.2008, dieser zugegangen am 19.12.2008, fristgemäß zum 31.07.2009. Hiergegen reichte die Klägerin, vertreten durch einen Rechtssekretär der Streithelferin, am 09.01.2009 bei Gericht Klage ein und wies darauf hin, dass bei ihr ein Grad der Behinderung von 40 in der Vergangenheit festgestellt worden sei und sie zwischenzeitlich einen Neufeststellungsantrag gestellt habe, über den noch nicht bestandskräftig entschieden worden sei. Die Klage wurde der Beklagten, die von der Antragsstellung vorher nichts wusste, am 14.01.2009 zugestellt. Mit Bescheid vom 09.03.2009 erkannte das Landesamt für soziale Dienste der Klägerin mit Wirkung zum 24.11.2008 einen Grad der Behinderung von 50 zu (Kopie des Bescheids Bl. 33 d. A.).
Die Klägerin hat die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats zur Kündigung bestritten, ferner, dass dem Betriebsrat die Namensliste vorgelegen habe, die zum Gegenstand der Kündigung gemacht worden sei und dass Interessenausgleich und Namensliste eine Urkunde bildeten. Dazu hat sie vorgetragen, die Namensliste sei unstreitig erst am 17.12.2008 unterzeichnet worden. Damit könne eine Zusammenheftung von Interessenausgleich und Namensliste zwangsläufig erst nach Zustandekommen des Interessenausgleichs vorgenommen worden sein. Zudem liege die Bildung von Altersgruppen zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs nicht im berechtigten betrieblichen Interesse. Insoweit sei auch die soziale Auswahl nicht korrekt. Bei der Beklagten seien eine Vielzahl weiterer Arbeitnehmer, die die Klägerin auch im Einzelnen benenne, beschäftigt, die sozial weniger schutzwürdig seien. Im Übrigen sei sie als Schwerbehinderte von der Kündigung generell ausgenommen und es fehle die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung nach § 85 SGB IX. Jedenfalls sei die Schwerbehinderung bei der Interessenabwägung gemäß § 1 KSchG zu berücksichtigen.
Die Streithelferin hat ergänzend vorgetragen, die Mitteilung der Schwerbehinderteneigenschaft sei rechtzeitig erfolgt, nämlich innerhalb der bisher vom BAG angenommenen 4-Wochen-Frist. Im Übrigen sei die von der Beklagten vorgenommene Altersgruppenbildung unzulässig.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 18.12.2009 nicht beendet wird,
im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1., die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Maschinenfrau weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin könne sich auf ihre Eigenschaft als Schwerbehinderte nicht berufen, weil sie die Beklagte über ihren neuen Feststellungsantrag erst nach Ablauf der maßgeblichen Frist von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung informiert habe.
Der Betriebsrat sei im Rahmen der Einigungsstellensitzung am 15.12.2008 über die beabsichtigten Kündigungen ordnungsgemäß angehört worden (siehe Sitzungsprotokoll vom 15.12.2008, Bl. 89 f. d. A.). Der Betriebsratsvorsitzende habe die Zustimmung des Betriebsrats zu allen Kündigungen erklärt. Ebenfalls sei die Zustimmung zur Namensliste erklärt worden. Rein aus organisatorischen Gründen seien Interessenausgleich und Namensliste dann zwei Tage später unterzeichnet worden. Die Liste sei in der Zwischenzeit nicht verändert worden. Die Altersgruppenbildung sei zulässig. Die Klägerin sei in der Altersgruppe über 60 Jahre die jüngste mit der kürzesten Betriebszugehörigkeit. Die Schwerbehinderung habe im Rahmen der sozialen Auswahl nicht berücksichtigt werden können, da sie nicht bekannt gewesen sei.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, wie er in der ersten Instanz vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht Lübeck hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Kündigung sei nicht nach § 85 SGB IX wegen fehlender Zustimmung des Integrationsamts unwirksam. Dieser habe es nicht bedurft, da die Klägerin die Beklagte erst nach Ablauf der maßgeblichen Frist von 3 Wochen über ihre Schwerbehinderteneigenschaft informiert habe. Zudem sei die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt, die nach § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG zu vermuten seien, da ein wirksamer Interessenausgleich mit Namensliste zustande gekommen sei. Auch die soziale Auswahl sei gewahrt. In diesem Zusammenhang sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, die Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin zu berücksichtigen, da diese ihr nicht bekannt gewesen sei. Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats sei durch das Sitzungsprotokoll der Einigungsstelle vom 15.12.2008 und die dazu erfolgten Erörterungen nachgewiesen.
