Arbeitsrecht: Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit rechtfertigt nicht immer eine Kündigung

published on 26/02/2018 10:10
Arbeitsrecht: Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit rechtfertigt nicht immer eine Kündigung
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Die frühere Tätigkeit als inoffizieller Informant für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ist nicht in jedem Fall ein Kündigungsgrund – BSP Rechtsanwälte – Anwältin für Arbeitsrecht Berlin

 

So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Arbeitnehmers. Dieser war in den Jahren 1988 und 1989 in seiner Funktion als Militärarzt für das MfS als inoffizieller Mitarbeiter tätig. Seit dem Jahr 1990 war er beim Land Brandenburg beschäftigt. Bei einer Befragung verneinte er 1991 wahrheitswidrig die Frage nach einer Mitarbeit für das MfS. Nachdem er sich 2016 für die Stelle des Direktors eines Landesinstituts beworben hatte, erfuhr das Land von dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes von der MfS-Tätigkeit, die von dem Arbeitnehmer erneut geleugnet wurde. Das Land kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß.

Das LAG hatte in dem Berufungsverfahren nur noch über die fristgemäße Kündigung zu entscheiden. Das Arbeitsgericht hatte bereits rechtskräftig festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam war. Die fristgemäße Kündigung sei nach Ansicht des LAG ebenfalls rechtsunwirksam. Das Maß der Verstrickung des Arbeitnehmers in die Tätigkeit des MfS sei als eher gering einzuschätzen. Angesichts der langen, unbeanstandet gebliebenen Tätigkeit im Landesdienst könne dem Land eine Weiterbeschäftigung zugemutet werden, auch wenn die mehrfache Leugnung der – sehr lange zurückliegenden – MfS-Tätigkeit eine Belastung des Arbeitsverhältnisses dargestellt habe.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in seinem Urteil vom 16.10.2017 (5 Sa 462/17) folgendes entschieden: 

Sowohl die frühere Tätigkeit eines im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmers als inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR für sich als auch die Falschbeantwortung in berechtigtem Aufklärungsinteresse gestellter Fragen des Arbeitgebers nach einer solchen Tätigkeit oder der Abgabe einer Verpflichtungserklärung berechtigen den Arbeitgeber an sich zur ordentlichen personenbedingten Kündigung. Die Falschbeantwortung vermag darüber hinaus auch eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung an sich zu rechtfertigen.

Kein berechtigtes Interesse an der Beantwortung der Frage nach einer MfS-Tätigkeit oder der Abgabe einer Verpflichtungserklärung hat der Arbeitgeber, wenn er die entsprechenden Kenntnisse bereits besitzt. Die Frage bezweckt nicht einen Test oder eine Prüfung der Wahrhaftigkeit des Arbeitnehmers in dem Sinne, dem Arbeitgeber einen nicht vorhandenen Kündigungsgrund erst zu verschaffen.

Im Rahmen der Interessenabwägung, die bei personen- und verhaltensbedingter ordentlicher Kündigung geboten ist, ist zu berücksichtigen, ob der längere beanstandungsfreie Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zur Kündigung je nach dem Grad der Verstrickung und dem daraus resultierenden Gewicht der pflichtwidrigen Falschbeantwortung der Frage nach einer MfS-Tätigkeit teilweise oder vollständig entwertet worden ist. Dies gilt auch für Arbeitnehmer in herausgehobener Stellung.

Tenor:
 
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 07.02.2017 – 3 Ca 2019/16 – wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 07.02.2017 – 3 Ca 2019/16 – hinsichtlich seines Tenors zu 2. abgeändert und das beklagte Land verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits als Oberarzt in dem Brandenburgischen L. für R. in Potsdam in Vollzeit weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und die Weiterbeschäftigung des Klägers während des Kündigungsschutzverfahrens.

Der am …1958 geborene und verheiratete Kläger, der Vater von zwei 1980 und 1984 geborenen Kindern ist, war nach einem Medizinstudium als Militärarzt und Berufsoffizier der Nationalen Volksarmee von Dezember 1984 bis August 1990 an der Militärmedizinischen Akademie in Bad S. tätig. Zu den Aufgaben der MMA gehörte die Untersuchung nicht natürlicher Todesfälle von Armeeangehörigen und aus der Umgebung. Der Kläger war in der Abteilung Gerichtliche Medizin eingesetzt. Bei Obduktionen unnatürlicher Todesfälle mit entsprechendem Bezug, z. B. bei Todesfällen an der Berliner Mauer, waren regelmäßig Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit anwesend. Der Kläger war dabei zweiter Obduzent, die Protokolle der Obduktionen erstellte der Chefarzt der MMA, der Vorgesetzte des Klägers. 

1988 trat ein Mitarbeiter des MfS an den Kläger mit dem Ziel heran, diesen zum Zweck der politisch-operativen Sicherung von „Nichtsozialistisches Ausland -Reisekadern“ und Geheimnisträgern für eine Mitarbeit zu werben. Es kam im Zeitraum vom 14.07.1988 bis 09.08.1988 zu drei „Kontaktgesprächen“ des Klägers mit diesem Mitarbeiter. In diesen Gesprächen wurden u. a.  die Umstände einer Arbeit für das MfS und dessen Aufgaben erörtert, berichtete der Kläger über den der Arbeit nicht sehr zugewandten Sohn eines Kollegen, der dessen Stiefvater war, ferner über eine außereheliche Affäre zweier Mitarbeiter der MMA im Jahr 1985 und über das Auftreten und Verhalten seines Vorgesetzten und dessen Ehefrau. Der Führungsoffizier hielt die Äußerungen des Klägers handschriftlich fest, teilweise wurden die Aufzeichnungen vom Kläger handschriftlich abgeändert. Der Kläger erklärte sich dem Führungsoffizier gegenüber bereit, als „inoffizieller Mitarbeiter“ für das MfS tätig zu werden. Ein „Vorschlag zur Werbung“ des Klägers wurde am 25.08.1988 verfasst, am 13.09.1988 unterzeichnete der Kläger eine von ihm handschriftlich verfasste Erklärung über eine „Verpflichtung“ zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem MfS, in deren Zusammenhang er bei Notwendigkeit mit dem Pseudonym „Paul“ unterzeichnete Berichte erstatten werde. Der Führungsoffizier hielt in einem „Bericht zur durchgeführten Werbung“ vom 20.09.1988 u. a. fest, dass der erste Auftrag in dem Bericht über Hinweise für das Entstehen von Konfliktsituationen wegen der Ablehnung eines Vorschlages zur Entwicklung der MMA durch einen Oberst bestehe. In der Folgezeit kam es zu mindestens fünf bis sechs Treffen des Klägers mit dem Führungsoffizier in einer konspirativen Wohnung, mindestens ebenso viele Berichte erstattete der Kläger. Am 04.04.1989 erhielt der Kläger von dem Führungsoffizier mit dem schriftlichen Vermerk „Anerkennung geleist. Arbeit anläßl. Geburtstag“ eine Schreibmappe im Wert von 30,50 Mark der DDR. Am 02.06.1989 verfasste der Führungsoffizier eine „Einschätzung 1. Phase der Zusammenarbeit IMS Paul“, wonach es zu 8 Treffen und 11 Berichten gekommen sei. Am 11.07.1989 teilte der Kläger seinem Vorgesetzten mit, dass ein Onkel und eine Tante von einer Besuchsreise in der BRD nicht zurückgekehrt seien, was auch dem MfS mitgeteilt wurde.

Wegen der absehbaren Auflösung der Gerichtsmedizin in Bad S. nach der Wende bewarb sich der Kläger beim Bezirksinstitut in Frankfurt und war bei diesem ab dem 01.09.1990 als Facharzt tätig. Bei einer Überprüfung durch den damaligen Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Anfang der 1990er Jahre ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine Tätigkeit des Klägers für das MfS. Zum 01.07.1991 schloss er einen Arbeitsvertrag mit dem beklagten Land mit der Nebenabrede des Einsatzes in der Außenstelle des Brandenburgischen L. für R. in Frankfurt  und war dort zunächst als Facharzt tätig. Am 30.12.1991 füllte der Kläger einen Personalfragebogen des beklagten Landes aus, in dem er die unter Ziff. 18 u. a. aufgeführten Fragen „Sind sie für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit oder für eine der Untergliederungen dieser Ämter oder vergleichbare Institutionen tätig gewesen oder ausgebildet worden?“ und „Haben Sie eine Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit einer der genannten Stellen unterschrieben?“ jeweils mit „Nein“ beantwortete. Ab Januar 1994 wurde er als Leiter der Außenstelle des BLR beschäftigt und ab Januar 2011 als stellvertretender Direktor des BLR. Zudem erbrachte der Kläger eine intensive fachspezifische Vortragstätigkeit zu rechtsmedizinischen Aspekten der Leichenschau und beispielsweise auch zu Kindesmisshandlungen vor Leitern von Jugendämtern. Der Kläger nahm berufliche Fortbildungen und innerbetriebliche Aufgaben wahr. Zuletzt bezog der Kläger bei Eingruppierung in die Entgeltgruppe 15 TV-L, individuelle Endstufe, eine Bruttomonatsvergütung in Höhe von durchschnittlich 7.214,00 EUR.

