Gewerbemietrecht: Juristische Person: Im Zweifel liegt Mietverhältnis über Geschäftsräume vor
published on 09/12/2008 10:41
Gewerbemietrecht: Juristische Person: Im Zweifel liegt Mietverhältnis über Geschäftsräume vor
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Mietet eine juristische Person ein Reihenhaus an, um es teils als Büroraum für ihren Geschäftsbetrieb zu nutzen und teils ihrem Geschäftsführer als Wohnung zur Verfügung zu stellen, handelt es sich um einen Mietvertrag über Geschäftsräume mit den hierfür geltenden Kündigungsfristen.
Mit diesem Argument verurteilte der Bundesgerichtshof (BGH) eine GmbH zur Zahlung ausstehender Miete. Im Streit zwischen der Gesellschaft und dem Vermieter war die Frage, mit welcher Kündigungsfrist die GmbH den Mietvertrag hatte kündigen können.
Die Richter stellten klar, dass es sich bei dem hier vorliegenden Vertrag nicht um einen Wohnraummietvertrag handele. Dieser wäre bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ende des übernächsten Monats kündbar gewesen. Es liege vielmehr ein Mietvertrag über Geschäftsräume vor, der nur bis zum dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres durch ordentliche Kündigung beendet werden könne. Bei der Frage, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliege, müsse auf den Zweck abgestellt werden, den der Mieter mit der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolge. Wolle er die Räume weitervermieten oder sonst Dritten - auch zu Wohnzwecken - überlassen, seien die Vorschriften des Wohnraummietrechts nicht anwendbar. Entscheidend sei also, ob der Mieter die Räume nach dem Vertrag zu eigenen Wohnzwecken anmiete. Dies sei bei einer juristischen Person schon begrifflich nicht möglich, da die Gesellschaft nicht selber "wohnen" könne. Im vorliegenden Fall sei daher die längere Kündigungsfrist anwendbar gewesen, die GmbH müsse daher die Miete für die Differenzmonate nachzahlen (BGH, VIII ZR 282/07).
Mit diesem Argument verurteilte der Bundesgerichtshof (BGH) eine GmbH zur Zahlung ausstehender Miete. Im Streit zwischen der Gesellschaft und dem Vermieter war die Frage, mit welcher Kündigungsfrist die GmbH den Mietvertrag hatte kündigen können.
Die Richter stellten klar, dass es sich bei dem hier vorliegenden Vertrag nicht um einen Wohnraummietvertrag handele. Dieser wäre bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ende des übernächsten Monats kündbar gewesen. Es liege vielmehr ein Mietvertrag über Geschäftsräume vor, der nur bis zum dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres durch ordentliche Kündigung beendet werden könne. Bei der Frage, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliege, müsse auf den Zweck abgestellt werden, den der Mieter mit der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolge. Wolle er die Räume weitervermieten oder sonst Dritten - auch zu Wohnzwecken - überlassen, seien die Vorschriften des Wohnraummietrechts nicht anwendbar. Entscheidend sei also, ob der Mieter die Räume nach dem Vertrag zu eigenen Wohnzwecken anmiete. Dies sei bei einer juristischen Person schon begrifflich nicht möglich, da die Gesellschaft nicht selber "wohnen" könne. Im vorliegenden Fall sei daher die längere Kündigungsfrist anwendbar gewesen, die GmbH müsse daher die Miete für die Differenzmonate nachzahlen (BGH, VIII ZR 282/07).
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published on 16/07/2008 00:00
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL VIII ZR 282/07 Verkündet am: 16. Juli 2008 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei
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11/12/2014 09:56
Ein Pfandgläubiger, der Nutzungen aus dem Pfand zieht, ohne durch ein Nutzungspfand hierzu berechtigt zu sein, hat das daraus Erlangte an den Pfandschuldner herauszugeben.
