Arbeitsrecht: Auslegung einer Verweisungsklausel
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Zur Auslegung einer vertraglichen Verweisungsklausel in einem Einzelfall der statischen Verweisung auf den BAT und der dynamischen Verweisung auf die hierzu ergangenen Vergütungs- und Sonderzahlungstarifvereinbarungen.
Ein Arbeitsvertrag außerhalb des öffentlichen Dienstes mit einer unbedingten dynamischen Verweisung auf die Vergütungstarifverträge zum BAT (Bund/Länder) in ihrer jeweiligen Fassung soll in seiner Entwicklung an diejenigen Vergütungsregelungen gebunden werden, die typischerweise gelten würden, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht werden würden (hier: Länder).
Ein Arbeitsvertrag mit einer solchen dynamisch auf die Vergütungstarifverträge der Länder verweisenden Klausel ist mit Inkrafttreten des TV-L am 1. November 2006 lückenhaft geworden. Die entstandene Lücke ist durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten in der Revision noch über die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel auf den BAT und weitere Tarifverträge und daraus resultierende Zahlungsansprüche des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 1. Juni 2000 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgänger als Sozialpädagoge beschäftigt. Die Beklagte betreibt in H gemeindepsychiatrische Einrichtungen und ist Zuwendungsempfängerin der H. Eine Tarifgebundenheit besteht und bestand auf Arbeitgeberseite nicht.
Der Rechtsvorgänger der Beklagten nutzte ab 1995 für alle Neueinstellungen ein Vertragsformular, das auch im Arbeitsverhältnis mit dem Kläger Verwendung fand. In Ziff. 3 dieses Vertrages, der mit dem Kläger am 5. Juni 2000 geschlossen wurde, heißt es ua.:
„Einbeziehung von Tarifverträgen und Geschäftsordnungen
Für das Arbeitsverhältnis gelten die Bestimmungen des BAT für den Bund und die Länder mit Anlagen und Sonderregelungen in der Fassung vom 01. Juli 1994 sowie die zugehörigen Vergütungs- und Sonderzahlungs-Tarifver-träge in ihrer jeweils gültigen Fassung, sofern in diesem Vertrag nichts abweichendes bestimmt ist. Die übrigen Ergänzungs-Tarifverträge zum BAT finden keine Anwendung.
Keine Anwendung finden die §§ 14, 15a Abs. 2, 43, 44, 49 und 53 Abs. 3, 55 und 69 BAT.“
Weitere Regelungen des Arbeitsvertrages befassen sich ua. mit der Eingruppierung des Klägers in der Vergütungsgruppe IVb BAT (Ziff. 4 Arbeitsvertrag) und mit einer - vom BAT abweichenden - Regelung zur betrieblichen Altersversorgung. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien beim Abschluss des Arbeitsvertrages nicht an die Möglichkeit gedacht, dass der BAT nicht fortgeführt werden könnte.
Der BAT wurde auf Arbeitgeberseite von der Bundesrepublik Deutsch- land, der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geschlossen und im Laufe der Zeit jeweils durch Änderungstarifverträge aktualisiert, so zB mit dem 69. Änderungstarifvertrag vom 25. April 1994 und dem 70. Änderungstarifvertrag vom 21. Dezember 1994. Am 1. Juli 1994 wurde kein Änderungstarifvertrag geschlossen. Ab 2005 vereinbarten die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit den Gewerkschaften neue Manteltarifverträge; der BAT wurde nicht fortentwickelt. Der letzte Änderungstarifvertrag zum BAT ist der 78. vom 31. Januar 2003.
Nach dem Abschluss des Arbeitsvertrages der Parteien am 5. Juni 2000 wurde der BAT in mehreren Regelungen verändert. Diese Änderungen wurden im Arbeitsverhältnis der Parteien nur in einem Fall teilweise umgesetzt; in mehreren anderen Konstellationen wurde der BAT trotz seiner Änderung durch Änderungstarifverträge in der vorherigen Version angewandt:
[7] Der BAT idF vom 25. April 1994 sah bei Niederkunft der Ehegattin des Arbeit- nehmers in § 52 einen Sonderurlaub von zwei Tagen vor. Dieser Anspruch wurde später auf einen Tag reduziert. Gleichwohl erhielt der Kläger anlässlich der Geburt eines Kindes im Februar 2002 noch einen Sonderurlaub von zwei Tagen. Ebenso wurde ihm im August 2005 ein zweitägiger Sonderurlaub anlässlich der Geburt eines weiteren Kindes gewährt.
Der 78. Änderungstarifvertrag vom 31. Januar 2003 verlegte die Fälligkeit der monatlichen Entgeltzahlung vom 15. des laufenden Monats auf den letzten Tag des Abrechnungsmonats. Trotzdem erhielt der Kläger auch weiterhin die Abrechnung und das Gehalt zum 15. des laufenden Monats.
Der in der Fassung des BAT vom 25. April 1994 noch vorgesehene, später aber ersatzlos gestrichene Sonderurlaub von zwei Tagen anlässlich eines Umzugs des Arbeitnehmers wurde dem Kläger noch im Jahr 2004 von der Beklagten gewährt.
Ferner ist dem Kläger die nach der im BAT geregelten Lebensaltersstufenregelung vorgesehene regelmäßige Vergütungserhöhung auch noch im Jahr 2007 gewährt worden, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits die Nachfolgetarifverträge des BAT vereinbart worden waren, in denen eine solche Vergütungserhöhung nicht mehr vorgesehen ist. Außerdem erhielt der Kläger sowohl 2007 als auch 2008 das in den Zusatztarifverträgen zum BAT, nicht jedoch in den Nachfolgetarifverträgen zugesicherte Urlaubsgeld.
Eine Ausnahme bildet insoweit die Streichung des bis zum 31. Januar 2003 nach § 15a BAT vorgesehenen sog. AZV-Tages (Ausgleich für Arbeitszeitverkürzung). Hierzu teilte die Beklagte mit Schreiben vom 14. Januar 2003 ihren Mitarbeitern mit:
„das diesjährige Tarifergebnis (…) sieht als Kompensationsleistung für die Tariferhöhung den Wegfall des AZV-Tages (aktueller BAT) mit Wirkung ab dem 01. Januar 2003 vor.
Leider kommen wir nicht daran vorbei, diesen in der HG wie folgt umzusetzen:
MitarbeiterInnen mit einem alten HG- Arbeitsvertrag (Geltung des BAT in der jeweiligen Fassung) und einem ‚Förderkreis’ - Arbeitsvertrag (ebenso) haben ab dem 01.01.2003 keinen AZV-Tag mehr.
(Beiden Mitarbeitergruppen ist weiterhin selbstverständlich die Möglichkeit eingeräumt, ihren Altvertrag auf einen aktuellen HG-Arbeitsvertrag umzustellen.)