Unter der Kennzahl 14/2016 bewarb sich der Kläger um die vom beklagten Land ausgeschriebene Position der Direktorin/des Direktors des BLR und wurde nach einem Auswahlgespräch vom 21.07.2016 als geeigneter Bewerber ausgewählt. Da die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle nach der Geschäftsordnung der Landesregierung kabinettspflichtig war und nach einem Beschluss der Landesregierung derartige Personalmaßnahmen eines vorherigen Auskunftsersuchens bei dem BStU über eine hauptamtliche oder inoffizielle Arbeit für das MfS bedurften, holte das beklagte Land eine entsprechende Auskunft beim BStU mit Schreiben vom 22.08.2016 ein. Mit am 04.10.2016 beim beklagten Land eingegangenem Schreiben und weiterem Anschreiben übersandte der BStU eine Auswertung sowie 33 teilweise geschwärzte Aktenseiten der beim BStU betreffend den Kläger vorhandenen Unterlagen unter Einschluss der Verpflichtungserklärung. Am 13.10.2016 teilte das beklagte Land dem Kläger telefonisch mit, man wolle mit ihm am Folgetag besprechen, was von der Unterlagenbehörde zurückgekommen sei. In dem Gespräch vom 14.10.2016 teilten Vertreter des beklagten Landes dem Kläger mit, dass es Hinweise auf eine Zusammenarbeit mit dem MfS gebe. Der Kläger verwies hierauf auf seine Tätigkeit an der MMA und in diesem Zusammenhang bestehende Geheimhaltungspflichten. Er habe dabei Dokumente der Stasi betreffend die Verschwiegenheit unterschrieben. Die Frage, ob er eine Verpflichtungserklärung abgegeben habe, verneinte er. Nach Vorlage der Verpflichtungserklärung bestätigte er sodann, diese unterzeichnet zu haben und verneinte die Frage, ob er sich irgendwann dem Institutsleiter offenbart habe. Auf die Frage nach der Beantwortung von Frage Nr. 18 des Personalfragebogens vom 30.12.1991 sagte er: „Wenn ich das damals angegeben hätte, hätte ich gehen müssen. Es hat da einen vergleichbaren Fall gegeben. Ich weiß, dass ich politisch damit als Institutsleiter nicht durchsetzbar bin“. Abschließend erklärte er, dass „es dazu gehört“ habe und er nicht erwartet habe, „dass das nochmal so hochkommt“. Mit einer an das beklagte Land gerichteten Email vom 15.10.2016 nahm der Kläger zu dem Gespräch vom Vortag Stellung und führte u. a. aus, es habe 5 oder 6 konspirative Treffen mit dem MfS gegeben, er habe Berichte über seine Kollegen in der Gerichtsmedizin an der MMA zu schreiben gehabt. Er habe nicht geahnt, dass seine Verpflichtungserklärung nach so langer Zeit noch vorliege, weshalb er am Vortag das weitere Leugnen für die beste Option gehalten habe. Die Bewerbung auf die Stelle des Institutsdirektors nahm der Kläger zurück.

Mit Schreiben des Ministeriums des beklagten Landes für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie vom 17.10.2016 an das BLR erklärte dieses, es werde in der Personalangelegenheit „Dr. J. B.“ von dem Rückholrecht nach Nr. 4 des Runderlasses „Übertragung personalrechtlicher Befugnisse für Tarifbeschäftigte im Geschäftsbereich des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie“ vom 20.07.2016 Gebrauch gemacht. Mit am 18.10.2016 übergebenem Schreiben teilte das beklagte Land dem bei dem MASGF gebildeten Hauptpersonalrat mit, es beabsichtige, das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich und hilfsweise ordentlich zum 30.06.2017 zu kündigen. Mit Schreiben vom 20.10.2016 teilte der HPR mit, dass er beiden Kündigungen nicht zustimme. Mit Email vom 21.10.2016 teilte das beklagte Land dem HPR mit, es werde die beabsichtige außerordentliche Kündigung aussprechen und wegen der ordentlichen Kündigung die Einigungsstelle anrufen. Mit an diesen gerichtetem Schreiben vom 21.10.2016 kündigte das beklagte Land sodann das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos mit sofortiger Wirkung. Die beim MASGF gebildete Einigungsstelle stellte mit Beschluss vom 06.12.2016 fest, dass die Zustimmung des HPR zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers aufgrund unzureichender Begründung der Zustimmungsverweigerung als erteilt gelte. Mit dem Kläger am 23.12.2016 zugegangenem Schreiben kündigte daraufhin das beklagte Land das Arbeitsverhältnis ohne Präjudiz für die bereits ausgesprochene außerordentliche Kündigung ordentlich zum 30.06.2017.

Mit der am 10.11.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen und mit am 05.01.2017 eingegangener Klageerweiterung hat der Kläger die Unwirksamkeit beider Kündigungen geltend gemacht und seine Weiterbeschäftigung während des Rechtsstreits verlangt. Er hat vorgetragen, der Gegenstand der „Kontaktgespräche“ mit dem Führungsoffizier sei jeweils institutsweit bekannt gewesen. Der ihm nach der Werbung als IMS zunächst erteilte Auftrag habe sich auf eine Kubareise seines Vorgesetzten bezogen. Diese Reise habe ohne Unregelmäßigkeiten stattgefunden. Ferner habe er in 5 bis 6 Treffen und in etwa entsprechend vielen Berichten über allgemein bekannte und zum Teil weit zurück liegende Themen berichtet. Die Meldepflicht betreffend die Nichtrückkehr von Verwandten von einem Westbesuch habe gegenüber der militärischen Führung bestanden, offensichtlich sei seine Meldung dann in den Akten des MfS gelandet. Im Herbst 1989 sei die Zusammenarbeit mit dem MfS eingeschlafen. In der zweiten Hälfte seines bisherigen Lebens sei die Tätigkeit für das MfS immer mehr aus seinem Fokus verdrängt worden. Die Abgabe der Verpflichtungserklärung sei erst wieder in sein Bewusstsein gelangt, als er danach gefragt worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die mit Schreiben des beklagten Landes vom 21.10.2016 fristlos und mit sofortiger Wirkung erklärte außerordentliche Kündigung weder außerordentlich fristlos und mit sofortiger Wirkung noch ordentlich und fristgerecht aufgelöst worden ist,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die mit Schreiben des beklagten Landes vom 16.12.2016 zum 30.06.2017 erklärte ordentliche Kündigung nicht aufgelöst wird,

das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits als Oberarzt in dem Brandenburgischen L. für R. in Potsdam in Vollzeit weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat vorgetragen, der Kläger habe als IMS im Zeitraum vom 13.09.1988 bis 02.06.1989 8 konspirative Treffen mit dem Führungsoffizier gehabt und 11 Berichte erstattet. Trotz eines seit 25 Jahren beanstandungsfrei bestehenden Arbeitsverhältnisses sei dem beklagten Land dessen Fortsetzung nicht zuzumuten. Die Zusammenarbeit des Klägers mit dem MfS sei aufgrund der Berichte über Persönlichkeitseinschätzungen, Charaktereigenschaften, familiäre Verhältnisse, den Umgangskreis, die Dienstdurchführung, die politische Einstellung, die Freizeitgestaltung und das Verhalten gegenüber Untergebenen bedeutend gewesen und in Anbetracht des Geschenks einer Schreibmappe von diesem auch als solche angesehen worden. In einem Zeitraum, in dem es bereits zu Protesten gegen System und Nomenklatura der DDR gekommen sei, habe sich der Kläger aufgrund politisch-ideologischer Überzeugung willfährig zu einer Spitzeltätigkeit bereit erklärt. Diese Verstrickung habe ihn erkennen lassen müssen, dass er die Frage Nr. 18 im Personalfragebogen vom 30.12.1991 unter keinen Umständen mit „Nein“ habe beantworten dürfen. Die Falschbeantwortung, das Unterlassen einer Offenbarung im Bewerbungsverfahren und das Aufrechterhalten der Lüge bis zur Überführung am 14.10.2016 durch körperliche Konfrontation zerstörten den aufgrund beanstandungsfreier Zeiten möglicherweise entstehenden Eindruck innerer Distanz und Abkehr von früheren Einstellungen. Auch danach habe der Kläger zu seiner Tätigkeit für das MfS beschönigende und beschwichtigende Erklärungen abgegeben. Das beklagte Land wolle den Kläger nicht in einer Tätigkeit belassen, die mit Kontaktern zu Vertretern des Strafvollzuges, anderen Landesbehörden sowie Ärzten in Aus- und Weiterbildung verbunden sei.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien in erster Instanz wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des am 07.02.2017 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam verwiesen.

Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht der gegen beide Kündigungen gerichteten Klage stattgegeben, sie jedoch hinsichtlich des auf Weiterbeschäftigung gerichteten Antrages abgewiesen. Zur Begründung hat es betreffend die ordentliche Kündigung vom 16.12.2016 ausgeführt, die vom beklagten Land angeführten Gründe rechtfertigten diese Kündigung nicht als personenbedingte Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur fehlenden Eignung von Arbeitnehmern bei Falschbeantwortung zulässiger Fragen des öffentlichen Arbeitgebers nach einer Tätigkeit für das MfS. Zwar habe der Kläger die im Personalfragebogen vom 30.12.1991 unter Nummer 18 gestellten, zulässigen Fragen wahrheitsgemäß beantworten müssen, da er bereits nach eigener Darstellung als inoffizieller Mitarbeiter für das MfS tätig gewesen sei und auch eine Verpflichtungserklärung abgegeben habe. Auch das Verhalten des Klägers bei der falschen Beantwortung der Frage nach der Abgabe einer Verpflichtungserklärung im Personalgespräch vom 14.10.2016 habe das Land berücksichtigen müssen, obgleich diese Frage aufgrund der bereits vorliegenden Unterlagen nicht mehr den Zweck habe können, sich Kenntnis über mögliche Belastungen des Klägers zu verschaffen. Bei der gleichwohl erforderlichen Bewertung der Tätigkeit des Klägers für das MfS sei auf die vom BVerwG unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des BAG und des BVerfG entwickelten Beurteilungskriterien zurückzugreifen. Hiernach habe der Kläger in den ersten beiden Kontaktgesprächen zwar über personenbezogene, jedoch jeweils offen zutage liegende Verhaltensweisen der damaligen Akteure berichtet, es sei auch nicht erkennbar, dass ihm ersichtlich war, dass diese Informationen Ausgangspunkt systembezogener Verfolgungshandlungen sein konnten.

Hingegen wögen die Mitteilungen im dritten Kontaktgespräch erheblich schwerer, da sie Informationen über die Privatsphäre des damaligen Vorgesetzten und dessen Ehefrau enthielten und trotz eines Mangels an Hinweisen auf gezielte Ausforschung oder Weitergabe vertraulich gegebener Informationen herabwürdigenden Charakter hätten. Auch insoweit habe der Kläger aber nicht mit rechtsstaatswidrigen Folgen für die Betroffenen rechnen müssen, was auch für die Beschreibung einer „etwas“ konservativen Haltung des Vorgesetzten gelte. Ferner seien neben der Existenz nach ihrer Zahl zugestandenen 5 bis 6 Berichte und der Verpflichtungserklärung eine etwa elf Monate andauernde, auf die Verpflichtungserklärung vom 13.09.1988 folgende IMS-Tätigkeit zu berücksichtigen. Die Einschätzung des Führungsoffiziers über eine „politisch-ideologische Überzeugung“ des Klägers spreche nicht führ ihn, bleibe im Kern aber eine Bewertung des Führungsoffiziers und belege nicht, dass die Einstellung des Klägers über die bei allen beim MMA beschäftigten Militärangehörigen gegebenen positiven Einstellungen gegenüber der DDR hinaus gegangen sei. Aus der Beendigung der Zusammenarbeit mit dem MfS könne der Kläger nichts für sich herleiten, auch der Erhalt einer Schreibmappe im Wert vom 30,50 Mark könne nicht übersehen, daraus aber keine besonders hohe Leistungsbereitschaft abgeleitet werden. 