SubjectsGewerberaummietrecht
19/04/2012 12:09
es reicht aus, wenn die Kündigung dem vertretungsberechtigten Gesellschafter zugeht-BGH vom 23.11.11-Az:XII ZR 210/09
SubjectsGewerberaummietrecht
01/10/2015 11:58
Es ist keine zusicherungsfähige Eigenschaft der Mietsache, ob ein Restaurant durch Gäste einer Veranstaltungshalle frequentiert wird.
SubjectsGewerberaummietrecht
14/05/2014 10:43
Die Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen durch AGB sind nur unwirksam, wenn Reparaturmaßnahmen unabhängig vom tatsächlichen Zustand des Mietobjekts fällig würden.
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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VIII ZR 282/07 Verkündet am:
16. Juli 2008
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Mietet eine juristische Person ein Reihenhaus an, um es teils als Büroraum für ihren
Geschäftsbetrieb zu nutzen und teils ihrem Geschäftsführer als Wohnung zur Verfügung
zu stellen, handelt es sich um einen der Kündigungsfrist des § 580a Abs. 2
BGB unterliegenden Mietvertrag über Geschäftsräume.
BGH, Versäumnisurteil vom 16. Juli 2008 - VIII ZR 282/07 - LG Stuttgart
AG Ludwigsburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Wiechers
sowie die Richterinnen Hermanns, Dr. Milger und Dr. Hessel
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 2007 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 13. April 2007 bezüglich der Widerklage und im Kostenpunkt abgeändert. Die Widerklage wird abgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die beklagte GmbH hatte vom Kläger ab dem 1. Mai 2002 ein Reihenhaus gemietet. Bei Abschluss des Mietvertrages waren sich die Parteien darüber einig, dass der Geschäftsführer der Beklagten das Haus bewohnen und die Geschäfte der Beklagten von dort aus betreiben würde. Das Mietverhältnis wurde vom Kläger mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 zum 30. Juni 2007 und von der Beklagten mit Schreiben vom 31. Januar 2007 zum 30. April 2007 gekündigt. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Kündigungsfristen von § 573c Abs. 1 und § 580a Abs. 2 BGB streiten die Parteien darüber, ob es sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum oder über Geschäftsräume handelt.
- 2
- Der Kläger hat rückständige Miete in Höhe eines - von der Beklagten anerkannten - Betrags von 550 € geltend gemacht. Im Wege der Widerklage hat die Beklagte die Feststellung begehrt, dass das Mietverhältnis der Parteien mit Ablauf des 30. April 2007 beendet ist. Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt und der Widerklage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er die Abweisung der Widerklage erstrebt.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
- 5
- Der von der Beklagten im Wege der Widerklage begehrte Feststellungsantrag sei zulässig, weil der Kläger die Beendigung des Mietverhältnisses zum 30. April 2007 nicht anerkannt, sondern sich auf die Gültigkeit des Mietvertrages bis zum 30. Juni 2007 berufen habe.
- 6
- Der Feststellungsantrag sei auch begründet, weil auf den Mietvertrag Wohnraummietrecht anzuwenden sei. Bei der Zuordnung eines Mietverhältnisses komme es darauf an, welche Nutzung im Vordergrund stehe. Angesichts der Vermietung eines typischerweise zu Wohnzwecken dienenden Reihenhauses und der Vereinbarung einer Staffel- bzw. Indexmiete sei davon auszugehen , dass die gewerbliche Tätigkeit gegenüber dem Wohnen von untergeordneter Bedeutung gewesen sei. Hierfür spreche auch der Umstand, dass der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten die Absetzbarkeit der Miete als Betriebsausgabe als „Schachzug“ bezeichnet habe; auch habe er das Haus trotz des Umzugs der Beklagten nach G. weiter bewohnt.
- 7
- Der Umstand, dass auf Seiten des Mieters eine juristische Person den Vertrag abgeschlossen habe, stehe der Einordnung als Wohnraummiete nicht entgegen, da nicht auf diesen formalen Aspekt, sondern auf den tatsächlichen Nutzungszweck abzustellen sei.
