Kitaplatzklage: Zur Geltendmachung des Anspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz

published on 18/06/2013 11:38
Kitaplatzklage: Zur Geltendmachung des Anspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz
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Anspruch eines Kindes auf einen Platz in einer Kindertagesstätte ist gegenüber dem Landkreis als dem örtlichen Träger der Jugendhilfe geltend zu machen.
Das OVG Lüneburg hat mit dem Beschluss vom 22.12.2008 (Az: 4 ME 326/08) folgendes entschieden:

Der Anspruch eines Kindes auf einen Platz in einer Kindertagesstätte ist gegenüber dem Landkreis als dem örtlichen Träger der Jugendhilfe und nicht gegenüber der Gemeinde geltend zu machen, die aufgrund einer Vereinbarung mit dem Landkreis Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe wahrnimmt.

Zur Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts bei dem Besuch einer Kindertagesstätte.

Der Anspruch eines Kindes auf einen Platz in einer Kindertagesstätte ist gegenüber dem Landkreis als dem örtlichen Träger der Jugendhilfe und nicht gegenüber der Gemeinde geltend zu machen, die aufgrund einer Vereinbarung mit dem Landkreis Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe wahrnimmt.

Zur Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts bei dem Besuch einer Kindertagesstätte.


Gründe

Die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Denn das Verwaltungsgericht hat die Antragsgegnerin zu 1. zu Unrecht im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin eine Bescheinigung über die Übernahme der Ausgleichszahlung für ihre Betreuung in der Kindertagesstätte A. der Beigeladenen auszustellen. Die Antragsgegnerin zu 1. ist für den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf einen Kindergartenplatz in der Kindertagesstätte A. der Beigeladenen nicht passiv legitimiert. Dieser Anspruch richtet sich vielmehr gegen den Antragsgegner zu 2..

Dabei ist zunächst klarzustellen, dass der Antrag der Antragstellerin, wie sich aus dem Schriftsatz vom 3. September 2008 ergibt, darauf gerichtet ist, ihr durch einstweilige Anordnung einen Platz in der Kindertagesstätte A. der Beigeladenen zuzuweisen.

Die Antragsgegnerin zu 1. ist für den Anspruch auf Besuch einer Kindertagesstätte nicht passiv legitimiert, weil sie nicht örtliche Trägerin der Jugendhilfe ist.

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder - KiTaG - hat jedes Kind nach Maßgabe des § 24 SGB VIII und damit vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt einen Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens. Nach § 12 Abs. 1 Satz 3 KiTaG ist der Anspruch gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe geltend zu machen, in dessen Gebiet sich das Kind nach Maßgabe des § 86 SGB VIII gewöhnlich aufhält. Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind nach § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII die Kreise und die kreisfreien Städte. § 69 Abs. 5 SGB VIII eröffnet zudem dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit, kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände zur Durchführung von Aufgaben der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und zur Tagespflege heranzuziehen, wovon in Niedersachsen bisher allerdings kein Gebrauch gemacht worden ist. Weiterhin können nach § 69 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände, die nicht örtliche Träger sind, für den örtlichen Bereich Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen, wobei gemäß § 69 Abs. 6 Satz 4 SGB VIII Landesrecht das Nähere regeln kann. Hierzu bestimmt § 13 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes - AG KJHG -, dass Gemeinden, die nicht örtliche Träger nach § 1 Abs. 2 AG KJHG sind, im Einvernehmen mit dem örtlichen Träger Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe wahrnehmen können. Dabei obliegt dem örtlichen Träger die Gesamtverantwortung für die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe einschließlich der Verantwortung für die Planung auch insoweit, als die Gemeinden Aufgaben nach § 13 Abs. 1 AG KJHG wahrnehmen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 AG KJHG).

Auf der Grundlage dieser Vorschriften hat der Antragsgegner zu 2. als örtlicher Träger der Jugendhilfe mit der Antragsgegnerin zu 1., der Beigeladenen und anderen Städten und Gemeinden eine Vereinbarung über die Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der öffentlichen Jugendhilfe - Kinderbetreuung - geschlossen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 dieser Vereinbarung übernehmen die Gemeinden Aufgaben der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen nach dem Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) und nach dem Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG). In § 1 Abs. 2 der Vereinbarung ist festgelegt, dass dem Antragsgegner zu 2. als örtlichem Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Gesamtverantwortung für die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe einschließlich der Verantwortung für die Planung auch insoweit obliegt, als die Gemeinden örtliche Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe wahrnehmen. §§ 3 und 4 der Vereinbarung sehen ein Verfahren zur Aufnahme von Kindern in Kindertagesstätten außerhalb der Gemeinde ihres Wohnsitzes vor.