Auch die MitarbeiterInnen mit einem aktuellen HG-Arbeitsvertrag (BAT-Stand 01.07.1994) verlieren einen AZV-Tag und haben somit ab dem 01.01.2003 nur noch einen.“
Der weitere AZV-Tag wurde dem Kläger bis zuletzt gewährt, obwohl auch dieser zweite AZV-Tag in der Fassung des BAT vom 31. Januar 2003 nicht mehr vorgesehen war.
Die Tarifreform im öffentlichen Dienst erfolgte in mehreren Schritten. Zum 1. Oktober 2005 vereinbarten die Arbeitgeber des Bundes und der Kommunen mit den Gewerkschaften den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Zum 1. November 2006 trat der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in Kraft. Zum Letzteren vereinbarten die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder). Dieser regelt in § 2 iVm. Anl. 1 Teil A Ziff. 1, dass der TV-L und der TVÜ-Länder im Bereich des öffentlichen Dienstes der Länder den BAT zum 1. November 2006 ersetzen.
Noch während der Tarifverhandlungen zum TV-L einigten sich die Ta- rifvertragsparteien am 8. Juni 2006 auf einen Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 (TV EZ-L). Dieser enthält auszugsweise folgende Regelungen:
„§ 1 Geltungsbereich
(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Beschäftigte, die unter den Geltungsbereich eines der nachstehenden Tarifverträge
a) Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT),
…
fallen oder die ab dem 1. November 2006 unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) fallen, …
§ 2
Einmalzahlung
(1) Die unter § 1 Abs. 1 Buchst. a bis d fallenden Beschäftigten erhalten folgende Einmalzahlungen:
a) Mit den Bezügen für Juli 2006 werden in den Vergütungs-/Lohngruppen
…
VergGr. Vb bis III, 0 Euro
als Einmalzahlung ausgezahlt.
b) Mit den Bezügen für Januar 2007 werden in den Entgeltgruppen
E 9 bis E 12 210 Euro
als Einmalzahlung ausgezahlt.
c) Mit den Bezügen für September 2007 werden in den Entgeltgruppen
E 9 bis E 12 300 Euro
als Einmalzahlung ausgezahlt.
(6) Die Einmalzahlung ist bei der Bemessung sonstiger Leistungen nicht zu berücksichtigen.
§ 4 In-Kraft-Treten
Dieser Tarifvertrag tritt am 1. Juli 2006 in Kraft. ...“
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag habe zur Folge, dass der BAT unter Berücksichtigung der im Vertrag genannten Ausnahmen dynamisch auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden sei, da es einen BAT „in der Fassung vom 01. Juli 1994“ nicht gegeben habe. Wegen der durch den Abschluss der Nachfolgetarifverträge entstandenen und von den Arbeitsvertragsparteien zuvor nicht bedachten Lücke sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass der TV-L und der TVÜ-Länder auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finde. Dies bedeute ua., dass ihm die im TV EZ-L geregelten Sonderzahlungen für die Monate Januar und September 2007 zuständen. Deren Höhe richte sich nach der Tarifvergütung für die Entgeltgruppe 9 TV-L, da der Kläger entsprechend seiner vorherigen Vergütungsgruppe nach dem BAT in diese hätte übergeleitet werden müssen.
Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Interesse, beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 510,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 210,00 Euro seit dem 1. Februar 2007 und aus 300,00 Euro seit dem 1. Oktober 2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass nicht nur der BAT in seiner am 1. Juli 1994 geltenden Fassung in statischer Form weiter Anwendung auf das Arbeitsverhältnis finde, sondern dass auch die Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge nur insoweit dynamisch in Bezug genommen worden seien, als sie in Ergänzung zum BAT vereinbart worden seien. Dies sei bezüglich des TV EZ-L nicht der Fall. Diese vertragliche Regelung sei auch abschließend, so dass es für eine ergänzende Vertragsauslegung keinen Anlass gebe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage, die ursprünglich über den jetzt noch gestellten Antrag hinaus auf die Feststellung der Anwendbarkeit des TV-L und des TVÜ-Länder auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gerichtet war, in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht den Feststellungsantrag abgewiesen, das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich des - jetzt allein noch streitigen - Zahlungsantrages jedoch bestätigt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Zahlungsantrag des Klägers rechtsfehlerfrei stattgegeben.
Das Landesarbeitsgericht hat die Anwendung des TV EZ-L auf das Arbeitsverhältnis der Parteien bejaht. Dies ergebe sich zwar nicht aus der Verweisungsklausel auf den BAT, da diese den BAT nicht in dynamischer, sondern in statischer Form, nämlich in der am 1. Juli 1994 geltenden Fassung in Bezug nehme. Der TV EZ-L sei jedoch ein Vergütungstarifvertrag, der den BAT ergänze. Die Vergütungstarifverträge zum BAT seien - im Gegensatz zum BAT selbst - im Arbeitsvertrag dynamisch in Bezug genommen worden. Der TV EZ-L sei zwar nur zum Teil als Vergütungstarifvertrag zum BAT anzusehen. Soweit er über den BAT „hinausweise“ und die Tarifgebundenheit an den TV-L vorsehe, ergebe sich seine Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aber aus einer ergänzenden Vertragsauslegung. Eine solche sei notwendig, da der Arbeitsvertrag in diesem Punkte im Nachhinein eine Lücke aufweise, die nach Maßgabe des mutmaßlichen Willens der Parteien zu schließen sei. Da diese jedenfalls die Vergütungstarifverträge zum BAT in dynamischer Form auf das Arbeitsverhältnis hätten anwenden wollen, zum BAT jedoch keine Vergütungstarifverträge mehr vereinbart würden, sei hinsichtlich der Anbindung des arbeitsvertraglichen Entgelts an die Vergütung des öffentlichen Dienstes eine nachträgliche Lücke entstanden. Diese sei durch die von den Parteien bei Einbeziehung einer solchen Möglichkeit mutmaßlich getroffene Vereinbarung zu füllen, wonach die Vergütung sich dynamisch nicht allein an den BAT, sondern - übergreifend - an den Vergütungsregelungen im öffentlichen Dienst, und soweit diese differenziert, an diejenigen der Angestellten der Länder anschließe. Daraus ergebe sich der vom Kläger geltend gemachte Vergütungsanspruch.
Diese Darlegungen des Landesarbeitsgerichts sind in der Begründung wie im Ergebnis rechtsfehlerfrei. Dem Kläger steht der noch geltend gemachte und von den Vorinstanzen zuerkannte Zahlungsanspruch nach § 2 Abs. 1 Buchst. b und c TV EZ-L zu. Diese Regelung findet im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Die hiergegen gerichteten Revisionsangriffe bleiben erfolglos.