Die Klägerin hat einen Rechtsmittelverzicht erklärt. Die Streitverkündete hat gegen das ihr am 15.09.2009 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 03.09.2009 am 15.10.2009 Berufung eingelegt und am 16.09.2009 begründet.
Die Streitverkündete ist weiter der Auffassung, die Kündigung sei wegen fehlender Zustimmung des Integrationsamtes nach § 85 SGB IX unwirksam. Die Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin und der Verschlimmerungsantrag seien rechtzeitig mitgeteilt worden. Maßgeblich sei insoweit eine Mitteilungsfrist von 1 Monat, die gewahrt sei. Es gebe keine Pflicht, den Arbeitgeber innerhalb von 3 Wochen auf einen Neufeststellungsantrag hinzuweisen. Insbesondere läge noch keine gefestigte Rechtsprechung zur Länge der Mitteilungsfrist vor. Das Bundesarbeitsgericht habe die Entscheidung, welche Frist für solche Fälle gelte, in dem Urteil vom 11.12.2008 zum Aktenzeichen 2 AZR 395/07 ausdrücklich offen gelassen. Somit gelte weiter die bis dahin geltende Rechtsprechung, wonach ein Feststellungsantrag binnen 1 Monats nach Zustellung der Kündigung mitzuteilen sei. Diese Frist sei durch die Angabe in der Kündigungsschutzklage gewahrt. Zudem sei für die Fristwahrung nicht auf die Zustellung der Kündigungsschutzklage, sondern auf ihre Erhebung - also Eingang beim Arbeitsgericht - abzustellen.
Der Streitverkündete beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 03.09.2009, Az.: 1 Ca 77/09, abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 18.12.2008 nicht beendet worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiter der Auffassung, die Klägerin könne sich auf ihre Eigenschaft als Schwerbehinderte nicht berufen, weil die Information über den Neufeststellungsantrag erst nach Ablauf der maßgeblichen Frist von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erfolgt sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufung wird Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 08.04.2010.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Streitverkündeten ist statthaft nach § 64 Abs. 2 c) ArbGG. Sie ist frist - und formgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Insoweit folgt die Berufungskammer der überzeugenden rechtlichen Würdigung durch das Arbeitsgericht, das die Klage zu Recht abgewiesen hat. Die Kündigung vom 15.12.2008 ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zum 31.07.2009 beendet. Sie ist zu Recht aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der Grundsätze der sozialen Auswahl, nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats und Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG erfolgt. Die Kammer folgt insoweit vollumfänglich sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Der erstinstanzlichen Entscheidung ist entgegen den Angriffen der Berufungsfähren auch insoweit zu folgen, dass sich die Klägerin nicht auf den Sonderkündigungsschutz als Schwerbehinderte nach § 85 SGB IX berufen kann, da sie ihre Schwerbehinderteneigenschaft der Beklagten nicht rechtzeitig mitgeteilt hat.
Hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits einen Bescheid über seine Schwerbehinderteneigenschaft erhalten oder einen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter gestellt, der rückwirkend positiv beschieden wird, so steht ihm der Sonderkündigungsschutz nach §§ 85 ff SGB IX - abgesehen von den sich aus § 90 SGB IX ergebenden Ausnahmen - an sich auch dann zu, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Antragstellung nicht wusste. Allerdings gelten für die Verwirkung des Rechts des Arbeitnehmers, sich nachträglich auf eine Schwerbehinderung zu berufen und die Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung geltend zu machen, strenge Grundsätze. Danach ist der Arbeitnehmer, wenn er sich den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX a. F. erhalten will, gehalten, nach Zugang der Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist gegenüber dem Arbeitgeber seine bereits festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft geltend zu machen. Unterlässt der Arbeitnehmer diese Mitteilung, so hat er den besonderen Kündigungsschutz verwirkt. Die Verwirkung setzt jedoch voraus, dass der Arbeitgeber die Schwerbehinderung oder den Antrag nicht kennt und deshalb mit der Zustimmungspflichtigkeit der Kündigung nicht rechnen kann.
