Kindesunterhalt: Brillengläser sind im Tabellenunterhalt minderjähriger Kinder nicht enthalten
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Diese für die Praxis wichtige Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass ein entsprechender Bedarf nur bei einer besonderen gesundheitlichen Beeinträchtigung entstehe. Kosten für Brillen und Kontaktlinsen würden dagegen typischerweise nicht bei jedem minderjährigen Kind entstehen. Im Ergebnis könne das Kind vom Unterhaltsverpflichteten daher neben der normalen Unterhaltszahlung weitere finanzielle Unterstützung fordern. Im vorliegenden Fall wurden bereits in der Zeit des intakten Familienlebens für die starke Fehlsichtigkeit des Kindes höhere Geldbeträge aufgewendet. Die Richter verurteilten den Unterhaltspflichtigen daher dazu, einen weiteren, nicht im Tabellenunterhalt enthaltenen Bedarf von monatlich 25 EUR zu zahlen. Dies sei nach ihrer Ansicht auch wegen der allgemeinen Preissteigerung sowie der gerade im Gesundheitswesen absehbaren Tendenz hin zu einer höheren Kostenbeteiligung der Patienten angemessen (OLG Brandenburg, 9 UF 70/11).
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:
OLG Brandenburg: Schlussurteil vom 24.11.2011 - Az: 9 UF 70/11
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 15. Februar 2011 - Az. 33 F 244/09 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird unter Abänderung der Jugendamtsurkunde des Bezirksamtes ... von B. vom 18. April 2008 - Urk.Reg.Nr. .../2008 - verpflichtet, für das minderjährige Kind H. K., geboren am ... März 1996, ab Dezember 2011 zu Händen der Kindesmutter jeweils monatlich im Voraus zum Ersten eines jeden Monats Kindesunterhalt in Höhe von 160% des jeweiligen Mindestunterhalts der dritten Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes (derzeit 590,00 EUR) zuzüglich 25,00 EUR zu zahlen.
Der Antragsgegner wird weiter verpflichtet, für den Zeitraum November 2009 bis einschließlich November 2011 rückständigen Kindesunterhalt in Höhe von insgesamt 655,00 EUR zu zahlen.
Der weitergehende Antrag und die weitergehende Beschwerde werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden der Antragstellerin auferlegt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin zu 80% und der Antragsgegner zu 20% zu tragen.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Der Beschwerdewert wird auf 3.516 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten sind die getrennt lebenden, aber noch nicht geschiedenen Eltern des am ... November 1991 geborenen P. K. und des am ... März 1996 geborenen H. K., die im Haushalt der Antragstellerin leben.
Der Antragsgegner, der zwei weiteren nachgeborenen minderjährigen Kindern unterhaltsverpflichtet ist, verfügt über ein durchschnittliches monatliches bereinigtes Nettoeinkommen, das jedenfalls oberhalb des in der Einkommensgruppe 10 der Unterhaltstabellen ausgewiesenen Betrages anzusiedeln ist. Er hat zunächst monatlich 507 EUR und - bezogen auf H. - seit Januar 2010 monatlich 590 EUR an Kindesunterhalt gezahlt.
Mit der Behauptung eines Unterhaltsanspruchs der beiden gemeinsamen Kinder nach konkretem und Sonder-Bedarf hat die Antragstellerin mit der im November 2009 eingegangenen Antragsschrift vom Antragsgegner die Zahlung laufenden monatlichen Kindesunterhalts von 800 EUR für jedes der beiden Kinder begehrt. Angeführt wird ein Urlaubsbedarf von 150 EUR monatlich, ein monatlicher Bedarf von je 50 EUR für Brillen und Kontaktlinsen der extrem fehlsichtigen Kinder sowie für Schulfahrten und ferner für sportliche Aktivitäten.
Der Antragsgegner hat den Antrag in Bezug auf den volljährigen Sohn P. schon für unzulässig gehalten. Im Übrigen hat der Antragsgegner darauf verwiesen, dass er - unstreitig einseitig - am 18. April 2008 zu den Beurk-Reg.-Nrn. 1122/2008 (P.) und 1123/2008 (H.) des Jugendamtes des Bezirksamtes ... von B. einen - auf die jeweilige Volljährigkeit des Kindes befristeten - Unterhaltstitel über jeweils 507,00 EUR geschaffen habe und deshalb das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Ferner meint er, dass auch minderjährige Kinder nicht uneingeschränkt am gehobenen Lebensbedarf der Eltern teilnähmen. Jedenfalls müsse ein konkreter Bedarf auch konkret dargelegt werden, woran es vorliegend fehle. Er verweist ferner darauf, dass er bereits verschiedene Reisen der Kinder und auch Sportartikel gesondert finanziert habe. Die Kosten für Klassenfahrten seien aus dem laufenden Unterhalt aufzubringen. Ein besonderer Bedarf an Brillen o. ä. bestehe tatsächlich nicht. Ferner betont der Antragsgegner, dass die Kinder letztlich etwa ein Drittel ihrer Zeit bereits im väterlichen Haushalt verbringen würden. Schließlich sei der Wohnbedarf der Kinder - mindestens teilweise - durch das unentgeltliche Wohnen im - im hälftigen Miteigentum beider Beteiligten stehenden - Hausgrundstück gedeckt.