Die dem Kläger zustehende arbeitsvertragliche Vergütung bestimmt sich nach Ziff. 3 des Arbeitsvertrages. Dieser nimmt hinsichtlich der Vergütung die zum BAT gehörigen Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge ausdrücklich „in ihrer jeweils gültigen Fassung“, also dynamisch in Bezug. Dies ist insofern von Bedeutung als der BAT selbst, wie das Landesarbeitsgericht entgegen der Klägeransicht zur Rechtfertigung der Abweisung des zweitinstanzlich noch gestellten Feststellungsantrages zutreffend ausgeführt hat, arbeitsvertraglich nur statisch in Bezug genommen worden ist. Hiergegen wendet sich der Kläger auch nicht mehr.
Diese Vergütungsregelung ist dadurch nachträglich lückenhaft geworden, dass zum BAT keine Vergütungstarifverträge mehr vereinbart werden.
Der letzte ausschließlich zum BAT vereinbarte Vergütungstarifvertrag ist der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 31. Januar 2003 (VTV 35). Damit fände entgegen der vertraglichen Vereinbarung eine weitere dynamische Entwicklung der Vergütung des Klägers nicht mehr statt.
Dadurch ist nachträglich eine Vertragslücke eingetreten. Sie kann entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb verneint werden, weil der VTV 35 die derzeit „gültige aktuelle Fassung des BAT hinsichtlich der dazugehörigen Tarifverträge“ sei. Ein solches Verständnis ist weder mit dem Wortlaut der Klausel noch mit dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme vereinbar.
Zwar ist der BAT - jedenfalls teilweise - in einer bestimmten Fassung in Bezug genommen worden. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist diese Bezugnahme statisch zu verstehen. Dieser übereinstimmende Wille der Parteien, der sich bereits aus dem Wortlaut der Verweisungsklausel ergibt, wird durch die konsequente Weiteranwendung der in Bezug genommenen Fassung des BAT im Arbeitsverhältnis der Parteien bestätigt, wonach mit einer Ausnahme zwischenzeitlich vereinbarte Änderungen im BAT nicht umgesetzt, sondern - zum großen Teil zu Lasten der Beklagten - die seinerzeit vereinbarte Fassung weiter angewendet wurde. Soweit die Ausnahme der Streichung eines AZV-Tages im Jahr 2003 von den Arbeitsvertragsparteien umgesetzt wurde, spricht viel dafür, dass dies seitens der Beklagten nicht gegen die arbeitsvertragliche Regelung, sondern gerade in deren Umsetzung erfolgt ist. Die Beklagte hat die Streichung des AZV-Tages erkennbar dem „Bereich der Vergütung“ zugerechnet und damit als nach dem Arbeitsvertrag konsequenterweise zu berücksichtigende Dynamik angesehen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Mitteilung vom 14. Januar 2003 und aus der Beibehaltung des zweiten AZV-Tages, obwohl auch dieser im 78. Änderungstarifvertrag zum BAT gestrichen worden war, allerdings nicht als Kompensation für die Tariferhöhung.
Von der vereinbarten statischen Anwendung des BAT in einer bestimm- ten Fassung ist die ebenfalls vereinbarte dynamische Anwendung der Vergütungstarifverträge zum BAT zu unterscheiden. Für eine derart vereinbarte, auf die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst bezogene Dynamik hat das Bundesarbeitsgericht bereits mehrfach entschieden, dass bei einem Abreißen der Dynamik durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst von einer nachträglich entstandenen Vertragslücke auszugehen ist.
Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist. Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und diese Annahme sich nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist.
Die Annahme einer Regelungslücke kann sich vorliegend auf eine von den Parteien nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tatsächlich nicht mitgedachte Entwicklung der tariflichen Verhältnisse berufen. Die dynamische Ausgestaltung der Bezugnahme auf die Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge des BAT zeigt den Willen der Parteien, die Entgeltbestimmungen des Arbeitsverhältnisses nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst auszurichten. Dies entspricht hier derjenigen der Länder, da - wie die Vorinstanzen übereinstimmend und ohne diesbezüglichen Angriff in Berufung und Revision ausgeführt haben - für eine Anknüpfung an die Vergütung in den Arbeitsverhältnissen des Bundes jeder Anhaltspunkt fehlt und die Vergütung der Gemeindeangestellten nicht vereinbart war. Das Arbeitsverhältnis sollte in seiner Entwicklung an diejenigen Vergütungsregelungen gebunden werden, die für die Arbeitnehmer gelten, die normativ von den in Bezug genommenen Tarifverträgen erfasst werden.
Eine Regelungslücke im Arbeitsvertrag der Parteien liegt damit spätestens ab dem 1. November 2006 vor. Jedenfalls durch die weitestgehende Ersetzung des BAT durch den TV-L für den Bereich der TdL und den Umstand, dass im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des TV-L zum 1. November 2006 Vergütungstarifverträge zum BAT im Bereich der TdL nicht mehr abgeschlossen werden, ist der Arbeitsvertrag lückenhaft geworden. Die Dynamik der arbeitsvertraglich anzuwendenden Vergütungsregelungen ist abgerissen, obwohl sie nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von den Arbeitsvertragsparteien bei Abschluss des Arbeitsvertrages für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses vorausgesetzt wurde, die an ein Ende der Dynamik durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst nicht gedacht haben.
Diese nachträglich entstandene Vertragslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend zu schließen, dass für das Arbeitsverhältnis der Parteien die dynamische Anbindung an die Vergütungsregelungen des öffentlichen Dienstes der Länder auf die entsprechenden Folgeregelungen erstreckt werden, auch wenn diese sich nicht mehr auf den BAT, sondern auf den TV-L beziehen.
Bei der Schließung einer Vertragslücke durch ergänzende Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre.
Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat sich zu orientieren an einem objektiv generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Maßstab, und nicht nur an dem der konkret beteiligten Personen. Sie muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck, sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Auszugehen ist dabei von der Bezugnahmeklausel. Der Zweck der allgemeinen dynamischen Verweisung auf Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes ist es zunächst, am öffentlichen Dienst orientierte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Zugleich weist eine solche Klausel auf ein Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige Tarifsystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden.