Hinsichtlich des Verhaltens im Gespräch vom 14.10.2016 sei zu differenzieren, dass der Kläger trotz Kenntnis des Gesprächsanlasses die Beschreibung seiner Kontakte zum MfS zunächst auf seine Tätigkeit am MMA betreffende Kontakte reduziert und nicht von sich aus über seine Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter und die Abgabe einer Verpflichtungserklärung berichtet habe, was den Schluss zulasse, dass er dies nicht tat, weil er davon ausgegangen sei, dies werde ihm nicht mehr nachzuweisen sein. Dies erschüttere das Vertrauen in den redlichen Umgang des Klägers mit der eigenen Vergangenheit und das Interesse des beklagten Landes, alle gegen eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst sprechenden Umstände zu kennen, in besonderem Maße. Zugleich sei aber zu berücksichtigen, dass der Kläger nach seiner Überführung die Verpflichtungserklärung, aber auch die Tätigkeit für das MfS in der Sache nicht mehr abgestritten und am Tag darauf bereits 5 bis 6 Treffen sowie Berichte über Kollegen zugegeben und seine Bewerbung für den Direktorenposten zurückgezogen habe. Ferner habe er erklärt, 1991 die Fragen aus Furcht vor Entlassung falsch beantwortet zu haben. Auch sei das Prozessverhalten des Klägers zu berücksichtigen, das nicht mit einem beharrlichen Leugnen der ihm gemachten Vorwürfe verbunden sei. Schließlich komme es auch darauf an, wie lange die Tätigkeit für das MfS zurückliege und wie sich das Arbeitsverhältnis bis zur Kündigung entwickelt habe. 26 Jahre qualifizierter und anerkannter Arbeit könnten den Vorwurf der Falschbeantwortung im Jahre 1991 und das zunächst erfolgte Leugnen der Abgabe einer Verpflichtungserklärung am 14.10.2016 nicht aufwiegen, dennoch könnten sie durch das festgestellte Gewicht der Tätigkeit für das MfS nicht vollständig entwertet werden. Auch die Dauer der MfS-Kontakte und das nicht nur auf den 14.10.2016 beschränkte Verhalten des Klägers vor und nach der Kündigung geböten keine andere Bewertung. Es bleibe daher die Prognose gerechtfertigt, der Kläger werde auch in Zukunft im Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land die Vertrauenseinbuße wieder beseitigen bzw. sich erneutes umfassendes Vertrauen erarbeiten können. Dies gelte auch vor dem Hintergrund der vom Kläger geschuldeten Tätigkeit als Facharzt und stellvertretender Leiter des BLR, zumal das beklagte Land nicht dargestellt habe, dass es keine weniger exponierten Beschäftigungsmöglichkeiten im Landesdienst gebe. Demgegenüber könne der Kläger jedoch keine Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage verlangen. Obwohl er mit einem Kündigungsschutzantrag obsiege überwögen die Interessen des beklagten Landes hinsichtlich seiner vorläufigen Nichtbeschäftigung, weil die persönliche Integrität des Klägers wegen seiner Kontakte zu Strafvollzug, Behörden und Ärzten in der Aus- und Weiterbildung über jeden Zweifel erhaben sein müsse.

Gegen das dem beklagten Land am 03.03.2017 zugestellte Urteil richten sich die am 03.04.2017 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.06.2017 mit am 02.06.2017 eingegangenem und dem Kläger am 22.06.2017 zugestelltem Schriftsatz begründete Berufung des beklagten Landes und die am Montag, d. 24.07.2017 eingegangene Anschlussberufung des Klägers. Das beklagte Land trägt vor, es werfe dem Kläger zwei sogenannte Fragebogenlügen vor. Den vom Arbeitsgericht herangezogenen Entscheidungen des BAG lasse sich kein Maßstab dafür entnehmen, wann ein längerer beanstandungsfreier Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in einem solchen Falle als entwertet gelten könne. Die vom Arbeitsgericht herangezogenen Grundsätze verwaltungsrechtlicher Rechtsprechung zur Entfernung von Soldaten aus dem Dienstverhältnis seien wegen der unterschiedlichen Folgen nicht auf die Kündigung von Arbeitsverhältnissen zu übertragen. Es könne im vorliegenden Zusammenhang nicht auf Verstöße gegen die Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit abgestellt werden, wenn der Arbeitgeber die Kündigung auf den Verlust des Vertrauens in den seine IMS-Vergangenheit leugnenden Arbeitnehmer stütze. Zudem habe das Arbeitsgericht fehlerhaft als das Maß der Verstrickung mindernd angesehen, dass der Gegenstand der Berichte des Klägers gegenüber dem Führungsoffizier institutsweit bekannt gewesen sei. Auch derartige Informationen habe das MfS für Überwachungsstrategien nutzen können. Der zeitliche Umfang der MfS-Tätigkeit des Klägers sei vom Arbeitsgericht falsch gewichtet worden, weil diese lediglich aufgrund der Wende beendet worden sei und andernfalls fortgesetzt worden wäre. Es sei ferner davon auszugehen, dass die Angaben des Führungsoffiziers über die Anzahl von Treffen mit dem Kläger und Berichten zutreffend seien, nach Erfahrung des Bundesbeauftragten seien derartige Aufzeichnungen nur schwerlich „geschönt“. 

Zudem habe das Arbeitsgericht das Verhalten des Klägers im Gespräch vom 14.10.2016 falsch bewertet. Das Gespräch habe dem Kenntnisgewinn hinsichtlich möglicher Belastungen des Klägers dienen sollen, der Kläger habe aber nicht nur die Frage nach der Verpflichtungserklärung, sondern auch nach seiner Tätigkeit für das MfS unwahr beantwortet. Dieses erneute Leugnen habe die Eignung des Klägers für seine geschuldete Tätigkeit irreversibel beseitigt. Das Arbeitsgericht habe auch verkannt, dass das Verhalten des Klägers nach dem Gespräch vom 14.10.2016 darauf hinausgelaufen sei, nur das einzuräumen, was er nicht mehr habe bestreiten können. Soweit das Arbeitsgericht darauf abstelle, dass der Kläger auch an weniger exponierten Stellen im Landesdienst beschäftigt werden könne, verkenne es, dass Tätigkeiten der Entgeltgruppe 15 TV-L immer mit einer erheblich herausgehobenen Verantwortung verbunden seien. Auch eine sehr öffentlichkeitswirksame Berichterstattung zum vorliegenden Verfahren sei zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Die IMS-Tätigkeit des Klägers sei nun der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden, weshalb das Arbeitsgericht insoweit zu Recht das beklagte Land nicht zur Weiterbeschäftigung des Klägers im Prozess verurteilt habe. Es sprächen über die Unsicherheit betreffend den Prozessausgang hinausgehende Umstände für eine Nichtbeschäftigung, weil der Kläger aus der öffentlichen Verwaltung herausgehalten müsse, so lange die Unhaltbarkeit des Vorwurfes zweimaligen Leugnens der MfS-Tätigkeit sich nicht rechtskräftig herausgestellt habe. 

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 07.02.2017 – 3 Ca 2019/16 – wird teilweise abgeändert, soweit es darauf erkannt hat, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die mit Schreiben des beklagten Landes vom 16.12.2016 zum 30.06.2017 erklärte ordentliche Kündigung aufgelöst wird.

Ferner beantragt es,

die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ferner beantragt er im Wege der Anschlussberufung,

Das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 07.02.2017, zugestellt am 03.03.2017, Az. 3 Ca 2019/16, wird abgeändert, soweit die Klage im Hinblick auf den Klageantrag zu 2. abgewiesen wurde.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreites als Oberarzt in dem Brandenburgischen L. für R. in Potsdam in Vollzeit weiter zu beschäftigen. 

Der Kläger trägt vor, das Arbeitsgericht habe zutreffend die Grundsätze zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen im Zusammenhang mit einer Tätigkeit für das MfS zur Anwendung gebracht. Soweit es verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung heranziehe, könnten diese bei der Präzisierung des Begriffs „Verstrickung“ Anwendung finden. Es gebe keinen Grund, an diesen Begriff in unterschiedlichen Statusverhältnissen unterschiedliche Anforderungen zu stellen. Im Hinblick auf die Bewertung des Gespräches vom 14.10.2016 halte das Arbeitsgericht zutreffend fest, dass die Frage nach der Abgabe einer Verpflichtungserklärung nicht mehr den Zweck gehabt habe können, sich Kenntnisse über eine mögliche Belastung des Klägers zu verschaffen, denn die MfS-Akte habe dem beklagten Land bereits vorgelegen. Es sei dem Arbeitgeber untersagt, mit der Frage nach einer bereits bekannten Tätigkeit für das MfS die Wahrheitsfreude des Arbeitnehmers zu überprüfen mit dem Ziel, ggf. einen Kündigungsgrund zu schaffen. Das beklagte Land habe das Verhalten des Klägers in und nach dem Gespräch vom 14.10.2016 nur rudimentär bewertet und unterstelle fälschlich, der Kläger habe weitaus mehr MfS-Tätigkeiten entfaltet, als angegeben. Alle seine Berichte hätten Bezüge zu seiner damaligen beruflichen Tätigkeit gehabt, ihr Gegenstand sei allseits bekannt gewesen. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht jedoch angenommen, das Weiterbeschäftigungsinteresse des Klägers überwiege trotz erstinstanzlichen Obsiegens nicht. Es seien keine Zweifel tatsächlicher Art hinsichtlich bestimmter Sachverhalte verblieben, vielmehr sei es das Ergebnis einer abwägenden Entscheidung des Arbeitsgerichts gewesen, dass das 26 Jahre unbeeinträchtigt bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch eine kurzzeitige MfS-Tätigkeit völlig entwertet sei. Dies sei auch im Zusammenhang mit dem Anspruch des Klägers auf Beschäftigung während des Kündigungsschutzverfahrens zu berücksichtigen.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien in der zweiten Instanz wird auf die Schriftsätze des beklagten Landes vom 02.06.2017 und vom 14.09.2017, den Schriftsatz des Klägers vom 24.07.2017 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.10.2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des beklagten Landes bleibt erfolglos. Die Anschlussberufung des Klägers führt hingegen zur Abänderung des angefochten Urteils.