Mit - im Termin am selben Tage überreichten - Schriftsatz vom 25. Januar 2011 hat die Antragstellerin ihr Begehren auf den noch minderjährigen H. beschränkt und insoweit die Zahlung eines Unterhaltsrückstands von 3.316 EUR für die Zeit von November 2009 bis einschließlich Januar 2010 (gemeint ist wohl 2011) sowie - in Abänderung der Jugendamtsurkunde - ab Februar 2011 die Zahlung laufenden monatlichen Kindesunterhalts von 800 EUR begehrt. Bei einem monatlichen Nettoeinkommen des Antragsgegners von mindestens 16.000 EUR stehe dem minderjährigen Sohn ein monatlicher Unterhalt von mindestens 800 EUR zu. Sie ergänzt und vertieft hierzu ihr Vorbringen zu den üblichen Urlaubsreisen, den besonderen Kosten für die Brille und den ausgeübten Sport des minderjährigen H.. Sie tritt dem Vorbringen des Antragsgegners zu seinen Investitionen und zur Deckung des Wohnbedarfs entgegen. Ferner führt sie die zwischenzeitliche Notwendigkeit einer Lerntherapie für den Jungen an, für die monatlich 240 EUR aufzubringen seien.
Mit Beschluss vom 15. Februar 2011 hat das Amtsgericht die Klage (Anträge) abgewiesen, weil die Antragstellerin auch nach Hinweisen auf die Unzulänglichkeit des Vorbringens nicht bewiesen habe, worin der erhöhte Bedarf der Kinder bestehe und welche Mittel zur Deckung desselben erforderlich seien.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrem zulässigen Rechtsmittel, mit dem sie ihr erstinstanzliches Ziel in vollem Umfange weiter verfolgt. Das Gericht habe verkannt, dass es gar nicht um Mehrbedarf, sondern um den allgemeinen aus der Lebensstellung des Antragsgegners abgeleiteten Unterhaltsbedarf von H. gehe. Im Übrigen wiederholt, vertieft und ergänzt sie ihr Vorbringen aus erster Instanz. Hilfsweise beantragt die Antragstellerin (sinngemäß), den Antragsgegner in Abänderung der bestehenden Jugendamtsurkunde vom 18. April 2008 zur Zahlung von 160% des jeweiligen Mindestunterhalts der dritten Altersstufe zu verpflichten.
Der Antragsgegner verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung und bestreitet den - allerdings weiterhin für unsubstantiiert erachteten - Vortrag der Antragstellerin. Den Hilfsantrag der Antragstellerin hat der Antragsgegner jedoch im Termin am 20. Oktober 2011 ausdrücklich anerkannt.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64, 117 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 520 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel nur in geringem Umfang Erfolg.
Der Abänderungsantrag ist nach § 239 Abs. 1 Satz 2 FamFG in Bezug auf die hier für H. unter dem 18. April 2008 - einseitig - errichtete vollstreckbare Jugendamtsurkunde zulässig, nachdem die Antragstellerin geltend macht, der Antragsgegner schulde H. die Befriedigung eines gesondert ermittelten konkreten Unterhaltsbedarfs mit der Begründung, der Antragsgegner verfüge über ein überdurchschnittlich hohes Einkommen.
Unstreitig ist, dass der Antragsgegner über ein unterhaltsrechtlich relevantes bereinigtes Nettoeinkommen verfügt, das den in der Einkommensgruppe 10 der Unterhaltstabellen ausgewiesenen Betrag von bis zu 5.100 EUR übersteigt.
Mit Rücksicht darauf hat der Antragsgegner auch - auf einen entsprechenden Hilfsantrag der Antragstellerin - im Termin am 20. Oktober 2010 ein (Teil-)Anerkenntnis dahin abgegeben, dass er für H. Kindesunterhalt in Höhe von 160% des jeweiligen Mindestunterhalts der dritten Altersstufe zu zahlen verpflichtet ist, wobei sich dies ersichtlich auf den Streitzeitraum seit November 2009 bezieht und - insoweit der gesetzlichen Vorgabe aus § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BGB folgend - mit der Maßgabe der Anrechnung hälftigen Kindergeldes zu versehen ist. Der so bezifferte (dynamisierte) Unterhaltsbedarf stellt sich folglich als Mindestanspruch des H. dar, den abzudecken der Antragsgegner jedenfalls bereit und in der Lage ist.
Für den hier streitigen Zeitraum seit November 2009 und die absehbare Zukunft allerdings ist festzustellen, dass der - konkrete - Unterhaltsbedarf von H. oberhalb dieses Tabellenhöchstsatzes liegt, wenn auch nur geringfügig.
Gemäß § 1610 BGB bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts allerdings nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Die Lebensstellung minderjähriger Kinder richtet sich - angesichts der wirtschaftlichen Unselbstständigkeit derselben - nach der Lebensstellung ihrer Eltern. Für den Unterhalt von Kindern getrennt lebender oder geschiedener Eltern sind die Einkommensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils maßgebend. Bei der Bemessung des in diesem Sinne angemessenen Unterhalts entspricht es einer höchstrichterlich gebilligten Praxis, sich an Tabellensätzen zu orientieren, weil diese Richtsätze als Erfahrungswerte verstanden werden können, die den Lebensbedarf des Kindes - ausgerichtet an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern und dem Alter des Kindes - auf der Grundlage durchschnittlicher Lebenshaltungskosten typisieren, um so eine möglichst gleichmäßige Behandlung vergleichbarer Lebenssachverhalte zu erreichen. Die in den Tabellen ausgewiesenen Einkommensgruppen sind allerdings nach oben begrenzt. Die vormals umstrittene Frage, wie in Fällen, in denen das maßgebende Elterneinkommen diesen Höchstsatz übersteigt, der Unterhaltsbedarf des Kindes