Gleiches gilt auch dann, wenn nicht der BAT als Ganzes dynamisch in Bezug genommen worden ist, sondern lediglich die zum BAT ergangenen und ergehenden Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge. Zwar bildet das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes eine einheitliche Regelung, in denen Zugeständnisse in einem Bereich mit Vorteilen in einem anderen Bereich ausgeglichen werden mögen. Vorliegend ist jedoch nicht die Angemessenheitsvermutung des Tarifwerks oder von einzelnen Teilen desselben im Verhältnis zueinander von Belang. Die Parteien haben durch die Trennung zwischen der statischen Anwendung der manteltariflichen Vorschriften des BAT und der dynamischen Anwendung der jeweiligen Vergütungsregelungen einer derartigen Gesamtbetrachtung für ihr Arbeitsverhältnis eine Absage erteilt und deutlich gemacht, dass die für das gesamte Tarifwerk geltende Angemessenheitsvermutung der dynamisch in Bezug genommenen Tarifwerksteile keine Geschäftsgrundlage ihrer Vereinbarung ist. Die Bezugnahmeklausel lässt sich hinsichtlich der Vergütungsregelungen allgemeiner dahingehend formulieren, dass sich die Dynamik der tariflichen Vergütungsregelungen auf die Tarifbedingungen der normativ gebundenen Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes bezieht. Diese sind - mangels Kenntnis der zukünftigen Entwicklung - im Arbeitsvertrag als die dem BAT „zugehörigen“ Vergütungstarifverträge bezeichnet worden; an anderer Stelle ist von anderen Ergänzungstarifverträgen „zum BAT“ die Rede. Dabei orientierten sich die Parteien bei Vereinbarung der Klausel an den Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst der Länder.
Die ergänzende Vertragsauslegung führt im Streitfall dazu, dass die Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge der TdL mit den Gewerkschaften, die auch Tarifvertragspartner des BAT waren, das Arbeitsverhältnis und insbesondere die Vergütung des Klägers bestimmen. Hierzu gehört auch der TV EZ-L.
Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.
Der Einwand der Revision, die Dynamik habe nur und ausschließlich für Entgeltregelungen zum BAT und nicht zu einem anderen Tarifvertrag, wie etwa dem TV-L vereinbart werden sollen, verkennt die Art des Zusammenhangs zwischen den beiden Bezugnahmen im Arbeitsvertrag. Statisch sind die manteltariflichen Regelungen des BAT in Bezug genommen. Diese sollten einzelvertraglich weitergelten, auch wenn sie tariflich abgeändert werden. Die Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge dagegen sollten dynamisch in Bezug genommen werden. Dabei können die Parteien des Arbeitsvertrages nicht an den „Begriff“ des BAT angeknüpft haben, den sie in Ziff. 3 des Arbeitsvertrages nur statisch verstanden haben. Weiterentwicklungen der Vergütungsregelungen würden bereits logisch nicht zu „diesem“ BAT mit Stand vom 1. Juli 1994 ergehen. Daher ist die Verknüpfung der - dynamisch in Bezug genommenen -Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge zum BAT nicht anders gemeint, als dass sie den BAT in seiner weiterentwickelten und sich weiter entwickelnden Form begleiteten und ergänzten, auch wenn diese selbst dem Arbeitsverhältnis nicht mehr zugrunde gelegt wird. Ihre Verknüpfung ist daher an den dynamischen BAT erfolgt. Ist dies aber der Fall und haben die Parteien - wie das Landesarbeitsgericht im Tatbestand festgestellt hat - an die Möglichkeit einer Nichtfortführung des BAT nicht gedacht, entsteht einerseits mit dem Eintritt dieser nicht bedachten Möglichkeit eine nachträgliche Lücke, die entgegen dem Regelungsplan der Arbeitsvertragsparteien die Dynamik abreißen lässt. Andererseits ergibt sich daraus aber auch zwangsläufig, wie diese Lücke zu schließen ist, nämlich durch die Anwendung derjenigen Tarifverträge, die für die Vergleichsarbeitsverhältnisse der Landesangestellten gelten würden.
Auch die Auffassung der Beklagten, die Parteien hätten die zwischen- zeitlich eingeschränkte Refinanzierung der H in die Überlegung einer Schließung der Lücke einbezogen, greift nicht durch. Die Beklagte legt selbst dar, dass „der Gesetzgeber das Selbstkostendeckungsprinzip der Einrichtungen und die Finanzierung entlang den Maßstäben des BAT und der Tarifwerke aufgegeben“ hätte und die Tarifsteigerungen nicht in jedem Falle deckten. Dies ist auch dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrages eine solche Entwicklung nicht vorausgesehen haben, kein Teil der Lücke, die durch die ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist. Die Umstände, unter denen arbeitsvertragliche Vereinbarungen geschlossen werden, ändern sich ständig. Hier kann nicht jede, die Willensbildung einer Partei retrospektiv möglicherweise beeinflussende Änderung der Sachlage bei der Ausfüllung einer Lücke berücksichtigt werden. Wäre der BAT fortgeführt worden und wären damit die Vergütungstarifverträge weiterhin dynamisch anzuwenden, wäre der Arbeitsvertrag auch dann nicht nachträglich lückenhaft geworden, wenn die H ihre Refinanzierung vollständig eingestellt hätte.
Für eine anstehende Lückenfüllung kann nur eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigt werden, die sich innerhalb des im Vertrag selbst zum Ausdruck gekommenen Regelungsplanes, also innerhalb der zugrunde gelegten Vergütungsdynamik, ergibt. Bei einer solchen Veränderung kann aus einem Regelungsplan auch auf einen mutmaßlichen Willen der Arbeitsvertragsparteien geschlossen werden, wie sie die später erkannte Regelungslücke geschlossen hätten. Hierzu gehören Grund und Umfang der Refinanzierung der Arbeitsvertragskosten nicht. Die danach im Normprogramm entstandene Lücke muss und darf nur insoweit überbrückt werden als der vereinbarten Dynamik wieder zur „Geltung“ verholfen wird. Aspekte aus anderen Bereichen des Arbeitsverhältnisses haben dabei außer Betracht zu bleiben.
Der Anspruch des Klägers ist auch in der Höhe begründet. § 2 Abs. 1 Buchst. b und c TV EZ-L regeln die Höhe der Einmalzahlungen in Abhängigkeit von der Entgeltgruppe, in der der Arbeitnehmer eingruppiert ist. Insoweit ist eine entsprechende Bewertung der Tätigkeit des Klägers vorzunehmen. Diese wäre nach Anl. 2 Teil A TVÜ-Länder mit der Entgeltgruppe 9 zu bewerten, da Angestellte der - früheren - Vergütungsgruppe IVb der Anl. 1 zum BAT in die Entgeltgruppe 9 überzuleiten sind, wenn kein Aufstieg in die Vergütungsgruppe IVa BAT anstand. Selbst dann wäre der Zahlungsanspruch des Klägers begründet, weil die letztgenannten Angestellten in die Entgeltgruppe 10 TVÜ-Länder überzuleiten wären, diese jedoch hinsichtlich der Einmalzahlungen nach § 2 Abs. 1 TV EZ-L in gleicher Weise zu behandeln sind („... E 9 bis E 12 ...“). Damit hätte die Beklagte dem Kläger mit den Bezügen für Januar 2007 210,00 Euro und für September 2007 300,00 Euro als Einmalzahlungen auszahlen müssen.
Aus den genannten Daten ergibt sich iVm. § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 BGB auch die Berechtigung des geltend gemachten Zinsanspruchs.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen, weil ihr Rechtsmit- tel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).