Die Berufung des beklagten Landes ist gemäß den §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. c und Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, § 519 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 520 Abs. 3 ZPO ausreichend begründet worden. 

Die Berufung ist jedoch unbegründet und daher zurückzuweisen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den gegen die ordentliche Kündigung vom 16.12.2016 gerichteten zulässigen Klageantrag vom 04.01.2017 für begründet gehalten. Diese Kündigung ist gem. § 1 Abs. 1 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gem. §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 2 u. 3 KSchG anzuwendenden ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes sozialwidrig und daher rechtsunwirksam. Sie ist weder durch in der Person noch in dem Verhalten des Klägers liegende Gründe gerechtfertigt.

In der Person des Klägers liegende und zur ordentlichen Kündigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG berechtigende Gründe folgen weder aus der MfS-Tätigkeit des Klägers, noch aus der Falschbeantwortung zulässiger Fragen hierzu.

Dass der Kläger einschließlich seiner Berichtstätigkeit in der Kontaktphase im Zeitraum vom 14.07.1988 bis August 1989 als IMS für das MfS tätig war, berechtigt das beklagte Land nicht zum Ausspruch einer personenbedingten Kündigung.

Eine MfS Verstrickung kann einen personenbedingten Kündigungsgrund i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG für im öffentlichen Dienst beschäftigte Arbeitnehmer darstellen. Nicht jedem jedoch, der für das MfS tätig war, ist zu kündigen. Je größer das Maß der Verstrickung, desto unwahrscheinlicher ist die Annahme, dieser Beschäftigte sei als Angehöriger des öffentlichen Dienstes der Bevölkerung noch zumutbar. Beim inoffiziellen Mitarbeiter wird sich der Grad der persönlichen Verstrickung vor allem aus Art, Dauer und Intensität der Tätigkeit sowie aus Zeit und Grund der Aufnahme und der Beendigung der Tätigkeit für das MfS ergeben. Maßgebend ist, ob das Vertrauen der Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bei Bekanntwerden der Tätigkeit für das MfS in einer Weise beeinträchtigt würde, dem das Festhalten am Arbeitsverhältnis entgegensteht. Insbesondere zu beachten ist im Rahmen der Interessenabwägung die Art der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer in dem in Frage stehenden Arbeitsverhältnis ausübt. Ob das Vertrauen in die Verwaltung durch die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers erschüttert wird, hängt auch davon ab, welche Wirkungsmöglichkeiten und Befugnisse der Arbeitnehmer in seinem jetzigen Arbeitsverhältnis hat. Der Frage, ob trotz der früheren Tätigkeit eine Fortsetzung des jetzigen Arbeitsverhältnisses noch gerechtfertigt ist, wohnt dabei auch ein zeitliches Element inne. Eine feste Zeitgrenze besteht indes nicht. Vielmehr bedarf es einer Abwägung des Zeitablaufs mit dem Gewicht der Kündigungsgründe. Maßgebend sind die konkreten Umstände des Einzelfalles. Längere beanstandungsfreie Zeiträume können auf Bewährung, innere Distanz und Abkehr von früheren Einstellungen und Taten hinweisen.

Die damalige MfS Tätigkeit des im öffentlichen Dienst beschäftigten Klägers stellt nach den vorgenannten Ausführungen einen an sich zur personenbedingten Kündigung berechtigenden Grund dar. Aus der gebotenen Interessenabwägung folgt jedoch, dass die streitgegenständliche ordentliche Kündigung gleichwohl sozial ungerechtfertigt ist.

Zu Lasten des Klägers ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass er im Zeitraum vom 14.07.1988 bis August 1989 vom äußeren Umfang her keine unbedeutende Tätigkeit als IMS für das MfS entfaltet hat. Bereits in der Kontaktphase hat er bereitwillig und ohne Zwang Berichte über Kollegen, seinen Vorgesetzten und deren Angehörige abgegeben. Auch nach Abgabe der Verpflichtungserklärung hat er konspirativ handelnd mit jedenfalls 5 bis 6 Berichten eine nicht  lediglich als gering einzuschätzende Zuarbeit für das MfS erbracht, die nicht aufgrund Willensentschlusses des Klägers, sondern aufgrund der im Herbst 1989 eingetretenen Wende beendet wurde. Dass der Kläger als IMS mehr als 5 bis 6 Berichte verfasste und es auch mehr als 5 bis 6 konspirative Treffen mit dem Führungsoffizier gab, kann nicht festgestellt werden, selbst wenn es nach der „Einschätzung der 1.Phase der Zusammenarbeit IMS Paul“ durch den Führungsoffizier vom 02.06.1989 8 Treffen und 11 Berichte gegeben haben soll. Auch wenn zugunsten des beklagten Landes unterstellt wird, dass derartige Aufzeichnungen des MfS schwerlich „geschönt“ waren, folgt daraus nicht mit der erforderlichen Zweifelsfreiheit, dass es im vorliegenden Falle keine bewussten oder unbewussten Fehlaufzeichnungen des Führungsoffiziers gegeben hat. Unabhängig davon ist aber eine sich über den Zeitraum vom 13.09.1988 bis 02.06.1989, also etwa achteinhalb Monate verteilende Anzahl von acht Treffen und 11 Berichten nicht als äußerlich feststellbar deutlich höhere Verstrickung zu bewerten als eine sich über den gleichen Zeitraum verteilende Anzahl von fünf bis sechs Treffen und Berichten. Jedenfalls ist die Verstrickung des Klägers in Bezug auf zeitlichen Umfang und Anzahl von konspirativen Treffen und Berichten nicht als geringwertig einzustufen. Der zeitliche Umfang von nicht mehr als vierzehn Monaten ließe es andererseits selbst bei acht Treffen und elf Berichten als IM noch nicht zu, von einer äußerlich besonders hoch einzustufenden Verstrickung zu sprechen. Dass sich aus dem Inhalt der in der Kontaktphase oder nach dem 13.09.1988 als IMS erstatteten Berichten demgegenüber eine als besonders schwerwiegend einzustufende Verstrickung des Klägers ergibt, legt auch das beklagte Land nicht dar, selbst wenn es mit der Berufung der Auffassung des Arbeitsgerichts entgegentritt, es habe keine Weiterleitung von vertraulichen oder im Wege der Bespitzelung erhaltener und Dritten potentiell schädlicher Informationen gegeben. Bei dem Vortrag des beklagten Landes in der Berufungsbegründung, es könne nicht darauf abgestellt werden, ob dem Kläger Verstöße gegen die Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen werden können, wenn der Arbeitgeber aufgrund verlorenen Vertrauens in den leugnenden Arbeitnehmer kündige, unterstellt es selbst, dass es eine besonders schwere Verstrickung des Klägers nicht gegeben hat. Das beklagte Land zeigt auch an keiner Stelle auf, in welchen Handlungen eine besonders schwere Verstrickung des Klägers liegt. Wenn es ausführt, dass der Kläger ohne die Wende zur Verstetigung seiner beruflichen Perspektive in der MMA dort weiter IMS geblieben wäre, ist dies eine Schlussfolgerung rein hypothetischer Natur und vermag eine besonders schwere Verstrickung nicht zu begründen.

Der somit nach zeitlichem Umfang und Anzahl sowie Inhalt der erstatteten Berichte jedenfalls nicht als besonders schwer zu bewertenden Verstrickung des Klägers steht ein Zeitraum von über 27 Jahren gegenüber, der seit der Beendigung der Tätigkeit des Klägers für das MfS vergangen ist und innerhalb dessen der Kläger bei einem ausweislich der Entgeltbescheinigung für Oktober 2016 anerkannten Eintrittszeitpunkt vom 03.10.1990 über 26 Jahre unbeanstandet für das beklagte Land in verschiedenen Funktionen tätig gewesen ist. Ein solcher Zeitraum ist grundsätzlich geeignet, auf die Änderung früherer Haltungen und der Einstellung zur eigenen Vergangenheit, Bewährung, innere Distanz und Abkehr von früheren Einstellungen und Taten hinzuweisen. Über einen solchen Zeitraum zurückliegende Vorgänge können nur dann für die Beurteilung der Eignung zur Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit noch Bedeutung erlangen, wenn sie besonders schwer wiegen oder spätere Verstrickungen für sich allein genommen noch keine eindeutige Entscheidung zulassen. Diese Grundsätze verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung, die dazu geführt haben, dass Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes Fragen des Arbeitgebers nach einer MfS-Tätigkeit bereits nach der Wende vorbehaltlich besonders schwerer Verstrickung wahrheitswidrig verneinen durften, wenn sie vor dem Jahre 1970 abgeschlossen war, beanspruchen auch im vorliegenden Zusammenhang Geltung, in dem die MfS-Tätigkeit zwar bei Beginn des Arbeitsverhältnisses nur ein Jahr, im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung jedoch über 27 Jahre zurücklag. Die Tätigkeit des Klägers für das MfS ist entsprechend den voranstehenden Ausführungen nicht als besonders schwerwiegend anzusehen, eine zeitlich näher liegende Verstrickung des Klägers, zu deren Bewertung sie hinzugezogen werden könnte, liegt nicht vor. Sie kann daher für sich gesehen für die Beurteilung der Eignung des Klägers für seine weitere Tätigkeit als Facharzt und stellvertretender Direktor des BLR auch dann keine ausschlaggebende Bedeutung erlangen, wenn man berücksichtigt, dass der Kläger in herausgehobener Funktion im Brandenburger Landesdienst beschäftigt ist. Auch die mit dem Kläger in Kontakt kommenden Vertreter von Behörden oder Ärzte sowie sonstige betroffene Teile der Bevölkerung werden redlicher Weise in Betracht ziehen, dass der zeitliche Abstand zur MfS Tätigkeit des Klägers und seine langjährige Bewährung im Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land ausreichendes Indiz sind für eine Abkehr von seinen früheren Einstellungen zur Tätigkeit des MfS und der Bereitwilligkeit zur Mitwirkung an menschenrechtswidrigen Überwachungsmaßnahmen. Allein die vor 27 Jahren beendete MfS-Tätigkeit des Klägers rechtfertigt daher nach gebotener Interessenabwägung die streitgegenständliche Kündigung nicht.