zu ermitteln ist, hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13. Oktober 1999 (Az. XII ZR 16/98) dahin beantwortet, dass jenseits der Pauschalisierungsgrenze der Tabellenwerke eine Fortschreibung der als Erfahrungswerte verstandenen Richtsätze im Einzelfall nicht sachgerecht erscheine. Vielmehr bleibt es danach dabei, dass bei derart guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf darlegen und beweisen muss, wobei allerdings die Anforderungen insoweit nicht überspannt werden dürfen. Insbesondere kann dem Unterhaltsberechtigten nicht angesonnen werden - so der BGH weiter -, seine gesamten - auch elementaren - Aufwendungen in allen Einzelheiten spezifiziert darzulegen. Er wird sich vielmehr regelmäßig darauf beschränken dürfen, besondere oder besonders kostenintensive Bedürfnisse zu belegen und darzutun, welche Mittel zu deren Deckung notwendig sind. Das Gericht, das einen derartig erhöhten Bedarf zu beurteilen hat, ist nicht gehindert, den zur Deckung erforderlichen Betrag unter Heranziehung des Mehrbetrages zu berechnen, der sich aus der Gegenüberstellung solcher besonderer Bedürfnisse mit bereits von den Richtsätzen/Tabellenwerten erfassten Grundbedürfnissen ergibt und den geschuldeten Unterhalt unter Zuhilfenahme allgemeinen Erfahrungswissens nach Maßgabe des § 287 ZPO zu bestimmen. An dieser Rechtsprechung hat der BGH mit weiterem Urteil vom 11. April 2001 (Az. XII ZR 152/99) ausdrücklich festgehalten. Auch bei höherem Elterneinkommen müsse sichergestellt bleiben, dass Kinder in einer ihrem Lebensalter entsprechenden Weise an einer Lebensführung teilhaben, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern Rechnung trägt. Welche Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten auf dieser Grundlage zu befriedigen sind und welche Wünsche demgegenüber als bloße Teilhabe am Luxus nicht erfüllt werden müssen, kann nicht allgemein gesagt, sondern nur unter Würdigung der besonderen Verhältnisse des Betroffenen - namentlich auch einer Gewöhnung des Unterhaltsberechtigten an einen von seinen Eltern während des Zusammenlebens gepflegten aufwändigen Lebensstil - festgestellt werden. Diese Gesamtumstände und Bedürfnisse müssen nach Maßgabe der vorstehend angeführten Grundsätze vom Unterhaltsberechtigten näher dargelegt werden. Dies gilt umso mehr im hier vorliegenden Fall, in dem der Antragsgegner durchaus nicht unberechtigt die Sorge hegt, dass aus dem Kindesunterhalt auch der Lebensbedarf der Antragstellerin selbst (teilweise) gedeckt werden soll, nachdem die Antragstellerin im Dezember 2009 eidesstattlich versichert hat, „zurzeit mit den Kindern vom Barunterhalt des Vaters sowie vom Kindergeld zu leben“ (Bl. 125 GA), mit Schreiben vom 9. Juni 2010 eingehend eine mindestens als prekär zu bezeichnende eigene finanzielle Situation geschildert (Bl. 32 GA) und noch mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2011 unter Vorlage über Jahre negative Betriebsergebnisse ausweisender Gewinn- und Verlustrechnungen ausgeführt hat, sie könne selbst keinen Beitrag zu einem etwaigen Sonder- oder Mehrbedarf des Sohnes leisten.
H. war im Zeitpunkt der Trennung der Eltern knapp 10 Jahre alt, also kein Kleinkind mehr, und kann deshalb an einem aufwändigeren familiären Lebensstil aufgrund besonders guter wirtschaftlicher Verhältnisse durchaus bewusst teilgenommen haben, so dass im Grundsatz die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass dieser - gewohnte - Lebensstil ihm als angemessener Bedarf erhalten bleiben muss. Bei den Anforderungen an die Darlegung eines solchen mit Blick auf eine weitergehende Leistungsfähigkeit des Verpflichteten beanspruchten besonderen Unterhalts(mehr)bedarfs darf allerdings nicht übersehen werden, dass mit dem höchsten Tabellenbetrag schon eine reichlich bemessene Befriedigung des allgemeinen Bedarfs besteht, es also um einen noch darüber hinausgehenden besonders hohen Unterhaltsbedarf geht, der einer entsprechend dezidierten Begründung bedarf.
Gemessen an diesen Grundsätzen kann ein konkreter - im Tabellenunterhalt nicht abgebildeter - besonderer Bedarf des H. nur in Höhe von 25,00 EUR, und zwar wegen des im Zusammenhang mit seiner Fehlsichtigkeit stehenden besonderen Aufwandes, monatlich festgestellt werden.
Nach den hier von der Antragstellerin vorgelegten Rechnungen über die für H. infolge seiner starken Fehlsichtigkeit zur Zeit intakten Familienlebens aufgebrachten Eigenanteile für die Anschaffung von (Brillen-)Gläsern ist festzustellen, dass in den sechs Jahren von 2002 bis 2007 insgesamt Kosten von 1.513,93 EUR, jährlich also durchschnittlich 252,32 EUR, monatsdurchschnittlich mithin 21,00 EUR aufgebracht worden sind. Solche besonderen Aufwendungen für die Beschaffung von Brillen(gläsern) sind im Tabellenunterhalt nicht enthalten, weil ein solcher Bedarf aus der besonderen gesundheitlichen Beeinträchtigung gerade des H. erwächst, der nicht typischerweise für ein minderjähriges Kind anfällt. Ausgehend von den genannten Beträgen und mit Blick auf die allgemeine Preissteigerung und die gerade im Gesundheitswesen absehbare Tendenz hin zu einer höheren Kostenbeteiligung der Patienten schätzt der Senat den aus der starken Fehlsichtigkeit des H. entstehenden besonderen, im Tabellenunterhalt nicht enthaltenen Bedarf auf monatlich 25,00 EUR.