Durch diese Vereinbarung wird lediglich die verwaltungsmäßige Abwicklung der Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe geregelt. Damit ist jedoch keine Verlagerung von Kompetenzen (Delegation) in dem Sinne verbunden, dass nunmehr die Antragsgegnerin zu 1. als örtliche Trägerin der Jugendhilfe handelt und der Anspruch auf einen Kindergartenplatz ihr gegenüber geltend zu machen ist. Eine solche Kompetenzverlagerung wäre auch mit § 13 Abs. 1 und 3 AG KJHG und § 69 Abs. 6 SGB VIII nicht vereinbar. Aus diesen Regelungen geht eindeutig hervor, dass nur eine Beteiligung der Gemeinden an der verwaltungsmäßigen Durchführung der dem Landkreis obliegenden Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe ermöglicht werden soll, während die Gesamtverantwortung für die Erfüllung der Aufgaben und damit auch die Zuständigkeit beim Landkreis als örtlichem Träger der Jugendhilfe verbleibt. Gegner eines Anspruchs auf einen Kindergartenplatz ist daher der Landkreis als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe und nicht die kreisangehörige Gemeinde.

Da sich somit der Anspruch der Antragstellerin auf einen Kindergartenplatz nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KiTaG i. V. m. § 24 SGB VIII nicht gegen die Antragsgegnerin zu 1., sondern gegen den Antragsgegner zu 2. richtet, ist die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts begründet.

Die Antragstellerin hat ihr Begehren hilfsweise auch gegenüber dem Antragsgegner zu 2. geltend gemacht. Insofern hat ihr Antrag Erfolg.

Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass sowohl der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderliche Anordnungsanspruch als auch der ebenfalls notwendige Anordnungsgrund vorliegen.

Die Antragstellerin kann von dem Antragsgegner zu 2. nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KiTaG i. V. m. § 24 SGB VIII verlangen, dass dieser die notwendigen Maßnahmen ergreift, um sicherzustellen, dass für sie vorläufig ein Kindergartenplatz in der Kindertagesstätte A. der Beigeladenen zur Verfügung gestellt wird. Denn der Anspruch der Antragstellerin auf den Besuch eines Kindergartens ist nicht bereits dadurch erfüllt, dass ihr von der Antragsgegnerin zu 1. ein Platz in der von dieser betriebenen Kindertagesstätte B. zur Verfügung gestellt worden ist. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII haben die Leistungsberechtigten das Recht, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern. Der Wahl und den Wünschen soll nach § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII entsprochen werden, sofern dies nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Dieses Wunsch- und Wahlrecht führt hier dazu, dass die Antragstellerin einen Platz in der Kindertagesstätte A. der Beigeladenen beanspruchen kann.

Die Eltern der Antragstellerin haben nachvollziehbar dargelegt, dass die Kindertagesstätte A. der Beigeladenen mit einer Entfernung von 5,6 km näher an ihrem Wohnsitz liegt als die 8,4 km entfernte, von der Antragsgegnerin zu 1. betriebene Kindertagesstätte B., sie die Kindertagesstätte A. von zuhause bzw. auf dem Weg zu ihren Arbeitsstätten in Wolfsburg und Braunschweig schneller erreichen können, in A. sich die für sie nächstgelegenen Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte, Apotheke usw. befinden, Kinder aus den nahe gelegenen Orten C. und D. ebenfalls diese Kindertagesstätte besuchen, so dass die Pflege von Freundschaften erleichtert wird, und C. und D. zudem über Radwege gut mit dem Fahrrad erreichbar sind. Da der Anspruch auf einen Kindergartenplatz nach § 12 Abs. 1 Satz 4 KiTaG möglichst ortsnah zu erfüllen ist, das Wunsch- und Wahlrecht auch die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung erleichtern soll und zudem Kontakte in der Familie und dem sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden sollen (vgl. § 80 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII), liegen berechtigte Gründe für die Wahl der Kindertagesstätte A. durch die Antragstellerin vor. Folglich ist dem Wunsch zu entsprechen.