Die Beklagte hatte bei Ausspruch der Kündigung vom 18.12.2008 von einer Schwerbehinderung der Klägerin mit einem GdB von 50 keine Kenntnis. Diese wurde erst nach Zugang der Kündigung vom 15.12.2008 mit Bescheid des Landesamtes für soziale Dienste vom 09.03.2009 rückwirkend zum 24.11.2008 festgestellt. Die Beklagte hatte vor dem 13.01.2009 keine Kenntnis von der Antragsstellung vom 24.11.2008. Diese Kenntnis hat die Beklagte erst am 14.01.2009 erhalten, als ihr die Kündigungsschutzklage mit dem Hinweis auf den Neuantrag zugestellt wurde. In der vorgerichtlichen Korrespondenz war auf diesen Umstand von dem damaligen Bevollmächtigten, dem Rechtssekretär des Streithelfers, unstreitig nicht hingewiesen worden. Diese Kenntnisnahme durch die Beklagte liegt somit 3 Wochen und 5 Tage nach Zugang der Kündigung am 19.12.2008. Ob zu diesem Zeitpunkt bereits das Recht der Klägerin, sich auf die Schwerbehinderung zu berufen, verwirkt war, hängt davon ab, wie lang die Frist für die nachträgliche Mitteilung einer Schwerbehinderung oder einer entsprechenden Antragstellung ist.
Wie lang die „angemessene“ Frist für die Mitteilung der Schwerbehinderung oder einer Antragstellung nach Zugang einer Kündigung ist, wurde auch in der Rechtsprechung unterschiedlich angesehen. Unter der Geltung des § 85 SGB IX a. F. war das Bundesarbeitsgericht der Auffassung, dass die angemessene Frist einen Monat beträgt. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 11.12.2008 zum Aktenzeichen 2 AZR 395/07 ausdrücklich aufgegeben (siehe Ziffer I 2. a) der Entscheidungsgründe) und ist nunmehr der Auffassung, dass die „angemessene Frist“ drei Wochen beträgt. Dieser Auffassung schließt sich die erkennende Kammer an. Nachdem die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG im Jahr 2004 auf die Geltendmachung aller Wirksamkeitsmängel der Kündigung erstreckt worden ist, gilt diese Frist entsprechend jetzt auch für die Mitteilung der Schwerbehinderung an den Arbeitgeber. Ansonsten käme es zu einem Wertungswiderspruch: Nach § 4 KSchG muss der Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung Klage erheben, wenn er die Unwirksamkeit der Kündigung wegen seiner Schwerbehinderung geltend machen will; anderenfalls ist die Kündigung nach §§ 4, 7 KSchG wirksam. Ein Arbeitnehmer, der dem Arbeitgeber einen Monat nach Zugang der Kündigung seine Schwerbehinderung mitteilt und zugleich Klage erhebt, hätte zwar die Monatsfrist eingehalten; die Kündigung wäre aber trotzdem wegen Versäumung der Frist des § 4 KSchG wirksam. Um diesen Wertungswiderspruch aufzuheben, ist die Frist für die Mitteilung der Schwerbehinderung auf drei Wochen zu kürzen.
Diese 3-Wochen-Frist gilt nicht nur für die Mitteilung über eine festgestellte Schwerbehinderung. Die erkennende Kammer ist der Auffassung dass dieselbe Frist aus denselben Gründen - Wertungswiderspruch zwischen Klagefrist und Mitteilungsfrist - auch für die Mitteilung eines Neuantrags auf Feststellung einer Schwerbehinderung gilt. Ansonsten würden diejenigen, die eine anerkannte Schwerbehinderung haben, schlechter stehen als die Arbeitnehmer, die „nur“ einen Antrag gestellt haben und bei denen die Feststellung einer Schwerbehinderung erst sehr viel später getroffen wird.
Die danach maßgebliche 3-Wochen-Frist hat die Klägerin nicht eingehalten. Die Beklagte hat erst durch die Zustellung der Kündigungsschutzklage am 14.01.2009 von dem Neuantrag erfahren. Dabei ist es unerheblich, dass die Kündigungsschutzklage innerhalb der 3-Wochen-Frist erhoben wurde. Es ist entgegen der Ansicht des Streithelfers nicht auf den Eingang der Kündigungsschutzklage am 09.01.2009, also innerhalb der 3-Wochen-Frist, sondern auf die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Arbeitgeber durch Zugang der Klage am 14.01.2009 abzustellen. Bei der Mitteilung der Schwerbehinderung geht es darum, sich den Sonderkündigungsschutz zu bewahren - also um den Erhalt einer Rechtsposition. Eine ähnliche Situation besteht bei der Annahme eines Änderungsangebots unter Vorbehalt bei einer Änderungskündigung nach § 2 KSchG. Auch dort wird eine Rechtsposition im weitesten Sinne - Erhalt des Arbeitsverhältnisses zu den alten Bedingungen- durch die Vorbehaltserklärung bewahrt. Bei der Änderungskündigung wird zur Fristwahrung der Eingang der Vorbehaltserklärung nach § 2 KSchG beim Arbeitgeber verlangt. Obwohl hier das Gesetz ausdrücklich zwei parallele Verhaltensweisen des Arbeitnehmers verlangt - Vorbehaltserklärung und Erhebung der Kündigungsschutzklage - reicht hier die Klageerhebung zur Fristwahrung nicht aus. Diese muss dann auch für den Fall gelten, dass ein Recht aus Verwirkungsgründen binnen der gleichen Frist von 3 Wochen geltend zu machen ist.