Darüber hinaus allerdings sind besondere oder besonders kostenintensive Bedürfnisse des H., die zu Zeiten eines intakten Familienlebens aufgrund der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation der Familie erwachsen und regelmäßig befriedigt worden sind, nicht festzustellen. Hier fehlt es weiterhin an einem hinreichend substantiierten und unter Beweis gestellten Vortrag, der zumindest als zuverlässige Schätzgrundlage herangezogen werden könnte. Im Einzelnen:
Soweit hier Kosten für teure Urlaubsreisen am Beispiel einer zu Zeiten intakter Ehe regelmäßig unternommenen mehrwöchigen Skireise nach Skandinavien angeführt, für die anteilig für H. rund 2.000 EUR anfielen, kann dies - unabhängig davon, dass dies bestritten und nicht unter Beweis gestellt worden ist - aus verschiedene Gründen keine taugliche Schätzgrundlage sein. Auch im Tabellenunterhalt sind - bei ohnehin geschuldeten und weitestgehend geleisteten 160% des Mindestbedarfs entsprechend hohe - Anteile für Urlaubsaktivitäten enthalten. Mit den Tabellensätzen werden nämlich die Kosten der Nahrung, Kleidung, Wohnung, Ferien, Pflege kultureller und sportlicher Interessen, Schulausbildung und Unterrichtsmaterial sowie Taschengeld abgebildet. Es kommt hinzu, dass - nur teilweise von der Antragstellerin bestritten - auch der Antragsgegner bereits einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag für Urlaubsaktivitäten des H., leistet, sei es durch gemeinsame Urlaube, sei es durch Beträge zu den Flugkosten, so dass insoweit - auch - Naturalunterhalt bereits geleistet wird. Nach Trennung der Eltern hat das unterhaltsberechtigte Kind selbstverständlich nicht den Anspruch, dass es nun mit jedem seiner Elternteile (einzeln) in dem Umfang Urlaubsreisen unternehmen kann, wie diese zuvor in der Familie (insgesamt) stattgefunden haben. Das - diese Umstände nicht berücksichtigende - Vorbringen der Antragstellerin bietet nach alledem keine hinreichend belastbare Schätzgrundlage für einen etwa besonderen Bedarf des minderjährigen Sohnes.
Dies gilt noch mehr für die in der Antragsschrift - zumal undifferenziert für H. und seinen Bruder P. - angeführten Klassenfahrten mit Kosten von „jährlich je Kind zwischen 325,00 € und 756,00 €, so dass erneut ein erhöhter durchschnittlicher Bedarf je Kind von 50,00 € monatlich gegeben ist“. Nachdem diese Bedarfsposition im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegriffen wird, erscheint schon sehr fraglich, ob die Antragstellerin überhaupt daran festhalten möchte. Aus Sicht des Senates bietet die von der Klägerin selbst angeführte Kostenspanne schon für sich betrachtet keine tragfähige Schätzgrundlage, zumal die nach allgemeiner Lebenserfahrung kostenintensiveren Kursfahrten in der gymnasialen Oberstufe, die hier für den älteren Bruder angefallen sein mögen, unspezifiziert neben die Klassenfahrten des hier einzig interessierenden H. gestellt werden. Es entspricht weiter nicht den Erfahrungen des Senates, dass in einer „normalen“ Gesamtschule, die H. besucht, jährliche Klassenfahrten mit einem solchen Kostenaufwand angeboten werden, weil Eltern vielfach solche Beträge gar nicht aufbringen können. Sollten gleichwohl erhebliche Kosten für H. für jährliche Klassenfahrten entstanden sein, hätte es nach den vielfachen Hinweisen auf die Unzulänglichkeit des tatsächlichen Vorbringens mehr als nahe gelegen, eine entsprechende - vielleicht von der Schule bestätigte - Aufstellung über die in den letzten Jahren gemeinsamen Familienlebens durchgeführten Klassenfahrten nach Ziel und Kostenbeitrag vorzulegen, um dem Senat eine zuverlässige Schätzungsgrundlage an die Hand zu geben.
Noch weniger belastbar sind die von der Antragstellerin behaupteten teuren sportlichen Aktivitäten des H. Dieser betreibt unstreitig in einem Verein das BMX-Radfahren. Auch insoweit sind wenig spezifiziert und nicht ansatzweise nachvollziehbar jährliche Kosten - exemplarisch im Jahr 2008 - von 920,00 EUR „für Sportbekleidung, Vereinsbeitrag, Teilnahme an Veranstaltungen und den Kauf von Sportgeräten, inkl. eines Fahrrades“ angegeben. Auch insoweit ist darauf hinzuweisen, dass in dem Tabellenunterhalt von 160% des Mindestbedarfs selbstverständlich auch ein Kostenanteil für Freizeitaktivitäten enthalten ist, so dass nur darüber hinaus gehende besondere Bedürfnisse eine weitergehende Zahlungsverpflichtung des barunterhaltspflichtigen Elternteils begründen können. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass mit einem Kindesunterhalt von monatlich 590,00 EUR zahlreiche sportliche Aktivitäten in einem Sportverein - auch mit Wettkampfbetrieb - zwanglos finanziert werden können. Dem Senat erschließt sich aus dem kargen Vorbringen der Antragstellerin nicht, weshalb und in welchem konkreten Umfang das BMX-Radfahren ein so viel teureres Hobby sein soll als sonstige Sportarten. Soweit die jährliche Anschaffung eines neuen BMX-Rades angeführt wird, erscheint dies aus sich heraus schon nicht zwingend; jedenfalls das Bestreiten des Antragsgegners hätte insoweit verpflichtet, geeignete Belege zur Untermauerung der einzelnen Kostenpositionen vorzulegen. Daran fehlt es hier.
Soweit - daneben, also weitergehend (?) - durchschnittliche jährliche Anschaffungskosten von 300 EUR für ein normales Fahrrad für den Schulweg und zusätzlich mindestens derselbe Betrag an Reparaturen anfallen sollen, fehlt es auch hier an einem Beweisantritt. Im Übrigen hat der Antragsgegner zu Recht darauf hingewiesen, dass ein (2009) 13-jähriger, heute gut 15 ½ Jahre alter Jugendlicher bei angemessen verantwortungsvollem Umgang mit seinem Fahrrad einen solchen Kostenaufwand kaum haben kann. Den normalen Verschleiß eines für den Schulweg nötigen Fahrrades müssen/können viele Kinder, für die weit weniger als 160% des Mindestunterhalt zur Verfügung steht, durchaus aufbringen. Einen besonders hohen Unterhaltsbedarf des H., der eine Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners über den Höchstsatz des Tabellenunterhalts hinaus begründen könnte, sieht der Senat hier nicht ansatzweise.