Auch dass der Kläger Fragen des beklagten Landes nach seiner früheren MfS-Tätigkeit mehrfach bewusst unwahr beantwortete, berechtigt das beklagte Land unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalles nicht zur ordentlichen personenbedingten Kündigung.

Unabhängig von der Tätigkeit für das MfS selbst ist auch die Falschbeantwortung von Fragen nach einer MfS-Tätigkeit und einer Verpflichtungserklärung an sich geeignet, einen in der Person des AN liegenden Kündigungsgrund i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG darzustellen. Vor allem nach der Wende in Personalfragebogen gestellte Fragen nach der MfS-Tätigkeit und der Abgabe einer Verpflichtungserklärung sind zulässig und waren vom Arbeitnehmer wahrheitsgemäß zu beantworten. Die Ausübung des Fragerechts diente letztlich der Bereinigung des übernommenen öffentlichen Dienstes von vorbelastetem Personal und damit der Schaffung einer leistungsfähigen öffentlichen Verwaltung, einem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut. Das MfS bildete den eigentlichen Repressionsapparat des SED-Staates. Wer aufgrund eigenen Willensentschlusses und ohne entschuldigenden Zwang eine Erklärung unterzeichnet hat, künftig für das MfS als inoffizieller Mitarbeiter tätig zu werden, begründet bereits hierdurch erhebliche Zweifel an seiner persönlichen Eignung für eine Tätigkeit innerhalb des öffentlichen Dienstes. Die Falschbeantwortung von Fragen nach einer MfS-Tätigkeit und einer Verpflichtungserklärung offenbart darüber hinaus regelmäßig die mangelnde persönliche Eignung für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst. Die Beantwortung dieser Fragen ist für den öffentlichen Arbeitgeber von besonderer Bedeutung. Wer zu diesen Fragen falsche Angaben macht, missbraucht das Vertrauen seines Dienstherrn gröblich. Die Falschbeantwortung belegt aber nicht zwangsläufig die mangelnde persönliche Eignung des Arbeitnehmers. Neben dem Maß individueller Schuld des Arbeitnehmers sind vielmehr alle sonstigen Umstände des Einzelfalls, die für oder gegen die persönliche Eignung des Arbeitnehmers sprechen, in die Beurteilung einzubeziehen. 

Der Kläger hat vom beklagten Land in zulässiger Weise gestellte Fragen nach einer Tätigkeit für das MfS wissentlich falsch beantwortet, weshalb auch in dieser Hinsicht ein an sich zur personenbedingten Kündigung berechtigender Grund vorliegt.

Dies gilt für die unter Nr. 18 im Personalfragebogen vom 30.12.1991 an erster und dritter Stelle aufgeführten und vom Kläger verneinten Fragen. 

Der Kläger war unstreitig für das MfS tätig gewesen und hat eine Verpflichtungserklärung unterschrieben. Der Kläger hat nicht behauptet, ihm sei die etwas mehr als zwei Jahre zurückliegende MfS Tätigkeit und die Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung bei Ausfüllung des Fragebogens nicht bewusst gewesen, vielmehr gab er im Personalgespräch vom 14.10.2016 an, er habe die MfS Tätigkeit seinerzeit nicht angegeben, weil er sonst hätte gehen müssen und bezog sich dabei auf einen seiner Auffassung nach vergleichbaren Fall. Auch in der Email vom 15.10.2016 gab er an, er habe damals in dem Glauben gehandelt, dass die Verpflichtungserklärung mit der Auflösung der Staatssicherheitsbehörde vernichtet worden sei. Dies stellt einen an sich zur personenbedingten Kündigung berechtigenden Grund dar.

In der erneuten Falschbeantwortung von Fragen des beklagten Landes im Gespräch vom 14.10.2016 liegt hingegen kein neuer oder ergänzender Kündigungsgrund im Sinne der vorgenannten Grundsätze.

Nach Treu und Glauben besteht eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Voraussetzung ist ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers an der Beantwortung der Frage. Die Frage nach einer Tätigkeit für das MfS steht im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und dient dem Zweck, ungeeigneten Personen zu kündigen. Zur Eignung eines Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst gehört das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die wahrheitsgemäße Antwort der Frage nach einer die Verfassungstreue des Arbeitnehmers in Frage stellenden MfS-Tätigkeit ist erforderlich, damit Zweifel an dessen Eignung ausgeräumt werden oder der öffentliche Arbeitgeber solchen Zweifeln im Einzelnen nachgehen kann. Kein berechtigtes Interesse an der Beantwortung der Frage nach einer MfS-Tätigkeit oder der Abgabe einer Verpflichtungserklärung hat der Arbeitgeber hingegen, wenn er die entsprechenden Kenntnisse bereits besitzt. Die Frage bezweckt nicht einen Test oder eine Prüfung der Wahrhaftigkeit des Arbeitnehmers in dem Sinne, dem Arbeitgeber einen nicht vorhandenen Kündigungsgrund erst zu verschaffen. Würde vorliegend die Falschbeantwortung der Frage Nr. 18 im Fragebogen vom 30.12.1991 durch den Kläger in Anbetracht aller relevanten Einzelfallumstände bereits einen personenbedingten Kündigungsgrund darstellen, so käme der erneuten Falschbeantwortung keine ausschlaggebende Relevanz im Sinne eines erneuten Kündigungsgrundes mehr zu. Würde jedoch die Falschbeantwortung vom 30.12.1991 in Abwägung aller Umstände eine Kündigung nicht sozial rechtfertigen können, so könnte die erneute Falschbeantwortung vom 14.10.2016 dem beklagten Land nicht zu dem bis dahin nicht vorhandenen Kündigungsgrund verhelfen. 

Vorliegend hatte das beklagte Land am 14.10.2016 durch Einsicht in die vom BStU übersandten Unterlagen bereits Kenntnis davon, dass der Kläger in der Kontaktphase gegenüber einem Mitarbeiter des MfS über Arbeitskollegen, seinen Vorgesetzten und deren Angehörige berichtet hatte, dass er eine Verpflichtungserklärung abgab und anschließend als IMS des MfS Berichte erstattete sowie an konspirativen Treffen mit dem Führungsoffizier des MfS teilnahm. Es bestand also kein berechtigtes Aufklärungsinteresse mehr, den Kläger zu einer MfS-Tätigkeit und der Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu befragen, ohne ihm zuvor die beigezogenen Unterlagen des BStU vorzuhalten. Soweit das beklagte Land darauf verweist, es sei darum gegangen, mit dem Kläger in einem Gespräch über Art und Ausmaß seiner Tätigkeit zu forschen, weil die Unterlagen des BStU offensichtlich unvollständig waren, hätte es dieses Gespräch auch nach Vorhalt der Unterlagen führen können. Dass ein solches Gespräch ohne vorherige Mitteilung der bereits vorliegenden Erkenntnisse geeignet war, einen höheren Erkenntnisgewinn zu erlangen, ist nicht ersichtlich. Vielmehr wäre die vorherige Einsichtnahme des Klägers in die Unterlagen eher geeignet gewesen, die Erinnerung des Klägers an die lange zurückliegende Berichtstätigkeit und deren Inhalte aufzufrischen und auch dort zusätzliche Erkenntnisse vom Kläger zu erlangen, wo die Unterlagen unvollständig blieben. Einen berechtigte Aufklärungsinteressen betreffenden Nachteil hätte das beklagte Land durch die Vorlage der Unterlagen nicht erlitten, auch die Falschbeantwortung der Frage nach der Abgabe einer Verpflichtungserklärung und die auf den rein dienstlichen Kontakt beschränkte Beantwortung der Frage nach einer Zusammenarbeit mit dem MfS hat dem beklagten Land keinen Nachteil zugefügt. Allein die Erforschung der Frage, ob der Kläger nunmehr gewillt war, von sich aus von seinem bisherigen Leugnen einer MfS-Tätigkeit abzurücken, stellt keinen erneuten oder ergänzenden personenbedingten Kündigungsgrund mangelnder Wahrheitstreue dar. 

Das schließt es allerdings nicht aus, das erneute Leugnen trotz fehlenden Aufklärungsinteresses im Rahmen der Interessenabwägung bei der Frage zu berücksichtigen, ob die Falschbeantwortung der Frage Nr. 18 vom 30.12.1991 auch nach knapp 25 Jahren noch zur personenbedingten Kündigung berechtigt. Ob der beanstandungsfreie Bestand des Arbeitsverhältnisses aufgrund des festzustellenden Grades der Verstrickung des Klägers vollständig entwertet ist, hängt auch davon ab, ob der Betroffene die MfS-Tätigkeit nach  der ursprünglichen Falschbeantwortung weiterhin aktiv verdeckt hat. Dass das beklagte Land am 14.10.2016 kein berechtigtes Interesse hatte, die Frage nach einer MfS-Tätigkeit und der Abgabe einer Verpflichtungserklärung ohne Vorlage der BStU-Unterlagen zu stellen, führt nicht dazu, dass die unwahre Beantwortung dieser Frage im Kündigungsschutzprozess einem Verwertungsverbot unterläge oder keinen Indizwert haben könnte. Allerdings kann im Rahmen der Interessenabwägung dann auch berücksichtigt werden, dass das beklagte kein berechtigtes Interesse an der Frage und aufgrund ihrer Falschbeantwortung keinen Nachteil erlitten hatte. 

Die Falschbeantwortung zulässiger Fragen nach einer MfS-Tätigkeit rechtfertigt nicht ohne weiteres eine personenbedingte Kündigung. Es bedarf einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände. Ausschlaggebend ist, ob hiernach im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers zerstört ist. Je nach dem Grad der Verstrickung und dem daraus resultierenden Gewicht der pflichtwidrigen Falschbeantwortung der Frage nach einer MfS-Tätigkeit kann auch der längere beanstandungsfreie Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zur Kündigung teilweise oder völlig entwertet worden sein. 

Das Ausmaß der Verstrickung des Klägers ist hinsichtlich der Dauer seiner Zusammenarbeit mit dem MfS und der Anzahl konspirativer Treffen und Berichte sowie der Bereitwilligkeit des Klägers nicht als nur gering einzuschätzen, hinsichtlich des Inhaltes der an das MfS weiter gegebenen Informationen hat es hingegen ein eher geringes Gewicht. 