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Annotations
Tenor
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1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 2. April 2009 - 8 Sa 83/08 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten in der Revision noch über die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel auf den BAT und weitere Tarifverträge und daraus resultierende Zahlungsansprüche des Klägers.
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Der Kläger ist seit dem 1. Juni 2000 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgänger als Sozialpädagoge beschäftigt. Die Beklagte betreibt in H gemeindepsychiatrische Einrichtungen und ist Zuwendungsempfängerin der H. Eine Tarifgebundenheit besteht und bestand auf Arbeitgeberseite nicht.
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Der Rechtsvorgänger der Beklagten nutzte ab 1995 für alle Neueinstellungen ein Vertragsformular, das auch im Arbeitsverhältnis mit dem Kläger Verwendung fand. In Ziff. 3 dieses Vertrages, der mit dem Kläger am 5. Juni 2000 geschlossen wurde, heißt es ua.:
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„Einbeziehung von Tarifverträgen und Geschäftsordnungen
Für das Arbeitsverhältnis gelten die Bestimmungen des BAT für den Bund und die Länder mit Anlagen und Sonderregelungen in der Fassung vom 01. Juli 1994 sowie die zugehörigen Vergütungs- und Sonderzahlungs-Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung, sofern in diesem Vertrag nichts abweichendes bestimmt ist. Die übrigen Ergänzungs-Tarifverträge zum BAT finden keine Anwendung.
Keine Anwendung finden die §§ 14, 15a Abs. 2, 43, 44, 49 und 53 Abs. 3, 55 und 69 BAT.“
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Weitere Regelungen des Arbeitsvertrages befassen sich ua. mit der Eingruppierung des Klägers in der Vergütungsgruppe IVb BAT (Ziff. 4 Arbeitsvertrag) und mit einer - vom BAT abweichenden - Regelung zur betrieblichen Altersversorgung. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien beim Abschluss des Arbeitsvertrages nicht an die Möglichkeit gedacht, dass der BAT nicht fortgeführt werden könnte.
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Der BAT wurde auf Arbeitgeberseite von der Bundesrepublik Deutschland, der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geschlossen und im Laufe der Zeit jeweils durch Änderungstarifverträge aktualisiert, so zB mit dem 69. Änderungstarifvertrag vom 25. April 1994 und dem 70. Änderungstarifvertrag vom 21. Dezember 1994. Am 1. Juli 1994 wurde kein Änderungstarifvertrag geschlossen. Ab 2005 vereinbarten die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit den Gewerkschaften neue Manteltarifverträge; der BAT wurde nicht fortentwickelt. Der letzte Änderungstarifvertrag zum BAT ist der 78. vom 31. Januar 2003.
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Nach dem Abschluss des Arbeitsvertrages der Parteien am 5. Juni 2000 wurde der BAT in mehreren Regelungen verändert. Diese Änderungen wurden im Arbeitsverhältnis der Parteien nur in einem Fall teilweise umgesetzt; in mehreren anderen Konstellationen wurde der BAT trotz seiner Änderung durch Änderungstarifverträge in der vorherigen Version angewandt:
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- Der BAT idF vom 25. April 1994 sah bei Niederkunft der Ehegattin des Arbeitnehmers in § 52 einen Sonderurlaub von zwei Tagen vor. Dieser Anspruch wurde später auf einen Tag reduziert. Gleichwohl erhielt der Kläger anlässlich der Geburt eines Kindes im Februar 2002 noch einen Sonderurlaub von zwei Tagen. Ebenso wurde ihm im August 2005 ein zweitägiger Sonderurlaub anlässlich der Geburt eines weiteren Kindes gewährt.
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- Der 78. Änderungstarifvertrag vom 31. Januar 2003 verlegte die Fälligkeit der monatlichen Entgeltzahlung vom 15. des laufenden Monats auf den letzten Tag des Abrechnungsmonats. Trotzdem erhielt der Kläger auch weiterhin die Abrechnung und das Gehalt zum 15. des laufenden Monats.
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- Der in der Fassung des BAT vom 25. April 1994 noch vorgesehene, später aber ersatzlos gestrichene Sonderurlaub von zwei Tagen anlässlich eines Umzugs des Arbeitnehmers wurde dem Kläger noch im Jahr 2004 von der Beklagten gewährt.
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- Ferner ist dem Kläger die nach der im BAT geregelten Lebensaltersstufenregelung vorgesehene regelmäßige Vergütungserhöhung auch noch im Jahr 2007 gewährt worden, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits die Nachfolgetarifverträge des BAT vereinbart worden waren, in denen eine solche Vergütungserhöhung nicht mehr vorgesehen ist. Außerdem erhielt der Kläger sowohl 2007 als auch 2008 das in den Zusatztarifverträgen zum BAT, nicht jedoch in den Nachfolgetarifverträgen zugesicherte Urlaubsgeld.
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- Eine Ausnahme bildet insoweit die Streichung des bis zum 31. Januar 2003 nach § 15a BAT vorgesehenen sog. AZV-Tages (Ausgleich für Arbeitszeitverkürzung). Hierzu teilte die Beklagte mit Schreiben vom 14. Januar 2003 ihren Mitarbeitern mit:
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„das diesjährige Tarifergebnis (…) sieht als Kompensationsleistung für die Tariferhöhung den Wegfall des AZV-Tages (aktueller BAT) mit Wirkung ab dem 01. Januar 2003 vor.
Leider kommen wir nicht daran vorbei, diesen in der HG wie folgt umzusetzen:
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MitarbeiterInnen mit einem alten HG-Arbeitsvertrag (Geltung des BAT in der jeweiligen Fassung) und einem ‚Förderkreis’ - Arbeitsvertrag (ebenso) haben ab dem 01.01.2003 keinen AZV-Tag mehr.
(Beiden Mitarbeitergruppen ist weiterhin selbstverständlich die Möglichkeit eingeräumt, ihren Altvertrag auf einen aktuellen HG-Arbeitsvertrag umzustellen.)
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Auch die MitarbeiterInnen mit einem aktuellen HG-Arbeitsvertrag (BAT-Stand 01.07.1994) verlieren einen AZV-Tag und haben somit ab dem 01.01.2003 nur noch einen.“
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Der weitere AZV-Tag wurde dem Kläger bis zuletzt gewährt, obwohl auch dieser zweite AZV-Tag in der Fassung des BAT vom 31. Januar 2003 nicht mehr vorgesehen war.
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Die Tarifreform im öffentlichen Dienst erfolgte in mehreren Schritten. Zum 1. Oktober 2005 vereinbarten die Arbeitgeber des Bundes und der Kommunen mit den Gewerkschaften den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Zum 1. November 2006 trat der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in Kraft. Zum Letzteren vereinbarten die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder). Dieser regelt in § 2 iVm. Anl. 1 Teil A Ziff. 1, dass der TV-L und der TVÜ-Länder im Bereich des öffentlichen Dienstes der Länder den BAT zum 1. November 2006 ersetzen.