Schließlich ist auch der pauschale Hinweis auf die generell sehr markenorientierte und damit teure Bekleidung des Kindes, die seit der Geburt getragen worden sei, nicht geeignet, den geltend gemachten - über den im höchsten Tabellenunterhalt (zzgl. des bedarfsdeckend einzusetzenden hälftigen Kindergeldes von 92 EUR = 682 EUR) hierfür enthaltenen Anteil hinausgehenden - Unterhaltsbedarf von rund 100 EUR monatlich zu begründen. Die von der Antragstellerin vorgelegten Fotos streiten auch nicht zwingend für einen außerordentlich exklusiven Kleidungsstil der Familie K.
Hinsichtlich der weiter geltend gemachten Kosten für eine - augenscheinlich einem üblichen Nachhilfeunterricht nicht vergleichbare - „Lerntherapie“ von monatlich 240 EUR hat der Antragsteller deren Notwendigkeit nicht zu Unrecht in Zweifel gezogen, weil mäßige Schulnoten allein kein taugliches Indiz für einen Therapiebedarf sind und die Vorlage einer Rechnung vom 2. Dezember 2010 über eine Diagnose dieselbe nicht ersetzen kann und schließlich der handschriftlichen Zusatz vom 23. August 2011 auf der Rechnung „Die Diagnose ist Bestandteil der Rechenschwäche-Therapie“ die Hintergründe für die seit wann wofür mit welchem (Kosten-)Aufwand betriebenen therapeutischen Maßnahmen zu erhellen auch nicht geeignet ist. Auch die Vorlage des Therapievertrages vom 15. Januar 2011, der monatlich gekündigt werden kann, lässt in Anbetracht des Umstandes, dass diese Lerntherapie unstreitig zwischenzeitlich nicht mehr durchgeführt wird, keine sicheren Rückschlüsse darauf zu, für welchen Zeitraum welche Kosten insoweit notwendig und tatsächlich aufgebracht worden sein sollen. Ein konkret zu beziffernder besonderer Bedarf des H. ist deshalb auch insoweit nicht hinreichend sicher festzustellen.
Soweit die Antragstellerin schließlich aus einer tatsächlichen Übung während des Zusammenlebens (Überweisung von 3.000 EUR auf Familienkonto) bzw. nach der Trennung (Zahlung von zunächst 2.500 EUR monatlich für die Antragstellerin und die zwei Kinder, später 2.000 EUR nur noch für die Kinder) den hier geltend gemachten Anspruch herzuleiten sucht, kann sie auch damit keinen Erfolg haben. Ein Rechtsbindungswille für die Zukunft eines Scheiterns des Familienlebens oder auch mit Blick auf die erfolgte Trennung kann aus solchen tatsächlichen Leistungen der Vergangenheit nicht ohne weiteres hergeleitet werden. Im Übrigen ist auch dieses Vorbringen bestritten und nicht unter Beweis gestellt.
Nach alledem ist ein besonderer - die anerkannten 160% des Mindestbedarfs übersteigender - Unterhaltsbedarf des H. allein in Höhe von 25,00 EUR festzustellen. Mit diesem Inhalt war der bestehende Unterhaltstitel für die Zukunft abzuändern.
Der bis einschließlich November 2011 bereits fällig gewesene, also rückständige Unterhaltsanspruch des H. ergibt sich in dem tenorierten Umfang aufgrund folgender Berechnung: Der Antragsgegner hat unstreitig bis Ende 2009 einen monatlichen Unterhalt von 507 EUR gezahlt. Der Unterhaltsanspruch des H. nach der 10. Einkommensgruppe für die 3. Altersstufe belief sich im Jahre 2009 auf monatlich 522 EUR, so dass sich hieraus ein Unterhaltsrückstand von jeweils 15 EUR für November und Dezember 2009 errechnet. Seit Januar 2010 entspricht der gezahlte Betrag von 590 EUR monatlich dem hier zunächst geschuldeten Tabellenunterhalt. Neben die danach zunächst nur rückständigen 30,00 EUR treten sodann die monatlich seit November 2009 geschuldeten 25,00 EUR (= 625 EUR für 25 Monate bis einschließlich November 2011). Der noch offene Restbetrag aus der Vergangenheit beläuft sich somit auf insgesamt 655 EUR.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 23. November 2011 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
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Annotations
(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Enthält ein Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung oder eine vollstreckbare Urkunde eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die die Abänderung rechtfertigen.
(2) Die weiteren Voraussetzungen und der Umfang der Abänderung richten sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.
(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).