Wie bereits festgestellt hat es über einen Zeitraum von gut 13 Monaten eine Tätigkeit des Klägers für das MfS gegeben, die über seinen dienstlichen Kontakt zu demselben hinausging. Unabhängig davon, ob es nach dem 13.09.1988 nur fünf bis sechs Treffen und Berichte oder acht Treffen und elf Berichte gegenüber dem Führungsoffizier gegeben hat, ist die Verstrickung des Klägers nach den äußerlich feststellbaren Umständen wie zeitlichem Umfang und Anzahl von konspirativen Treffen und Berichten sowie seiner Bereitwilligkeit zur Zusammenarbeit mit dem MfS als nicht nur gering einzuschätzen aa)).

Im vorliegenden Zusammenhang ist mit dem Arbeitsgericht ist jedoch zugleich festzustellen, dass die Berichtstätigkeit des Klägers nicht auf Denunziation der Betroffenen hinauslief, vertraulich Mitgeteiltes wiedergab, die Privatsphäre Dritter in besonderem Maße betraf oder geeignet war, diesen Schaden zuzufügen. 

Entgegen der Auffassung der Berufung ist es unerheblich, dass das Arbeitsgericht dabei Grundsätze verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung zur Entfernung von Soldaten aus dem Dienstverhältnis herangezogen hat. Es hat dabei lediglich Aspekte bewertet, die ebenso geeignet sind, das Ausmaß der Verstrickung eines Arbeitnehmers des öffentlichen Dienstes inhaltlich zu bewerten. Dem steht nicht entgegen, dass ein bestimmtes Maß der Verstrickung im Hinblick auf die Folgen bei der Entfernung aus dem Dienstverhältnis als Soldat oder den Widerruf der Zulassung als Rechtsanwalt bei der Abwägung der Einzelfallumstände ggf. anders gewichtet werden muss als bei der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsgericht hat bei der Abwägung des Ausmaßes der Verstrickung des Klägers mit dem beanstandungsfreien Bestand des Arbeitsverhältnisses demgemäß allein auf die vom BAG entwickelten Grundsätze für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses abgestellt. Soweit danach das Ausmaß der Verstrickung erheblich ist, kommt es auch nach diesen Grundsätzen auf eine einzelfallbezogene Würdigung der Umstände der MfS Tätigkeit an. Eine solche Würdigung darf sich nicht allein auf äußerliche Umstände wie Dauer der MfS-Tätigkeit und Anzahl abgegebener Berichte beschränken. Auch Art und Intensität der Tätigkeit sind maßgeblich. Die vom Arbeitsgericht herangezogenen Kriterien sind geeignet, in diesem Zusammenhang eine zutreffende Bewertung des Verstrickungsausmaßes zu treffen. Ob Privatbereiche Dritter heimlich ausgespäht oder Informationen über offen zutage liegende Verhaltensweisen weiter gegeben wurden, ob die Informationen potentiell schädlich oder für den Betroffenen im System der DDR vielmehr sogar förderlich sein konnten, ob Herabwürdigendes berichtet wurde oder ob finanzielle Zuwendungen geleistet wurden kann durchaus für die Beantwortung der Frage relevant sein, ob das Vertrauen der Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bei Bekanntwerden der Tätigkeit für das MfS in einer Weise beeinträchtigt ist, dass am Arbeitsverhältnis nicht festgehalten werden kann.

Hiervon ausgehend hat das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt, dass keiner der in der Kontaktphase gegenüber dem Führungsoffizier des MfS erstatteten Berichte andere als offen zutage liegende Verhaltensweisen von Kollegen, Vorgesetzten und deren Angehörigen betraf. Soweit das beklagte Land zuletzt den Vortrag des Klägers zur Bekanntheit einer außerehelichen Affäre am MMA und der Informationen über den Stiefsohn eines Kollegen mit Nichtwissen bestritt, genügt es nicht seiner Darlegungs- und Beweislast. Der Kläger hat nachvollziehbar und substantiiert dargelegt, dass sowohl die Affäre als auch die Sorge eines Mitarbeiters der Militärmedizinischen Akademie über die Probleme seines Stiefsohnes mit der Ausübung von Arbeitstätigkeiten im Kollegenkreis bekannt und Gesprächsgegenstand waren. Den Berichten des Führungsoffiziers über die Gespräche mit dem Kläger lässt sich nichts anderes entnehmen. Es wäre daher nun Sache des beklagten Landes gewesen, Umstände vorzutragen, die dafür sprechen, dass es sich dabei tatsächlich um dem Kläger vertraulich zugetragene oder im Wege der heimlichen Ausspähung erlangte Informationen gehandelt hat. Wenn in den genannten Fällen auch Vorgänge aus der Privatsphäre anderer Personen betroffen waren, muss doch berücksichtigt werden, dass diese von den Betroffenen freiwillig im Kollegenkreis bekannt gegeben oder vor diesem offen ausgetragen worden waren. Zu Recht hat das Arbeitsgericht ferner darauf abgestellt, dass das letzte Gespräch in der Kontaktphase vom 08.08.1988 seitens des Klägers zwar durchaus Einschätzungen Dritter herabwürdigenden Charakters beinhaltete, indem insbesondere das Erscheinungsbild Ehefrau des Vorgesetzten vom Kläger als eher ärmlich dargestellt und diese als gesellig und redselig beschrieben wurde, jedoch letztlich auch mit diesen Informationen weder im Wege heimlicher Bespitzelung oder der Vertraulichkeit Erfahrenes bzw. für den Kläger erkennbar Dritten potentiell Schädliches an das MfS weiter gegeben wurde. Insbesondere wurde der Vorgesetzte als eigentliches Objekt der Berichtstätigkeit vielmehr als im Sinne des Systems der DDR zuverlässig und linientreu dargestellt und damit gerade nicht der Gefahr systembedingter Verfolgungshandlungen ausgesetzt. 

Soweit die Berufung darauf hinweist, dem MfS hätten bekanntermaßen auch für sich gesehen scheinbar unwichtige und allgemein bekannte Details als Mosaiksteine für Personen- und Umfeldeinschätzungen, der Kaderpolitik, weitere Überwachungsstrategien, Zersetzungspläne oder Ermittlungsverfahren gedient, folgt daraus nicht ein erhöhtes Maß der Verstrickung des Klägers. Dass der Kläger allein schon aufgrund seiner Berichtstätigkeit für das MfS und unabhängig davon, ob er Bekanntes, Belangloses, dem Fortkommen Dritter Förderliches oder Nachteiliges berichtete, in kündigungsrechtlich relevantem Maße in das menschenrechtswidrige System der Bespitzelung ahnungsloser Menschen verstrickt war, steht außer Frage und äußert sich darin, dass diese Verstrickung und die wahrheitswidrige Beantwortung der Frage danach an sich geeignet sind, einen personenbedingten Kündigungsgrund darzustellen. Gleichwohl ist es nach vorgenannten Grundsätzen erforderlich festzustellen, ob das Maß der Verstrickung nach den Einzelfallumständen so hoch zu gewichten ist, dass es dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nach langem und unbeanstandetem Bestand noch unzumutbar macht.

Dass die vom Kläger nach dem 13.09.1988 erstatteten Berichte demgegenüber heimlich Ausgeforschtes, vertraulich Erfahrenes oder für Dritte potentiell Nachteiliges betrafen, lässt sich nicht feststellen. Unterlagen des MfS zum Inhalt dieser Berichte liegen nicht vor, das beklagte Land hat zu dem Inhalt dieser Berichte nichts vorgetragen. Nach dem Vortrag des Klägers betraf seine Berichtstätigkeit als IMS den Vorgesetzten als „NSA Reisekader“ und „Geheimnisträger“, dessen Kubareise wie geplant stattgefunden und zu keinen Unregelmäßigkeiten geführt habe. Im Übrigen hätten seine Berichte als IMS allgemeine bekannte Themen betroffen, die zum Teil bereits länger zurück gelegen hätten. Auch diesem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, dass in der IMS-Phase eine inhaltlich anders zu bewertende Berichtstätigkeit stattgefunden hat.

Soweit sich das beklagte Land auf den in den Unterlagen des BStU befindlichen Vermerk über die vom Kläger gemeldete Nichtrückkehr eines Onkels und einer Tante von einem Westbesuch bezieht, war dies von ihm unstreitig bereits aufgrund seiner Dienstpflichten der militärischen Führung mitzuteilen. Dass er dies ausweislich eines Eintrags des Führungsoffiziers wohl auch diesem am 22.08.1989 mitteilte, stellt keine besonders erschwerend zu berücksichtigende Tatsache dar. Die in den Unterlagen befindliche Anlage 1.11 weist aus, dass unabhängig von dem Bericht gegenüber dem Führungsoffizier bereits die dienstpflichtgemäß dem Chef der MMA erstattete Meldung zu den Akten des MfS gelangte. 

Die Kammer folgt dem Arbeitsgericht auch darin, dass der Zuwendung einer Schreibmappe im Wert von 30,50 Mark der DDR, die als Zuwendung geldwerter Art grundsätzlich geeignet ist, das Maß der Verstrickung zu erhöhen, nach den hier vorliegenden Umständen keine besonders erschwerende Bedeutung zukommt. Darin lag eine einmalige Zuwendung in dem Gesamtzeitraum der Berichtstätigkeit von 15 Monaten, die keinen Anlass dafür hergibt, von einer besonders hohen Leistungsbereitschaft des Klägers auszugehen. Ein solcher folgt auch nicht aus dem Vermerk im Ausgabebeleg, die Schreibmappe sei als Anerkennung für geleistete Arbeit übergeben worden. Dass der Kläger wegen besonders herausgehobener Berichtstätigkeit belohnt werden sollte, lässt sich in Anbetracht der vorliegenden Berichte über im Wesentlichen im damaligen Kollegenkreis Bekanntes daraus nicht schließen. Mit dem Arbeitsgericht geht die Kammer davon aus, dass nicht festgestellt werden kann, dass die Zuwendung mehr als der Motivationsförderung dienen sollte.