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Noch während der Tarifverhandlungen zum TV-L einigten sich die Tarifvertragsparteien am 8. Juni 2006 auf einen Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 (TV EZ-L). Dieser enthält auszugsweise folgende Regelungen:
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„§ 1
Geltungsbereich
(1)
Dieser Tarifvertrag gilt für Beschäftigte, die unter den Geltungsbereich eines der nachstehenden Tarifverträge
a)
Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT),
…
fallen oder die ab dem 1. November 2006 unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) fallen, …
§ 2
Einmalzahlung
(1)
Die unter § 1 Abs. 1 Buchst. a bis d fallenden Beschäftigten erhalten folgende Einmalzahlungen:
a)
Mit den Bezügen für Juli 2006 werden in den Vergütungs-/Lohngruppen
…
VergGr. Vb bis III,
100 Euro
…
als Einmalzahlung ausgezahlt.
b)
Mit den Bezügen für Januar 2007 werden in den Entgeltgruppen
…
E 9 bis E 12
210 Euro
…
als Einmalzahlung ausgezahlt.
c)
Mit den Bezügen für September 2007 werden in den Entgeltgruppen
…
E 9 bis E 12
300 Euro
…
als Einmalzahlung ausgezahlt.
…
(6)
Die Einmalzahlung ist bei der Bemessung sonstiger Leistungen nicht zu berücksichtigen.
…
§ 4
In-Kraft-Treten
Dieser Tarifvertrag tritt am 1. Juli 2006 in Kraft. ...“
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag habe zur Folge, dass der BAT unter Berücksichtigung der im Vertrag genannten Ausnahmen dynamisch auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden sei, da es einen BAT „in der Fassung vom 01. Juli 1994“ nicht gegeben habe. Wegen der durch den Abschluss der Nachfolgetarifverträge entstandenen und von den Arbeitsvertragsparteien zuvor nicht bedachten Lücke sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass der TV-L und der TVÜ-Länder auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finde. Dies bedeute ua., dass ihm die im TV EZ-L geregelten Sonderzahlungen für die Monate Januar und September 2007 zuständen. Deren Höhe richte sich nach der Tarifvergütung für die Entgeltgruppe 9 TV-L, da der Kläger entsprechend seiner vorherigen Vergütungsgruppe nach dem BAT in diese hätte übergeleitet werden müssen.
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Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Interesse, beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 510,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 210,00 Euro seit dem 1. Februar 2007 und aus 300,00 Euro seit dem 1. Oktober 2007 zu zahlen.
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Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass nicht nur der BAT in seiner am 1. Juli 1994 geltenden Fassung in statischer Form weiter Anwendung auf das Arbeitsverhältnis finde, sondern dass auch die Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge nur insoweit dynamisch in Bezug genommen worden seien, als sie in Ergänzung zum BAT vereinbart worden seien. Dies sei bezüglich des TV EZ-L nicht der Fall. Diese vertragliche Regelung sei auch abschließend, so dass es für eine ergänzende Vertragsauslegung keinen Anlass gebe.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage, die ursprünglich über den jetzt noch gestellten Antrag hinaus auf die Feststellung der Anwendbarkeit des TV-L und des TVÜ-Länder auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gerichtet war, in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht den Feststellungsantrag abgewiesen, das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich des - jetzt allein noch streitigen - Zahlungsantrages jedoch bestätigt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Zahlungsantrag des Klägers rechtsfehlerfrei stattgegeben.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat die Anwendung des TV EZ-L auf das Arbeitsverhältnis der Parteien bejaht. Dies ergebe sich zwar nicht aus der Verweisungsklausel auf den BAT, da diese den BAT nicht in dynamischer, sondern in statischer Form, nämlich in der am 1. Juli 1994 geltenden Fassung in Bezug nehme. Der TV EZ-L sei jedoch ein Vergütungstarifvertrag, der den BAT ergänze. Die Vergütungstarifverträge zum BAT seien - im Gegensatz zum BAT selbst - im Arbeitsvertrag dynamisch in Bezug genommen worden. Der TV EZ-L sei zwar nur zum Teil als Vergütungstarifvertrag zum BAT anzusehen. Soweit er über den BAT „hinausweise“ und die Tarifgebundenheit an den TV-L vorsehe, ergebe sich seine Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aber aus einer ergänzenden Vertragsauslegung. Eine solche sei notwendig, da der Arbeitsvertrag in diesem Punkte im Nachhinein eine Lücke aufweise, die nach Maßgabe des mutmaßlichen Willens der Parteien zu schließen sei. Da diese jedenfalls die Vergütungstarifverträge zum BAT in dynamischer Form auf das Arbeitsverhältnis hätten anwenden wollen, zum BAT jedoch keine Vergütungstarifverträge mehr vereinbart würden, sei hinsichtlich der Anbindung des arbeitsvertraglichen Entgelts an die Vergütung des öffentlichen Dienstes eine nachträgliche Lücke entstanden. Diese sei durch die von den Parteien bei Einbeziehung einer solchen Möglichkeit mutmaßlich getroffene Vereinbarung zu füllen, wonach die Vergütung sich dynamisch nicht allein an den BAT, sondern - übergreifend - an den Vergütungsregelungen im öffentlichen Dienst, und soweit diese differenziert, an diejenigen der Angestellten der Länder anschließe. Daraus ergebe sich der vom Kläger geltend gemachte Vergütungsanspruch.
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II. Diese Darlegungen des Landesarbeitsgerichts sind in der Begründung wie im Ergebnis rechtsfehlerfrei. Dem Kläger steht der noch geltend gemachte und von den Vorinstanzen zuerkannte Zahlungsanspruch nach § 2 Abs. 1 Buchst. b und c TV EZ-L zu. Diese Regelung findet im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Die hiergegen gerichteten Revisionsangriffe bleiben erfolglos.
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1. Die dem Kläger zustehende arbeitsvertragliche Vergütung bestimmt sich nach Ziff. 3 des Arbeitsvertrages. Dieser nimmt hinsichtlich der Vergütung die zum BAT gehörigen Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge ausdrücklich „in ihrer jeweils gültigen Fassung“, also dynamisch in Bezug. Dies ist insofern von Bedeutung als der BAT selbst, wie das Landesarbeitsgericht entgegen der Klägeransicht zur Rechtfertigung der Abweisung des zweitinstanzlich noch gestellten Feststellungsantrages zutreffend ausgeführt hat, arbeitsvertraglich nur statisch in Bezug genommen worden ist. Hiergegen wendet sich der Kläger auch nicht mehr.
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2. Diese Vergütungsregelung ist dadurch nachträglich lückenhaft geworden, dass zum BAT keine Vergütungstarifverträge mehr vereinbart werden.