(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der am 23. März 1983 geborene Kläger beansprucht von dem Beklagten , seinem Vater, die Erhöhung des ihm zugesprochenen Unterhalts. Die 1982 geschlossene Ehe der Eltern des Klägers wurde 1987 geschieden; der Kläger lebt bei der bis zu seiner Volljährigkeit sorgeberechtigten Mutter, besucht das Gymnasium und strebt den Beruf eines Konzertpianisten an. Der Beklagte ist in einem früheren Verfahren - in Abänderung älterer Titel - verurteilt worden, an den Kläger ab dem 1. Oktober 1993 Unterhalt in Höhe von monatlich 1.358,70 DM (davon 153,70 DM als Krankenvorsorgeunterhalt ) zu zahlen.Auf die vorliegende, am 11. März 1998 erhobene Klage hat das Amtsgericht den Beklagten in Abänderung der früheren Titel verurteilt, an den Kläger folgenden monatlichen Unterhalt zu zahlen:
a) ab dem 1. Oktober 1998 als Krankenvorsorgeunterhalt 179,16 DM (statt bisher 153,70 DM),
b) ab dem 1. August 1997 als laufenden Unterhalt (statt bisher 695 DM + 510 DM Mehrbedarf nunmehr: 695 DM + 950 DM Mehrbedarf =) 1.645 DM und
c) ab dem 1. Juli 1998 als laufenden Unterhalt (statt bisher 695 DM + 510 DM Mehrbedarf nunmehr: 954 DM - 110 DM anteiliges Kindergeld + 950 DM Mehrbedarf =) 1.794 DM. Im übrigen hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Kläger hat geltend gemacht, sein angemessener Unterhaltsbedarf liege angesichts der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten erheblich über dem Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle. Der ihm zur Deckung seines Mehrbedarfs zuerkannte Betrag von 950 DM reiche zudem nicht aus, um die erforderlichen Kosten zur Förderung seines künstlerischen Talents und seiner Ausbildung zum Konzertpianisten neben seiner Schulausbildung zu decken. Für die Teilnahme an einem Meisterkurs in Prag (1997) angefallene Kosten in Höhe von 3.700 DM könnten nicht aus dem laufenden Unterhalt bestritten werden und seien als Sonderbedarf zu erstatten; als Sonderbedarf habe der Beklagte auch für Umzugskosten von 8.000 DM aufzukommen, die wegen der Anmietung einer "klaviergerechten" Wohnung erforderlich geworden seien. Der Kläger hat beantragt, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und den Be-
klagten zu verurteilen, an ihn über den vom Amtgericht zuerkannten Unterhalt hinaus
a) vom 1. August 1997 bis 30. Juni 1998 einen weiteren monatlichen Betrag von (415 DM + 1.581 DM =) 1.996 DM,
b) ab dem 1. Juli 1998 einen weiteren monatlichen Betrag von (266 DM + 1.581 DM =) 1.847 DM und
c) als Unterhaltsonderbedarf einen Betrag von (3.700 DM + 8.000 DM =) 11.700 DM zu zahlen. Der Beklagte hat einen über den im früheren Verfahren bereits zugesprochenen Betrag hinausgehenden Mehrbedarf des Klägers in Abrede gestellt und beantragt, den vom Amtsgericht zuerkannten Betrag um monatlich 440 DM herabzusetzen. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Amtsgerichts geändert. Unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel der Parteien hat es der Abänderungsklage insoweit stattgegeben, als es die Verurteilung des Beklagten zur Unterhaltsleistung an den Kläger ab dem 11. März 1998 auf insgesamt 2.200 DM monatlich abgeändert hat, wovon bis zum 30. September 1998 monatlich 153,70 DM und ab 1. Oktober 1998 monatlich 179,16 DM auf den Krankenvorsorgeunterhalt entfallen. Im übrigen hat es die Abänderungsklage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision, mit der er für die Zeit ab 11. März 1998 sein zweitinstanzliches Abänderungsbegehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Den allgemeinen Lebensbedarf des Klägers hat das Oberlandesgericht - wie zuvor auch das Amtsgericht - mit 954 DM monatlich (ohne Anrechnung anteiligen Kindergelds) angesetzt. Das Oberlandesgericht hat dabei den für die dritte Altersstufe geltenden Satz der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Juli 1998) zugrundegelegt. Es ist davon ausgegangen , daß auch im Vorverfahren der Unterhaltsbedarf auf den (damaligen) höchsten Tabellenbetrag begrenzt und die weitergehende Klage abgewiesen worden ist. Ä nderungen der Verhältnisse, die nunmehr abweichend von der Entscheidung im Vorverfahren eine Erhöhung dieses Betrags - unabhängig von der gesonderten Betrachtung des Mehrbedarfs im Zusammenhang mit der musischen Förderung des Klägers - rechtfertigen könnten, seien nicht dargetan. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision gehen - jedenfalls im Ergebnis - fehl. Gemäß § 1610 BGB bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Die Lebensstellung minderjähriger Kinder richtet sich - angesichts der wirtschaftlichen Unselbständigkeit der Kinder - nach der Lebensstellung der Eltern. Für den Unterhalt von Kindern aus geschiedenen Ehen, die bei dem sie betreuenden sorgeberechtigten Elternteil leben, sind regelmäßig die Einkommensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils maßgebend. Es entspricht einer vom Senat gebilligten Praxis, sich bei der Bemessung des in diesem Sinne angemessenen Unterhalts an den von den Oberlandesgerichten entwickelten Tabellenwerken zu orientie-ren. Die Einkommensgruppen der Tabellen sind nach oben begrenzt; für ein 8.000 DM übersteigendes Nettoeinkommen verweist die Düsseldorfer Tabelle auf die Umstände des Einzelfalles. Bezieht der Unterhaltspflichtige - wie im vorliegenden Fall geltend gemacht - ein höheres Einkommen, können die Sätze der Düsseldorfer Tabelle nicht schematisch fortgeschrieben werden; vielmehr bewendet es grundsätzlich dabei, daß der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf darlegen und beweisen muß (Senatsurteil vom 13. Oktober 1999 - XII ZR 16/98 - FamRZ 2000, 358, 359). An diese Darlegungslast dürfen zwar keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; vielmehr muß auch bei höherem Elterneinkommen sichergestellt bleiben, daß Kinder in einer ihrem Lebensalter entsprechenden Weise an einer Lebensführung teilhaben, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern Rechnung trägt. Welche Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten auf dieser Grundlage zu befriedigen sind und welche Wünsche des Unterhaltsberechtigten indes als bloße Teilhabe am Luxus nicht erfüllt werden müssen, kann nicht allgemein gesagt, sondern nur unter Würdigung der besonderen Verhältnisse der Betroffenen - namentlich auch einer Gewöhnung des Unterhaltsberechtigten an einen von seinen Eltern während des Zusammenlebens gepflogenen aufwendigen Lebensstil - festgestellt werden. Diese Gesamtumstände und Bedürfnisse müssen deshalb nach Maßgabe der hierzu vom Senat (aaO) aufgestellten Grundsätze vom Unterhaltsberechtigten näher dargelegt werden. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger ist mit dem Hinweis, sein angemessener Unterhalt liege angesichts der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten erheblich über dem Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle, der ihm obliegenden Darlegungslast nicht einmal ansatzweise nachgekommen. Dabei bestand für eine nähere Darlegung solcher Bedürfnisse, die der Kläger mit dem ihm zur Deckung seiner allgemeinen Lebenshaltungskosten
zuerkannten Betrag nicht zu bestreiten vermag, um so mehr Anlaß, als sich diese Kosten von dem vom Kläger für seine musische Ausbildung zusätzlich geltend gemachten Mehrbedarf kaum exakt trennen lassen und auch nicht ersichtlich ist, in welcher Weise der Kläger, der bei der Trennung seiner Eltern noch ein Kleinkind war, an einen besonders aufwendigen Lebensstil gewöhnt sein könnte, der das Zusammenleben der Eltern geprägt hat und der dem Kläger als angemessener Bedarf erhalten werden muß. 2. Im Zusammenhang mit der Förderung des künstlerischen Talents des Klägers hat das Oberlandesgericht gemäß § 1610 Abs. 1, 2 BGB einen Mehrbedarf des Klägers anerkannt, den es gemäß § 287 ZPO auf einen Betrag zwischen 1.100 DM bis 1.200 DM geschätzt hat. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts geht es bei den musischen Aktivitäten des Klägers nicht nur um eine Interessenpflege im Rahmen einer angemessenen Erziehung und Schulausbildung. Der Kläger stehe vielmehr bereits jetzt an der Schwelle zur Berufsausbildung oder habe diese Schwelle bereits überschritten. Die damit verbundenen angemessenen Zusatzkosten ließen sich weder strikt von den allgemeinen Lebenshaltungskosten trennen noch jeweils konkret ermitteln; auch müsse dem Kläger und seiner sorgeberechtigten Mutter ein gewisser Gestaltungsspielraum zugestanden werden. Die deshalb vorgenommene Schätzung der angemessenen Kosten beruhe auf dem Vortrag des Klägers über die bisherigen Kosten und die Vorausplanung; soweit der Kläger einen Mehrbedarf von zunächst 2.531 DM und später von 2.817 DM geltend gemacht habe, seien die in Ansatz gebrachten Kosten allerdings nur teilweise plausibel. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
a) Das Oberlandesgericht durfte den Mehrbedarf des Klägers nach § 287 ZPO bestimmen. Diese Vorschrift gilt auch im Unterhaltsrecht; sie eröff-
net insbesondere die Möglichkeit, Bedarfspositionen auf seiten des Unterhaltsberechtigten zu schätzen (vgl. etwa Senatsurteil vom 4. Juni 1986 - IVb ZR 45/85 - FamRZ 1986, 885, 886 m.w.N.).
b) Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Schätzung kann der Senat nur auf Verfahrensfehler überprüfen. Verfahrensfehlerhaft ist eine Schätzung namentlich dann, wenn sie auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht oder wesentliches tatsächliches Vorbringen außer Betracht gelassen hat (BGHZ 3, 162, 175 f.). Solche Verfahrensfehler hat die Revision nicht aufgezeigt. Die Revision rügt, das Oberlandesgericht habe nicht darauf abstellen dürfen, daß der Kläger die Kosten für die Anmietung eines Klaviers nicht konkret nachgewiesen habe. Es habe vielmehr davon ausgehen müssen, daß die Großmutter des Klägers, wie von dieser an Eides statt versichert, das von ihr erworbene und dem Kläger überlassene Klavier zurückfordere, um es zu verkaufen , so daß in Zukunft Mietkosten anfallen. Damit kann die Revision nicht durchdringen: Der Kläger hat vorgetragen, daß die Großmutter das Klavier wieder zurückgenommen habe. Er hat nicht dargetan, wann und auf welchem Wege das Klavier der in Schweden lebenden Großmutter zurückgegeben wurde , wie er seither seinen Übungen nachkommt und welche Miete er - im Falle der entgeltlichen Überlassung eines anderen Klaviers - zu zahlen habe. Schon mangels eines substantiierten Vortrags konnte das Oberlandesgericht folglich ohne Verfahrensverstoß die vom Kläger angeführten Kosten für die Anmietung eines Klaviers bei der Schätzung des Mehrbedarfs des Klägers unberücksichtigt lassen. Von der Erhebung des vom Kläger erst mit dem am 14. April 1999 - mithin rund eine Woche vor dem Verhandlungstermin (22. April 1999) - eingegangenen Schriftsatz hierzu angebotenen Beweises durfte das Oberlandes-