Der Ausübung des Wahlrechts stehen schließlich auch keine unverhältnismäßigen Mehrkosten entgegen. Beide Kindertagesstätten werden von öffentlichen Trägern betrieben und von dem Antragsgegner zu 2. durch pauschalierte Betriebskostenzuschüsse gefördert. Außerdem sieht § 4 Abs. 3 der Vereinbarung zwischen dem Antragsgegner zu 2. und den Städten und Gemeinden vor, dass die Gemeinde, die der Inanspruchnahme eines Platzes in einer Kindertagesstätte außerhalb des Wohnsitzes der Personensorgeberechtigten zugestimmt hat, an die für die in Anspruch genommene Einrichtung zuständige Gemeinde einen pauschalierten Betrag entsprechend der der Vereinbarung beigefügten Tabelle leistet. Durch diese Bestimmung, die auf der Regelung des § 69 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII beruht, wird sichergestellt, dass die Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts durch einen Finanzausgleich zwischen den Gemeinden bei der Aufnahme gemeindefremder Kinder flankiert wird. Da davon auszugehen ist, dass die Antragsgegnerin zu 1. an die Beigeladene einen Pauschalbetrag zum Ausgleich der Betriebskostenzuschüsse zu zahlen hat, entstehen keine unverhältnismäßigen Mehrkosten.

Da der Antragstellerin nicht zuzumuten ist, den Ausgang des Klageverfahrens abzuwarten, ist auch der erforderliche Anordnungsgrund zu bejahen.

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

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(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden durch Landesrecht bestimmt.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Buch errichtet jeder örtliche Träger ein Jugendamt, jeder überörtliche Träger ein Landesjugendamt.

(4) Mehrere örtliche Träger und mehrere überörtliche Träger können, auch wenn sie verschiedenen Ländern angehören, zur Durchführung einzelner Aufgaben gemeinsame Einrichtungen und Dienste errichten.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Die Leistungsberechtigten haben das Recht, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern. Sie sind auf dieses Recht hinzuweisen.

(2) Der Wahl und den Wünschen soll entsprochen werden, sofern dies nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Wünscht der Leistungsberechtigte die Erbringung einer in § 78a genannten Leistung in einer Einrichtung, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach § 78b bestehen, so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung der Leistung in dieser Einrichtung im Einzelfall oder nach Maßgabe des Hilfeplans (§ 36) geboten ist.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben im Rahmen ihrer Planungsverantwortung

1.
den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,
2.
den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Erziehungsberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und
3.
die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann.

(2) Einrichtungen und Dienste sollen so geplant werden, dass insbesondere

1.
Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können,
2.
ein möglichst wirksames, vielfältiges, inklusives und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet ist,
3.
ein dem nach Absatz 1 Nummer 2 ermittelten Bedarf entsprechendes Zusammenwirken der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien sichergestellt ist,
4.
junge Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte junge Menschen mit jungen Menschen ohne Behinderung gemeinsam unter Berücksichtigung spezifischer Bedarfslagen gefördert werden können,
5.
junge Menschen und Familien in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders gefördert werden,
6.
Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können.

(3) Die Planung insbesondere von Diensten zur Gewährung niedrigschwelliger ambulanter Hilfen nach Maßgabe von § 36a Absatz 2 umfasst auch Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung.

(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in allen Phasen ihrer Planung frühzeitig zu beteiligen. Zu diesem Zwecke sind sie vom Jugendhilfeausschuss, soweit sie überörtlich tätig sind, im Rahmen der Jugendhilfeplanung des überörtlichen Trägers vom Landesjugendhilfeausschuss zu hören. Das Nähere regelt das Landesrecht.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen darauf hinwirken, dass die Jugendhilfeplanung und andere örtliche und überörtliche Planungen aufeinander abgestimmt werden und die Planungen insgesamt den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen und ihrer Familien Rechnung tragen.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden durch Landesrecht bestimmt.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Buch errichtet jeder örtliche Träger ein Jugendamt, jeder überörtliche Träger ein Landesjugendamt.

(4) Mehrere örtliche Träger und mehrere überörtliche Träger können, auch wenn sie verschiedenen Ländern angehören, zur Durchführung einzelner Aufgaben gemeinsame Einrichtungen und Dienste errichten.