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a) Der letzte ausschließlich zum BAT vereinbarte Vergütungstarifvertrag ist der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 31. Januar 2003 (VTV 35). Damit fände entgegen der vertraglichen Vereinbarung eine weitere dynamische Entwicklung der Vergütung des Klägers nicht mehr statt.
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b) Dadurch ist nachträglich eine Vertragslücke eingetreten. Sie kann entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb verneint werden, weil der VTV 35 die derzeit „gültige aktuelle Fassung des BAT hinsichtlich der dazugehörigen Tarifverträge“ sei. Ein solches Verständnis ist weder mit dem Wortlaut der Klausel noch mit dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme vereinbar (vgl. dazu BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 20, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).
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aa) Zwar ist der BAT - jedenfalls teilweise - in einer bestimmten Fassung in Bezug genommen worden. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist diese Bezugnahme statisch zu verstehen. Dieser übereinstimmende Wille der Parteien, der sich bereits aus dem Wortlaut der Verweisungsklausel ergibt, wird durch die konsequente Weiteranwendung der in Bezug genommenen Fassung des BAT im Arbeitsverhältnis der Parteien bestätigt, wonach mit einer Ausnahme zwischenzeitlich vereinbarte Änderungen im BAT nicht umgesetzt, sondern - zum großen Teil zu Lasten der Beklagten - die seinerzeit vereinbarte Fassung weiter angewendet wurde. Soweit die Ausnahme der Streichung eines AZV-Tages im Jahr 2003 von den Arbeitsvertragsparteien umgesetzt wurde, spricht viel dafür, dass dies seitens der Beklagten nicht gegen die arbeitsvertragliche Regelung, sondern gerade in deren Umsetzung erfolgt ist. Die Beklagte hat die Streichung des AZV-Tages erkennbar dem „Bereich der Vergütung“ zugerechnet und damit als nach dem Arbeitsvertrag konsequenterweise zu berücksichtigende Dynamik angesehen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Mitteilung vom 14. Januar 2003 und aus der Beibehaltung des zweiten AZV-Tages, obwohl auch dieser im 78. Änderungstarifvertrag zum BAT gestrichen worden war, allerdings nicht als Kompensation für die Tariferhöhung.
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bb) Von der vereinbarten statischen Anwendung des BAT in einer bestimmten Fassung ist die ebenfalls vereinbarte dynamische Anwendung der Vergütungstarifverträge zum BAT zu unterscheiden. Für eine derart vereinbarte, auf die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst bezogene Dynamik hat das Bundesarbeitsgericht bereits mehrfach entschieden, dass bei einem Abreißen der Dynamik durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst von einer nachträglich entstandenen Vertragslücke auszugehen ist (vgl. nur 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 18 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 27. Januar 2010 - 4 AZR 591/08 - Rn. 25 ff., ZTR 2010, 479; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 25 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48).
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(1) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist. Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und diese Annahme sich nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist ( BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 23 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79 ).
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(2) Die Annahme einer Regelungslücke kann sich vorliegend auf eine von den Parteien nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tatsächlich nicht mitgedachte Entwicklung der tariflichen Verhältnisse berufen. Die dynamische Ausgestaltung der Bezugnahme auf die Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge des BAT zeigt den Willen der Parteien, die Entgeltbestimmungen des Arbeitsverhältnisses nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst auszurichten. Dies entspricht hier derjenigen der Länder, da - wie die Vorinstanzen übereinstimmend und ohne diesbezüglichen Angriff in Berufung und Revision ausgeführt haben - für eine Anknüpfung an die Vergütung in den Arbeitsverhältnissen des Bundes jeder Anhaltspunkt fehlt und die Vergütung der Gemeindeangestellten nicht vereinbart war. Das Arbeitsverhältnis sollte in seiner Entwicklung an diejenigen Vergütungsregelungen gebunden werden, die für die Arbeitnehmer gelten, die normativ von den in Bezug genommenen Tarifverträgen erfasst werden.
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Eine Regelungslücke im Arbeitsvertrag der Parteien liegt damit spätestens ab dem 1. November 2006 vor. Jedenfalls durch die weitestgehende Ersetzung des BAT durch den TV-L für den Bereich der TdL (vgl. die Ersetzungsregelung der Tarifvertragsparteien in § 2 TVÜ-Länder iVm. Anl. 1 Teil A und B) und den Umstand, dass im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des TV-L zum 1. November 2006 Vergütungstarifverträge zum BAT im Bereich der TdL nicht mehr abgeschlossen werden, ist der Arbeitsvertrag lückenhaft geworden. Die Dynamik der arbeitsvertraglich anzuwendenden Vergütungsregelungen ist abgerissen, obwohl sie nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von den Arbeitsvertragsparteien bei Abschluss des Arbeitsvertrages für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses vorausgesetzt wurde, die an ein Ende der Dynamik durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst nicht gedacht haben.
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3. Diese nachträglich entstandene Vertragslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend zu schließen, dass für das Arbeitsverhältnis der Parteien die dynamische Anbindung an die Vergütungsregelungen des öffentlichen Dienstes der Länder auf die entsprechenden Folgeregelungen erstreckt werden, auch wenn diese sich nicht mehr auf den BAT, sondern auf den TV-L beziehen.
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a) Bei der Schließung einer Vertragslücke durch ergänzende Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).
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aa) Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat sich zu orientieren an einem objektiv generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Maßstab, und nicht nur an dem der konkret beteiligten Personen. Sie muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck, sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Auszugehen ist dabei von der Bezugnahmeklausel. Der Zweck der allgemeinen dynamischen Verweisung auf Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes ist es zunächst, am öffentlichen Dienst orientierte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Zugleich weist eine solche Klausel auf ein Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige Tarifsystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden (BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 26 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79 ).
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bb) Gleiches gilt auch dann, wenn nicht der BAT als Ganzes dynamisch in Bezug genommen worden ist, sondern lediglich die zum BAT ergangenen und ergehenden Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge. Zwar bildet das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes eine einheitliche Regelung, in denen Zugeständnisse in einem Bereich mit Vorteilen in einem anderen Bereich ausgeglichen werden mögen. Vorliegend ist jedoch nicht die Angemessenheitsvermutung des Tarifwerks oder von einzelnen Teilen desselben im Verhältnis zueinander von Belang. Die Parteien haben durch die Trennung zwischen der statischen Anwendung der manteltariflichen Vorschriften des BAT und der dynamischen Anwendung der jeweiligen Vergütungsregelungen einer derartigen Gesamtbetrachtung für ihr Arbeitsverhältnis eine Absage erteilt und deutlich gemacht, dass die für das gesamte Tarifwerk geltende Angemessenheitsvermutung der dynamisch in Bezug genommenen Tarifwerksteile keine Geschäftsgrundlage ihrer Vereinbarung ist. Die Bezugnahmeklausel lässt sich hinsichtlich der Vergütungsregelungen allgemeiner dahingehend formulieren, dass sich die Dynamik der tariflichen Vergütungsregelungen auf die Tarifbedingungen der normativ gebundenen Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes bezieht. Diese sind - mangels Kenntnis der zukünftigen Entwicklung - im Arbeitsvertrag als die dem BAT „zugehörigen“ Vergütungstarifverträge bezeichnet worden; an anderer Stelle ist von anderen Ergänzungstarifverträgen „zum BAT“ die Rede. Dabei orientierten sich die Parteien bei Vereinbarung der Klausel an den Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst der Länder (oben unter II 2 b bb (2)).