Eine Mitteilung vor Erhebung der Kündigungsschutzklage über den Neuantrag vom 24.11.2008 ist in der vorgerichtlichen Korrespondenz unterblieben. Insoweit muss die Klägerin sich das Handeln der Streithelferin zurechnen lassen. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten an einer verspäteten Mitteilung einer Schwerbehinderung oder Klageerhebung steht einer verschuldeten Fristversäumnis des Arbeitnehmers unter Anwendung des § 85 Abs. 2 ZPO gleich. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei dem Prozessbevollmächtigten um einen Rechtsanwalt oder um einen Gewerkschaftssekretär handelt. Der Rechtssekretär der Streithelferin hat die Beklagte in der vorgerichtlichen Korrespondenz vor Klageerhebung nicht auf die Antragstellung vom 24.11.2008 hingewiesen.
Die Klägerin und ihre Prozessbevollmächtigten konnten auch nicht darauf vertrauen, dass für die Mitteilung ihrer Antragsstellung weiterhin die bisher von der Rechtsprechung angewandte Frist von einem Monat gelten würde. Zwar ist der Rechtsprechungswechsel erst am 11.12.2008, also sehr kurz vor Zugang der streitgegenständlichen Kündigung am 19.12.2008 erfolgt. Dieser Rechtsprechungswechsel war aber zuvor bereits im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.01.2006 zum Aktenzeichen 2 AZR 539/05 angekündigt worden. In diesem Urteil hat das Bundesarbeitsgericht sowohl im 4. Orientierungssatz als auch unter Ziffer III der Entscheidungsgründe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass erwogen werde, ob aufgrund der Neufassung des SGB IX und des § 4 KSchG für künftige Fälle an der Monatsfrist festzuhalten sei oder vielmehr in Zukunft von einer Regelfrist von drei Wochen auszugehen sei, innerhalb derer der Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung dem Arbeitgeber seine Schwerbehinderung oder den entsprechenden Feststellungsantrag mitteilen müsse. Diese Rechtsprechung erfolgte fast ein Jahr vor Zugang der streitgegenständlichen Kündigung, so dass die Klägerseite ausreichend Zeit hatte, sich auf den Rechtsprechungswechsel einzustellen und die kürzere Frist von drei Wochen vorsorglich zu wahren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Ziffer 1. ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Während das Bundesarbeitsgericht in dem Urteil vom 11.12.2008 zum Aktenzeichen 2 AZR 395/97 zur Länge der Mitteilungsfrist bei einer bereits durch Bescheid anerkannten Schwerbehinderung erkannt hat, geht es nunmehr um die Mitteilungsfrist für einen Neuantrag, der bei Zugang der Kündigung und innerhalb der so festgelegten Mitteilungsfrist noch nicht beschieden war. Zudem geht es um die bisher noch nicht entschiedene Frage, ob die fristgerechte Erhebung der Kündigungsschutzklage zur Fristwahrung ausreicht.
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Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er
- 1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer, - 2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer, - 3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über
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die Gründe für die geplanten Entlassungen, - 2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, - 3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, - 4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, - 5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer, - 6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.
(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.
(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.
(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht
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in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, - 2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen, - 3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.
Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.
(1) Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht, und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Die Leistung soll sie befähigen, ihre Lebensplanung und -führung möglichst selbstbestimmt und eigenverantwortlich wahrnehmen zu können.
(2) Besondere Aufgabe der medizinischen Rehabilitation ist es, eine Beeinträchtigung nach § 99 Absatz 1 abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder die Leistungsberechtigten soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen.
(3) Besondere Aufgabe der Teilhabe am Arbeitsleben ist es, die Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer der Eignung und Neigung der Leistungsberechtigten entsprechenden Beschäftigung sowie die Weiterentwicklung ihrer Leistungsfähigkeit und Persönlichkeit zu fördern.
(4) Besondere Aufgabe der Teilhabe an Bildung ist es, Leistungsberechtigten eine ihren Fähigkeiten und Leistungen entsprechende Schulbildung und schulische und hochschulische Aus- und Weiterbildung für einen Beruf zur Förderung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen.
(5) Besondere Aufgabe der Sozialen Teilhabe ist es, die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern.
Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.
Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)