Über die Feststellungen des Arbeitsgerichts hinaus ist das Maß der Verstrickung abschwächend auch zu berücksichtigen, dass die IMS-Tätigkeit des Klägers im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Zugehörigkeit zur NVA erfolgte. Es ist zu Gunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass während des Armeedienstes eine Verknüpfung von Dienstpflicht und MfS-Anwerbung leichter war als außerhalb der Armee. Das trifft auch auf den Kläger zu, der aufgrund seiner Tätigkeit als Militärarzt im MMA in besonderem Maße dienstlichen Kontakt zu MfS-Mitarbeitern hatte. Auch wenn seine Berichtstätigkeit jedenfalls während der Kontaktphase über dienstliche Belange hinausging, darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger bereits als Offizier der NVA und aufgrund seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit der Obduktion von Opfern nicht natürlicher Todesfälle mit Schusswaffen einschließlich der Obduktion von Todesopfern von Schusswaffengebrauch an der Berliner Mauer häufigen Kontakt mit dem MfS hatte und deshalb die Hemmschwelle für ihn, über den dienstlichen Kontakt hinaus auch als IM für das MfS tätig zu werden, niedriger war. 

Der nach äußeren Umständen nicht als nur gering, hinsichtlich des Inhaltes der weiter gegebenen Informationen hingegen eher als gering einzuschätzenden MfS-Tätigkeit steht ein langer Bestand des Arbeitsverhältnisses gegenüber.

Bis zum Gespräch der Parteien vom 14.10.2016 bestand ihr Arbeitsverhältnis gerechnet ab der Falschbeantwortung des Personalfragebogens vom 30.12.1991 knapp 25 Jahre, seit dem anerkannten Eintrittszeitpunkt mehr als 26 Jahre. Der Kläger hat bereits 1994 eine Leitungsfunktion als Leiter der Außenstelle übertragen bekommen und wurde 2011 stellvertretender Leiter des BLR. Das beklagte Land wählte ihn zuletzt für die Besetzung des Direktorenpostens aus. Neben dem reinen Zeitablauf ist diese Entwicklung des Klägers ein starkes Indiz dafür, dass der Kläger in der Zeit nach der Wende sich von seinen früheren Einstellungen abgewendet hat. Die nach äußerlichen Indikatoren als nicht nur gering, dem Inhalt der Berichtstätigkeit hingegen als eher gering zu bemessende Verstrickung des Klägers vermag diesen Befund nicht vollständig zu entwerten. Das gilt auch, wenn man mit einbezieht, dass der Kläger keine unbedeutende Funktion im Landesdienst ausübt, was geringere Anforderungen an das zur Entwertung des bisherigen Arbeitsverhältnisses geeignete Maß der Verstrickung zur Folge hat. Der Zeitraum, der seit der MfS-Tätigkeit des Klägers und der Falschbeantwortung vom 30.12.1991 vergangen ist, erstreckt sich auf mehr als ein halbes Erwerbsleben, innerhalb dessen der Kläger sich unstreitig Verdienste um die Wahrung der Interessen des beklagten Landes in vielfältiger Weise verdient gemacht hat. Dass der Kläger am 14.10.2016 bereits für die Besetzung der Stelle des Direktorenpostens ausgewählt war spricht ebenso wie der Umstand, dass der Kläger zuvor mit der Leitung der Außenstelle in Frankfurt/Oder und dann der Funktion des stellvertretenden Direktors betraut worden war dafür, dass die für derartige Funktionen unerlässliche Verfassungstreue und Integrität aus Sicht des beklagten Landes unzweifelhaft vorhanden waren. Unter diesen Umständen kann die bis Anfang Oktober 2016 vom beklagten Land unerkannte Tätigkeit des Klägers für das MfS und die Fragebogenlüge vom 30.12.1991 das Vertrauen der Bevölkerung und der mit dem Kläger dienstlich in Kontakt kommenden Personen in die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns bei aus Sicht des betroffenen Personenkreises redlicher und verständiger Betrachtung nicht mehr beeinträchtigen. Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang auch auf eine sehr öffentlichkeitswirksame Berichterstattung zum vorliegenden Kündigungsschutzverfahren verweist, wird es als gesetzesgebundene und dem Rechtsstaatsprinzip unterliegende Verwaltung ggf. auch negative Berichterstattung über die Weiterbeschäftigung des belasteten, aber bei zukunftsbezogener Betrachtung objektiv vertrauenswürdigen Klägers nicht diesem anlasten können.

Zwar ist im Rahmen der Interessenabwägung wie bereits ausgeführt ferner zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis durch das Verhalten des Klägers im Gespräch vom 14.10.2016 nochmals eine Belastung erfahren hat. Im Ergebnis führt aber auch dies nicht dazu, von einer vollständigen Entwertung des durch den bisherigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses erworbenen Vertrauens auszugehen.

Der Kläger hat im Gespräch vom 14.10.2016 erneut bewusst wahrheitswidrig die Frage nach Abgabe einer Verpflichtungserklärung verneint und auch die Frage nach seiner MfS Tätigkeit durch die Darstellung eines rein dienstlichen Kontakts bewusst unvollständig und damit verzerrt dargestellt. Dies tat er, wie sich aus der Email vom 15.10.2016 ergibt, weil er nicht ahnend, dass nach so langer Zeit seine Verpflichtungserklärung noch vorlag, das weitere Leugnen einer solchen für die beste Option hielt. Eine Augenblicksversagen in einer Überrumpelungssituation lässt sich nicht feststellen, auch wenn der Kläger bis zu dem Gespräch vom 14.10.2016 aufgrund der Einladung hierzu vom Vortage nur wusste, das „etwas von der Unterlagenbehörde zurückgekommen“ war. Dieses Verhalten ist indiziell grundsätzlich geeignet, auch nach langem Bestand des Arbeitsverhältnisses noch auf eine vollständige Entwertung desselben aufgrund der früheren Verstrickung hinzudeuten und den Schluss zuzulassen, dass die bisherige Beschäftigung nicht auf einem glaubwürdigen und nachhaltigen Neubeginn, sondern eher auf erfolgreicher Verheimlichung beruhte.

Ebenso ist im Rahmen der Interessenabwägung vorliegend aber zu berücksichtigen, dass der Kläger im Gespräch vom 14.10.2016 Fragen des beklagten Landes beantwortete, welche dieses mangels rechtlichen Interesses ohne vorherigen Vorhalt der Unterlagen nicht stellen durfte aa) ). Unter Berücksichtigung des Gesprächsverlaufs vom 14.10.2016 waren die Fragen nach der MfS Tätigkeit und der Verpflichtungserklärung lediglich geeignet, die Wahrheitstreue des Klägers zu überprüfen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes reduziert sich der Kern des beanstandungswürdigen Verhaltens des Klägers im Gespräch vom 14.10.2016 darauf, dass er die sich ihm bietende Chance, „reinen Tisch zu machen“ nicht von sich aus ergriff und wie im vor dem Gespräch vom 14.10.2016 liegenden Zeitraum seit der Fragebogenlüge vom 30.12.1991 weiterhin bewusst den eigentlichen Kern seiner Tätigkeit für das MfS als IM und die Abgabe einer VE nicht offen legte. Dieser Vorwurf konnte ihm aber bereits vor dem 14.10.2016 gemacht werden und ist letztlich immer dann zu machen, wenn der Arbeitnehmer nach einer Fragebogenlüge davon absieht, von sich aus die erzeugte Fehlvorstellung des Arbeitgebers zu beseitigen. Das Verhalten des Klägers kann aber nicht den Fällen gleichgestellt werden, in denen der Arbeitnehmer durch beharrliches und wiederholtes Leugnen der MfS Tätigkeit dazu beiträgt, dass eine mangels anderweitig erlangter Erkenntnisse bestehende Fehlvorstellung des Arbeitgebers aufrecht erhalten bleibt und dessen berechtigtes Aufklärungsinteresse vereitelt wird.

Zudem hat das Arbeitsgericht zu Recht das weitere Verhalten des Klägers im und nach dem Gespräch vom 14.10.2016 zu dessen Gunsten berücksichtigt. Dass der Kläger nach Vorlage der Verpflichtungserklärung diese nicht mehr abstritt, mag zunächst noch wenig zu seinen Gunsten aussagen, weil ihm als Alternative nur der offensichtlich kaum erfolgversprechende Fälschungseinwand zur Verfügung stand. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes ist aber zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass der Kläger dann in der Email vom 15.10.2016 zu näheren Einzelheiten seiner Tätigkeit als IMS berichtete, ohne zuvor entsprechende Einsicht in die dem beklagten Land vorliegenden Unterlagen des BStU erhalten zu haben, wovon das Arbeitsgericht, seitens des beklagten Landes in der Berufungsbegründung nicht gerügt, auf  Seite 25 des angefochtenen Urteils ausgeht. Dann aber kann sein Verhalten nach dem Gespräch vom 14.10.2016 nicht mit dem beklagten Land lediglich dahingehend gewürdigt werden, der Kläger habe nur zugegeben, was nicht zu bestreiten gewesen sei. Der Kläger wusste am 15.10.2016 noch nicht, welche Erkenntnisse das beklagte Land schon hatte und was nach Aktenlage ggf. von ihm erfolgversprechend nicht mehr hätte bestritten werden können. 

Es ist zudem zulässig, mit dem Arbeitsgericht auch das weitere Verhalten des Klägers im Kündigungsschutzprozess in die vorliegend gebotene Interessenabwägung mit einzubeziehen. Es mag mit dem beklagten Land nicht als „charakterliche Größe“ angesehen werden können, wenn im Prozess nicht bestritten wird, was nicht zu bestreiten ist. Andererseits gibt es aber auch keinen Vortrag dazu, dass der Kläger nach dem 14.10.2016 weiterhin bestimmte Vorgänge verbarg und nur dann, gewissermaßen scheibchenweise, neue belastende Umstände zugab, die er nicht mehr erfolgreich hätte bestreiten können. Es gibt insbesondere keinen substantiierten Vortrag des beklagten Landes dazu, dass der Kläger auch nach dem Gespräch vom 14.10.2016 bewusst nicht wahrheitsgemäße und unvollständige Angaben zu seiner Tätigkeit für das MfS gemacht hat. Dass es nach Behauptung des beklagten Landes der Erfahrung des Bundesbeauftragten entspricht, dass Aufzeichnungen des Staatssicherheitsdienstes auf Grund des dichten internen Netzes von Vorschriften und Kontrollmechanismen schwerlich „geschönt“ sind, wozu vorliegend auch die den Angaben des Klägers widersprechende Aufzeichnung von 8 Treffen und drei Tonband-Berichten gehört, kann – diesen Erfahrungssatz als zutreffend unterstellt – wie bereits ausgeführt nicht den Schluss rechtfertigen, dass es auch in den Aufzeichnungen des Führungsoffiziers des Klägers nicht bewusst oder irrtümlich zu unzutreffenden Aufzeichnungen gekommen ist. Im Übrigen stünde selbst dann nicht fest, dass dem Kläger nach über 26 Jahren die Erinnerung an die genaue Anzahl der Treffen und Berichte nicht abhanden gekommen ist und ihm deshalb auch nach dem 14.10.2016 ein Vorwurf hinsichtlich bewusst wahrheitswidriger Angaben zur Anzahl von Treffen und Berichten gemacht werden kann. Damit kann dem Kläger jedenfalls nicht zum Vorwurf gemacht werden, er habe Einzelheiten zu seiner Verstrickung auch nach dem 14.10.2016 noch beharrlich geleugnet und damit seine Aufrichtigkeit weiterhin in Frage gestellt. Die Angaben, die der Kläger, noch in Unkenntnis vom Inhalt der dem beklagten Land vorliegenden Unterlagen, in der Email vom 15.10.2016 zu seiner MfS Tätigkeit gemacht hat, hat er im Wesentlichen so auch im späteren Prozess aufrechterhalten. Dass sie unwahr oder bewusst unvollständig sind, lässt sich nicht feststellen.