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b) Die ergänzende Vertragsauslegung führt im Streitfall dazu, dass die Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge der TdL mit den Gewerkschaften, die auch Tarifvertragspartner des BAT waren, das Arbeitsverhältnis und insbesondere die Vergütung des Klägers bestimmen. Hierzu gehört auch der TV EZ-L.
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4. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.
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a) Der Einwand der Revision, die Dynamik habe nur und ausschließlich für Entgeltregelungen zum BAT und nicht zu einem anderen Tarifvertrag, wie etwa dem TV-L vereinbart werden sollen, verkennt die Art des Zusammenhangs zwischen den beiden Bezugnahmen im Arbeitsvertrag. Statisch sind die manteltariflichen Regelungen des BAT in Bezug genommen. Diese sollten einzelvertraglich weitergelten, auch wenn sie tariflich abgeändert werden. Die Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge dagegen sollten dynamisch in Bezug genommen werden. Dabei können die Parteien des Arbeitsvertrages nicht an den „Begriff“ des BAT angeknüpft haben, den sie in Ziff. 3 des Arbeitsvertrages nur statisch verstanden haben. Weiterentwicklungen der Vergütungsregelungen würden bereits logisch nicht zu „diesem“ BAT mit Stand vom 1. Juli 1994 ergehen. Daher ist die Verknüpfung der - dynamisch in Bezug genommenen - Vergütungs- und Sonderzahlungstarifverträge zum BAT nicht anders gemeint, als dass sie den BAT in seiner weiterentwickelten und sich weiter entwickelnden Form begleiteten und ergänzten, auch wenn diese selbst dem Arbeitsverhältnis nicht mehr zugrunde gelegt wird. Ihre Verknüpfung ist daher an den dynamischen BAT erfolgt. Ist dies aber der Fall und haben die Parteien - wie das Landesarbeitsgericht im Tatbestand festgestellt hat - an die Möglichkeit einer Nichtfortführung des BAT nicht gedacht, entsteht einerseits mit dem Eintritt dieser nicht bedachten Möglichkeit eine nachträgliche Lücke, die entgegen dem Regelungsplan der Arbeitsvertragsparteien die Dynamik abreißen lässt. Andererseits ergibt sich daraus aber auch zwangsläufig, wie diese Lücke zu schließen ist, nämlich durch die Anwendung derjenigen Tarifverträge, die für die Vergleichsarbeitsverhältnisse der Landesangestellten gelten würden.
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b) Auch die Auffassung der Beklagten, die Parteien hätten die zwischenzeitlich eingeschränkte Refinanzierung der H in die Überlegung einer Schließung der Lücke einbezogen, greift nicht durch. Die Beklagte legt selbst dar, dass „der Gesetzgeber das Selbstkostendeckungsprinzip der Einrichtungen und die Finanzierung entlang den Maßstäben des BAT und der Tarifwerke aufgegeben“ hätte und die Tarifsteigerungen nicht in jedem Falle deckten. Dies ist auch dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrages eine solche Entwicklung nicht vorausgesehen haben, kein Teil der Lücke, die durch die ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist. Die Umstände, unter denen arbeitsvertragliche Vereinbarungen geschlossen werden, ändern sich ständig. Hier kann nicht jede, die Willensbildung einer Partei retrospektiv möglicherweise beeinflussende Änderung der Sachlage bei der Ausfüllung einer Lücke berücksichtigt werden. Wäre der BAT fortgeführt worden und wären damit die Vergütungstarifverträge weiterhin dynamisch anzuwenden, wäre der Arbeitsvertrag auch dann nicht nachträglich lückenhaft geworden, wenn die H ihre Refinanzierung vollständig eingestellt hätte. Für eine anstehende Lückenfüllung kann nur eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigt werden, die sich innerhalb des im Vertrag selbst zum Ausdruck gekommenen Regelungsplanes, also innerhalb der zugrunde gelegten Vergütungsdynamik, ergibt. Bei einer solchen Veränderung kann aus einem Regelungsplan auch auf einen mutmaßlichen Willen der Arbeitsvertragsparteien geschlossen werden, wie sie die später erkannte Regelungslücke geschlossen hätten. Hierzu gehören Grund und Umfang der Refinanzierung der Arbeitsvertragskosten nicht. Die danach im Normprogramm entstandene Lücke muss und darf nur insoweit überbrückt werden als der vereinbarten Dynamik wieder zur „Geltung“ verholfen wird. Aspekte aus anderen Bereichen des Arbeitsverhältnisses haben dabei außer Betracht zu bleiben.
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5. Der Anspruch des Klägers ist auch in der Höhe begründet. § 2 Abs. 1 Buchst. b und c TV EZ-L regeln die Höhe der Einmalzahlungen in Abhängigkeit von der Entgeltgruppe, in der der Arbeitnehmer eingruppiert ist. Insoweit ist eine entsprechende Bewertung der Tätigkeit des Klägers vorzunehmen. Diese wäre nach Anl. 2 Teil A TVÜ-Länder mit der Entgeltgruppe 9 zu bewerten, da Angestellte der - früheren - Vergütungsgruppe IVb der Anl. 1 zum BAT in die Entgeltgruppe 9 überzuleiten sind, wenn kein Aufstieg in die Vergütungsgruppe IVa BAT anstand. Selbst dann wäre der Zahlungsanspruch des Klägers begründet, weil die letztgenannten Angestellten in die Entgeltgruppe 10 TVÜ-Länder überzuleiten wären, diese jedoch hinsichtlich der Einmalzahlungen nach § 2 Abs. 1 TV EZ-L in gleicher Weise zu behandeln sind („... E 9 bis E 12 ...“). Damit hätte die Beklagte dem Kläger mit den Bezügen für Januar 2007 210,00 Euro und für September 2007 300,00 Euro als Einmalzahlungen auszahlen müssen.
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Aus den genannten Daten ergibt sich iVm. § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 BGB auch die Berechtigung des geltend gemachten Zinsanspruchs.
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III. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).
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Bepler
Winter
Creutzfeldt
Pfeil
Görgens
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
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für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)