gericht im übrigen auch aus den im Berufungsurteil genannten Gründen absehen ; ein Ermessensfehler (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO) ist darin nicht zu erkennen. Das Oberlandesgericht war auch nicht, wie die Revision meint, gehalten, den Kläger durch einen Hinweis- und Auflagenbeschluß zu einer Substantiierung seiner Aufwendungen für die Teilnahme an Meisterkursen, Wettbewerben und Konzerten aufzufordern. Der Kläger hat sich in beiden Rechtszügen auf die Vorlage umfänglicher und weitgehend ungeordneter Konvolute von Unterlagen beschränkt, welche zwar seine musikalischen Aktivitäten und deren Wertschätzung durch Fachleute belegen mögen, aber eine zumindest für einen repräsentativen Zeitraum erstellte und durch nähere Angaben und Belege nachvollziehbare Auflistung der von ihm im Zusammenhang mit diesen Kursen und Auftritten tatsächlich getätigten Ausgaben vermissen lassen. Auch die von der Revision angeführte und als Anlage zum Schriftsatz vom 9. April 1999 übermittelte "Zusammenstellung über die laufenden monatlichen Ausgaben" ist lediglich eine Aneinanderreihung von Positionen, unter denen anfallende Aufwendungen thematisch zusammengefaßt ("Teilnahmegebühren", "Reisekosten" , "Übernachtungskosten für Kläger und begleitende Mutter") und mit monatlichen Schätzwerten beziffert werden, die aber einer Überprüfung auf tatsächliche Ausgaben, deren Erforderlichkeit und Angemessenheit nicht zugänglich sind. Da der Beklagte den vom Kläger geltend gemachten Mehraufwand bestritten und seine mangelnde Substantiierung gerügt hatte, mußte der anwaltlich vertretene Kläger seiner Darlegungspflicht durch die Vorlage einer detaillierten und nachprüfbaren Aufschlüsselung zumindest für einen repräsentativen Zeitraum nachkommen, ohne daß es dazu einer besonderen gerichtlichen Aufforderung bedurft hätte. Dazu bestand um so mehr Veranlassung , als die Schätzung des vom Kläger geltend gemachten Mehrbedarfs im
Mittelpunkt des vorliegenden Rechtsstreits steht und schon das erstinstanzliche Urteil dem Kläger diesen Mehrbedarf unter Hinweis auf das Fehlen geeigneter Darlegungen abgesprochen hat. Soweit das Oberlandesgericht bei seiner Schätzung einen Mehrbedarf des Klägers für die Anmietung einer "klaviergerechten" Wohnung, für eine durch eine Lebensmittelallergie bedingte besondere Ernährung und für Nachhilfeunterricht nicht berücksichtigt hat, ist darin ein Rechtsfehler nicht zu erkennen ; denn auch insoweit fehlt, worauf das Oberlandesgericht mit Recht hinweist, ein substantiierter Vortrag, der einer Überprüfung zugänglich ist, welche Ausgaben tatsächlich angefallen sind und ob diese Ausgaben erforderlich und angemessen waren. Auf die von der Revision angegriffenen weitergehenden Überlegungen, die das Oberlandesgericht zu den einzelnen Bedarfspositionen angestellt hat, kommt es deshalb nicht an. Dies gilt auch für die Aufwendungen für eine Brille und für Medikamente. Der Hinweis der Revision, es gehe dem Kläger insoweit um eine mit der Krankenversicherung vereinbarte Selbstbeteiligung , ist mit der im Berufungsrechtszug vorgelegten Kostenzusammenstellung nicht ohne weiteres zu vereinbaren; auch läßt der von der Revision angeführte erstinstanzliche Vortrag des Klägers nicht erkennen, welche erforderlichen und angemessenen Kosten in der Vergangenheit angefallen und wegen der Selbstbeteiligung von der Krankenversicherung des Klägers nicht erstattet worden sind. Schließlich liegt auch darin kein Verfahrensfehler, daß das Oberlandesgericht die Anmietung eines Konzertflügels als nicht angemessen erachtet und den Kläger auf die Möglichkeit außerhäuslichen Übens verwiesen hat. Dasselbe gilt für die Einschätzung des Oberlandesgerichts, die vom Kläger geltend gemachten Kosten für Musikbücher seien überzogen. Nach § 1610 BGB kann
nur der angemessene Unterhalt beansprucht werden. Welche Bedürfnisse im einzelnen zum angemessenen Unterhalt eines Minderjährigen gehören, hat der Tatrichter nach Maßgabe der Einkommensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils zu bestimmen. Die von der Revision beanstandeten Erwägungen des Oberlandesgerichts halten sich im Rahmen tatrichterlicher Beurteilung und entziehen sich insoweit der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Der Senat hat auch die weiteren Verfahrensrügen der Revision geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO). 3. Das Oberlandesgericht hält den geltend gemachten Unterhaltsanspruch wegen eines Sonderbedarfs für unbegründet. Die vom Kläger angeführten Kosten für die Teilnahme an einem Meisterkurs in Prag (19. Juli bis 21. Juli 1997) stellten keinen Sonderbedarf dar. Auch stehe dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung einer Umzugskostenbeihilfe als Sonderbedarf zu, zumal ein Zusammenhang zwischen der vom Vermieter ausgesprochenen Kündigung und den Übungen des Klägers am Klavier nicht ersichtlich sei. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand. Sonderbedarf ist nach der Definition des § 1613 Abs. 2 BGB ein unregelmäßiger , außergewöhnlich hoher Bedarf. Darunter ist, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, ein überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar auftretender Bedarf zu verstehen (Senatsurteil vom 11. November 1981 - IVb ZR 608/80 - FamRZ 1982, 145, 146). Unregelmäßig ist dabei ein Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deshalb bei der Bedarfsplanung und der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte (Senatsurteil vom 6. Oktober 1982 - IVb ZR 307/81 - FamRZ 1983, 29, 30). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Oberlandesgericht hinsichtlich der Aufwendungen für die Teilnahme an einem
Meisterkurs verneint; diese tatrichterliche Würdigung läßt revisionsrechtlich bedeutsame Fehler nicht erkennen. Auch die Begründung, mit der das Oberlandesgericht es abgelehnt hat, die vom Kläger geforderte "Beihilfe" zu den der Mutter des Klägers entstandenen Umzugskosten als einen vom beklagten Vater zu erstattenden Sonderbedarf des Klägers anzuerkennen, ist frei von Rechtsirrtum; auf die Ausführungen des Berufungsurteils wird insoweit verwiesen. Vorsitzender Richter am Bundes- Krohn Hahne gerichtshof Dr. Blumenröhr ist im Urlaub und verhindert zu unterschreiben. Krohn Sprick Wagenitz