II.
- 8
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 9
- 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Zulässigkeit des mit der Widerklage geltend gemachten Feststellungsantrags bejaht. Die Beklagte hat ein berechtigtes Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) an der alsbaldigen Klärung der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob das Mietverhältnis bereits zum 30. April 2007 beendet worden ist. Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es deshalb nicht darauf an, ob (auch) die Voraussetzungen des § 256 Abs. 2 ZPO vorliegen.
- 10
- 2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass die Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2007 das Mietverhältnis der Parteien zum 30. April 2007 beendet hat. Anders als das Berufungsgericht meint, handelt es sich bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag nicht um einen - nach § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ende des übernächsten Monats kündbaren - Wohnraummietvertrag , sondern um einen Mietvertrag über Geschäftsräume, der gemäß § 580a Abs. 2 BGB nur bis zum dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres durch ordentliche Kündigung beendet werden kann.
- 11
- a) Bei der Frage, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Zweck abzustellen, den der Mieter mit der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolgt. Geht der Zweck des Vertrages dahin, dass der Mieter die Räume weitervermietet oder sonst Dritten - auch zu Wohnzwecken - überlässt, sind die Vorschriften des Wohnraummietrechts auf das (Haupt-) Mietverhältnis nicht anwendbar (BGHZ 94, 11, 14; 135, 269, 272 m.w.N.; Senatsurteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 323/79, NJW 1981, 1377, unter 2 b cc). Entscheidend ist mithin, ob der Mieter die Räume nach dem Vertrag zu eigenen Wohnzwecken anmietet (Reinstorf in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. I Rdnr. 83). Dies war hier nicht der Fall. Darauf, ob die Beklagte das vom Kläger gemietete Reihenhaus nach dem Vertragszweck vorwiegend als Geschäftsräume für sich selbst oder als Wohnung für ihren Geschäftsführer nutzen wollte, kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht an.
- 12
- b) Auch die Überlassung der Räume als Wohnräume an den Geschäftsführer persönlich ist aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten als Mieterin kein Wohnzweck, sondern geschäftliche Nutzung. Wie die Revision zutreffend gel- tend macht, kann eine juristische Person Räume schon begrifflich nicht zu (eigenen ) Wohnzwecken anmieten; ebenso kann sie als Vermieterin nicht geltend machen, dass sie von ihr vermietete Räume als Wohnung für sich oder Angehörige im Rahmen von Eigenbedarf benötige (vgl. zur KG als Vermieterin Senatsurteile vom 23. Mai 2007 - VIII ZR 122/06, NJW-RR 2007, 1460 und VIII ZR 113/06, NJW-RR 2007, 1516).
- 13
- c) Gegenstand des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrags sind Geschäftsräume im Sinne des § 580a Abs. 2 BGB, denn das von der Klägerin angemietete Reihenhaus dient ihrem Geschäftsbetrieb, indem sie es teils als Büroraum für ihren Geschäftsbetrieb nutzt und teils ihrem Geschäftsführer als Wohnung am unmittelbaren Ort ihres Geschäftsbetriebs zur Verfügung stellt. Die Beklagte konnte deshalb das Mietverhältnis nur mit der Frist des § 580a Abs. 2 BGB jeweils bis zum 3. Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres kündigen. Die Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2007 hätte das Mietverhältnis daher erst zum 30. September 2007 beendet, wenn es nicht schon zuvor durch die Kündigung des Klägers vom 11. Dezember 2006 zum 30. Juni 2007 aufgelöst worden wäre.
III.
- 14
- Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben ; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Widerklage ist in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen. Ball Wiechers Hermanns Dr. Milger Dr. Hessel
AG Ludwigsburg, Entscheidung vom 13.04.2007 - 4 C 216/07 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 23.10.2007 - 5 S 104/07 -