Im Ergebnis vermag daher nach gebotener Interessenabwägung das Maß der Verstrickung des Klägers der Falschbeantwortung vom 30.12.1991 nicht das Gewicht zu geben, dass auch unter Berücksichtigung der nochmaligen Falschbeantwortung vom 14.10.2016 der im Übrigen sehr lange beanstandungsfreie Bestand des Arbeitsverhältnisses vollständig entwertet und daher zukunftsbezogen von nicht mehr herzustellendem Vertrauen des beklagten Landes in die Integrität und Redlichkeit des Klägers auszugehen ist. Auch unter dem Gesichtspunkt der Fragebogenlüge kann die angefochtene Kündigung daher als gem. § 1 Abs. 2 KSchG personenbedingt nicht gerechtfertigt werden.

Auch im Verhalten des Klägers liegende Gründe rechtfertigen die ordentliche Kündigung nicht.

Dies gilt zunächst bereits an sich für die MfS-Tätigkeit des Klägers. Diese erstreckte sich auf einen Zeitraum vor Begründung des Arbeitsverhältnisses der Parteien und konnte Verpflichtungen aus demselben nicht verletzen.

Auch die wissentliche Falschbeantwortung von Fragen nach einer MfS Tätigkeit im Personalfragebogen vom 30.12.1991 rechtfertigen die Kündigung nicht als eine verhaltensbedingte.

Die Falschbeantwortung der seinerzeit in berechtigtem Aufklärungsinteresse gestellten Fragen in Nr. 18 des Fragebogens durfte der Kläger nicht falsch beantworten. Die darin liegende Pflichtverletzung ist an sich geeignet, auch eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

Dahinstehen kann, ob angesichts des vom Kläger seinerzeit klar erkennbaren Aufklärungsinteresses des beklagten Landes dieser gleichwohl davon ausgehen konnte, dieses werde die bewusste Falschbeantwortung der Frage nicht zum Anlass für die Beendigung des  Arbeitsverhältnisses nehmen, so dass das beklagte Land nach Erlangung der Kenntnis von der Falschbeantwortung hierauf mit einer Abmahnung hätte reagieren müssen. Jedenfalls ergibt die gebotene Interessenabwägung, dass die angefochtene Kündigung auch als verhaltensbedingte wegen der Fragebogenlüge von 1991 nicht gerechtfertigt ist. Zur sozialen Rechtfertigung einer verhaltensbedingten Kündigung ist neben der Feststellung einer schuldhaften Vertragspflichtverletzung, der negativen Prognose und einer fehlenden zumutbaren Weiterbeschäftigungsmöglichkeit stets eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Diese ergibt hier, dass die Ende 1991 begangene Pflichtverletzung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für das beklagte Land nicht unzumutbar macht. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass die damalige Pflichtverletzung angesichts der lediglich hinsichtlich äußerer Faktoren nicht unerheblichen Verstrickung von nicht so hohem Gewicht ist, dass sie auch nach 25jährigem Bestand des AV noch geeignet ist, das Vertrauen des beklagten Landes zu zerstören. 

Die Bewährung in der Nach-Wende-Zeit ist auch bei der verhaltensbedingten Kündigung wegen einer Fragebogenlüge im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ferner ist auch hier zu berücksichtigen, dass der Kläger zwar am 14.10.2016 die Frage nach einer MfS Tätigkeit und der Abgabe einer Verpflichtungserklärung zwar wieder unwahr bzw. bewusst unvollständig beantwortete, das beklagte Land aber kein berechtigtes Interesse zu der erneuten Fragestellung ohne Vorlage der Unterlagen des BStU hatte und sich der Kläger bereits vor und auch seit der Kenntnisnahme vom Inhalt der Unterlagen des BStU wahrheitsgetreu verhalten hat.

Schließlich rechtfertigt auch die Falschbeantwortung von Fragen des beklagten Landes im Gespräch vom 14.10.2016 keine verhaltensbedingte Kündigung.

Da das beklagte Land kein berechtigtes Interesse hatte, dem Kläger die Frage ohne Vorlage der Unterlagen des BStU zu stellen, stellt es bereits keine an sich zur verhaltensbedingten Kündigung berechtigende Pflichtverletzung dar, wenn der Kläger die Frage erneut unwahr beantwortete.

Selbst wenn man aber unabhängig von einem Aufklärungsinteresse des beklagten Landes eine Pflicht des Klägers zu wahrheitsgetreuer Beantwortung der gestellten Fragen anerkennen würde, und man auch annähme, dass der Kläger nicht nur damit rechnen musste, er werde bei unwahrer Beantwortung nicht nur bei seiner Bewerbung für den Direktorenposten nicht mehr berücksichtigt, sondern das beklagte Land werde die erneute Falschbeantwortung zum Anlass für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nehmen, so dass auch eine Abmahnung nicht erforderlich gewesen war, ist bei wiederum gebotener Interessenabwägung das nicht vorhandene Aufklärungsinteresse des beklagten Landes, der fehlende Nachteil durch die Falschbeantwortung, das anschließend wahrheitsgetreue Verhalten des Klägers und das in der Nach-Wende-Zeit erworbene Vertrauen zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, so dass im Ergebnis auch hierauf eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung nicht gestützt werden kann.

Die gem. gem. §§ 66 Abs. 1 S. 3, 64 Abs. 6 ArbGG, 524 Abs. 2 S. 2 ZPO fristgerecht eingelegte und gem. §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 524 Abs. 3 S. 2, 520 Abs. 3 ZPO ausreichend begründete Anschlussberufung ist erfolgreich und führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils. Der Kläger kann von dem beklagten Land verlangen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites als Oberarzt im BLR weiter zu beschäftigen. 

Der gekündigte Arbeitnehmer hat außerhalb der Regelung der § 102 Abs. 5 BetrVG, § 79Abs. 2 BPersVG einen arbeitsvertragsrechtlichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Außer im Falle einer offensichtlich unwirksamen Kündigung begründet die Ungewissheit über den Ausgang des Kündigungsprozesses ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsprozesses. Dieses überwiegt in der Regel das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers bis zu dem Zeitpunkt, in dem im Kündigungsschutzprozess ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergeht. Solange ein solches Urteil besteht, kann die Ungewissheit des Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen. 

Hinzukommen müssen dann vielmehr zusätzliche Umstände, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergibt, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen.

Vorliegend ist die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 16.12.2016 auch zweitinstanzlich festzustellen. Gleichwohl überwiegende Interessen des beklagten Landes daran, den Kläger nicht zu beschäftigen, liegen entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht vor. Die zweifelsfreie persönliche Integrität des Klägers ist für die geltend gemachte Prozessbeschäftigung auch in Anbetracht der vom beklagten Land und dem Arbeitsgericht herangezogenen Außenwirkung der Beschäftigung des Klägers nicht erforderlich. Zu Recht weist dieser darauf hin, dass mit Ausnahme der Anzahl von konspirativen Treffen und Berichten alle wesentlichen tatsächlichen Umstände des Umfangs und Inhalts seiner Tätigkeit für das MfS unstreitig geblieben sind. Im Wesentlichen beruht die Frage, ob diese Umstände die Weiterbeschäftigung unzumutbar machen auf deren Bewertung. Wenn hiernach trotz einer früheren Verstrickung des Klägers nunmehr von ausreichendem Vertrauen in seine Integrität ausgegangen werden kann, ist dies auch bei der Entscheidung über den Weiterbeschäftigungsanspruch im Kündigungsschutzprozess zugrunde zu legen. Dass diese Bewertung von zukünftig mit dem Kläger in Kontakt kommenden Personen ggf. anders vorgenommen wird, als dies das Arbeitsgericht und die Berufungskammer tun, mag sein, bliebe aber unverändert auch dann so, wenn es zur Rechtskraft der Entscheidung kommt. 

Darin liegen keine besonderen, gerade im Kündigungsschutzprozess die Weiterbeschäftigung unzumutbar machenden Umstände. Geht man davon aus, dass die Belastung des Klägers einer Weiterbeschäftigung im Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land nicht entgegen steht, gilt dies nicht erst ab Rechtskraft einer Entscheidung über die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung.

Im Übrigen ist unklar, inwieweit der vom Kläger mit der Anschlussberufung allein geltend gemachte Anspruch auf Beschäftigung als Oberarzt überhaupt zwingend zu dem vom Arbeitsgericht herangezogenen Kontakt mit Strafvollzug, Behörden und Ärzten in der Weiterbildung führt oder vom beklagten Land vermieden werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Das beklagte Land wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
95 Artikel zu passenden Rechtsgebieten

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09/11/2012 11:59

Weiterbeschäftigungsmöglichkeit setzt freien Arbeitsplatz voraus, für den der Arbeitnehmer die erforderlichen Qualifikationen hat-LAG Hessen, 19 Sa 1342/11
17/10/2014 11:57

Überschreitet die in der Satzung eines Arbeitgeberverbandes bestimmte Kündigungsfrist die im Hinblick auf Art. 9 III GG zulässige Dauer, bleibt die Regelung in dem vereinbaren Umfang aufrechterhalten.
05/11/2015 13:32

Eine lang andauernde krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit in der unmittelbaren Vergangenheit stellt ein gewisses Indiz für die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit in der Zukunft dar.
Artikel zu Ordentliche Kündigung

Annotations

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.